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IV.

Aus der Residenz war am Nachmittag der Staatsanwalt Frankenstein mit dem Bruder der Ermordeten eingetroffen, dem Polizeiinspektor Brak.

Der letztere war der Jüngste unter den drei Geschwistern. Er zählte etwa fünfundvierzig Jahre und genoß den Ruf eines ausgezeichneten, pflichtgetreuen Beamten.

Die beiden Herren befanden sich nun im Dienstzimmer des Oberamtsrichters, der über den Fall eingehend berichtete.

Inspektor Brak war tief erschüttert.

Auch er konnte sich nicht erklären, aus welchen Gründen die Schwester ermordet wurde, da ein Raub ja ausgeschlossen war. Der Staatsanwalt erfuhr von der am Vormittag erfolgten Verhaftung des schwer verdächtigen Wald-Sepp.

Der Bursche war vorläufig noch keinem Verhör unterzogen worden, da man erst die Ankunft des Staatsanwaltes abwarten wollte.

Der Oberamtsrichter konnte nicht umhin, trotz der vorliegenden schweren Verdachtsmomente, auch auf den Referendar Gollwitz hinzuweisen:

»Hat Sepp die Tat verübt, so wäre es immerhin möglich, daß ihn Gollwitz dazu veranlaßte,« führte er aus, »denn hier wären doch Gründe zu finden, ein Anhalt. Die Ermordete hatte versprochen, Gollwitz und Luise Brak zu ihren Erben einzusetzen; dies wußten die beiden. Ob auch Herr Peter Brak, der Vater des Fräuleins, Kenntnis davon hatte, weiß ich nicht. Obwohl der junge Mann einen sehr guten Ruf besitzt, so wäre doch schließlich anzunehmen, daß er in der Verblendung den Gedanken faßte, die Tante zu ermorden, um so den Zeitpunkt zu beschleunigen, wo er in den Besitz eines Vermögens gelangte.«

Während der Staatsanwalt bedächtig darauf erwiderte:

»Ich werde mir den jungen Mann ansehen. Auf den sogenannten guten Ruf gebe ich gar nichts. Diesen Punkt betreffend, habe ich schon des Abstrakten zu viel erlebt.«

»Der menschliche Geist ist etwas, das uns täglich neue Rätsel auferlegt!« protestierte der Inspektor energisch gegen die Annahme, daß Gollwitz, den er kannte, der Mörder oder doch Mitwisser sein könnte.

In diesem Fall war jedoch der Staatsanwalt maßgebend.

»Gollwitz dürfte jeden Augenblick eintreffen,« sagte der Oberamtsrichter, »da er Frau Fallner zu sehen verlangt, bei seinem Erscheinen die Türen jedoch bereits verschlossen waren. Wenn Sie einige Fragen an den betreffenden Herrn stellen wollen –«

»Ich werde sehen!«

Kurz darauf pochte es.

Heinrich Gollwitz trat ein.

Sein Gesicht war noch immer sehr bleich und seine Miene unruhig.

Dies bemerkte sogleich der Staatsanwalt, der Gollwitz von dem Moment an scharf beobachtete, als dieser über die Schwelle trat.

Der Oberamtsrichter machte ihn mit dem Staatsanwalt bekannt, der Inspektor reichte ihm die Hand, gleichsam, als wolle er damit noch einmal bekräftigen, daß Gollwitz in seinen Augen kein Mörder war.

»Sie hegen den Wunsch, Herr Gollwitz, die Leiche zu besichtigen?« fragte kalt der Staatsanwalt.

»Gewiß,« antwortete der Referendar befremdet. »Frau Fallner war meine Tante, meine zweite Mutter. Wir liebten einander. Soll ich sie nicht wenigstens im Tod noch einmal sehen?«

»Es steht diesem Verlangen nichts mehr im Wege. Nur gestatten Sie erst einige wichtige Fragen, die bei der rätselhaften Angelegenheit vielleicht zu entschuldigen sind. Kannten Sie den bereits als des Mordes verdächtigen Wald-Sepp?«

»Ich habe den Menschen allerdings einigemal gesehen.«

»Wann das letztemal?«

»Ich glaube – gestern abend,« erwiderte ohne Zögern Gollwitz.

Der Staatsanwalt sah rasch auf.

»Ah, so! – Und wo?«

»Es war, soviel ich mich erinnern kann, vor dem Stadttor.«

»Wohin gingen Sie?«

»Ich machte einen Spaziergang nach auswärts. Der Wald-Sepp ging in die Stadt. Es war bereits dunkel, und ich erkannte den Menschen auch nur, weil er gerade unter einer Laterne wegschritt.«

»Hm! Sagen Sie mir doch, wie lange dauerte Ihr nächtlicher Spaziergang?«

»Etwa eine halbe Stunde.«

»Und dann kehrten Sie heim?«

»Ja – ich – ging heim!« lautete die Antwort Gollwitz'.

»Er scheint unsicher zu sein. Ich werde den Punkt nicht außer acht lassen,« dachte sich der Staatsanwalt.

Tatsächlich hatte sich die nervöse Unruhe des Referendars vermehrt.

»Darf ich erfahren, was diese letzteren Fragen zu bedeuten haben?« sagte er aufgeregt.

»Ich hoffte nur, meine Annahme bestätigt zu finden – diesen Burschen betreffend,« versetzte der Staatsanwalt gleichgültig. »Lassen Sie uns nun aufbrechen.«

Während die Gerichtskommission nach unten zu dem wartenden Wagen stieg, bemerkte der Oberamtsrichter, zu dem Inspektor gewandt:

»Ich habe Ihren Herrn Bruder benachrichtigt. Wir werden ihn am Tatort finden.«

In kurzer Zeit war das Haus der Ermordeten erreicht.

Wirklich fanden die Herren im Entree den Bruder der Frau Fallner, Herrn Peter Brak, im Gespräch mit Balthasar, dem alten Diener.

Brak, in einen langen, schwarzen Rock gekleidet, trug eine ebensolche Halsbinde, was die gelb-fahle Farbe seines Gesichtes noch mehr abstechen ließ.

Er streckte dem Inspektor beide Hände entgegen.

»Es ist schrecklich, nicht wahr?« rief er. »Sieh mich an, Franz, ich bin ohnedies ein kränklicher Mensch, aber dieses furchtbare Ereignis hat mich derart verwirrt, daß ich mich kaum zu fassen weiß. Die gute Schwester! Keine Seele hat sie beleidigt, jeden Strolch beschenkt, ihr schönes Geld mit vollen Händen hinausgegeben, so daß sie in wenig Jahren bettelarm geworden wäre, wenn nicht – aber ich weiß gar nicht mehr, was ich rede! Ich zittere am ganzen Körper.«

Voll Teilnahme sah der Inspektor seinen wirklich ganz verstörten Bruder an.

»Ja, es ist schrecklich,« sagte er. »Wie konnte nur diese Tat geschehen?«

»Ich weiß es nicht, niemand weiß es.«

»Ist Luise auch hier?«

»Nein, ich wollte ihr den Anblick der Leiche ersparen. Sie soll ja schrecklich zugerichtet sein. Luise ist so nervös.«

»Es ist auch besser, sie bleibt fern,« sagte der Inspektor, tief atemholend. »Nun komm! Es muß ja sein! Der Staatsanwalt hat bereits die Tür des Schlafzimmers öffnen lassen!«

Peter Brak folgte dem Bruder mit zuckenden Lippen.

Die Männer traten ein.

Eine unheimliche, dumpfe, schwere Luft schlug ihnen entgegen.

Der Staatsanwalt ließ sogleich das Fenster öffnen.

»Es ist nichts verändert worden,« sagte der Oberamtsrichter, nachdem er sich umgesehen.

Der Staatsanwalt schlug die Bettvorhänge zurück und in demselben Moment stürzte Heinrich Gollwitz mit einem lauten Schrei vor dem Lager auf die Knie.

»Tante Fallner! O, wie schrecklich!« stöhnte er, beide Hände vor das Gesicht schlagend.

So verharrte er eine ganze Weile regungslos.

Der Inspektor Brak und sein Bruder traten erschüttert näher.

Während der erstere anfangs vor Ergriffenheit kein Wort über die Lippen brachte, tastete Peter Brak mit der mageren Hand nach dem blutbefleckten Kopfkissen.

Dabei starrte er der Toten direkt ins Gesicht.

»Tot – ermordet!« murmelte er dumpf. »Man sieht es ja – erschlagen mit dem Hammer – einem schweren Hammer!«

Der Oberamtsrichter deutete auf einen am Tisch liegenden Gegenstand.

»Hier ist der Hammer; mit ihm ist zweifellos der Mord ausgeführt worden,« sagte er.

Auch der mitgekommene Doktor Thoma bestätigte diese Ansicht.

Der Staatsanwalt betrachtete das Werkzeug. Auch er fand, daß nur mit ihm der tödliche Streich ausgeführt wurde.

Es ging nun der Staatsanwalt an die Aufnahme des weiteren Tatbestandes.

Balthasar wurde dazu herbeigerufen.

Vorher aber kehrten der Inspektor, sein Bruder und Gollwitz nach dem Hause Braks zurück.

Der Referendar war wie betäubt. Mehrmals auf dem Weg faßte ihn ein Schauer an.

Ebenso erschüttert war der Polizeiinspektor.

Er marterte sich den Kopf ab, um einen Anhaltspunkt zu finden, wo eigentlich der Mörder zu suchen sei.

Gollwitz war es nicht, oder seine ganze Menschenkenntnis wäre in diesem Falle zuschanden geworden.

Wer aber sonst?

Peter Brak war ebenfalls auf das höchste erregt. Die Zähne fest aufeinander gebissen, die Hände auf dem Rücken, schritt er neben dem Inspektor her.

Dabei hatte sein Blick etwas Glasiges.

Der jähe Tod der Schwester schien auch ihn gänzlich niedergeschmettert zu haben.

Einmal fuhr er mit dem Arm so heftig durch die Luft, als wolle er jemand niederschmettern.

»Du denkst an den Mörder?« fragte ihn der Inspektor.

Brak fuhr, wie aus einem Traum erwachend, auf.

»Ja – an den verruchten Mörder. Gott verdamme ihn!« stieß er dann hervor.

»Hast auch du keinen Schimmer einer Ahnung, wer es sein könnte?«

»Nichts, gar nichts! Ich weiß nicht, was ich sagen soll – ich bin wie vor den Kopf geschlagen!« keuchte Brak.

»Der Wald-Sepp ist übrigens bereits verhaftet.«

»Ich – hörte davon. Er soll stark verdächtigt sein, weil sein Hammer gefunden wurde. Aber ich glaube doch nicht, daß er es getan hat. Der Mensch hätte doch auch das Geld genommen.«

»Vielleicht handelte er im Auftrag eines anderen, der irgendwelchen Nutzen aus dem Tod unserer Schwester zieht!«

»Eines – anderen?« machte Brak kopfschüttelnd. »Wer sollte denn das sein?«

»Ich weiß es nicht; Sepp wird ja Auskunft geben, wenn er sieht, daß es im anderen Fall ihm selbst an den Hals geht.«

»Hoffen wir darauf,« nickte Brak, und dann drehte er hastig den Kopf nach dem Bruder um. »Da fällt mir ein, ich habe vergessen, dem Staatsanwalt eine Mitteilung zu machen, die für ihn vielleicht von Wichtigkeit ist. Ich wollte anfänglich die Sache verschweigen, aber nun habe ich mir's überlegt. Der Staatsanwalt kann die Sache für seinen Zweck ausnützen.«

Brak erzählte nun dem Inspektor von seiner Wahrnehmung, daß in der Mordnacht bei ihm irgendwer eingestiegen war.

Diese Mitteilung war dem Bruder sehr interessant.

Gollwitz, der noch immer wie betäubt neben den beiden herging, hörte gar nicht darauf.

»Du weißt bestimmt, daß es gestern nacht war?« fragte der Inspektor, nachdem sein Bruder geendet hatte.

»Ganz bestimmt,« versicherte dieser, »ich kann darauf schwören.«

»Um welche Zeit könnte denn der Mensch eingestiegen sein?«

»Vielleicht kurz nach zehn Uhr. Bis dahin war ich noch in meinem Arbeitszimmer in ein sehr interessantes Buch vertieft: ›Die Rätsel des menschlichen Geistes‹. Aber davon verstehst du ja nichts!«

»Nein,« sagte der Inspektor trocken. »Und nachdem gingst du schlafen?«

»Gewiß; ich schlief sogar sehr rasch ein. Währenddem muß der Verbrecher zum Fenster hereingestiegen sein. Um ein Haar wäre es mir ergangen, wie der armen Schwester. Weshalb überhaupt der Mensch unverrichteter Sache wieder abzog, das begreife ich nicht.«

»Ich werde bei meiner Rückkehr in das Stadthaus den Herrn Staatsanwalt von deiner Wahrnehmung in Kenntnis setzen!« sagte der Inspektor.

Damit war man vor dem Garten Braks angelangt.

Während Gollwitz in das Haus trat, ersuchte der Inspektor seinen Bruder, ihm die Stelle zu zeigen, von wo aus irgendwer nach dem Fenster der Arbeitsstube emporgestiegen war.

Die Stelle war bald erreicht.

Das Fenster befand sich, wie erwähnt, im ersten Stock, und da ziemlich starke Stangen, zu einem Leiterbau verbunden, bis nach oben reichten, so war es gerade kein Kunststück, selbst für einen erwachsenen, schweren Mann nicht, hier auf und ab zu steigen.

An den Rebranken konnte man in der Tat ersehen, daß etwas Derartiges in jüngster Zeit geschehen war.

»Es ist gut, daß du die Sache nicht verschwiegen hast,« sagte der Inspektor. »Das muß so rasch als möglich der Staatsanwalt erfahren.«

»Du glaubst also auch, daß ein Mensch hier war,« fragte Brak hastig.

»Daran kann man wohl kaum zweifeln!« versetzte der Inspektor, »das sieht ja jedes – halt! Was ist das?« unterbrach er sich, indem er einen kleinen Gegenstand aus dem Gras nahm. »Da hätten wir ja am Ende sogleich einen Fingerzeig.«

»Was hast du gefunden?« fragte Brak.

»Nur einen Manschettenknopf, ein billiges Fabrikat, wie es entweder arme oder doch sehr sparsame Leute tragen. Vielleicht verlor ihn der Täter!«

Brak hatte einen Blick auf den kleinen Gegenstand in der Hand des Polizeiinspektors geworfen und rief sodann:

»Da irrst du dich aber diesmal gründlich! Das Ding gehört weder einem armen Burschen, noch dem Täter, sondern mir!«

»Ah – du hast den Manschettenknopf verloren?« fragte der Inspektor enttäuscht.

»Jawohl, vor kurzem. Ich weiß nicht mehr, bei welcher Gelegenheit. Am Morgen war er eben weg, und ich nahm mir einen anderen.«

»Schade, daß er nicht Eigentum des Täters ist, er hätte einen Beweis dargestellt, daß der Mann hier war,« sagte der Polizeibeamte und schob den Knopf gleichgültig in die Westentasche.

Darauf begaben auch diese beiden sich in das Haus, wo Gollwitz Luise bereits von dem Anblick auf schonendste Weise unterrichtete, der sich ihm in dem Schlafzimmer der armen Tante bot.

*

Der Staatsanwalt hatte die ihm bereits zu Anfang von dem Oberamtsrichter gemachten Mitteilungen bestätigt gefunden. Der Mörder war durch das Fenster eingestiegen, was nicht schwer auszuführen war.

Fußspuren fanden sich wohl, doch konnte aus ihnen unmöglich die Form eines Stiefels oder einer Sohle entnommen werden, was sehr wichtig gewesen wäre.

Der Steinhammer hatte, nach Form und Beschaffenheit der Wunde, als todbringendes Werkzeug dem Mörder gedient. Und zwar war nur ein einziger Schlag geführt worden, wie unzweifelhaft feststand, allerdings mit großer Kraft.

Allem Anschein nach war er nach der Mitte der Stirn gezielt gewesen, glitt jedoch seitwärts nach der Schläfe zu ab, was möglicherweise daher kam, daß entweder des Mörders Hand nicht ganz sicher war, oder daß die Schlafende im entscheidenden Moment eine Wendung mit dem Kopf machte.

Aber gerade die Ablenkung des Streiches hatte ihn zu einem tödlichen gestaltet.

Der Staatsanwalt ließ alles zu Protokoll nehmen.

»War der Wald-Sepp je schon einmal hier im Hause?« fragte er Balthasar.

»Niemals,« antwortete dieser.

»So war ihm also auch nicht bekannt, wo sich das Schlafzimmer der Dame befand?«

»Wohl nicht; doch ist es ganz leicht möglich, daß er vom Garten aus das Licht sah. War er in der Absicht hier eingedrungen, einen Diebstahl oder Raub auszuführen, so brauchte er nur auf einen der Gartenbäume zu steigen und konnte so alles beobachten, was in dem Schlafzimmer geschah.«

»Allem Anschein nach hat sich Ihre Herrin, ehe sie zu Bett ging, noch am Schreibtisch, vielleicht mit dem Zählen von Geld, beschäftigt. Dies hätte also der Mörder von einem Baum aus sehen können?«

»Gewiß!«

»Wir werden nachher den Garten untersuchen. Kommen Sie nun her an den offenen Schreibtisch. Obwohl anscheinend alles vorhanden ist und nichts fehlt, möchte ich Sie doch ersuchen, ganz genau noch einmal nachzusehen, ob Sie nichts, auch nicht das Geringste vermissen?«

Balthasar sah nach. Er strengte sein Gedächtnis an, aber vergebens.

»Ich vermisse nichts!« sagte er.

»Wissen Sie denn, wieviel Geld stets hier vorhanden war?«

»So ziemlich; es liegen ja auch hier oben mehrere Banknoten in vollster Ordnung.«

Der Staatsanwalt hatte die unterste Lade herausgezogen, wobei der Oberamtsrichter bemerkte:

»Diese Lade stand offen, wie wir diesen Morgen das Zimmer betraten. Aus Versehen muß sie zugeschoben worden sein, vielleicht von mir selbst.«

»Sie ist leer – doch nein, hier in der Ecke liegt noch ein kleineres Geldstück. Befand sich sonst nichts anderes in dem Fach?« wandte sich der Staatsanwalt an Balthasar.

Dieser fuhr plötzlich auf.

»Ja, jetzt erinnere ich mich,« rief er. »Frau Fallner legte ihr Kleingeld meist in diese Lade. Und seit Jahren befand sich auch ein seltener Jubiläumstaler dabei, den ich nun doch vermisse!«

»Gott sei Dank, wenigstens etwas,« versetzte der Staatsanwalt, als der Oberamtsrichter erregt ausrief:

»Jetzt kann der Mörder überführt werden! Es ist nun doch der Wald-Sepp! Ein solch seltener Jubiläumstaler wurde heute morgen bei ihm gefunden.«

»Nun also!« nickte der Staatsanwalt.

Er ließ sich jedoch von Balthasar den Taler auf das genaueste beschreiben.

Darauf begab sich die Kommission in den Garten, wo indessen keine weiteren Spuren entdeckt wurden. Auf einen Baum war der Verbrecher nicht gestiegen.

Die Leiche der Ermordeten wurde nun in ein anderes Zimmer verbracht und auf Requisition des Staatsanwaltes das Schlafgemach abermals gerichtlich verschlossen.

Die Hinterlassenschaft der so jäh Verstorbenen, besonders ihre Papiere, mußten ja ohnedies vom Gericht aus geregelt werden.

Die Gerichtskommission kehrte nach der Stadt zurück.

Nachmittags fand die Obduktion der Leiche statt, die ein Resultat ergab, völlig gleichlautend der Feststellung, die dem Leser ja bereits bekannt ist.

Der Polizeiinspektor Brak hatte den Staatsanwalt in Kenntnis gesetzt, daß sein Bruder alle Ursache habe, an einen auch bei ihm versuchten Raub zu glauben.

Sogleich begab sich der Staatsanwalt nach dem Hause Braks, wo ihm von dem Hausherrn bestätigt wurde, was der Polizeiinspektor berichtete.

Das sogenannte Arbeitszimmer wurde genau untersucht.

Daß der Eingestiegene sich nichts aneignete, konnte mit aller Bestimmtheit festgestellt werden.

Es war sonderbar, hier, wie im Haus der Frau Fallner, dasselbe Verhältnis.

Große Summen lagen dort so gut wie offen da, und der Mörder hatte sich begnügt, einiges Kleingeld und einen nicht einmal mehr gangbaren Taler an sich zu nehmen.

War nun auch der Geldschrank Peter Braks verschlossen, so lag doch auf dem Arbeitstisch eine alte, goldene Zylinderuhr.

Fürchtete der Mensch, sich zu verraten, wenn er die sehr wertvolle Uhr an sich nahm, genug, er ließ sie liegen und entfernte sich wieder völlig unverrichteter Sache.

Und dabei schlief Peter Brak nebenan bei offener, das heißt, unverschlossener Tür.

Er hatte nicht das mindeste Geräusch vernommen.

Während sein nächtlicher Besuch Frau Fallner um eine Bagatelle das Leben kostete, blieb Peter Brak sonderbarerweise völlig unbelästigt.

Der Staatsanwalt besichtigte auch den Garten, wobei er mehrere Fußspuren entdeckte, und zwar durchwegs frische.

Er nahm genaues Maß davon, zeichnete sich auch die Form der Abdrücke ein, die ziemlich scharf in dem weichen Boden zu erkennen war.

Dann kehrte er nach der Stadt zurück.

*


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