Joseph Roth
Hotel Savoy
Joseph Roth

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XXX

Ich wartete die ganze Nacht auf Zwonimir.

Es gab viele Tote. Vielleicht war Zwonimir unter ihnen? Ich habe seinem alten Vater geschrieben, daß Zwonimir in der Gefangenschaft gestorben ist. Wozu sollte ich dem Alten mitteilen, daß der Tod seinen starken Sohn unterwegs getroffen hat?

Viele Heimkehrer hat der Tod im Hotel Savoy erreicht. Er hatte ihnen sechs Jahre lang nachgestellt, im Krieg und in der Gefangenschaft – wem der Tod nachstellt, den trifft er auch.

In den grauenden Morgen ragen halbverkohlte Reste des Hotels. Die Nacht war kühl und windig und hat das Feuer geschürt. Der Morgen bringt grauen, schrägen Regen, er löscht verborgene Gluten.

Mit Abel Glanz gehe ich zur Bahn. Der nächste Zug soll am Abend abgelassen werden. Wir sitzen im leeren Wartesaal.

»Wissen Sie, daß Ignatz eigentlich Kaleguropulos war? – und Hirsch Fisch ist auch im Hotel verbrannt.«

»Schade«, sagt Abel Glanz, »es war ein gutes Hotel.«

Wir fahren in einem langsamen Zug mit südslawischen Heimkehrern. Die Heimkehrer singen. Abel Glanz beginnt:

»Wenn ich zu meinem Onkel nach New York komme –«

Amerika, denke ich, hätte Zwonimir gesagt, nur: Amerika.


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