Fritz Reuter
De Reis' nah Bellingen
Fritz Reuter

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Kapittel 43.

Wo Witt en Regen prophenzeit,
Un wo ‘t ok würklich regen deiht

"Herr Heindrich," seggt oll Swart, "nu sünd wi wedder hir."
"Ja, Nahwer Swart, dat heww ‘ck mi dacht."
"Un, seggt oll Swart, "seihn S’, aewer Nacht,
Dunn aewerläd ‘ck mi dat, dat ‘t woll am besten wir,
Wenn wi dat Reisen wesen leten,
Wi heww’n de Nacht in ‘t Lock all seten.
Un uns is all so vel passirt;
Ick heww ‘e naug dorvon up minen Part."
"Ja," seggt oll Witt, "ja, Nahwer Swart –
Gottlob! Wi sünd ut den Kabutter –
Ick glöw nu sülwst, am Besten wir ‘t,
Wi reisen nu taurügg nah Mutter."
"Ja, Vadder, dat is licht geseggt,
Wo ward uns dat denn aewerst kleden,
Wenn uns’re Ollsch tau Hus uns fröggt,
Ob wi in Belligen wesen deden,
Un wo ‘t uns up de Reis’ is gahn.
Wo sael’n wi ehr woll Antwurt stahn?"
"Dat helpt doch nich!" seggt Pasters Heindrich,
"Dor möt denn nu en Jedwerein sich
Herute wickeln, as hei kann.
Ick rad’ Jug nu, wenn ‘t ok en beten kost’t,
Ji sett’t Jug hüt hir up de Post,
Denn kamt Ji morgen früh tau Ollen-Strelitz an,
Dat anner Enn’, dat kaent Ji gahn.
Jug’ Saken schaff ick von de Iserbahn
Un schick s’ Jug nah. Un paßt mal up:
Morrn Abend noch tau rechter Tid
Et Ji tau Hus all Klütersupp."
"Ick glöw binah," seggt Swart, "dat ‘t so am besten is."
"Dor hest Du Recht," seggt Witt, "dat is gewiß."
"Na, wenn dat uns ok Gröschens kost’t
Man tau! Adjüs, Herr Heindrich!" seggt oll Swart,
"Un Vadder, spaud’ Di doch! Un Jungs allart!"
Un durt nich lang’, dunn sitten s’ up de Post;
Un durt nich lang’, dunn slapen s’ ruhig in,
Un kamen so des Morgens gegen saeben
In ‘n säuten Drom tau Ollen-Strelitz ‘rin.
Hir laten s’ sick en Frühstück gewen,
Un dorup bugen s’ af. Ein Jeder in Gedanken,
So as de düre Tid, so sacht, so eben,
So sleusen sei den Weg entlanken,
So gahn sei utenanner furt,
Un Keiner red’t en orntlich Wurt.
Twors red’t Corl Witt woll mal in ‘t Blag’ herin,
Un Vadder Witt makt ok woll mal en Snack;
Doch Swart bliwwt arg in sinen Sinn,
Hei ‘s falsch, hei argert sick doch lästerlich,
Dat hei möt unverrichte Sak
Nah Muttern un in ‘t Dörp taurügg.
Oh Gott! Wat würd’ de Ollsch woll seggen.
Wo künn het ‘t in de Taukunft wagen
Un up en Strid mit ehr sid leggen!
Hei hadd’ süs all den Körsten tagen:
Nu, dat des’ dumme Reis’ noch kamm dortau,
Nu hadd’ hei jo woll gor kein Rauh.
Fritz Swart was vull von Lust un Freud’;
Hei gung en schönen Ogenblick entgegen.
Hei dacht doran, wenn sei sick Beid’,
Hei un sin Dürten, wedder segen.
Corl Witten ded ‘t in ‘n Ganzen nich verslagen,
Den gräunen Kledrock kunn hei dragen
So gaud in ‘n Dörp as tau Berlin
Un wo hei ‘n drog, dor müßt hei Mäter sin.
Oll Witt dacht an dat Heugrasmeihn
Un nebenbi ok an dat Weder.
"Mi will dat schir bedünken," säd ‘e,
"Paßt Ji mal up, Ji saelt mal seihn,
Wi ward’n noch en Gewitter krigen;
In ‘n Abend ward dat so upstigen.
Dat swulkt so up, dat is so swäul,
Dat Weder liggt so in ‘t Gewäuhl,
Dat landagt so, de Fleig’, de steckt,
Un wenn de Wind nich ‘rüm gahn ward,
Un wenn ‘t tauletzt sick nich vertreckt,
Denn ward wi hüt noch klaeternatt."
"Ih, Vadder, wenn dat blot dit wir," seggt Swart,
"Mit einen natten Puckel würd’n w’ woll klor,
Doch paß mal up, wi krig’n en nattes Johr,
Wit sitten schön in de Verlegenheit;
Du sallst mal seihn, wo uns dat geiht.
De Sak, de nimmt ein klaet’rig Enn’;
Ick müßt min Ollsch jo doch nich kenn’n."
"Dat Best is, Vadder, wenn w’ uns gor nich rüppeln.
Lat s’ seggen, Vadder, wat sei wilt;
Segg gor nicks, swig Du reining still! –
Süh, kik, nu fängt ‘t all an tau drüppeln."
Sei wiren nu all in ehr Gegend,
Ehr Dörp, dat lagg all dichting vör;
Un ‘t durt nich alltaulang’, dunn regent ‘t,
As wenn ‘t up Buren regen ded’.
Oll Swart namm Fritzen nu bi Sid
Un säd’: "Fritz, Saehn, nu hür!
Ick frag’ Di, ob ick nich tau alle Tid
As ein rechtschaffen Vader tau Di wir?
Heww ick nich för Di sorgt, as för mi einzigst Kind?
Antwurt mi mal! Wull ick nich stets Din Best?"
"Ja, Vader, " seggt Fritz Swart, " Ji sünd
As Vader ümmer tau mi west."
Un dat will ick ok ümmer bliwen!
Un mit Din Frigeri, dor sallst mal seihn,
Dor ward ‘ck Di wisen, dat ick gaud dat mein,
Dor ward ick Di den Rüggen stiwen.
Un wenn uns’ Mutter sick dorgegen leggt,
Denn kumm nah mi!
Ick stah Di bi,
Du sallst mit Dürten woll taurecht.
Doch nu möst Du mi nich verlaten –
Min Arbeit kann ‘ck noch ümmer wohren –
Doch süh, en Mann in minen Johren,
De mag sick nich utflöhen laten;
Un Mutter is sihr hastig, as Diu weitst.
Wenn Du nu so vöran gahn deihst,
Un bringst de Sak en beten in dat Fin’,
Süh denn, min Saehn, denn künn dat sin,
Dat Mutter sick bescheiden ded’
Un mi nicks in ehr Bosheit säd’.
Up ‘t Leigen brukst Du grad’ Di nich tau leggen,
Denn Laegen, Saehn, süh, dat sünd Laegen!
De Wohrheit brukst ehr aewer ok nich seggen,
De müggt för ehr grad’ ok nich daegen.
Du möst so twischen beiden gahn:
Nah Bellig’n wir wi just nich kamen,
De Trurigkeit, de hadd’ uns aewernamen,
Dat hadd’ uns so sihr jammern dahn,
Dat wi sei hir so ganz verwais’t
Un ganz alleine sitten laten,
Dunn hadden wi uns kort entslaten
Un wiren leiwerst t’rügg man reis’t.
So ungefihr, so ‘n beten fin,
Möst Du dat unner ‘n Faut ehr gewen:
Doch, Fritz, min Saehn, bi Leiwes Lewen
Vertell nich, dat in ‘t Lock wi deden sin,
Ok jo nich, dat w’ in Strelitz arretirt,
Un jo nich von dat Geld! – Min Saehn, nich von dat Geld! –
Du weitst, wo Mutter dorup höllt. –
Ok nich, wat in den Holt uns is passirt,
Un dat s’ mi ‘rut ut de Kamedi smeten
Un up de Iserbahn mi sitten leten.
Wenn Du von de Geschichten Hals deihst gewen,
Denn heww ‘ck kein rauh’ge Stunn’s in minen ganzen Lewen."
Fritz säd’, hei würd’ sin Mul wol hollen,
Un gung mit Corlen af. De beiden Ollen,
De sett’ten sick nu achter ‘n Durenrämel,
Wil dat gefährlich regen ded’.
Dor seten sei denn nu en Strämel,
Ganz still den Kopp in ehre Hand gestütt’t,
Bet dat oll Swart tau Witten säd’:
"Wat is dat Lewen, Vadder Witt?"
"Dat is gewiß," seggt Witt, "dor hest Du Recht!
Dat heww ick Di jo ümmer seggt."
"Wat is dat Lewen, wenn Ein’ dat betracht’t?
Bedenk’ doch mal, vör kort acht Dagen,
Dunn set wi hir up unsern Wagen,
Un, Vadder, – wer hadd’ dat woll dacht? –
Nu sitt wi hir in ‘n vullen Regen,
Grad’ as de Poggen sit wi hir!
Na, lat ‘t tau ‘m Deuwel regen! Minentwegen!
Wenn dormit dat vörbi man wir."
"Dat segg ick ok," seggt Nahwer Witt,
"Wenn dat man wir vörbi domit!"
"Wat is dat Lewen?" seggt oll Swart.
"Dat ‘s grad’ so, as en Hak ahn Jsen,
As ‘ne Egt ahn Tinn’,
As en Hund ahn Start.
Un Vadder, dat will ‘ck Di bewisen:
Hüt süll’n wi nu, wer weit wo, sin,
Un wi sitt hir grad’ as de Naren,
As wenn wi Prenzlow verraden hadden."
"Dor hest Du Recht, so sitt wi hir,
Un täuwen, bet dat beter ward,
Un kaen’n, wer weit, wo lang’ noch luren.
Un ick heww ok so min Betrachtung hatt,
Wo dat woll maeglich wesen kann:
Ick heww de beiden Stäweln an
Un heww den einen Strump verluren.
Du fröggst mi woll: ‘Wat is dat Lewen?’
Nu frag ‘ck Di ok: ‘Wo is min Strump wol blewen?"
"Den Strump? Wo? Hest Du Dinen Schick?
Den Stämel an, un denn den Strump verliren?
Dor kann jo Ein sick vör verfiren.
Dat mir jo doch en gruglich Stück!"
"Dat segg ick ok. Dat is gewiß.
Dit weit ‘ck doch gor nich, wo dat maeglich is!
Ick bün doch süs nich so, doch sihr vörsichtig...."
"Dorvon swig still! Ne, dorin büst Du richtig,
Un dorin büst Du as en wohres Kind.
‘T is gaud, dat wi tau Hus nu sünd,
Du hadd’st jo woll noch All’ns verluren:
Von Dinen Kopp de langen Uhren
Un desen sülwsts herunner von den Rump?
Ne, Kinner, Lüd’, verlirt den Strump
Un hett den Stäwel an! Na, dit ‘s....!"


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