Heinrich Schliemann
Ithaka der Peloponnes und Troja
Heinrich Schliemann

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Viertes Kapitel

Der Gipfel des Berges Aëtos. – Herrliche Rundschau. – Das Kap Dukato mit dem Sappho-Sprung. – Alter Weg. – Cyklopische Ruinen. – Ausgrabungen auf dem Berge Aëtos. – Entdeckung eines Häuschens und eines kleinen Familien-Kirchhofes mit 20 Vasen, einem Götzenbilde, einem Opfermesser und einem Degen. – Strenge Beobachtung der Fastentage auf Ithaka. – Speisekarte für den Mittagstisch: Pellkartoffeln. – Alte Gräber. – Neue Ausgrabungen.

Der Gipfel des Aëtos ist mit grossen, wagerecht liegenden Steinen besäet; doch sah ich hie und da einige Meter mit Gesträuch und Stauden bedeckt, welche mir anzeigten, dass hier auch Erde vorhanden sei. Sofort entschloss ich mich, überall, wo die Beschaffenheit des Bodens es erlauben würde, Ausgrabungen anzustellen. Da ich aber keine Werkzeuge bei mir hatte, so musste ich meine Nachforschungen bis auf den folgenden Tag verschieben.

Die Hitze war drückend; mein Thermometer zeigte 52 Grad, ich fühlte brennenden Durst und hatte weder Wasser noch Wein bei mir. Aber die Begeisterung, welche ich in mir fühlte, da ich mich mitten unter den Ruinen vom Palaste des Odysseus befand, war so gross, dass ich Hitze und Durst vergass. Bald untersuchte ich die Oertlichkeit, bald las ich in der Odyssee die Beschreibung der rührenden Scenen, deren Schauplatz dieser Ort gewesen ist; bald bewunderte ich die herrliche Rundsicht, welche sich auf allen Seiten vor meinen Augen entrollte, und kaum derjenigen nachstand, an welcher ich mich acht Tage vorher in Sicilien vom Gipfel des Aetna aus erfreut hatte.

Im Norden sah ich die Insel Santa Maura oder Leucadia mit dem Kap Dukato, hoch gefeiert im Alterthum wegen des berühmten Felsens, Sappho-Sprung genannt, von wo aus die unglücklich Liebenden sich in's Meer stürzten, in der Ueberzeugung, dass dieser kühne Sprung sie von ihrer Leidenschaft heilen werde. Unter den vorzüglichsten Opfern dieses Wahnes nennt man die berühmte Dichterin Sappho, den Dichter Nikostratus, Deucalion, Artemisia, die Königin von Karien u. A.

Nach Strabo (X, 2, p. 332, ed. Tauchnitz) hatten die Leukadier die Gewohnheit, jährlich am Feste des Apollo einen Verbrecher von diesem Felsen in's Meer zu stürzen, als Sühnopfer für alle Verbrechen des Volkes. Man band ihm Federn und lebende Vögel an, um ihm das Hinabstürzen zu erleichtern und unten hielten sich im Kreise an einander gereihte Fischerbarken bereit, ihn wo möglich zu retten.

Auf der Südseite sah ich die herrlichen Berge des Peloponnes; im Osten die grandiosen Spitzberge Akarnaniens; im Westen zu meinen Füssen die prächtige Meerenge, jenseits deren sich die schönen Berge von Kephalonia schroff und fast senkrecht erheben.

Endlich stieg ich auf der Ostseite hinunter und entdeckte ungefähr 38 Meter vom Gipfel die Spuren eines Weges, welcher im Alterthum jedenfalls zum Palaste des Odysseus geführt hat. Hie und da am Abhange des Berges fand ich auch Ruinen von kleinen Häusern, deren cyklopische Bauart ein hohes Alterthum offenbart.

Als ich am Fusse des Berges angekommen war, trat ein Bauer an mich heran und bot mir eine Vase von Thon und eine schöne silberne korinthische Münze mit einem Minerva-Kopf auf der einen und einem Pferd auf der andern Seite, zum Verkauf an. Er hatte diese Gegenstände eben erst in einem plump in den Felsen gehauenen Grabe, ohne eine Spur von menschlichen Gebeinen, entdeckt. Ich kaufte sie ihm für 6 Franken ab.

Nach Vathy zurückgekehrt, engagirte ich für den folgenden Tag vier Arbeiter, um auf dem Aëtos Ausgrabungen zu veranstalten, ferner einen Burschen und ein Mädchen, um Wasser und Wein auf den Berg zu tragen; endlich miethete ich ein Pferd für mich, und einen Esel, um die Werkzeuge zu tragen.

Am 10. Juli, nachdem ich im Meere gebadet und eine Tasse schwarzen Kaffee getrunken hatte, machte ich mich um 5 Uhr Morgens mit meinen Arbeitern auf den Weg. Von Schweiss durchnässt, langten wir um 7 Uhr auf dem Gipfel des Aëtos an.

Zuerst liess ich durch die vier Männer das Gesträuch mit der Wurzel ausreissen, dann den nordöstlichen Winkel aufgraben, wo nach meiner Vermuthung sich der herrliche Oelbaum befunden haben musste, aus welchem Odysseus sein Hochzeitsbett verfertigte und um dessen Standort er sein Schlafzimmer baute (Od. XXIII, 183–204).

»Im Innern des Hofes wuchs ein dichtbelaubter Oelbaum, hoch, blühend und stark wie eine Säule; rings um ihn herum baute ich aus grossen Steinen das Ehegemach, bis ich es vollendet hatte, deckte es mit einem Dach und verschloss es mit dichten, fest eingefugten Thüren; darauf hieb ich die Zweige des dicht belaubten Oelbaums ab, bearbeitete die Oberfläche des Stammes von der Wurzel aus, glättete ihn geschickt mit dem Erze nach der Richtschnur, machte daraus den Fuss des Bettes und durchbohrte ihn überall mit dem Bohrer; auf diesem Fusse baute ich das ganze Bett auf, belegte es mit Gold, Silber und Elfenbein, und spannte Riemen von Rindsleder, mit glänzendem Purpur gefärbt, darin aus.«

Indess wir fanden nichts als Trümmer von Ziegeln und Töpferwaaren, und in einer Tiefe von 66 Centimeter legten wir den Felsen bloss. In diesem Felsen waren allerdings viele Spalten, in welche die Wurzeln des Oelbaums hätten eindringen können; aber es war jede Hoffnung für mich verschwunden, hier archäologische Gegenstände zu finden.

Ich liess hierauf den Boden nebenan aufgraben, weil ich zwei Quadersteine entdeckt hatte, welche, wie es schien, einer Mauer angehört hatten, und nach dreistündiger Arbeit förderten die Arbeiter die beiden unteren Lagen eines kleinen Gebäudes von 3 Meter Breite bei 4 Meter 75 Centimeter Länge zu Tage: die Oeffnung der Thür hatte eine Breite von 1 Meter. Die Steine waren gut behauen und hatten 33 Centimeter Länge bei gleicher Breite; sie waren reichlich mit schneeweissem Cement verbunden, von welchem ich Stücke nach Hause mitgebracht habe. Selbst unter der untern Steinreihe war eine dichte Lage Cement, dessen Vorhandensein mich nicht bezweifeln lässt, dass dieses Gebäude wenigstens sieben Jahrhunderte nach dem Trojanischen Kriege errichtet worden ist, weil ich in den Bauwerken des heroischen Zeitalters noch niemals Cement bemerkt habe.

Wir fanden in der ausgegrabenen Stelle noch viele Trümmer von leicht gebrannten, krummen Ziegeln, und sogar einen ganzen Ziegel von 66 Centimeter Länge bei ebenso grosser Breite, so wie viele andere Scherben.

Während meine Arbeiter mit dieser Ausgrabung beschäftigt waren, untersuchte ich die ganze Baustelle des Palastes mit der grössten Aufmerksamkeit, und als ich einen dicken Stein gefunden hatte, dessen Ende eine kleine Curvenlinie zu beschreiben schien, – ungefähr den hundertsten Theil eines Kreises, – löste ich mit dem Messer die Erde vom Steine ab und sah, dass dieser einen Halbkreis bildete. Als ich mit dem Messer zu graben fortfuhr, bemerkte ich bald, dass man den Kreis auf der andern Seite durch kleine übereinander geschichtete Steine vervollständigt hatte, die so zu sagen eine Mauer im Kleinen bildeten. Ich wollte anfänglich diesen Kreis mit dem Messer aushöhlen, konnte aber meinen Zweck nicht erreichen, weil die Erde mit einer weissen Substanz, welche ich als die Asche calcinirter Knochen erkannte, gemischt und fast so hart wie der Stein selbst war. Ich machte mich also daran mit der Hacke zu graben; aber kaum war ich 10 Centimeter tief eingedrungen, so zerbrach ich eine schöne, aber ganz kleine, mit menschlicher Asche angefüllte Vase. Ich fuhr mit der grössten Vorsicht zu graben fort und fand ungefähr 20 ganz verschiedene Vasen von bizarrer Form. Einige lagen, andere standen. Leider zerbrach ich die meisten derselben beim Herausnehmen wegen der Härte der Erde und aus Mangel an guten Werkzeugen, und konnte nur fünf in unversehrtem Zustande fortbringen. Die grösste von ihnen ist nicht höher als 11 Centimeter; der Durchmesser ihrer Oeffnung beträgt 1 Centimeter; eine andere hat eine Oeffnung von nur 6 Millimetern. Zwei von diesen Vasen hatten recht hübsche Malereien, als ich sie aus der Erde zog. Sie wurden aber fast unkenntlich, sobald ich sie der Sonne aussetzte; ich hoffe aber durch Reiben mit Alkohol und Wasser sie wieder deutlich zum Vorschein zu bringen.

Alle diese Vasen sind mit der Asche verbrannter menschlicher Gebeine angefüllt.

Ausserdem fand ich in diesem kleinen Familien-Kirchhofe die gekrümmte Klinge eines Opfermessers, 13 Centim. lang, stark mit Rost überzogen, aber sonst ziemlich gut erhalten; ein Götzenbild von Thon, welches eine Göttin mit zwei Flöten im Munde darstellt; dann die Trümmer eines eisernen Degens, einen Eberzahn, mehrere kleine Thierknochen und endlich eine Handhabe aus ineinander geschlungenen Bronze-Fäden. Fünf Jahre meines Lebens hätte ich für eine Inschrift hingegeben, aber leider! war keine vorhanden.

Obgleich das Alter dieser Gegenstände schwer zu bestimmen ist, so scheint es mir doch gewiss, dass die Vasen weit älter sind als die ältesten Vasen von Cumae im Museum zu Neapel, und es ist wohl möglich, dass ich in meinen 5 kleinen Urnen die Asche des Odysseus und der Penelope oder ihrer Nachkommen bewahre.

Nachdem ich die kreisrunde Oeffnung bis auf den Grund ausgegraben hatte, stellte ich durch Messung fest, dass ihre Tiefe auf der Südseite 76 Centimeter, auf der Nordseite 92½ Centim. und ihr Durchmesser 1 Meter 25 Centim. betrug.

Nichts erregt mehr Durst, als die schwere Arbeit des Ausgrabens, bei einer Hitze von 52 Grad in der Sonne. Wir hatten zwar drei ungeheure Krüge voll Wasser und eine grosse, vier Liter Wein enthaltende Flasche mitgebracht. Der Wein reichte für uns aus, weil der Rebensaft Ithaka's, wie ich schon gesagt habe, dreimal stärker ist als Bordeaux-Wein, aber unser Wasservorrath war bald erschöpft, und zweimal waren wir gezwungen ihn zu erneuern.

Meine vier Arbeiter hatten die Ausgrabung des nachhomerischen Hauses in derselben Zeit beendigt, in welcher ich mit der Aufgrabung des kleinen kreisrunden Kirchhofs fertig war. Ich hatte allerdings mehr Erfolg gehabt als sie; doch ich machte ihnen keinen Vorwurf darüber, da sie tüchtig gearbeitet hatten, und mehr als tausend Jahre können vergehen, ehe der blosgelegte Raum wieder von atmosphärischem Staube ausgefüllt wird.

Der Mittag kam und wir hatten seit 5 Uhr Morgens nichts gegessen; wir machten uns daher an unser Frühstück unter einem Oelbaum zwischen den beiden Einschliessungsmauern, ungefähr 15 Meter unterhalb des Gipfels. Unser Mahl bestand in trocknem Brod, Wein und Wasser, dessen Temperatur nicht unter 30 Grad war. Aber Erzeugnisse des Bodens von Ithaka waren es, welche ich genoss und zwar im Palasthofe des Odysseus, vielleicht an derselben Stelle, wo er Thränen vergoss, als er seinen Lieblingshund Argos wiedersah, der vor Freude starb, als er seinen Herrn nach zwanzigjähriger Abwesenheit wiedererkannte, und wo der göttliche Sauhirt die berühmten Worte sprach (Od. XVII, 322–323):

Ἥμισυ γάρ τ᾽ ἀρετῆς ἀποαίνυται εὐρύοπα Ζεύς
Ἀνέρος, εὖτ᾽ ἄν μεν ϰατὰ δούλιον ἦμαρ ἕλῃσν.

»Denn der allwaltende Jupiter nimmt die Hälfte des Werthes dem Manne, sobald der Tag der Knechtschaft ihn erreicht hat.«

Ich kann wohl sagen, dass ich niemals in meinem Leben mit grösserem Appetit gegessen habe, als bei diesem frugalen Mahle im Schlosse des Odysseus.

Nach dem Frühstück ruheten meine Arbeiter anderthalb Stunden aus, während ich, die Hacke in der Hand, das Terrain auf der Baustelle des Palastes und zwischen den Einschliessungsmauern untersuchte, um womöglich weitere Entdeckungen zu machen. Ueberall wo die Beschaffenheit des Bodens die Möglichkeit zuliess etwas zu finden, machte ich Merkzeichen, um an diesen Stellen mit den Arbeitern Ausgrabungen zu veranstalten. Um zwei Uhr machten sie sich wieder an die Arbeit, und setzten sie bis fünf Uhr fort, aber ohne den geringsten Erfolg. Da ich indess die Ausgrabungen am Morgen des folgenden Tages von neuem beginnen wollte, so liessen wir die Werkzeuge oben auf dem Berge und kehrten nach Vathy zurück, wo wir Abends sieben Uhr ankamen.

Die beiden liebenswürdigen Fräulein Triantafyllides beeiferten sich, mir eine Mittagsmahlzeit zu bereiten; aber wie gross war meine Bestürzung, als sie mir nichts weiter als Pellkartoffeln, Salz und Brod vorsetzten. Ich frug sie, ob sie sich über mich lustig machen wollten. Mit Erstaunen entgegneten sie: Sie sind Christ und wollen am Freitag Fleisch essen? – Aber bei allen Göttern Griechenlands, erwiderte ich, wenn Sie aus Besorgniss für mein Seelenheil mir kein Fleisch geben wollen, warum geben Sie mir nicht wenigstens Fische? – Hat man, antworteten sie, jemals einen Christen gesehen, der an Fasttagen Fische ass? und selbst wenn wir Ihnen Fisch geben wollten, so könnten wir es nicht, weil kein Fischer am Freitag oder Mittwoch seine Netze auswirft, denn Niemand würde ihm seine Fische abkaufen, und kein Schlächter öffnet an diesem Tage seinen Laden, weil man ihn misshandeln würde.

Die ernste Miene, mit welcher sie mir diese Erklärung gaben, bewies mir deutlich, dass sie ihre vollste Ueberzeugung aussprachen, und es als ein Verbrechen gegen die Gebote Gottes betrachteten, wenn man an Fasttagen Fleisch ässe. Ich schwieg und ging aus, um mir Schinken oder Butter zu verschaffen; aber obwohl ich in mehreren Läden anfrug, war doch auf der Insel Ithaka von alledem nichts zu haben. Mit vieler Mühe gelang es mir, etwas Oel zu bekommen, um die Kartoffeln einzutauchen. Diese mehr als bescheidene Nahrung verursachte mir indess durchaus keine Beschwerden, und in der That habe ich mich auf meinen Reisen nie besser befunden, als wenn ich mich mit Brod und Wasser begnügen musste.

Am folgenden Tage, den 11. Juli, stand ich um vier Uhr Morgens auf und bestieg abermals mit den vier Arbeitern den Berg Aëtos, auf dessen südlichem Abhange, ungefähr 20 Meter über dem Meeresspiegel, man mir eine grosse Anzahl alter, in den Felsen gehauener Gräber zeigte, welche in den Jahren 1811 und 1814 der Hauptmann Guitara aufgrub, wobei eine Menge goldene Armbänder, Fingerringe, Ohrringe u. s. w. zum Vorschein kamen.

Aber diese Gräber können nicht sehr alt sein; denn aus Homer wissen wir, dass man die Leichname im heroischen Zeitalter verbrannte, und da man in den Gräbern auf Ithaka und Korfu nicht selten Scarabäen mit ägyptischen Hieroglyphen und phönicische Götterbilder neben griechischen Münzen und Thränenkrügen findet, so darf man wohl mit Sicherheit annehmen, dass der Gebrauch, die Todten zu begraben, erst mehrere Jahrhunderte nach Homer, durch Aegypter und Phönicier auf den ionischen Inseln eingeführt worden ist.

In Rom ist der alte Gebrauch, die Todten zu verbrennen, erst unter dem Kaiser Domitian verschwunden. So befindet sich z. B. im vaticanischen Museum ein Stein mit der Inschrift: »Hic Cajus Caesar crematus est« (Hier ist Cajus Caesar verbrannt worden), und ein anderer mit den Worten: »Hic Germanicus crematus est« (Hier ist Germanicus verbrannt worden).

Auf dem Gipfel des Berges angekommen, nahmen wir unsre Ausgrabungen wieder auf, und nicht eine Handbreit Erde an der Stelle, wo Odysseus' Palast gestanden hat, ist von uns ununtersucht geblieben. Auch gruben wir zwischen den Einschliessungsmauern und rings um den ganzen Gipfel des Berges, aber unsere Mühe war vergeblich, wir fanden nichts mehr.

Die einzige interessante Entdeckung, welche ich an diesem Tage machte, war die Spur eines alten Weges, der sich vom Palast auf der Nordseite hinabzieht. Leider konnte ich des Dorngesträuchs und der bedeutenden Terrainschwierigkeiten wegen diese Spur nicht verfolgen; als ich aber durch meine Arbeiter erfuhr, dass sie ungefähr vier Kilometer nördlicher im Felsen die Spuren eines alten Weges gesehen hätten, so schloss ich sofort daraus, dass dies derselbe Weg sein müsste.

An diesem Tage hatten wir viel Wasser nöthig, denn eine Hitze von 52 Grad ist selbst für die Eingebornen lästig.

Es unterliegt nicht dem mindesten Zweifel, dass die Ruinen auf dem Berge Aëtos schon im Alterthum als diejenigen vom Palaste des Odysseus angesehen worden sind, und dass Cicero diese Baulichkeiten auf dem Aëtos im Auge hat, wenn er schreibt (de Oratore I, 44):

»Ut Ithacam illam, in asperrimis saxis tanquam nidulum affixam, sapientissimus vir immortalitati anteponeret.« (Der Weiseste würde sogar der Unsterblichkeit dieses Ithaka vorziehen, welches gleichsam wie ein Vogelnest zwischen die steilsten Felsen hineingebaut ist.)

Ferner bezeichnet die Tradition diese Ruinen als Κάστρον Ὀδυσσέως (Festung oder Schloss des Odysseus). Selbst der Name Ἀετός (Aëtos = Adler) erinnert an jene verhängnissvolle Scene der Odyssee (II, 146–156), wo erzählt wird, dass Jupiter während der Versammlung der Ithakesier plötzlich zwei Adler vom Gipfel des Berges herabfliegen liess. Als sie über der lärmenden Versammlung ankamen, kreisten sie mit heftigem Flügelschlag, und indem sie auf die versammelten Griechen herabschauten, prophezeiten sie den Freiern den Tod.

Um sieben Uhr Abends kehrten wir nach Vathy zurück. Diesmal hatten meine Wirthinnen für mich eine Schüssel Bratfische bereit, und es gab ausserdem Kartoffeln, frische Träubchen in Ueberfluss und Wein.


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