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§ 3.

Die philosophische Bildung der Sprachen, die vorzüglich noch an den ursprünglichen sichtbar wird, ist ein wahrhaftes durch den Mechanismus des menschlichen Geistes gewirktes Wunder. So ist unser bisher unabsichtlich gebrauchtes deutsches Wort Bedingen nebst den abgeleiteten in der Tat ein vortreffliches Wort, von dem man sagen kann, daß, es beinahe den ganzen Schatz philosophischer Wahrheit enthalte. Bedingen heißt die Handlung, wodurch etwas zum Ding wird, bedingt, das was zum Ding gemacht ist, woraus zugleich erhellt, daß nichts durch sich selbst als Ding gesetzt sein kann, d.h. daß ein unbedingtes Ding ein Widerspruch ist. Unbedingt nämlich ist das, was gar nicht zum Ding gemacht ist, gar nicht zum Ding werden kann.

Das Problem also, das wir zur Lösung aufstellten, verwandelt sich nun in das bestimmtere, etwas zu finden, das schlechterdings nicht als Ding gedacht werden kann.

Das Unbedingte kann also weder im Ding überhaupt, noch auch in dem was zum Ding werden kann, im Subjekt, also nur in dem was gar kein Ding werden kann, d.h. wenn es ein absolutes ICH gibt, nur im absoluten Ich liegen. Das absolute Ich wäre also vorerst als dasjenige bestimmt, was schlechterdings niemals Objekt werden kann. Weiter soll es vorjetzt noch nicht bestimmt werden.

Daß es ein absolutes Ich gebe, das läßt sich schlechterdings nicht objektiv, d.h. vom Ich als Objekt, beweisen, denn eben das soll ja bewiesen werden, daß es gar nie Objekt werden könne. Das Ich, wenn es unbedingt sein soll, muß außer aller Sphäre objektiver Beweisbarkeit liegen. Objektiv beweisen, daß das Ich unbedingt sei, hieße beweisen, daß es bedingt sei. Beim Unbedingten muß das Prinzip seines Seins und das Prinzip seines Denkens zusammenfallen. Es ist, bloß weil es ist, es wird gedacht, bloß weil es gedacht wird. Das Absolute kann nur durch das Absolute gegeben sein, ja, wenn es absolut sein soll, muß es selbst allem Denken und Vorstellen vorhergehen, also nicht erst durch objektive Beweise, d.h. dadurch, daß man über seinen Begriff hinausgeht, sondern nur durch sich selbst realisiert werden (§ 1). Sollte das Ich nicht durch sich selbst realisiert sein, so müßte der Satz, welcher sein Sein ausdrückte, dieser sein: wenn Ich bin, so bin Ich. Allein die Bedingung dieses Satzes schließt selbst schon das Bedingte in sich: die Bedingung ist selbst nicht ohne das Bedingte denkbar, ich kann nicht mich unter der Bedingung meines Seins denken, ohne mich als schon seiend zu denken. In jenem Satz also bedingt nicht die Bedingung das Bedingte, sondern umgekehrt das Bedingte die Bedingung, d.h. er hebt sich selbst als bedingter Satz auf, und wird zum unbedingten: Ich bin, weil ich bin. Ich bin! ist das Einige, wodurch es sich in unbedingter Selbstmacht ankündigt. (Zus. der ersten Aufl.)

Ich bin! Mein Ich enthält ein Sein, das allem Denken und Vorstellen vorhergeht. Es ist, indem es gedacht wird, und es wird gedacht, weil es ist; deswegen, weil es nur insofern ist und nur insofern gedacht wird, als es sich selbst denkt. Es ist also, weil es nur selbst sich denkt, und es denkt sich nur selbst, weil es ist. Es bringt sich durch sein Denken selbst – aus absoluter Kausalität – hervor.

Ich bin, weil Ich bin! das ergreift jeden plötzlich. Sagt ihm: das Ich ist, weil es ist, er wird es nicht so schnell fassen; deswegen, weil das Ich nur insofern durch sich selbst, nur insofern unbedingt ist, als es zugleich unbedingbar ist, d.h. niemals zum Ding, zum Objekt werden kann. Was Objekt ist, erwartet seine Existenz von etwas, das außer der Sphäre seines bloßen Gedachtwerdens liegt; das Ich allein ist nichts, ist selbst nicht denkbar, ohne daß zugleich sein Sein gesetzt werde, denn es ist gar nicht denkbar, als insofern es sich selbst denkt, d.h. insofern es ist. Wir können also auch nicht sagen: Alles was denkt ist, denn dadurch würde das Denkende als Objekt bestimmt, sondern nur: Ich denke, Ich bin. (Eben hieraus erhellt aber, daß, sobald wir das, was niemals Objekt werden kann, zum logischen Objekt machen, und Untersuchungen darüber anstellen wollen, diese Untersuchungen eine ganz eigene Unfaßlichkeit haben müssen. Denn es ist als Objekt schlechterdings nicht zu fesseln, und käme uns nicht eine Anschauung zu Hilfe, die uns, insofern wir mit unserm Erkennen an Objekte gebunden sind, ebenso fremd ist, als das Ich, das niemals zum Objekt werden kann, so würden wir gar nicht darüber sprechen, einander gar nicht verständlich werden können).

Das Ich ist also nur durch sich selbst als unbedingt gegeben. Vielleicht kann ich die Sache noch deutlicher machen, wenn ich das oben gebrauchte Beispiel wieder aufnehme. – Gott kann für mich schlechterdings nicht Realgrund meines Wissens sein, insofern er als Objekt bestimmt ist, weil er dadurch selbst in die Sphäre des bedingten Wissens fällt. Würde ich hingegen Gott gar nicht als Objekt, sondern als = Ich bestimmen, so wäre er allerdings Realgrund meines Wissens. Aber eine solche Bestimmung Gottes ist in der theoretischen Philosophie unmöglich. Ist aber selbst in der theoretischen Philosophie, die Gott als Objekt bestimmt, doch zugleich eine Bestimmung seines Wesens = Ich notwendig, so muß ich allerdings annehmen, daß Gott für sich absoluter Realgrund seines Wissens sei, aber nicht für mich, denn für mich ist er in der theoretischen Philosophie nicht bloß als Ich, sondern auch als Objekt bestimmt, da er hingegen, wenn er = Ich ist, für sich selbst gar kein Objekt, sondern nur Ich ist. Beiläufig zu sagen, sieht man hieraus, daß man den ontologischen Beweis fürs Dasein Gottes sehr fälschlich als bloß künstliche Täuschung darstellt: vielmehr ist die Täuschung ganz natürlich. Denn was zu sich selbst: Ich! sagen kann, sagt auch: Ich bin! Nur schade, daß Gott in der theoretischen Philosophie nicht als identisch mit meinem Ich, sondern in bezug auf dieses als Objekt bestimmt, und ein ontologischer Beweis vom Dasein eines Objekts ein widersprechender Begriff ist. Jedoch, wenn es zugleich als dasjenige bestimmt ist, was durch das gesamte System meines Wissens hindurch herrscht, so muß auch ein Regressus möglich sein, d.h. ich muß, selbst vom untersten bedingten Satz, zum Unbedingten aufsteigen können, wie ich umgekehrt vom unbedingten Satz zum untersten in der Reihe der bedingten herabsteigen kann.

Man mag also in der Reihe der bedingten Sätze herausnehmen, welchen man will, so muß er im Regressus auf das absolute Ich führen. So muß, um zu einem der vorigen Beispiele zurückzukehren, der Begriff von Subjekt auf das absolute Ich leiten. Gäbe es nämlich kein absolutes Ich, so wäre der Begriff von Subjekt, d.h. der Begriff des durch ein Objekt bedingten Ichs, der höchste. Allein, da der Begriff von Objekt eine Antithesis enthält, so muß er ursprünglich selbst nur im Gegensatz gegen ein anderes, das seinen Begriff schlechthin ausschließt, bestimmt sein, kann also nicht bloß im Gegensatz gegen das Subjekt bestimmbar sein, das nur in bezug auf ein Objekt, also nicht mit Ausschließung desselben, denkbar ist; mithin muß der Begriff von Objekt selbst, und der nur in bezug auf diesen Begriff denkbare Begriff von Subjekt auf ein Absolutes leiten, das schlechthin allem Objekt entgegengesetzt ist, alles Objekt ausschließt. Denn, setzet, es sei ein Objekt ursprünglich gesetzt, ohne daß vor allem ändern Setzen ein absolutes Ich schlechthin gesetzt sei, so kann jenes ursprünglich gesetzte Objekt nicht als Objekt, d.h. als dem Ich entgegengesetzt, bestimmt werden, weil dem, das nicht gesetzt ist, nichts entgegengesetzt werden kann. Mithin wäre ein vor allem Ich gesetztes Objekt kein Objekt, d.h. jene Annahme hebt sich von selbst auf. Oder setzet, es sei zwar ein Ich, aber als schon aufgehoben durch das Objekt, also ein Subjekt ursprünglich gesetzt, so zerstört sich diese Annahme abermals selbst; denn, wo kein absolutes Ich gesetzt ist, da kann es nicht aufgehoben werden, und gäbe es kein Ich vor allem Objekt, so gäbe es auch kein Objekt, wodurch das Ich als schon aufgehoben gesetzt werden könnte. (Wir stellen uns eine Kette des Wissens vor, die durchaus bedingt ist, und nur in einem obersten unbedingten Punkte Haltung bekommt. Nun kann das Bedingte in der Kette überhaupt nur durch Voraussetzung der absoluten Bedingung, d.i. des Unbedingten, gedacht werden. Mithin kann das Bedingte nicht vor dem Unbedingten (Unbedingbaren), sondern nur durch dieses, in der Entgegensetzung gegen dasselbe, als bedingt gesetzt werden, ist also, da es nur als bedingt gesetzt ist, nur durch das, was gar kein Ding, d.h. unbedingt ist, denkbar). – Das Objekt selbst ist also ursprünglich nur im Gegensatz gegen das absolute Ich, d.h. bloß als das dem Ich Entgegengesetzte, als Nicht-Ich, bestimmbar: und die Begriffe von Subjekt und Objekt sind selbst Bürgen des absoluten, unbedingbaren Ichs.


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