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11.

Jakob Sindig stieg auf dem kleinen Bahnhofe aus und fragte nach dem Wege, der zu der Moorkolonie Birkenfeld führte.

»Ja,« sagte der Bahnhofsvorsteher, »dat kann 'n Kind finden und en Mann irrgahn. Denn geh man also die Straße lang bis an die Kreuzkiefern, denn so läßt du den Weg rechts na Heidhusen abseits und gehst na links, bis du an den Torfstich von Jens Lüders kommst. Van dar gehst du über die Heide an Gottfried Rügers Krug vorüber oder besser, da trittst ein, nimmst 'n Lütten und fragst. Denn kommt nämlich das Heidermoor und denn das Zingstmoor und so als drittes das Birkenfelder. Wie gesagt, 'n Kind kann dat finden, und en Mann kann irrgahn.«

Jakob Sindig hatte Wilm Larns geschrieben und hoffte, daß der ihm entgegenkäme. Nun schritt er aus. Tüchtig schritt er zu und kam an die Kiefern. Da waren aber drei Wege, und es war schwer zu erraten, welcher von den zweien, außer dem, der nach rechts ging, der linke war. Jakob ging auf dem äußersten weiter. Als er so etliche hundert Schritte gelaufen war, schrie einer seinen Namen. Von dem mittleren Wege rief der. Jakob wollte über die Wiesen gehen, aber Wilm Larns winkte ab und rief: »Dat is Moor, gah torüg!«

So trafen sie sich an den Kreuzkiefern. Larns lachte über das ganze frische Friesengesicht. »Mensch,« sagte er, »bist du eigentlich bei der Batterie schon so lang wet, oder bist du noch wassen? Wat bist du für 'n Kirl! Ja un nu willst du sehen, wie wir hier to Lande dem Moore to Live gahn? Na, denn kumm man, Jakob. Wischen wet all schon von dir un kokt un brät. Wie hat's dir gähn?«

»Gut, Wilm.«

»Du hast höllschen wat Forsches an dir, Jung, als wullt'st du en niederslan. Höllschen wat Forsches. – Und dat kleine Moor willst du drögleggen? Da is nix bei, Junge. Achtundneunzig Mörgen is 'n Pappenstiel. Wir haben Moore von en paar düsend Mörgen und gahn ihnen to Live. – Aber freuen tut's mi, dat du kamen bist, mächtig freut mi dat. – Da is Gottfried Rügers Krug. Komm, Jakob, da müssen wir en Lütten nehmen. Ik kann dir nich seggen, wie mich dat freut, dat du dich all up die Föten makt hest.«

Sie traten in die Heideschenke. Gottfried Rügers saß, wie Reisiger im Saugraben, hinter seinen Flaschen.

»'n Doornkat, Rügers,« bestellte Larns.

Die Freunde ließen sich hinter dem Tische nieder. »Na, denn Jakob, up en gode Tid, so lang, as du bi us bist, na und denn ok noch. – Gottfried,« fuhr er fort, »da is en, de de Moorweertskup kennenlernen will. Achtundnägentig Mörgen will he drögleggen.«

»Achtundnägentig Mörgen?« sagte der Wirt verächtlich, »dat supt bi uns en oller Osse ut.« Er spuckte aus. »Van dar kummt he?«

»Van dat Gebarge, Gottfried.«

»Na, denn wies hum man, wat 'n Moor is, Wilm. Achtundnägentig Mörgen un vun't Gebarge? De Lüt mutten höllschen völ Tid hem, dat se um so 'n Dreck wite Reisen maken.«

Wilm Larns lachte. »Er estimiert dat gar nich, Jakob,« sagte er. »Achtundnägentig Mörgen säuft hier ein alter Ochse aus, meint er.«

»Wilm,« rief Jakob, »und ich habe mir das so schwer gedacht. Da hat einer einen Plan entworfen –« Er wollte die Papiere herausholen.

»Lat dat Ding stecken,« wehrte Wilm ab, »dat is 'n Snak. Sie quasseln all dumm Tüg. Entweder dat geiht, un denn wet jeder, wat he zu tun hat, oder dat geiht nich, un dann lät he die Finger von. Aber gahn tut dat allemal. – Noch 'n Doornkat, Gottfried. – – Hest du all en funnen, die vor dich paßt?« fragte Larns ernst.

»Nein, Wilm, das Mädchen, von dem ich dir erzählte, hat mich belogen.«

»So 'n Aas!« rief Wilm zornig.

»Und hat einen geheiratet, mit dem ich einst Freund war.«

»Und du hest höm nich dodslan?«

»Nein, Wilm.«

»Wat bist du für'n Kirl, Jakob! Oogen hest du, as wärst du gestern dun west. Mensch, dat is ja, as wär da wat festgefroren drin.«

»Das war es einmal, ist aber längst aufgetaut.«

»Na, denn is god. Un nu wull'n wir all wieder gahn. Wischen wartet.«

Sie wanderten in die Moore hinein. Heidezungen langten herein, kiefernbestanden oder kahl. Das Moor war durchweg aufgetaut, und der Boden schwankte stellenweise unter den Füßen der Wanderer. Feinästige Birken standen am Wege. Der schlängelte sich zwischen Moorbreiten hin und wäre für einen Fremden nicht zu finden gewesen. Wilm schritt voraus. Sie sprachen wenig.

Einmal fragte Jakob, wann Wilm zu heiraten gedenke. »Wenn Wischen ut 'n Hus is,« sagte der. »Dat mit Antje Dollmen is ja all so weit in der Reih, aber sie will nu, dat da endlich en Enne kommt, un ik kann ihr dat nich verdenken. Wischen aber wet nich recht, wat se tun soll. Sie mag den Jens Gade lieden, aber so dat Rechte is dat doch wohl nich. Un zwee junge Frugenslüt up 'n Hof, dat tut nicht gaut, Jakob, dat kann ik dir seggen.«

Sie durchschritten einen Kiefernwald, und als sie gegen das Ende hin kamen, schimmerte eine weite, schmutziggraue ebene Fläche herüber. Weit voneinander standen Höfe mit strohgedeckten Dächern.

»Dat is Birkenfeld,« sagte Larns und wies mit der ausgestreckten Hand auf das vor ihnen liegende Land.

An etlichen Höfen gingen sie vorüber. Vor dem einen sagte Wilm: »Da wohnt Antje Dollmen.« Ein blondes starkes Mädchen kam daher. »Dag, Antje,« grüßte Larns, »dat is Jakob Sindig, de mit mir anst sülvig Geschütz stunn.«

Das Mädchen gab ihm die Hand. »Dag.«

»De will uns Moorweertskup kennenlern un will 'n Moor drögleggen.«

»So,« sagte Antje, »up 'n Abend kam ik to jü. Denn vertellst du mi.«

Sie ging auf den Hof zu, und die Männer schritten weiter.

»Dat is Wischen,« rief Larns. Ein Mädchen von der Art Antje Dollmens stand unter der Tür und erwartete die Daherkommenden.

»Dag,« rief sie.

Jakob Sindig sah, daß Wischen auf seinen Empfang gerüstet hatte. Die Kupfergeräte der Küche waren blankgeputzt. Der über dem Herde hängende Kessel glänzte.

Knechte und Mägde gingen ab und zu. Mit langsamen, langen Schritten wanderten sie durch das Haus in bedächtiger Ruhe.

Dann saß Jakob mit den Geschwistern am Tische, aß heimische Gerichte und langte herzhaft zu. Das freute Wischen.

»Du bist all keen van de Zimperlichen,« sagte sie. »Dat gefallt mi. Nu holl di man wacker dato. Dann gah jü an 't Moor, un wir versorgen de Weertskup in 't Hus.«

So geschah es. Wilm Larns und Jakob Sindig wanderten über weite ergrünende Saatfelder, und der Heidebauer erklärte, das sei alles Moor gewesen und ihm abgewonnen.

»Dat is gaut Land,« sagte er, »besser as die Marschen. De Marschburen sind stolz up ihre Felder, aber wenn der Sommer kommt, denn so trocknet dat ut und reißt up wie en schlecht geraten Backwark, in dem sik dat Fett verkrümelt hat und dat rissig wird. Dann is dat ut mit die Herrlichkeit. Aber bi us is Fett in 't Land. Dat is schwarz un schwer un doch feucht, un nährt die Halme un die Ähren. Sinkt keener, weil er verdursten muß, sondern höchstens, weil die Körner zu schwer sind. Ik segg dir, Junge, dat gifft Ernten! Da wirst du dien Freud dran hebben. – So un dat is 't Moor.«

Torfschuppen standen am Rande, tiefe Gräben gingen wie klaffende Risse hinein in die schwarze Erde, und in den Gräben stand dunkles Wasser, stellenweise rinnend, stellenweise ohne Bewegung.

»Wohin leitet ihr das Wasser?« fragte Jakob.

»Na 'n Kanal,« berichtete Larns, »der nimmt dat ganze Moorwasser up un drägt dat langsam na Norden hin. Un dann un wann geschieht dat, dat he überläuft un dat Land überschwemmt. Dat is selten un makt viel Schaden. Da sehnen wir uns nich nach. – Du verstehst mich doch, Jakob? Ik red man so half wie hier to Lande un half anders.«

»Ich verstehe dich, Wilm, darum sorge dich nicht.«

»Ik geb mi auch höllschen Mühe, dat du mitkommst. – Ja also, wie liegt dat Moor, dat du unter de Finger nehmen willt?«

»Es ist ein Hochmoor, Wilm, und soll früher ein Teich gewesen sein.«

»Denn so gifft dat am Enne gar keen Land.«

»Doch, der Teich ist vermoort, vielleicht seit Jahrhunderten.«

»Wir rechnen nach Dusenden.«

»Und ein Damm ist da.«

»Jakob, dann is dat 'n Kinnerspiel. – Hack den Damm utnanner, und dat Wasser läuft ab. Dann ziehst du die Gräben. – Dat, Jakob, is Grautorf. Der is nix wert un drägt keen Frucht. Den schäl ab, dann sä' Bokweten, Mensch, Bokweten is wat Gauts, un den brukt dat Moor. Ik will dir en Sack mitgeven, Jakob. – Wann denkst du we'r in 't Barggegend te gahn?«

»Ich weiß nicht, Wilm, vielleicht gar nich wieder.«

»Mensch, dat is dat Festgefrorene in dien Oogen un is dat Forsche, un du wet nich, wat stärker is. Bliv bi us, Jakob. Ik kann dich bruken. 'n Kirl wie du, Dunnerschlag! Bliv da!«

»Vielleicht, Wilm.«

»Wat is dir for 'n Lus over de Lever lopen?«

»Muß ich dir das gleich am ersten Tage erzählen?«

»Nee, Jakob, vertell wann 't dir paßt. Aber dat sollst du wissen, dat du us wellkummen bist as Gast un för all Tied un dat 's mi freuen dät, Mensch, as en Kind, wenn du dat Gebarge bein Düvel ließest. Dat is nix för dich. Kirls von dien Länge rennen da an. Die müssen dat platte Land unter den Föten heven, dat sie dat freten können mit ihren Schritten, un den Moorhimmel över sik, dat se sich da keen Beulen in 't Kopp stoßen. Mensch, ik segg: Bliv!«

»Ich danke dir, Wilm.«

»Nu sieh daher, Jakob. – Dat is Land wie manche Menschen sin. Du denkst, dat drägt un is zuversichtlich, weil dat es baven dröge un grün, un sind da Birken un Weiden. Un is doch 'n tück'sches Aas. Dat fret dich up mit Hut un Hoor, sieht keen Katt wieder wat von dir, un wenn nach düsend Johren denn so'n alter Moorbur in dat Land, dat sik so langsam sett hat un nun abgestochen werden kann, den Jakob Sindig als Moorleiche findet, denn denkt he: Dunnerschlag, wat sind dat for Kirls wessen! Wie de Baumstämme. Denn so kommt 'n Gelehrter, mißt dich ut in Läng un Breite, schreibt en Bok över dich un snakt dumm Tüg von 't Menschen, die vor düsend Johren dat Moor bewohnten un hat doch enen utgraben, der vun 't Gebarge herkamen is, gar nich hier wassen is, un belügt de Lüt, un Jakob Sindig is schuld an 'ne Geschichtsfälschung. Hahaha! – Aber nu ut mit 'n Spaß. – Da gah nich hin, Jakob, nich up dat Schwimmende. Da versupst du un fälscht de Geschichte.«

Wilms Fröhlichkeit tat Jakob wohl. Unter seiner schlichten Gutherzigkeit wuchs das Gefühl des Daheimseins. Er wurde beredt. Wilm sah, daß er auf rechtem Wege war in der Art, wie er den Freund nahm. So wanderten und redeten sie lange und kamen erst heim, als die Nacht sank.

Am Abende besuchte Antje Dollmen die Geschwister. Sie saß neben Wilm Larns. Der hielt ihre Hand, lachte und scherzte. Wischen Larns aber hatte die Arme über der festen vollen Brust verschränkt, schaute nachdenklich auf den Bruder und seine Braut und plauderte dazwischen mit Jakob Sindig. Der erzählte von den Engtälern des Gebirges, von rauschenden, rasch rinnenden Bächen, von raunenden Wäldern, geschickten Flößern und rußigen Köhlern. Wischen hörte aufmerksam zu. Ihre Augen hingen an dem Erzähler. Selten nur warf sie ein kurzes Wort ein, aber an den kommenden und gehenden Falten, die über ihre Stirne hasteten, sah Jakob, daß die Schweigsame das ernsthaft aufnahm, was er sagte, und darüber nachdachte.

Da sagte Wilm: »Singt 'n Lied, Mädchen.« Er stimmte an: »Sing'n wie mal dat nige Lied, nige Lied, nige Lied, wat in Dörpe is passiert mit unsen Paster sin Kauh, rullala, rullala, mit unsen Paster sin Kauh.«

Das Lied war lang. Sie sangen es und lachten. Dann brachte Wilm Antje Dollmen heim, und Wischen sagte zu Jakob: »Denn kum man her. Ik will dir din Slapste wiesen, un mörgen vertellst du wär vun't Gebarge. – God Nacht, Jakob Sindig.« – –

Nun war Jakob Sindig schon acht Tage auf Birkenfeld. Langsam rückten die Nöte, die er aus Bergroda hergetragen, von ihm ab, langsam lernte er wieder an sich selbst denken. Wenn er an Jeremias dachte, stieg das Mitleid in ihm auf, und das wies ihm schließlich einen Ausweg. Warum sollte der Kleine nicht herkommen? Er würde es wohl tun, wenn Jakob ihm dazu riet. – Darüber war leicht hinwegzukommen, aber an dem anderen kam er nicht vorüber. Er sollte Gertrud Heidecker nicht mehr sehen? – In den stillen Nächten, in denen sich die Finsternis wie eine Wand zwischen ihn und das Land warf, das er zurückgelassen, wanderte seine Seele. Wie ein dürstendes Tier wandert, um am Quell zu trinken, so ging Jakobs Seele auf wunden Füßen durch das Land. In der Einsamkeit der Moornächte kam Jakob mit sich ins reine. Da wurde er ehrlich gegen sich. Jetzt ging er, anfangs tastend, dann mit sicheren Schritten hinein in das, was hinter ihm lag. Not der Häusler, Recht der Bauern, Jeremias' Schrei nach dem Leben, Besiedlung des Moores, alles, alles rückte von ihm ab, verlor an zwingender Gewalt. Stark blieb die leidvolle Liebe. Und die hatte ernste, weite, tiefe Augen und gebot: Bleibe, wohin du den Fuß gesetzt hast.

Wischen Larns unterhielt sich oft und gern mit Jakob Sindig. Wilm beobachtete seine Schwester und wurde ernst. Was mit Jens Gade jahrelang nicht ins reine kommen wollte, das schien unter Jakob Sindigs Atem im Sturme zu wachsen. Alles gut. Wilm wäre froh, wenn der Freund bliebe, er würde ihn mit offenen Armen als Bruder aufnehmen, das väterliche Erbe mit ihm teilen, ohne zu markten und so weit das nur anginge, wenn erst die letzten Wolken verjagt wären. Er sah noch nicht klar. Es mochte irgend etwas in Jakobs letzten Jahren zurückliegen, das auch im Moore nicht sterben zu können schien, ob es auch Jakob gern sähe.

Jakob hatte lange nicht von Bergroda gesprochen. Sie waren auf Nachbarhöfen gewesen, hatten in Wilms Moore angefangen zu arbeiten, daß Jakob sehe, wie man es angreifen müsse, waren an den Abenden müde gewesen und hatten früh ihre Lagerstätten aufgesucht. Ab und an hatten sie auch mit den Mädchen zusammengesessen, aber da hatten sie von Friesenkämpfen, Niederlagen und Siegen geredet.

Die Tage gingen. So langsam kamen sich Jakob, und Wischen näher. Der hegte bewußt, was feine Wurzeln schlagen wollte. – ›Wenn ich ehrlich sein will, so muß ich sagen, ich bin aus Bergroda geflohen. Ich will irgendwo heimisch werden; denn ich muß es. Wischen Larns wäre eine, mit der ich es wohl wagen könnte.‹ – Dann wieder trat er zurück vor dem Werdenden. Es schien ihm Untreue gegen zwei.

Eines Abends sprach er unvermittelt: »Ich will euch vom Gebirge erzählen.« Von den Häuslern redete er, ihrer Not, ihrem Drängen und Nicht-Können, den starren Bauern, die zu harten Mitteln griffen, um nicht verkümmern zu lassen, was sie von den Vätern geerbt, von Jeremias. Es war, als hätte er die Hand an den Vorhang gelegt, der über den Tagen in Bergroda lag. Er rückte daran, jetzt ein Ruck und dann wieder einer, aber den letzten tat er nicht. Wischens Augen lagen fragend über ihm, aber Wilm überhörte das feine Schwingen in Jakobs Rede.

Lange sprach er, redete all die Not, die ihm das Erbarmen machte, vom Herzen und berichtete zuletzt, daß ihn dieses Erbarmen getrieben, die Hand an das Moor zu legen, und daß nun ein Frost über das junge Blühen gegangen sei durch des Vorstehers Warnung.

Da legte Wischen ihre feste Hand auf die Jakobs, ließ sie lange darauf ruhen, sah ihm in das Gesicht und sagte: »Du bist 'n gode Minske, Jakob.«

Der erschrak. »Hättest du mich vor zwei Jahren gekannt, dann würdest du das nicht sagen, Wischen; denn da war ich ein wildes Tier.«

Wischen aber ließ ihre Hand auf der seinen ruhen. »Du bist doch 'n gode Minske. Du hest dat blot nich wußt. Well dich ton Deer makt hott, dat will ik nich weten, man well dich dir sülvst war geven het, dat mug ik woll weten. Dat erste kann ik mi denken, dat annere – nich.«

Da sah Jakob an ihr vorüber, Wischen zog langsam ihre Hand zurück. – Sie wußte auch das andere.

Wilm Larns aber redete heiß auf Jakob ein. »Jung, dat is god, dat du van dar herkamen bist. Dat is nix for dich. Dunnerschlag! Dat is 'n Kirl, de Vorsteher! Die Ort Lüte bruken wir. – Die Häusler? Lat sie bei 'n Düvel gahn, Jakob. Wer as 'n Knecht boren is, der soll nich die Händ utstrecken na dem, wat God denen bestimmt hat, die er up den Höfen die Oogen uptun ließ. Dat is 'n hillige Sak. Da rühr nich an, Mensch. Wenn ener von die Dämels die Hand na mien Gute utstreckte, denn so würde ik ihm draufschlan, un wenn he wieder käm, denn so schmiß ik ehm in 't Moor. Lat se supen, lat se singen, lat se sich vermehren as die Karnickels, aber an dat Gut nich rühran! – Wenn ener von den Buren en schlechter Kirl wird, faul un läßt sien Wirtschaft verlüdern, denn weg mit ehm. Da muß man keen Mitleid heven. Un dann den Tüchtigsten von de anneren, der all wat unter de Föten bracht, ran, un den hinein sett un ihm unner de Arm griepen. Im dritten Geschlecht is dat dann ok so wat wie en geborner Harr, aber anners nich un mit Gewalt in 't Höfe brechen? Schlagt se dot! – Un wenn en Bur up sien Hof dat nich schapen kann mit siene zwei Händen, un mit denen von sien Wiv un sien Kinnern, un von de annern all keener zu ihm will, wie dat bei euch in 't Gebarge zu sein scheint, denn so lat dat Land versteinen oder versupen, aber klein beigeben, van Dag nich, nie un nimmer. Lever dot! Dat is mien Meinung, un dat is god, Jakob, dat du kamen bist. Nu segg ik erst recht: Bliv da! – Ik versteh noch nich ganz, wat dich forttrieben hat, aber ik seh doch, dat dat wat Unnatürliches is, wat du in 't Finger genommen hast. Un da verlat dich up, Jakob, givst du dat ut de Hand, blank wie en gülden Ring, sie maken die dat dreckig, dat du es sülvst nich wiederkennst. Dem Jeremias, dem schriev, he soll van dar herkamen zu uns, un wer da sonst fort will ok. Ik will jü selbständig maken. Liegt viel Moor da, dat up Hänne luert. Dat mögen sie drögleggen un sik en Heimat verdienen un schapen, aber die Hand utstrecken na dem, wat annern gehört, und von Mord und Dodslag reden, weil dat die annern rik sin, Dunnerschlag, dat is keen Ort! – Un nu gan wie, Antje, dein Tid is üm, un Ordnung mut sin. God Nacht, Wischen, god Nacht, Jakob.«

Wilm und Antje gingen. Auch Wischen Larns wollte ihr Lager aufsuchen, aber Jakob hielt sie zurück. »Was sagst du dazu, Wischen?«

»Wat sall ik seggen? He hätt recht, de Wilm, un ok wär nich. Dat is als 'n Sturm in Minske, kummt un geiht, of blivt, als hum dat gefallt. Da kann man nix to seggen.«

»Das ist richtig, Wischen, das mit dem Sturme.«

»Ja, man, du bist 'n Minske, Jakob, un häst 'n starke Hand, so do man, wat recht is. Overleg di dat, un denn frag na nümms, nee na 'n Vörstand, na Wilm, na Jeremias, blot na dir mußt fragen. – God Nacht, Jakob.« –

Sindig war auf dem besten Wege, ein Moorbauer zu werden. Noch lag er mit sich im Widerstreit, aber Wischen Larns war klug und stark. Sie spürte den Kampf in dem Manne und wußte, daß er ihn allein kämpfen mußte.

Jens Gade war in der Zeit dreimal bei Wischen Larns gewesen. Die zwei waren nur durch die Enge der Heimat aneinander gekommen. Jens war ungut. Seine Augen rissen sich selten von der Erde los, und er konnte tückisch langen Haß nähren. Aber er war feige.

»Mak dat ut, Wischen,« drängte er. »Wat sall dat mit de lange Kerl? So'n Kerl as 'n Eekboom hett doch keen Hart! Un wat he vertellt, dat is Snak un dumm Tüg. Wat von dar kommt, ut 't Gebarge, dat döcht nich för uns. Fresenblot mut Fresenblot freen und keen fremdes Blot. Dat deiht nich good, Wischen.«

Wischen Larns war ernst gewesen, aber sie vermochte sich nicht zu entscheiden. Eine große Spannung war in ihr. Es muß doch etwas kommen mit Jakob Sindig, so oder so. Vielleicht, daß er ihr ein Letztes sagen wird und sie hernach fragen: ›Wollen wir das nun probieren, wir zwei miteinander?‹ Wischen wartete, aber es kam nicht, was sie erwartete. Jens Gade aber kam wieder, redete heißer und begann zu drohen. Da richtete sich das Mädchen hoch auf. »Dat lat, Jens. Wenn ik nich will, denn so nögst du mich ok neet. Ik bin Fresenblot as du un do wat ik will, un Jens Gade is nich de, de mi wat to melden hett.« –

Wilm Larns bot Jakob ein großes Stück Moorland an, das sie eben in Arbeit hatten. Jakob,« redete er auf ihn ein, »in fünf Jahren is dat 'n Land, dat sich sehen laten kann, wenn wi tosammen Hand in Hand arbeiten. Ik will dir dat geven. Bliv! Mir is, da könnt wat werden, dat du heimisch würdest. Ik könnt Antje up 'n Hof holen, un – –«

Jakob reichte ihm die Hand. »Ich danke dir, Wilm, und wenn ich da heute noch nicht ja sage, so is das darum, weil ich selber nicht weiß, was ich tun soll. Es reißt mich hin und her, ist da nicht ganz und hier nicht.«

»Dunnerschlag, Jakob, bist du denn en altes Wiev? – Wer hat denn dich bestimmt, dat du den untefriedenen Lüten en Hilland wirst, an den sie sik heute hängen, un den sie mörgen an dat jämmerliche Holz schlan?«

»Wie kommst du darauf, von einem Heilande zu reden?« fragte Jakob betroffen.

»Och, dat is man so 'n Verglik. Dat kam ganz von sülvst, weil dat mi grade dat Richtige scheint för dich. Un ik segg dir: Da lat die Hände von, Junge. Dat is nix för dich. En Wiev mußt du heven un en kleen Dutzend Kinners un en Land, dat dien Kraft brukt, un dat doch nich so vertiert is, dat es dir sein Frucht nich givt. Anners sollt mi leid sein um dich, Jakob.«

»Wilm, habe ich dir erzählt, wie sie mich in den Bergen nennen?«

»Nee, Jakob.«

»Den Heiland vom Binsenhofe.« Sindig lachte leise dazu. Wilm aber fuhr auf. »Da is nix bi to lachen. Dat is zum Flennen, segg ik dir, un der dat upbracht hat, dat war 'n kloger Mann un hett dich kennt, besser as du sülvst.« –

Jens Gade war zum dritten Male bei Wischen gewesen. Er war außer Rand und Band. »Ik weet woll, wat dat sall. Man dat segg ik dir: Eh dat ik dich de lange Kerl lat, eh – versupst du oder verbrannst un ik mit! Wat soll dat!«

Wischen zürnte. »Jens, denn is dat ut tüsken uns. Dat is keen Maneer, de ik bruken kann. Nee, Jens.«

Da wurde Jens weinerlich und bettelte.

Wischen aber richtete sich strack empor. »Nu rärst du as 'n Kind, Jens, wil dat Flöken nich helpt. Nee, Jens, gah du man derhenn, ik mak't net so! – God Nacht, Jens.«

»Ik weet, wat ik do,« schrie Jens und hastete davon. –

Wilm Larns und Jakob waren bei Hinnerk Müller gewesen, der die Schenke in Birkenfeld hatte. Es hatten da viele Burschen gesessen. Etliche hatten gespielt, die anderen geplaudert, aber es war eine scharfe Scheidung sichtbar. Da die Herren und Herrensöhne, dort die Knechte.

»Dat mut sin,« sagte Wilm auf dem Heimwege, »un is god.«

Als sie auf dem weichen Rasenwege dahingingen, knallte ein Schuß, und die Kugel flog dicht an Jakob Sindig vorüber. Der wollte stehenbleiben, aber Wilm riß ihn etliche Schritte abseits hinaus in die Nacht.

»Was war das, Wilm?«

»En Kugel.«

»Wir müssen – –«

»Kumm, sonst sitt die nächste Kugel dir in 't Bost. Kumm!«

Sie kamen an Wilms Hof. Da faßte Jakob den Freund hart am Arme.

»Wem hat die Kugel gegolten, Wilm?«

»Och,« sagte der verlegen, »wat soll man da seggen? Kann dir vermeint wesen sin un mir.«

»Hast du einem etwas zu Leide getan?«

»Nich, dat ik wüßte.«

»Wilm,« drängte Jakob heiser, »ist einer eifersüchtig auf dich?«

»Up mi?« Wilm lachte laut auf, »bist du dun? Up mi?« Dann in Erschrecken: »Och, dat kann sin, ja, de –«

»Lüge nicht, Wilm,« setzte Jakob hart dagegen, »ich war gemeint, und – ich weiß warum.«

Wilm antwortete nicht. Er ging mit langen Schritten in das Haus.

Das war eine schwere Nacht. Jakob sah Gertrud Heidecker vor sich und neben ihr Wischen Larns. Die trug ein Brautkleid, trat ihm zur Seite, hielt seine Hand fest und sah ihm in die Augen: ›Jakob, dat hev ik all lang wüßt, aber nu hat dat een Enne. Ik mak die keen Vorwurf, aber nu bin ik dien Wiev un bin dir treu, un wir werden Kinner heven un werden sie wassen sehen un werden för sie schapen un still sein un tofreden.‹ – Gertrud Heidecker aber stand, hatte Tränen in ihren guten Augen und sprach mit ihrer weichen Stimme: ›Gott lasse es dir gut gehen, Jakob‹ – und schleppte weiter an dem, was auf ihr lag, hatte ein freudloses, armes Leben und keinen Menschen, der ihr Sonne war in den langen, traurigen Tagen.

Da fühlte Jakob, daß er Gertrud Heidecker nicht vergessen konnte, und daß er untreu sein werde in Gedanken, und daß Wischen Larns dazu zu schade war.

Und dann wollte er stark sein und in festem Entschlusse ein Ende machen. – Schwer war die Nacht und lang.

Jakob ging am Morgen mit Wilm hinaus in das Moor, aber schon am frühen Nachmittage legte er die Arbeit beiseite.

»Wilm, ich muß auf den Hof.«

»Denn gah.« Wilm sah Jakobs ernste Augen, ahnte, daß der vor der Entscheidung stand, und trat wartend zur Seite. – Jakob Sindig aber saß in seiner Kammer, quälte sich und konnte doch nicht über sich hinaus.

Die ersten grauen Dämmerschatten flogen über das Land. Da ging Wischen Larns über den Hof nach der Scheune. Hinter ihr drein aber lief einer, der aus Wilms Torfschuppen gesprungen war, hatte Augen wie ein Irrsinniger und warf den Brand in das Stroh.

Das prasselte auf. Da entsank Jens Gade der Mut. Er heulte auf und rannte davon.

Wischen Larns stand am Scheunenladen, sah auf das müde Land und dachte an Jakob Sindig, den sie in seiner Kammer wußte.

Das Feuer aber lohte. Rauchschwaden wirbelten auf und rissen Funkengarben mit sich zur Höhe. Wie tausend fliegende, irre Sternchen kamen die Funken auf Wischen Larns zu. Die bäumte davor zurück. »Füer!« Sie schrie gellend und rannte nach der Treppe. Da blekten ihr die langen Feuerzungen entgegen. »Füer!« schrie sie in höchster Not, riß den Laden auf, »Füer!« rannte zur Treppe und schlug die Schürze vor die Augen, weil sie den roten Tod nicht sehen wollte.

Da brach einer durch Flammen und schwelenden Rauch, riß Wischen Larns empor, rannte mit ihr zur Treppe, nahm drei Stufen auf einmal, und als die Treppe zusammenstürzte, ersah er das, drückte das Mädchen an sich und sprang mit ihr hinab, mitten durch die Flammen. Auf der Scheunenschwelle strauchelte er, die Balken lohten über ihm, und ein Feuerregen ging auf ihn nieder. Er riß sich auf, trug Wischen über den Hof, legte sie auf die Bank in der Stube, rannte hinaus, faßte eine Axt und schlug auf die knisternden Balken, daß sie nach innen hineinstürzten, schlug und brach in rasendem Zorne.

Wilm Larns war auf dem Heimwege aus dem Moore gewesen. Da hatte er die Flammen gesehen. Keuchend kam er mit den Knechten und traf Jakob bei der Arbeit. Schwarz sah er aus und wild, hieb und brach, stand mitten in der Glut und schlug darauf los, und es brachen ihm Worte über die Lippen, die waren wie Sturmstimmen in den Felsen. Wilm und die Nachbarn griffen zu, schütteten Wasser in den Brand, und das Feuer sank in sich zusammen. Die Scheune hatte es gekostet.

Jakob Sindig hatte breite Brandblasen an den Händen, aber er achtete ihrer nicht. Wilm fragte ihn, wie das Feuer ausgekommen sei. Jakob vernahm seine Stimme nicht. Er war wie erstarrt. Da trat eine der Mägde heran und berichtete, Wischen sei in der Scheune gewesen, da sei das Feuer ausgebrochen. Kurz zuvor aber habe sie einen herausspringen sehen, der sei nach dem Kanal hinüber gelaufen, und es sei ihr gewesen, als hätte er geschrien. Dann sei Jakob dahergestürmt und habe Wischen aus dem Feuer geholt. Hernach habe er darauf losgehauen, daß es ihr gegraust hätte. So sei es gewesen.

Wilm wandte sich an die Nachbarn. »Ich danke euch. God bewohr, dat jü mi eenmol up 't sülvige Wiese brukt, man ik will mien Mann stahn, so of so, wenn jü mi brukt.«

Da gingen die Männer davon. Nach der Brandursache fragten sie nicht weiter. Wischen war in der Scheune gewesen, einer war davongerannt, als das Feuer aufloderte. Wischen war mit Jens Gade gegangen, und der Lange war dazwischengekommen.

Da war Fragen nicht not.

Jakob Sindig stand noch immer wie ein Stein. Wischen Larns im Feuer, dann in seinen Armen und über ihnen der rote Tod. Und er riß sie dem Tode aus den Händen. Gut, so soll das gehen, wie es nach dem gehen muß.

Da trat Wilm heran. Er sagte nichts, sah ihn eine Weile an, breitete die Arme aus, drückte ihn an sich. »Mien Früend un mien Brör.« Dann löste er seine Arme. »Un nu wull'n wir to Wischen gahn.«

Wischen lag und hatte die Augen geschlossen.

»Wischen,« hub Wilm an, und er sprach, als wenn er mit einem kranken Kinde rede, »Wischen, dat war hart an 't Enne! Mien Süster, mien Wischen! Un da is Jakob Sindig, der die ut 't Füer rutdragen hett.«

»Ja,« murmelte Wischen, »dat wer Jakob Sindig, der mi rutdragen hett. So 'n Satz mitten in 't Füer rin, un denn is he fallen un hett sick upräten un mi daherdragen, un ik wuß neet, brann ik, of brann ik neet, läv ik, of bin ik stürven. Dat Füer, dat Füer! – Un ik stürm un keek ut Land un doch, ja un doch – – Und dann war ik in 't Höll. Un Jakob Sindig keem as 'n Engel un hett mi rutdragen.« Sie redete in sich hinein.

»Giv he die Hand,« sagte Wilm zu Jakob, »de is noch in 't Füer, dat se glöft, dat du neben ihr sitt, Jakob.«

Jakob faßte Wischens Hand. »Wischen, das Feuer ist tot und kann nicht an dich. Da stehe ich da.«

Wischen streichelte seine Hand. Da fielen ihr die Brandblasen auf. Sie hob die Lider um ein geringes. »Dat sin Blasen, Jakob. Die het dat Füer brennt.«

Wilm trat näher. »Jakob, du bist verbrannt un hest mi dat nich seggt?«

»Das ist nichts, Wilm,« beruhigte Jakob und versuchte, seine Hand zu verbergen.

Da trat Harm Freesen, der Briefträger, herein.

»En Breef for Jakob Sindig bei Wilm Larns,« sagte er.

Er reichte Jakob den Brief und wandte sich an Wilm. »Wie is togangen, Wilm?«

»Ik weet nich, Harm.«

Sie sprachen eine Weile miteinander und gingen hinüber nach der Brandstätte. So konnte Jakob den Brief lesen, den ihm Jeremias schrieb, ohne daß fragende Augen über ihm standen.

Er war ein Notschrei. »Ich brauche dich, Jakob, ich brauche dich!« Dagegen war Jakob hart. Das andere aber warf alles über den Haufen. Wie wenn der Mensch eine Mauer aus Blöcken gegen die Meeresflut aufrichtet und sich ein Zyklop dünkt, und hernach kommt ein Sturm, lacht, jauchzt, tut wie ein Kind und spielt Fangball mit den Blöcken, und all das Menschenwerk ist ein Trümmerhaufen, und der Sturm lacht und rennt davon.

Jeremias schrieb: »Der Bauer ist ein Trinker geworden. Lorenz ist ihm davongelaufen, die Mägde bleiben nur um der Frau willen. Die war hart am Tode. Es ist ein Kind geboren worden, ein Junge. Zwei Tage hat die Bäuerin am Tode gelegen. Jetzt, sagen sie, sei sie darüber hinaus, aber sie liegt und ist schwach. Das Kind lebt.«

Als Wilm wieder hereinkam, trat Jakob auf ihn zu, den Brief in der Hand. »Nun muß ich heim, Wilm.« So traurig klang das, als wäre der, der es sagte, am Ende alles Wehrens. Wilm Larns erschrak. Er überschüttete Jakob mit Bitten und Mahnen, mit zornigen Worten, wie sie die Liebe weckt, und redete doch an ihm vorüber.

Jakob Sindig stand, sah traurig auf die schlafende Wischen und wiederholte müde: »Nun muß ich heim.« – –

Wischen Larns lag etliche Tage im Fieber. Sie erholte sich langsam, sah in der Stube umher, lauschte auf die Tritte im Hause, und als sie zwei Tage gesucht und gelauscht und dem traurigen Bruder in die Augen gesehen, da wußte sie, daß Sindig fort war. Sie erhob sich und ging an ihre Arbeit. »De annere is doch stärker,« sagte sie vor sich hin.

Wilm Larns hatte Jakob nach der Bahn begleitet. An den Kreuzkiefern drehte er um.

»Ick mag da nich hingahn unner die Lüt. Ik, ik könnt nich an mi halten.« Er umschlang Jakob. »Hab Dank, mien Brör, mien leve, arme Brör!«

Dann ging er mit langen Schritten zurück.


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