J. E. Poritzky
Imago Mundi
J. E. Poritzky

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II. Der Begriff der Zivilisation.

Was ist absurder als der Fortschritt, da doch der Mensch, wie die täglichen Tatsachen beweisen, dem Menschen gegenüber sich stets gleich bleibt, d. h. immer im wilden Zustande!
Baudelaire

Während ich am Tisch bei der freundlichen Lampe sitze und der Wind draussen vor meinen Fenstern steht, und seine leidvollen Lieder singt, sehe ich im Geiste die moderne Stadt vor mir, die brüllt und tobt wie ein aufgewühltes Meer. Die Strassen gleichen tosenden Schluchten; Bergketten, die aus Häusern bestehen. Auf jeder Seite türmen sich endlose Fassaden auf, architektonische Felsen, fast jeder eine halbe Million wert und mehr, oder gläserne Paläste, von ragenden Steinpfeilern durchbrochen. Darüber erblickt man ein helles, breites Lineal, das den Himmel vorstellt, durchkreuzt von den Linien der Telegraphendrähte und der elektrischen Bahn. Man kann mondelang zwischen diesen beängstigenden Schluchten umherwandern und wird in immer neue Strassentäler gelangen. Wenn ich meinen Freund besuchen will, der in derselben Stadt wohnt, was höchstens einmal im Monat sein kann, da es zuviel Zeit in Anspruch nimmt, trete ich eine richtige Reise an, fahre von Bezirk zu Bezirk und komme durch Stadtteile mit grundverschiedenen Physiognomien, als reiste ich durch zehn fremde Städte. Eng berühren sich hier Vergangenheit und Zukunft. Da gibt es Gegenden, einsam wie Mönchsklöster, wahre Trauminseln; abgeschlossene Provinzen; lachende Gärten, in denen Schwäne wie weisse Gondeln sanft hinziehen; Gassen voller Melancholie und Kraftlosigkeit; dem Untergang geweihte Stätten des Zerfalls und des ewigen Schlafs, und Viertel, in denen man die fiebernden Nerven des modernen Lebens zucken sieht. Antäus, der durch die Berührung mit der Erde neue Kräfte gewann, würde hier rasch besiegt werden, denn nirgends tritt der Fuss unmittelbar auf die Erde, sondern auf Asphalt, Zement, Holz oder Steinblöcke. Würde man diese steinernen Pfade aufreissen, so würde man wieder eine neue, unterirdische Welt erblicken: ein System von Leitungen und Röhren für Wasser, Beleuchtung, Dampf, Kanalisation, Elektrizität, Telephon, Telegraph, Eisenbahn. Darüber hinweg braust ein dröhnender Lärm. Das Getrappel der Hufe, das Gepolter der Räder, das Geknatter der Automobile, der Donner der Bahnen hallt ununterbrochen fort. Nur der Assimilierte findet sich in diesem Chaos zurecht; der Neuling erschrickt, als wäre er in eine Panik geraten.

Und doch wird alles beherrscht und regiert durch die Ordnung. Jahrhunderte haben dieses System der verblüffenden Ordnung errichten helfen, und nun läuft das Ganze von allein, als ob es eine einzige eiserne Hand durch das Chaos lenkte. All das Ungeheure hat den Charakter der Härte und Unerbittlichkeit. Es ist die gigantische, mathematische Kraft, umgesetzt in Nützlichkeitswerte. Diese kolossalen Anhäufungen von Bankpalästen, Warenhäusern, Geschäften, Mietkasernen sind nicht schön, sondern angsterregend. Es spricht daraus eine mitleidslose Kraft, die unheimlich wirkt. Obwohl diese Berge ineinandergewachsen sind, die Menschen, die darin wohnen, sind es nicht. Kein Gemeingefühl verbindet diese Nachbarn. Sie begegnen sich mit Kälte und Interesselosigkeit ...

Wenn es dunkel wird und die hunderttausend Laternen und Lampen der Strassen und Geschäfte in allen Lichtnüancen erstrahlen; wenn an den Dachgiebeln und an den Häuserfronten der grellen Hauptstrassen die elektrischen Glühlampen der Reklame zu funkeln beginnen und zu tanzen; glitzernde Buchstaben die Fassaden auf- und niederstürzen, die im Nu blenden und im Nu wieder im Nichts verschwinden; die das Auge locken und täuschen; wenn das Leben gesättigt ist von gespannter Lebenslust und ein jeder bereit ist, einen Teil seiner Nervenkraft zu opfern, dann erst sieht man die moderne Grosstadt; diese Stadt, die einem Tiere gleicht, das daliegt und Menschen frisst; die voll Glanz ist und voll Finsternis, voller Laster und Verbrechen; eine Stadt der Arbeit und des Vergnügens, des Ehrgeizes und des wahnsinnigen Kampfes um Existenz, Namen, Ruhm und Glück.

Der Menschenstrom wälzt sich durch die Strassen ... Kontoristinnen, Verkäuferinnen, Modistinnen, Kaufleute aus aller Welt, Nichtstuer, Kokotten, bald elegant, bald bescheiden gekleidete Vergnügungssüchtige, kokette Frauen mit ungewöhnlich starken Parfüms begossen, hübsche Mädchen mit Blumen an der Brust. Die Männer verfolgen die Frauen, Blicke fliegen herüber und hinüber, mehr oder minder freche Augen sieht man, zudringliche und zurückhaltende, gemeine und gelangweilte, genusssüchtige und blasierte Gesichter. Bekanntschaften werden geschlossen, die nur ein paar Stunden dauern. Das Leben sieht aus, als sei es leicht, graziös, licht und lustig. Alle wollen Glück und Freude, und viele ernten Schmerz und Tränen. Was macht's? Das Leben ist düster und langweilig, die Arbeit ermüdend, – schaffen wir uns Lustspiele, und weichen wir den Dramen aus und den Tränen der Tragödie.

Die Strassen leben ... Alles lächelt, lärmt, trällert, eilt, triumphiert. Die hellerleuchteten Cafés sind weit geöffnet. Man hört sentimentale Geigen schmelzend tönen. Sie locken. Die kleinen Marmortische sind besetzt. Zwischen den Tischen irren mit müden, oft reizenden Gesichtern blasse Mädchen hin und her, mit sonderbaren Hüten auf dem Kopf. Tausend verschiedene Laute fliessen in einen Akkord zusammen. In den Theatern, in der Operette, in den Tanzsälen und in den Bars spielt sich wieder ein anderes, eigenes Leben ab; dort herrscht offen das schöne, elegante Laster; dort regieren fürstliche Hetären mit reizenden Frisuren, eleganten Füssen und Toiletten, die ein Vermögen kosten.

Aber schwatzende, zechende, singende Männer, tanzende, girrende Weiber, wilddurchwogte Strassen, Automobile, galoppierende Pferde, Restaurants, Theater, Bars – das alles ist nicht das Leben; es ist nur der Lärm des Lebens.

In diesem Chaos von Macht und Glück, von Elend und Laster, das man Zivilisation nennt, in diesen Häusern, die bald von prunkender Pracht strotzen und bald von monumentaler Schäbigkeit, in dieser Luft, die erfüllt ist von den ausserordentlichsten Kontrasten der Not und der Lust, lernt der einzelne seine Unbedeutenheit und Entbehrlichkeit doppelt stark erkennen. Jeder fühlt, je nach dem Grade seiner Isoliertheit oder Brauchbarkeit, dass das grausame und jubelnde Leben, das unbarmherzige und öde, das qualvolle und liebegebärende Leben, dass das sieghafte Leben vorwärts will, und hinwegschreitet über alles Schwache und Hilflose.

Wer dies Leben kennt, begreift die vage Unruhe des Vereinsamten, unbeachtet zu sein inmitten von einigen Millionen hastender Menschen; nicht gehört zu werden in dem betäubenden Getöse des Verkehrs; elend zu bleiben, angesichts der überwältigenden Anhäufungen von Reichtümern, die Kopf und Hand zwingen, ihr Arbeitsvermögen bis zur äussersten Grenze auszunützen.

Wer dies Leben kennt, weiss aber auch, dass die Gefahren der Wildnis und des Meeres nichts bedeuten, neben den täglichen Choks und Konflikten der Zivilisation, die nur wie ein dünner Firnis über unserer Bösartigkeit liegt.

Diese Zivilisation hat uns die drahtlose Telegraphie gegeben, die synthetische Chemie, das Radium, die Antitoxine, den Panamakanal, das Telephon und das Luftschiff; sie hat den Himmel erforscht und die Sterne, hat das Sonnenlicht in seine Teile zerlegt, hat Raum und Zeit überwunden, hat die Vergangenheit belebt, hat die Naturkräfte und die Menschen gebändigt, hat der Erde alle Geheimnisse abgerungen, hat alles entschleiert, alles sichtbar gemacht, alles geordnet und es sich untergeordnet, hat so viel Wissensgebiete systematisiert, als Welten und Himmel sind, hat Gesetze gegeben, unsere Gefühle aufgedeckt und ihre erstaunliche Mannigfaltigkeit gezeigt, die so reich ist, wie der Sand am Meeresufer. Diese Zivilisation hat den edelsten Menschentyp entwickelt und den abstossendsten; hat die sublimsten Empfindungen in uns geweckt und die zartesten Sympathien, wie sie keine andere Zeit hatte.

Aber der Gesellschaftsorganismus ist durch diesen ratlosen Fortschritt so kompliziert geworden, dass – und dies ist ein Gesetz! – seine Verwundbarkeit immer grösser geworden ist. Der Energieverbrauch ist ein rascherer, und im gleichen Verhältnis sind Sensibilität und Nervosität gewachsen. Wenn in China die Pest ausbricht, oder in Russland eine Hungersnot, so kann diese momentane Unterbindung der Handelsadern in den fernsten Ländern Stauungen herbeiführen, die alle Teile des ganzen menschlichen Erdgefüges in Mitleidenschaft ziehen. Wenn in Texas Regenwetter ist, werden die Hemden des deutschen Arbeiters kostspieliger, denn vom Wetter hängt die Baumwollernte ab, und Dürre und Nässe diktieren die Preise des Marktes. Wenn einige auf ihren Vorteil bedachte Leute es Amerika verbieten, uns Fleisch zu liefern, müssen mehrere Millionen Menschen ihre Lebensweise ändern und einschränken. Hand in Hand mit dem Steigen der Brot- und Fleischpreise wächst selbstverständlich die Zahl der Verbrechen. Kurz, die Vernichtung des kleinsten Vorratszentrums, die Erschöpfung einer Mine, der leiseste Druck auf einen industriellen Nerv zeigen erst, wie fein das Rädergetriebe der menschlichen Gesellschaft ineinandergreift.

Wenn hinten weit in der Türkei
Die Völker aufeinanderschlagen,

so kann der moderne Mensch nicht mehr von gesegneten Fried- und Friedenszeiten sprechen; selbst der Krieg des fernsten Landes hat Folgen für jedes Individuum. Denn die ganze Menschheit ist ein einziger Organismus, und die geringste Stockung wirft alles aus dem gewohnten Gang. Wie ein Riesendynamo, das durch einen kleinen Hebel in und ausser Betrieb gesetzt werden kann und eine wunderbare Gefügigkeit zeigt, so ist die ganze Menschheit durch einen kleinen Druck zum Stillstand zu bringen.

Dies alles schliesst nicht aus, dass unsere Zivilisation zugleich das Individuum mehr und mehr entwickelt hat; aber diese Entwicklung des Einzelnen hat etwas Ueberhitztes, Falsches; als hätte nicht die Sonne, sondern künstliche Wärme ihn wachsen lassen; als sei seine Ernährung keine natürliche, sondern eine chemische gewesen.

Denn im gleichen Verhältnis zum Wachstum der Zivilisation vertieft sich der Schmerz über das, wessen der Mensch verlustig geht.

Als die Zivilisation unsere Sitten noch nicht verfeinert, und unsere Leidenschaften noch nicht gelehrt hatte, eine gekünstelte Sprache zu reden, waren wir, wenn auch nicht besser, so doch natürlicher und sicherer; man verbarg sich nicht hinter konventionellen Masken, die das Antlitz einer trügerischen Einförmigkeit, Niedrigkeit und Leere bedecken. Der zivilisierte Mensch hat auf Kosten der Aufrichtigkeit die Gebote der Höflichkeit, Schicklichkeit und Konvention zu befolgen, aber die Gebote der eigenen Natur ist er gezwungen zu unterdrücken. Er darf nicht wagen zu scheinen, was er ist. Er sei, was er will, nur nicht er selbst. Daher wird er auch nie wissen, mit wem er es eigentlich zu tun hat, denn Argwohn, Misstrauen, Kälte, Hass, Verrat und Verachtung werden ihm immer nur im Kleide der Höflichkeit begegnen. Man wird ihn mit Feinheit verleumden und mit einem beredten Augenzwinkern töten. Wenn er gestohlen hat, wird man ihn, ist er arm, als Dieb bestrafen; ist er reich, oft als Kleptomanen glanzvoll freisprechen. Er muss den Grossen den Hof machen, die er hasst; muss die Reichen hofieren, die er verachtet. Er wird alles tun, um ihnen zu dienen; er wird sich hochmütig seiner Niedrigkeit rühmen und ihrer Protektion, und stolz auf seinen Servilismus, wird er mit Verachtung von denen sprechen, die nicht die Ehre haben, ihn zu teilen.

Der Umfang unserer inneren Verlogenheit und Verderbtheit entspricht im umgekehrten Verhältnis genau der Vervollkommnung der Wissenschaften und Künste. Jedes Zeitungsblatt, das man durchfliegt, enthält dicht nebeneinander Grossprechereien von Rechtschaffenheit, Güte, Nächstenliebe und Versicherungen bezüglich der Zivilisation und zugleich Meldungen von Kriegen, Diebstählen, und Morden, Schamlosigkeiten, Martern, Verbrechen der Fürsten, der Nationen und der Einzelnen.

Der Mensch bleibt sich ewig gleich; bleibt ewig ein Raubtier, das auf Beute ausgeht, und das spioniert, Fallen legt, überlistet und Qual zufügt – mit dem Unterschiede, dass das Raubtier aufrichtiger ist. Die Wilden kennen die Lüge nicht, sie kennen nur die List. Und wenn ein König sich einmal ruhig die Wahrheit sagen liess, war es sicher ein Barbar (Thoas in »Iphigenie«).

Die Zivilisation ist freilich etwas Wunderbares; aber ihre medusenhafte Kehrseite hat keiner in ihrer ganzen Grausenhaftigkeit besser gesehen, als Rousseau. Ich sage nicht mit Rousseau, dass wir, um zu gesunden, wieder in die Wälder flüchten sollen, oder wie Tolstoi, dass wir zum Pfluge und zur Axt greifen müssen. Aber wenn man sieht, dass Pluto der höchste Gott ist, und dass dieser satanische Gott des Goldes alle ideellen Bestrebungen unterdrückt, dass er alles zermalmt und der Lächerlichkeit preisgibt, was ihn nicht anbetet, so weiss ich nicht mehr, was das Leben lebenswert macht. Denn nur um mich und die Meinen zu kleiden und zu füttern, um mit fünfzig Jahren einen Schmerbauch zur Schau zu tragen, würde ich das Leben nicht einen Tag zu leben vermögen. Dann wäre die Welt nichts als ein Riesenviehstall, nichts als ein kolossales Arbeitshaus mit ungeheuren Kochherden und Esstischen, und dann bedurfte es wahrlich keines Gottes, der uns die Portionen zuteilte. Dann sollte man wenigstens konsequent sein und von Gesetzes wegen alle diejenigen aufhängen, die weder ein Vermögen zu erben haben, noch sich auf Gelderwerb verstehen.

Einige Philosophen haben auch ohne Scheu die Ueberzeugung ausgesprochen, dass wir noch Thor und Odin anbeten, nur mit dem Unterschiede, dass Odin ein Mathematiker geworden ist, und dass jetzt der Hammer Thors mit Dampf und Elektrizität arbeitet. Und darum lebt in manchen, die auf dem Gipfel der Zivilisation stehen, der Wunsch, und in vielen lauert die fortwährende Angst, durch ein nicht vorauszusehendes soziales Erdbeben könne der ganze Bau der Zivilisation frühzeitig zerstört werden. Denn darüber herrscht ja wohl kein Zweifel: dass der Mensch, der Bildner und Schöpfer Gottes, der Mensch, dieses vollkommene Wesen, der Beherrscher der Natur, der Bändiger der Elemente, in seinen Wünschen so grenzenlos, so mächtig durch sein Denken, so energisch durch seinen Willen, nur wenige Augenblicke lebt und von den plumpesten Zufällen abhängig ist; dass er der Erde nur gezeigt wird, deren Herr und Gebieter er sich dünkt, um einen Augenblick ihren Staub zu betreten und im nächsten Moment den seinigen mit ihm zu vermischen; es herrscht kein Zweifel darüber – sage ich –, dass dieser Bau der Zivilisation zusammenstürzen wird. Einen so fiebrigen, in jeder Beziehung ungesunden und übertriebenen Zustand hält der gesellschaftliche Körper nicht auf die Dauer aus.

Ich spreche nicht von den Resultaten der Arbeit. Diese werden wahrscheinlich erst dann zunichte werden, wenn der Mensch seine unbedeutende Rolle auf diesem Planeten ausgespielt haben wird. Und das mag immerhin noch eine Weile dauern.

Was die Zivilisation zu etwas ganz Schändlichem macht, das ist die durch sie heraufgerufene Amerikanisierung des Gehirns und die vollständige Entwürdigung der Seele. Denn man kann Zivilisation haben, ohne Kultur zu haben. Man verzichtet wohl darauf, dass ich Beispiele anführe. Es scheint, als ob die Welt zu dem einzigen Zweck da wäre, damit wir eine materielle Existenz führen können. Aber der Mensch ist keineswegs um des Wohllebens willen geboren, sondern um mit seinen geistigen und seelischen Kräften der Menschheit zu dienen. Man hat mich schon oft gefragt, was ich mir eigentlich unter der »Menschheit« denke. Ich verstehe darunter: das Zusammenwirken aller Individuen zu einer Leistungsfähigkeit, die der Einzelne schwerlich erreicht, und die Allen zugute kommt.

Und unter Zivilisation verstehe ich die Tendenz im Menschen, sich hinauf zu entwickeln. Wenn ein Volk Kleidung, Eisen, Bücher, Ehe, Kunst und Handel hat, so ist es noch lange nicht zivilisiert. Der Begriff umfasst vielmehr die bewusste Ausbeutung und Aneignung der gesamten fortschrittlichen Leistungen, die der menschliche Geist auf allen Gebieten zu verzeichnen hat. Wenn es zum Beispiel ein Land gäbe, wo Wissen nicht verbreitet werden könnte, ohne dass es ein Minister billigte; wo es Gesetze gäbe, die für die verschiedenen Gesellschaftsklassen verschieden ausgelegt würden; wo das Wort nicht frei wäre; wo die Verfassung täglich gebrochen oder umgangen würde; wo die Freiheit in der ursprünglichen Einrichtung des gesellschaftlichen Lebens angegriffen würde; wo die Stellung der Frau beeinträchtigt würde; wo die Künste von der Laune der Zensoren und Amtsanwälte abhingen; wo der Arbeiter um das Erträgnis seiner Hände betrogen werden könnte; wo das Stimmrecht nicht frei oder nicht gleich wäre; wo man dem Menschen, der im Affekt getötet hat, im Namen des Königs den Kopf abhacken würde – wenn es ein solches Land gäbe, wäre es in allen diesen Hinsichten nicht zivilisiert, sondern barbarisch, und es hätte, um Kultur zu besitzen, noch einen recht weiten Weg.


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