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Dreizehntes Kapitel

Ein paar Wochen frei. – Von Kühen, Hühner», Schweinen und zwei fremden Damen. – »Jetzt denkst du so, und wenn du älter bist, vielleicht anders!« – Warum die Großmutter plötzlich die Luft daheim schlecht findet und die Milli Mayer schlimme Wünsche hegt. – Ein herber Bescheid und ein trostloses Kind.

Was waren das für herrliche Aussichten! Und dann die entzückenden Stäbchen, in denen die Reisenden es sich bald behaglich machten; die guten Betten, in die man ordentlich hineinsank, und in denen die Kinder nach der langen Fahrt und dem Aufenthalt im Freien traumlos tief schliefen, während die Großmutter ab und zu ein Stündchen wachte und kaum begreifen konnte, daß sie nun wirklich mit den Kindern hier sei, und daß sie alle zusammen ein paar Wochen lang diese herrliche Luft genießen durften, die zu den geöffneten Fensterlein hereindrang und linde und erfrischend über die Betten strich.

Jetzt erst fühlte die Großmutter, daß sie selber doch auch recht erholungsbedürftig war, und mit einem aus tiefstem Herzen kommenden: »O wie köstlich, einmal wieder für ein paar Wochen ganz frei sein zu dürfen!« schlief sie gegen Morgen fest ein.

Fritz war einfach glückselig, die Seinigen hier zu haben, und gleich am frühen Morgen rannte er hinüber, um die Schwestern zum Füttern der Hühner und zur Morgenmahlzeit der verschiedenen andern Tiere zu holen.

»Laß sie nur selber vorher erst frühstücken!« lachte die Nandl und rief die Kinder in die große Wohnstube herein, wo wieder Milch, Butter und Honig sowie prächtiges Schwarzbrot in Hülle und Fülle vorhanden war. Die Großmutter kam ein klein bißchen später, und gerade so wie damals bei Fritzens erstem Besuch galt der erste Gang dem einstigen Elternhaus. Dem Lenerl fiel alles mögliche wieder ein: wie sie auf der Staffel gesessen und dort Ball gespielt hatte, wie sie sich in dem kleinen Kellerlochfenster immer eine Stube für die Puppen eingerichtet, und wie unter dem Ausschnitt in der Haustüre die weiße Katze ihren Durchlauf gehabt hatte. Alles wurde eifrig besichtigt, wieder hieß es beständig: »Weißt du noch? Weißt du noch?« was die Miezel fast kränkte, weil sie allein nichts mehr wußte. Der Großmutter kamen ganz andere Gedanken. Sie sah in Gedanken den Möbelwagen dastehen, in dem einstens die Einrichtung für das junge Paar angekommen war, und aus dem Stück für Stück mit Jubel und Stolz ausgepackt worden war. Sie sah den Totenwagen dastehen, der die beiden Särge dem Kirchhof zuführte. Und sie schaute mit Wehmut den Laden an, in dem ihre Tochter so fröhlich gewaltet.

Die Nandl war in ihrem Element mit den drei Kindern, konnte sie es doch immer noch nicht verschmerzen, keine eigenen zu besitzen. Hatte sie den Gästen keine Wohnung anbieten können, so verstand sich's ganz von selber, daß sie die Mahlzeiten im Bürgermeisterhaus einnahmen, was der Großmutter anfangs eine rechte Verlegenheit war, aber die Nandl hätte es schrecklich übelgenommen, wenn die kleine Gesellschaft wo anders gegessen hätte.

»Muß ja doch schon für den großen Haushalt und für meine zwei Damen kochen, da gehen die paar weiteren Esser in einem hin!«

Die beiden Sommergäste, die hier im Hause wohnten, hielten sich anfangs ein bißchen fern. Sie schienen lieber allein zu sein. Dann schloß die Jüngere von ihnen, ein freundliches Mädchen Mitte der Zwanziger, zuerst Freundschaft mit der Miezel, die sie sehr zu interessieren schien. Von der Nandl her wußte sie schon, welchen Unfall das Kind gehabt, und bald hatte Miezel der sich freundlich erkundigenden Dame ihre ganze Leidensgeschichte erzählt, worauf sie aber sofort beifügte: »Jetzt soll ich mich noch die paar Wochen recht ausruhen, und dann darf ich wieder tanzen – der Herr Doktor hat es gesagt.«

Wirklich lieb und gewissenhaft kam Miezel dieser Weisung des Arztes nach, und wenn die andern große Gänge in den Wald und auf die Berge machten, so blieb sie brav im Salettl sitzen oder spielte mit den kleinen Kätzlein, oder sie durfte sich zu den jungen Damen setzen, die einander vorlasen und dabei so schöne, feine Arbeiten machten.

Große Freude hatte die Großmutter an Fritzens guten Zeugnissen, und der Pflegevater meinte: »Wenn der Bub so weiter macht, so könnt er am End' anstatt eines Malers ein Schreiber werden. Das wär' auch nicht so übel und würde die Frau Großmutter am Ende doch noch mehr freuen als ein Handwerk. Beim Notar könnten wir ihn, wenn er vollends aus der Schule ist, lernen lassen. Was halten Sie davon?«

Der Großmutter wäre das schon recht gewesen, und vorsichtig sprach man Fritz von diesem Vorschlag. Aber da kam man schön an.

»Wenn ihr so was mit mir vorhabt, dann laß i von heut an 's Lernen sein bleib'n! Ein Federfuchser soll i werd'n? Und ihr habt mir doch versproch'n, daß i ei'mal beim Prentl-Alois lernen darf, und er will mi doch nehmen und sich Müh' mit mir geben, hat er g'sagt. Und i wollt mir selber Müh' geb'n, soviel als i nur könnt. Mal'n is mei Leb'n, und dös g'fallt mir, und nix anders möcht i treib'n und werd'n amal als so einer, wie der Prentl is.«

Der Bub hatte sich so in Eifer hineingeredet, daß der Vetter ihm beruhigend auf die Schulter klopfte und sagte: »Nur stad, nur stad, es will di auch niemand zwingen, daß du was wirst, was di nöt freut! – Wer dös sag i dir, fleißig weiter g'lernt wird bis zur letzten Stund, wo du in der Schul bist! Auf daß uns die Frau Großmutter einmal keinen Vorwurf machen kann, daß du hier bei uns zurück, statt vorwärts gekommen bist.«

Die Großmutter konnte nichts tun, als gerührt dem treuen Pfleger die Hand hinstrecken und sagen: »Wie sollte ich dazu kommen, Ihnen irgend einen Vorwurf zu machen, wo Sie und Ihre Frau doch so viel für den Buben tun!«

Ganz in der Stille konnte sie es aber doch schwer überwinden, daß ihr Fritz gar so ländliche Gewohnheiten angenommen hatte und auch wieder ganz die derbe Mundart von einstens sprach. Darum stimmte sie eifrig bei, als der Vetter zum Schluß noch sagte: »Fest bestimmt wird jetzt noch gar nix. Jetzt denkst so, und wer weiß, wenn du älter und g'scheiter bist, so denkst vielleicht wieder anders. So wie i g'sagt hab', hab' ich's auch mit dem Prentl ausg'macht, und so bleibt's, bis wir noch ein paar Jahre weiter miteinander sind. Bis dahin wird nimmer über die Sach' g'sproch'n!«

Fritz mußte auf diese lange und, wie er wohl fühlte, gutgemeinte Rede hin schweigen, denn Widerspruch ertrug der Vetter nicht. Aber seinem Gesicht sah man an, daß er zu schlucken hatte. Und die Großmutter, die ihres Bübles Zuge kannte, las aus seinen Augen heraus: »I denk, was i will, und i will, was i denk!«

Als jedoch der Vetter, der zu einer Sitzung mußte, außer Hörweite war, sagte er: »Aber ein Marterl müss'n die Eltern doch krieg'n. Dös hab' i mir g'lobt, und dös muß i au halt'n.« –

Die schönen Ferienwochen neigten sich ihrem Ende zu, und es mußte an die Heimreise gedacht werden. Diesmal fuhren sie alle in der Eisenbahn, und die Großmutter hatte auch das Geld dazu, denn der Aufenthalt in Bergwies hatte sie wirklich weniger gekostet, als wenn sie in dieser Zeit den Haushalt in der Stadt zu bestreiten gehabt hätte. Wohl war es Frau von Lützows Absicht gewesen, die Gesellschaft wieder in Bergwies abzuholen, aber ihr Aufenthalt in Tirol zog sich länger, als beabsichtigt war, hinaus, und wegen des Theateranfangs mußte man zur bestimmten Zeit wieder zurück sein. Das gab einen schweren Abschied. Das Lenerl suchte noch die letzten Alpenrosen zusammen, und die Miezel saß noch soviel wie möglich bei den Damen, die, wie sich herausgestellt, großes Interesse für die Tanzkunst bezeigten, allerdings mehr für eine solche, die für die Gesundheit und Schönheit des Körpers förderlich ist und das wenig anmutige Turnen ersetzen sollte. In München gab es bereits eine solche Schule, wo statt des eigentlichen Tanzens Kinder und junge Mädchen vor allem richtig atmen und dann hübsch und anständig gehen, sitzen und sich bewegen lernten.

Der Miezel schien diese neue Art recht langweilig zu sein, und sie meinte: »Kunstvoller ist's doch so, wie ich's gelernt habe. Und wenn Fräulein Balbi – die sollten Sie sehen! – sich zwanzigmal auf den Fußspitzen dreht, so daß nachher ihre Füße ganz blaurot aussehen, so ist das doch etwas Großartigeres als nur so einfache Neigen, von denen Sie erzählen.«

Die Damen mußten lachen, denn sie waren anderer Ansicht und dachten: Was daran Bewundernswertes sein soll, wenn die Füße ganz steif und blaurot werden und die Menschen sich in unnatürlicher Weise zwanzigmal um sich selbst drehen, das verstehen wir nicht. Aber der Miezel sagten sie das nicht, man durfte dem Kinde seine Kunst nicht herabsetzen.

Nun war die ganze Familie wieder daheim. Allen war das Auseinandergehen schwer geworden, aber diesmal am meisten dem Fritz, denn er hatte nun wieder verspürt, was es sei, mit den Geschwistern zusammen zu sein. Der Vetter aber hatte, als er ihn nach der Abreise heimlich weinend auf einer Futterkiste im Stall sitzend fand, gesagt: »Na, Fritzel, was hast? A Buab tut net woan'n!« Und als dem Fritz immer noch die Tränen herabliefen, da sagte er tröstend: »Weißt was, Fritzel? Wann'st auf Weihnachten wieder so ein gutes Zeugnis hoambringst, so fragen m'r die Bas, ob sie dich vielleicht über die Feiertag nach St. fahren laßt.«

Ob der Fritz nun fleißig weiterlernen wollte! Gleich im ersten Briefe, den er den Zurückgekehrten schrieb, wurde diese herrliche Verheißung gemeldet.

War das ein Erzählen beim Heimkommen, als auch Jule bei einem Tee in Fräulein Blands Stube saß! Sie sagte: »Gottlob, daß ihr alle wieder da seid! Das ist ein langweiliges, ödes Leben gewesen ohne die Kinder!«

Gleich am folgenden Abend mußte die Großmutter wieder in ihren Kasten steigen. O, wie klein und eng kam ihr der vor, wie dumpf und schlecht war die Luft! Aber da war nichts zu machen. Vorher aber hatte sie die Miezel, wie einst beim erstenmal, in den Übungssaal hinübergeleitet, wo Fräulein Balbi und Herr Bruckmann die lange Vermißte herzlich begrüßten.

Weniger herzlich schien der Großmutter der Empfang der Schülerinnen. Einige, ja, die sagten: »Ach, die Moosbrugger! Das ist aber nett, daß du wieder da bist!«

Aber andere, hauptsächlich die Altersgenossinnen, die taten ordentlich fremd. Und die Milli Mayer, die inzwischen Miezels Rollen übernommen hatte, gab ihr nicht einmal eine Hand, sondern drehte sich um und sagte zu Elsa, der Tochter vom Theaterdiener, die ihre Freundin war: »Jetzt kommt sie doch wieder, und ich habe gehofft, der Fuß wird nimmer recht!«

Alles das bemerkte aber Miezel an diesem Abend nicht, sondern sie freute sich so recht von Herzen, als sie wieder an ihrem alten Platz an der Stange stand und die altgewohnten Übungen machte.

»Ein bißchen steif bist du schon geworden, Miezel!« sagte Herr Bruckmann, und Fräulein Balbi half freundlich nach, wo sich Miezel wirklich steif und unsicher erwies. Aber es ging doch bald wieder, und nach wenigen Tagen schon durfte sie das Gefühl haben, ihrer Sache wieder sicher zu sein. Was die Schwindelanfälle anbelangte, so hatte ihr das lange Ausruhen dafür sehr gut getan. Bei den Proben, die Herr Bruckmann vorsichtigerweise in dieser Hinsicht mit ihr anstellte, mußte sie jetzt selber über ihre damalige Angst und Unsicherheit lachen – sie begriff jetzt gar nicht mehr, wie sie damals so dumm und ungeschickt hatte sein können. Beglückt hierüber kam sie nach Hause, und alle freuten sich mehr oder weniger, daß es wieder ging. Nur die Jule schüttelte den Kopf und sagte zum Großvater: »Also jetzt hopst sie halt wieder herum, und ich kann mir nicht helfen: es wäre mir fast lieber gewesen, wenn sie nimmer hätte tanzen können, als daß sie mir am Ende wieder in ein eitles Wesen hineinkommt.«

Die Jule aber hätte nicht nötig gehabt, sich solche Sorgen zu machen; denn schon nach kurzer Zeit war ihr stiller Wunsch beinahe in Erfüllung gegangen. Bei den einzelnen Übungen äußerte Fräulein Balbi bald Herrn Bruckmann gegenüber, daß sie meine, Miezels Fuß sei doch noch nicht ganz in Ordnung. Es war nur wie ein ganz leichtes Hinken, was sie beobachtete. Immerhin wagte man aber schwere und schwierigere Übungen und Tänze, und es waren doch hübsche, anmutige Leistungen. Ein paarmal war die neu eingestellte Schülerin schon wieder aufgetreten, und morgen sollte sie zum erstenmal wieder einen ihrer Einzeltänze übernehmen, wobei die Milli ein nichts weniger als liebenswürdiges Gesicht machte, was man ihr schließlich auch nicht übelnehmen konnte. Auch bei dem sehr freundlichen »Es tut mir leid für dich, Milli!« seitens Miezels konnte sie sich nicht überwinden, sondern kehrte sich einfach ab und lief unartig weg, was ihr einen Verweis von Herrn Bruckmann eintrug. Er und Fräulein Balbi freuten sich im stillen herzlich darüber, daß ihr Moosbruggerle nun wieder da war. Und als am nächsten Tage Miezels Tanz so tadellos gelang, daß die Zuschauer in laute Beifallsrufe ausbrachen, da sagten sie zueinander: »Es wäre doch jammerschade gewesen, wenn das Mädel nicht wieder hätte kommen können! Sie hat eine Begabung wie keine andere!«

Wieder ganz glückselig wie einst war Miezel mit der Großmutter nach Hause gekommen, und das Lenerl und Fräulein Bland nahmen den innigsten Anteil. Um so größer war die Enttäuschung aller Beteiligten, als das Kind in der Nacht plötzlich wieder einen Schmerz im Fuße verspürte. Er war nur ganz leise, ganz unbedeutend und verschwand gegen Morgen wieder, aber er war doch dagewesen. Und als am Abend die Übungen wieder begannen, da fühlte Miezel eine so dumme Schwäche, daß sie mitten drin aufhören und sich setzen mußte. So ging es noch ein paar Tage weiter. Lehrer und Schülerin hofften beständig, daß sich diese kleine Störung überwinden lassen würde, aber diese Erwartung erwies sich als trügerisch. Als Fräulein Balbi nun doch besorgt den Arzt veranlaßte, sich die Sache anzusehen, da schüttelte dieser bedenklich den Kopf.

»Etwas Schweres ist es nicht; es ist nur eine unbedeutende Schwäche im Knöchel, die beim gewöhnlichen Gehen kein Hindernis sein wird. Aber zum Tanzen, da fürchte ich, daß die Bänder nicht mehr stark genug sind und man jederzeit gewärtig sein muß, daß die Kraft plötzlich versagt. Erzwingen läßt sich in solchen Fällen nichts.«

Erzwingen ließ sich nichts! Noch einmal und wieder versuchte es die Miezel, sie wollte es durchsetzen. Aber immer weniger lange hielt der Fuß aus. Es fehlte eben einfach die Kraft, und da mußte nachgegeben werden.

Am Schluß des Theaters, als sich die Großmutter eben zum Heimgehen anschickte und Miezel niedergeschlagener denn je hinter den Kulissen vorkam, da erschien auch Herr Bruckmann. »Bitte nur um einen kleinen Augenblick, Frau Friedemann!« Und indem er Fräulein Balbi, die gleichfalls hinzugetreten war, einen Blick zuwarf, sich mit Miezel ein bißchen zu entfernen, sagte er: »Frau Friedemann, es ist mir furchtbar leid, was ich Ihnen sagen muß, aber wir müssen ein Ende machen mit Miezel. Wenn wir so fortfahren, so überanstrengt sich das Kind, und der Fuß wird am Ende wieder ganz schlimm. Auch für unser Zusammenspiel ist's eben ein stetes Wagnis, wenn sie mittut, und das muß um der Wichtigkeit der Sache willen unterbleiben. Es tut uns schrecklich leid, Frau Friedemann, Sie dürfen's uns glauben, Fräulein Balbi und mir, daß wir unsere talentvollste Schülerin verlieren. Dars gar nicht daran denken, wieviel Arbeit und Mühe auch nun vergeblich ist, und keine andere ersetzt ganz die Miezel!«

Herr Bruckmann sah ordentlich bekümmert drein und die Großmutter noch bekümmerter. »Wenn Sie's doch lieber dem Kind selber sagen wollen! Ich fürchte mich ordentlich davor«, sagte sie. Als sich in diesem Augenblick Fräulein Balbi mit dem jungen Mädchen näherte, rief man beide herbei. Miezel aber war schon in Tränen aufgelöst, denn Fräulein Balbi hatte ihr bereits auch den betrübenden Entschluß mitgeteilt.

Als Herr Bruckmann sagte: »Da bleibt mir nichts mehr zu reden übrig!« schluchzte das Kind laut auf und rief immer wieder: »Ach, nur nicht sagen, daß es ganz aus ist, – nur das nicht! Ich hab' mir doch so schrecklich viel Mühe gegeben! Nicht wahr, Fräulein Balbi? Nicht wahr, Herr Bruckmann? ... Und wenn ich noch so müde war und mir die Füße noch so weh getan haben, so habe ich doch in keiner Probe gefehlt. Und ich tanze doch so schrecklich gern, und es war so schön, wenn die Leute klatschten und ich Beifall fand, und wenn alle Menschen mich so freundlich ansahen und mich lobten und mir so nette Sachen sagten!«

Den beiden tat das arme Ding furchtbar leid, aber es mußte eben sein. Um Miezel zu trösten, sagte Herr Bruckmann herzlich: »Na, Miezel, Kopf hoch! Wenn du magst, kannst du immerhin noch dann und wann zu den Proben kommen und zuschauen. Und dann, was meinst du, könnten wir dich auch da und dort im Chor unter dem Volk verwenden.«

Da aber fuhr Miezel ganz empört auf und rief: »Nein, o nein! Bitte, das nicht! Das bring' ich nicht zustande! Da ist ja keine Kunst dabei, und Sie beide haben mich doch von Anfang an gelehrt, was wirkliche Kunst ist! Und wenn ich die nimmer ausüben darf, dann soll's lieber ganz vorbei sein! Das andere kann und will und mag ich nicht.«


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