Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

I. Von Neuyork nach Etah

Wenn eine Expedition auf unbestimmte Zeit nach fernen und geheimnisvollen Gegenden aufbricht, und besonders wenn ihr Ziel das eisige Herz der arktischen Zone ist, so ist es natürlich, daß die, die ihre Ziele und Pläne kennen und sich dafür interessieren, für die Teilnehmer und ihre Umgebung und ihre Unterkunft während der Fahrt nach dem Schauplatz ihrer Taten ein gewisses Interesse hegen.

Die Eröffnungsszenen einer Polarreise sind denen, die mit der arktischen Literatur vertraut sind, verhältnismäßig bekannt. Die großen Züge des Spiels sind in der Hauptsache dieselben: Ein überfülltes und vollgepacktes Schiff, Trauer beim Abschied, Verwirrung, und wenn das Wetter günstig ist, ein Versuch, sich einzuleben, oder wenn das Wetter schlecht, ein Sichergeben der meisten Teilnehmer in jämmerliches Elend bei engem Quartier. In dem vorliegenden Fall fehlten einige dieser Züge völlig, und andere traten in milder Form auf.

Die Erfahrung und ein geräumiges Schiff hatten einer Überfüllung der Decks beinahe vollständig vorgebeugt, wenn man von den unvermeidlichen und unerläßlichen Kohlen absieht, von denen man immer im Anfang einen Teil auf Deck unterbringen muß.

Die wenigen Sachen, die im letzten Augenblick an Deck geworfen worden waren, wurden unverzüglich weggeschafft, und Kabinen, die eigens für die Teilnehmer eingerichtet waren und sich auf Deck befanden, sicherten jedem einen gemütlichen Raum.

Ich habe die Reise so oft gemacht, daß sie mir nicht anders wie eine Reise nach Europa vorkommt. Doch auch bei den anderen ließen sich leider keine ausgesprochenen bedenklichen Symptome wahrnehmen.

siehe Bildunterschrift

Dr. Wolf. Kapitän Bartlett.
Commander Peary.
Steward Percy. Mr. Marvin.

Wollen wir nun die Teilnehmer der Gesellschaft betrachten, deren Heim für eine unbestimmte Zeit mitten im Eis des Polarmeers das gute Schiff »Roosevelt« sein soll, so ist zuerst zu nennen der Kapitän: Robert A. Bartlett, Schiffsoberleutnant und Polarfahrer, 30 Jahre alt, 5 Fuß und 10½ Zoll hoch und 174 Pfund schwer. Bartlett gehört der jüngeren Generation der Bartletts an, einer tüchtigen Familie von Neufundländer Seeleuten und Seefahrern, von denen beinahe alle mit Polarunternehmen in Beziehung gestanden haben. Ein Großonkel war Kapitän der »Tigreß«, als dies Schiff die auf dem Eise treibenden Teilnehmer der »Polaris«-Expedition auflas; zwei Onkel, Samuel und John, waren Kapitän und Steuermann des »Panthers«, auf dem Hayes und Bradford die Melville-Bai aufsuchten; neuerdings war Samuel Kapitän des kanadischen Regierungsdampfers »Neptun«, der in der Hudson-Bai überwinterte; und diese beiden sowie Harry, ein jüngerer Onkel, sind Kapitäne meiner Schiffe auf der einen oder anderen meiner Reisen nach dem Norden gewesen. Robert war Steuermann auf der »Windward« auf der Expedition von 1898–99.

Blond, glattrasiert und kurzgeschoren, untersetzt gebaut und helläugig ist er schon weiter nördlich in diesen Gegenden gewesen wie irgend ein anderer der Neufundländer Polarfahrer, und seine Jugend, sein Ehrgeiz und das Blut der Bartlett, alles sprach zu seinen Gunsten.

Moses Bartlett, der Steuermann, ein Vetter zweiten Grades vom Kapitän, war 47 Jahre alt, 6 Fuß hoch und 184 Pfund schwer. Er war schon dreimal nach Norden bis zur Höhe von Kap Sabine gekommen; zweimal als Steuermann von meinen Schiffen und einmal als Steuermann des »Neptun« und hatte auch in den Diensten der kanadischen Regierung ein Jahr auf diesem Schiff in der Hudson-Bai zugebracht. Wettergebräunt, graugesprenkelt und scharfsichtig, wie er war, galt er für einen der besten Eislotsen von Neufundland.

George A. Wardwell, der Obermaschinist, stammte aus Bucksport in Maine, war 44 Jahre alt, 5 Fuß 11 Zoll hoch und wog 240 Pfund. Da er als Ingenieur auf der Schiffswerft arbeitete, wo die »Roosevelt« erbaut wurde, und völlig mit ihrem Bau vertraut war, interessierte er sich sehr für das geplante Unternehmen und hatte große Lust, an der Expedition teilzunehmen. Sein phlegmatisches Temperament und seine augenscheinliche Leistungsfähigkeit, verbunden mit seiner Enthaltsamkeit von Alkohol und Tabak, sprachen stark zu seinen Gunsten.

John Murphy, der Oberbootsmann, war ein geborener Neufundländer, 31 Jahre alt, 5 Fuß 11 Zoll hoch und 165 Pfund schwer. Seit seinem 18. Jahr Seemann und Fischer, war er auch auf dem »Neptun« so weit nördlich wie Kap Sabine gewesen und hatte in der Hudson-Bai überwintert.

Murtaugh J. Malone, der Untermaschinist, stammte aus Portland, Maine, er war 49 Jahre alt, 5 Fuß 7½ Zoll hoch und wog 150 Pfund.

Dr. Louie J. Wolf, der Arzt der Expedition, stammte aus Oregon, war 30 Jahre alt, 5 Fuß 9 Zoll hoch und 150 Pfund schwer, er hatte seine Examen auf dem Cooper Medical College in San Francisco, Kalifornien, gemacht, wurde später Assistenzarzt am St. Vincent-Hospital in Portland, Oregon, und dann Arzt am Medical College der Cornell-Universität und Poliklinik des Bellevue-Hospitals.

siehe Bildunterschrift

Steuermann Bartlett. Obermaschinist Wardwell.
Matthew Henson. Bootsmann Murphy.
Die Matrosen. Die Heizer.

Roß G. Marvin, mein Sekretär und Assistent, stammte aus Elmira in Neuyork, hatte an der Cornell-Universität studiert, war 25 Jahre alt, 6 Fuß hoch und wog 160 Pfund. Nach dem Studium hatte er sich noch einer dreijährigen seemännischen Ausbildung an Bord des Schulschiffes »St. Mary« unterzogen.

Charles Percy, mein Steward, war ein geborener Neufundländer, 54 Jahr alt, 5 Fuß 10 Zoll hoch und wog 180 Pfund. Er hatte früher eine Sommerreise nördlich bis zum Kap Sabine auf meinem Schiff »Diana« im Jahre 1899 gemacht und später zwei Jahre, von 1900-1902, mit meiner Frau und mir am Kap Sabine zugebracht. In der Folge war er in meinen Diensten Verwalter von Eagle Island gewesen.

Matthew Henson, mein persönlicher Diener, war ein Neger aus Kolumbia, 39 Jahr alt, 5 Fuß 6¾ Zoll hoch und 145 Pfund schwer. Seitdem ich ihn im Jahre 1888 mit nach Nicaragua genommen hatte, war er fast die ganze Zeit in der einen oder anderen Eigenschaft in meinen Diensten gewesen und hatte an allen meinen Polarreisen teilgenommen, so daß ich mit seinen Eigenschaften und Fähigkeiten wohl vertraut war.

Die Mannschaft und das Heizerpersonal, mit Ausnahme eines Heizers, Charles Clark, der aus Massachusetts stammte, waren in Neufundland zu Hause und gehörten zu dem üblichen Typus von Seeleuten und Robbenfängern, der dieser Insel eigentümlich ist. Einer der Heizer war im Jahre 1886 mit mir auf der »Eagle« gefahren und noch früher auf einem der Walfischfänger, die im Jahre 1883 die Teilnehmer der Greelyexpedition gesucht hatten. Ein anderer Heizer war im Jahre 1888 auf der »Hope« mit mir im Norden gewesen, und ein Matrose hatte eine Reise nach der Hudson-Bai mitgemacht.

Soweit die Teilnehmer der Expedition. Nun ihre Umgebung. Diesmal war keiner der Reisegefährten unter Deck untergebracht. Die hintere Kabine für die Offiziere, gerade der Schiffsschraube hinten gegenüber, und die Back für die Mannschaft unten im Vorderschiff, die man auf allen altmodischen Schiffen und selbst auf solchen, die neuerdings für arktische Zwecke erbaut sind, findet, fehlten auf der »Roosevelt«; an ihre Stelle waren helle geräumige Abteilungen auf Deck getreten.

Von der Ausstattung der Räume ist nicht viel zu sagen. Bekanntlich nimmt ein Matrose, zumal wenn er ein Neufundländer Robbenfänger ist, nicht viel überflüssiges Gepäck mit sich zur See, seine Ausrüstung besteht nur aus seiner Kleidung und seinem Bettzeug. Es gab darum keine Ölgemälde oder Stiche an den Wänden des nach vorn gelegenen Mannschaftsraumes. Zwei Reihen von Klappkojen, ein Ofen, ein Tisch und die Kisten der Matrosen als Stühle bildeten das Inventar.

Die Ausstattung des Deckhauses auf dem Hinterschiff war kaum weniger einfach.

siehe Bildunterschrift

Pianola. Geschenk von H. H. Benedict.

Um drei Seiten des Backbordsalons, der durch zwei zwölf Zoll hohe Luken an der Seite und ein Fenster, das nach vorn ging, sein Licht bekam, zog sich eine mit Lederkissen versehene Kastenbank; und ein Ausziehtisch, der an den Fußboden festgeschraubt war, eine Uhr, eine kleine Bibliothek, die dem Schiff von der Seaman's Friend Society geschenkt war, sowie eine kurze Aufforderung an die Mitglieder der Expedition, die das Ziel der Expedition, was von den Teilnehmern erwartet wurde und was der Erfolg für sie zu bedeuten haben würde, enthielt, vervollständigte die Einrichtung. Hier aßen die Offiziere des Schiffes mit Ausnahme des Kapitäns.

In der Kabine des Kapitäns, an dem hintersten Ende der Backbordseite des Deckhauses, befand sich ein Feldbett, ein Waschtisch, ein Tisch und ein Feldstuhl, sonst machten ein Chronometer, eine Truhe und mehrere Gemälde und Photographien an den Wänden die ganze Einrichtung aus.

An dem hinteren Ende der Steuerbordseite des Deckhauses lag meine eigene Kabine. Sie war dank der umsichtigen Fürsorge meiner Frau und meiner Freunde luxuriöser ausgestattet als die Räume, die ich auf anderen Expeditionen gehabt habe, oder als sie gewesen wäre, wenn ich sie selbst eingerichtet hätte.

siehe Bildunterschrift

Bücherregal und Schreibtisch
Das Innere von Pearys Kabine an Bord der »Roosevelt«.

Das Zimmer (10 mal 16 Fuß) war auch größer als auf früheren Expeditionen. Der Raum, den meine Frau und ich in Redcliffe bewohnten, war 7 zu 12 Fuß groß, und der in Anniversary Lodge 8 zu 12 Fuß. Aber eins der störendsten Momente des langen arktischen Winters ist das ewige Eingesperrtsein in einen kleinen Raum, die Unmöglichkeit, sich zu bewegen, ohne irgendwo anzustoßen, ein Gefühl von Bedrücktheit. Der bis aufs äußerste beschränkte Horizont und das Gefühl der Gefangenschaft, das die lange sich hinziehende Dunkelheit mit sich bringt, sind zuzeiten fast unerträglich; und als ich den Plan für die »Roosevelt« entwarf, glaubte ich recht zu tun, wenn ich mir selbst ein wenig mehr Platz gönnte. Zwei Luken und ein Fenster, das nach hinten hinausging, erleuchteten den Raum, und wie aus der Kabine des Kapitäns führte eine Tür nach hinten, auf die Schanze, während eine andere mir direkten Zugang zum Maschinenraum ermöglichte.

Ein Bett, ein Tisch und ein Stuhl sind selbstverständlich wesentliche Bestandteile und waren vorhanden. Dann kam die Pièce de résistance, eine schöne Pianola, ein Geschenk meines Freundes H. H. Benedict. Diese Pianola und ein Gestell mit beinahe 150 Musikrollen, volkstümliche Opern, Märsche, Walzer und beliebte Melodien, waren am vorderen Ende des Zimmers an das Deck geschraubt. Darüber hing ein großes eingerahmtes Bild von dem Stifter der Expedition, Morris K. Jesup, daneben auf der einen Seite eine Radierung vom Präsidenten Roosevelt und auf der anderen eine Photographie von Richter Darling, dem Unterstaatssekretär der Marine. In der vorderen Ecke war ein feststehender Waschtisch, und an der nach innen liegenden Wand eine Reihe von Regalen, die eine kleine arktische Bibliothek, einige wenige Nachschlagebücher und einige Hauptwerke der schönen Literatur enthielten. Eine Kommode, ein Flaschenschränkchen, ein Tisch, ein Korblehnstuhl von Herrn Jesup, ein warmer, brauner Teppich von meiner Frau, Bilder von Freunden und der Heimat und Polarkarten an den Wänden vervollständigten die Ausstattung, dazu kam noch ein Koffer und zwei Kisten mit Medikamenten, wofür zurzeit unter Deck kein Platz war.

Mittwoch, 26. Juli 1905. Alles hat schließlich ein Ende, sogar die Abfahrt unserer Expedition.

Die »Roosevelt« fuhr um 2 Uhr nachmittags von dem äußersten Ende der Pier von North Sydney ab. Die »Roosevelt« fuhr am 16. Juli von Neuyork ab, legte in Bar Harbour an, um Jesup Lebewohl zu sagen und nahm dann in Sydney C. B. Kohlen ein. Mit Ausnahme der Schanze, die mit Kohlenfäden beladen ist, um das Schiff daran zu hindern, mit der Spitze zu tief einzutauchen, ist das Deck bei weitem nicht so übel vollgepackt und überfüllt wie bei den früheren Reisen.

Die Persenningen und einige wenige Fässer sind wirklich alles, was nicht unter den Schiffsluken unterzubringen war. Außer unserem Proviant und unserer Ausrüstung haben wir reichlich 500 Tonnen Kohlen an Bord. Was die Geräumigkeit anbelangt, so erfüllt die »Roosevelt« meine Erwartungen vollständig. Ein Ochsenviertel ist in der Takelage untergebracht, zwei oder drei Schafe zwischen den Kohlensäcken achter und eine Zisterne und mehrere Fässer Wasser auf Deck, außer den vollen Zisternen unten.

Einmal unterwegs hoffe ich auf dieser Seite von Kap York keinen Aufenthalt machen zu müssen. Die Jahreszeit ist schon weit vorgeschritten, und jeder Tag jetzt kostbar.

Percy, der Steward, hat zwei kleine Schweine »Dennis« und »Mike« gekauft, die zufrieden auf Deck umherlaufen, und wenn sie, was sehr zweifelhaft ist, den Hunden entwischen, so können sie uns zu Weihnachten einen Schweinebraten liefern.

Außerhalb des Hafens faßt eine kleine Dünung, die durch den Ostwind verursacht wird, das Schiff von der Breitseite und versetzt es etwas ins Rollen, bis es auf der Fahrt um das Leuchtfeuer von St. Paul wieder ins Gleichgewicht kommt.

Das erste, was vorgenommen wurde, war das Verstauen der verschiedenartigen Gepäckstücke, die im Lauf der letzten Tage in den verschiedensten Räumen gelagert worden waren, besonders in meinem eigenen, um zu verhindern, daß sie unter die Vorräte im Schiffsraum gerieten. Das war bis zum Abendbrot rasch vollendet, jedenfalls so weit, daß man einen freien Durchgang durch die Kabine hatte und zur Koje, zum Tisch und zu einem Feldstuhl gelangen konnte.

Unmittelbar nach dem Abendbrot kamen wir in dichten Nebel und bahnten uns jetzt unsern Weg vorsichtig durch die Tabot-Straße, den südlichen Seeweg des Golfes, in dem wir die Sirene heulen lassen, als wären wir im Sund von Long Island, denn wir kreuzen hier den Kurs des einkommenden und ausgehenden Verkehrs.

Donnerstag, 27. Juli. Schwere Gewitterstürme nachts mit so starken elektrischen Begleiterscheinungen wie bei den Golfstürmen auf südlichen Reisen.

Wir passierten vormittags Kap Anguille an der Küste von Neufundland, nachmittags Red Island und die steilen Klippen von Kap St. George.

Bald nach dem Essen wurde Feuerlärm geschlagen, da einer der Hauptbalken über dem Fuchs der Dampfkessel Feuer gefangen hatte. Ein Wasserstrom aus einem der Feuerschläuche, die in Bereitschaft gehalten wurden und bei dem man nur eine Klappe zu öffnen brauchte, um das Wasser herauszulassen, brachte das Feuer schnell zum verlöschen, das augenscheinlich durch den höheren Gasgehalt der Kohlen aus Sydney verursacht worden war, der die Verbrennung und die Entwicklung der Hitze nicht im Dampfkessel, sondern im Schornstein stattfinden ließ. Es wurde dann entdeckt, daß mehrere Teile der Wasserröhrenkessel leck waren, und das Feuer wurde augenblicklich herausgerissen, um die Kessel für eine Untersuchung abkühlen zu lassen. Unterdessen fuhr die »Roosevelt« nur mit dem schottischen Dampfkessel weiter.

Das Verstauen ist auf den Decks wie in den Zimmern heute fortgesetzt worden und das Ölzeug meist in der Vorderpiek untergebracht. Ein schöner Tag, wenn auch mit gelegentlichen Regengüssen, und die »Roosevelt« so gleichmäßig, als ob sie den North River hinaufführe.

Freitag, 28. Juli. Das schöne Wetter hält an, wir fahren Tag und Nacht nur mit dem schottischen Dampfkessel. Die Maschinisten arbeiten an den Kesseln. Der Obermaschinist fürchtet heute abend, daß der Schaden ernster ist, als man erst annahm. Nach und nach im Laufe des Tages habe ich das Logbuch mit den Veränderungen der Maschinen bei verschiedener Schnelligkeit verglichen, mit einem Ergebnis, das meinen Erwartungen vollständig entsprach. Ein zweites beginnendes Feuer wurde sogleich unterdrückt. Ich habe Teile der Balken abhauen lassen und alle Vorsichtsmaßregeln getroffen, um eine Wiederholung zu verhindern. Abends passierten wir vier oder fünf kleine Eisberge, die durch die Meerenge hereingekommen waren. Schönes Wetter mit ruhiger See, doch abends starker Nebel. Kurz vorher kamen zwei große Dampfer an uns vorbei, die auf die Straße von Cabot zuhielten. Der eine signalisierte: Glückliche Reise; wir antworteten: Lebt wohl! Es ist jetzt bis 9 Uhr abends hell, und es ist angenehm, sich wieder dem arktischen Tag zu nähern.

Sonnabend, 29. Juli. Eine trübe Nacht. In dem dichten Nebel, der die Belle Isle-Straße, den Friedhof der Schiffe, erfüllte, war das Leuchtfeuer von Point Amour unsichtbar, bis es anscheinend mitten über unserm Mast hing, und dann hieß es auf gut Glück, den Weg von Nebelhorn zu Nebelhorn durch die Straße finden. Wir konnten zwei oder drei große Dampfschiffe hören, die beidrehten und unaufhörlich heulten. Zahlreiche Eisberge vergrößerten die Unsicherheit und das Beängstigende der Durchfahrt.

Kapitän Bartlett und ich waren die ganze Nacht auf. Morgens kamen wir gerade nördlich von der Chateau-Bai aus dem Nebelwall in strahlenden Sonnenschein und passierten eine ganze Anzahl der schönsten Eisberge. Kap York ist 1500 Meilen von hier entfernt.

Wir fahren den ganzen Tag nordwärts, immer auf der Höhe der Küste von Labrador, abwechselnd in Nebel und Sonnenschein. Ich habe zwei oder drei kurze Privatbriefe geschrieben, die wir heute abend in Domino Run zurücklassen wollen, ehe wir durch die Davis-Straße den Kurs auf Grönland nehmen. Das ist notwendig geworden, da der Nebel uns dem Gesichtskreis der Chateau-Bai und Battle Harbour entzog, von wo aus sonst unsere Vorbeifahrt nach Hause gemeldet werden könnte.

Sonntag, 30. Juli. Wir liefen gestern abend spät in Domino Run an, ohne den Anker fallen zu lassen; der Kapitän ruderte mit den Briefen an Land und kam gleich wieder zurück. Er hörte, daß festes Eis an der Küste bis Kap Harrigean herunter läge.

Als wir auf die Reede fuhren, war es ganz klar, und als wir beigedreht auf die Rückkehr des Kapitäns warteten, funkelten die Sterne wie im Winter; ein beißender Wind pfiff durch die Takelage und ein glänzender Nordlichtschleier flatterte über den nördlichen Himmel hin, während die Hunde am Ufer fröhlich bellten.

Ich ging auf der Brücke auf und ab, dabei berührten mich diese vertrauten Bilder und Laute wie ein Ruf von dem fernen geheimnisvollen Pol. Als ob »das Land der langen Nacht« sich weit über seine gewohnten Grenzen hinaus erstreckte, um mich zu begrüßen und willkommen zu heißen.

Als wir wenig mehr als eine Stunde nach unserer Ankunft abfuhren, hatte sich der Nebel wieder gesenkt und das zeitweilige Einklemmen der Sorgleinen beim Manövrieren durch den engen Kanal verursachte ein leichtes Schwanken, hatte aber keine ernsten Folgen.

Klar vom Hafen richteten wir unsern Kurs nach Ostnordost, um nach der Küste von Grönland zu gelangen, immer die Davis-Straße hinauf. Die ganze Nacht und heute dichter Nebel bei sehr ruhiger See. Mehrmals während der Nacht dicht an Eisbergen vorbeipassiert, aber heute morgen waren wir auf tiefer See und völlig aus ihrem Bereich.

Eine leichte Brise von Südosten, gerade genügend, um unsere Vorsegel, Focken-, Besan- und Ballonstagsegel zu füllen, aber ohne Kraft. Für uns wird es keine fahrenden Lichter mehr geben, weder Seiten-, noch Top-, noch Hecklaterne. Wir sind jetzt über die Fahrstraßen der Welt hinaus und werden, bis wir zurückkehren, kein Segel und keinen Rauch sehen, außer den unseres eigenen Schiffes.

Montag, 31. Juli. Heute hat sich der Nebel ein wenig verzogen. Die See noch sehr ruhig, nicht einmal Dünung. Ein deutlich wahrnehmbares Dämmerlicht die ganze Nacht hindurch. Diese Nacht wird es nicht dunkel werden, Wir sind in dem Grenzgebiet des »langen Tages«.

Dienstag, 1. August. Immer noch schönes Wetter und ruhige See. Am Nachmittag sind wir auf gleicher Breite mit Kap Farewell und Kap Chidley und ungefähr in der Mitte zwischen beiden. Eine Brunnichsche Lumme passierte uns auf ihrem Flug südwärts, und um sechs Uhr nachmittags wurde ein kleiner Eisberg etwas westlich von unserm Kurs gesichtet.

Abends überreicht mir der Obermaschinist Wardwell, der in den letzten vier Tagen an den Almy-Dampfkesseln gearbeitet hat, einen Bericht, der die Lage ziemlich düster erscheinen läßt. Ich bin ernstlich beunruhigt und in Sorgen. Habe eine vollständige Untersuchung und Druckprobe der Kessel beordert.

Mittwoch, 2. August. Ein zweiter Tag mit bewegungsloser See und kommendem und sich verziehendem Nebel bei langsamem Steigen des Barometers. Zwei Eisberge kamen im Lauf des vormittags vorbei.

Ich fange an, wieder ich selbst zu werden. Es kam mir nicht zum Bewußtsein, ehe wir wirklich weg waren, und die Erschlaffung sich einstellte, wie erschöpft ich war von dem unablässigen Arbeiten und der unerträglichen Hitze der letzten 14 Tage in Neuyork. Wenn die Dampfkessel-Defekte nicht wären, würde ich mich sehr zufrieden fühlen.

Am Nachmittag flogen ein »Bootsmannsvogel« (Möwe) und zahlreiche Wintermöwen um das Schiff herum und mehrere Lummen auf dem Wasser tauchten unter, um uns vorbeizulassen.

Donnerstag, 3. August. Eine neblige und kalte Nacht, heute morgen Sonnenschein durch den tiefliegenden Nebel, und eine leichte, aber schneidendkalte östliche Brise, der Hauch des Eises von Ostgrönland, der Küste uns gegenüber.

Die astronomischen Beobachtungen um die Mittagsstunde ergaben, daß wir uns ein wenig südlich von Sukkertoppen befanden, und um zwei Uhr nachmittags sahen wir durch eine Öffnung im Nebel die Sukkertoppen-Inseln an Steuerbord voraus. Wir haben das Eis der Ostküste passiert, ohne eine Spur davon zu sehen. Seit dem Abend dichter Nebel.

Freitag, 4. August. Dichter Nebel die ganze Nacht bis ungefähr 6.30 Uhr früh, wo er zu steigen begann und uns die steilen Berge Grönlands in der Nähe von Holsteinburg zeigte. Kein Stück Eis an der Küste und kein Eisberg zu sehen.

Wir überschritten den Polarkreis um zwei Uhr Nachts, und Percy, der Steward, behauptet, daß der Stoß, als das Schiff darüberfuhr, ihn geweckt habe!

So ruhige See, solche Beständigkeit des Wetters, das gänzliche Fehlen von Eis und die Seltenheit der Eisberge ist für eine Reise von Sydney nach dem Polarkreis auch für diese Jahreszeit durchaus ungewöhnlich. Mit Ausnahme des kurzen Schlingerns außerhalb des Hafens von Sydney, hat das Schiff sich nicht soviel bewegt, um ein Wasserglas umstoßen zu können.

Die Mittagsbeobachtungen ergeben 67º 37' nördl. Breite. Das Wasser spiegelglatt und die Klippen von Disco in einer Entfernung von 95 Meilen sichtbar. Auf dem 68. Grad kamen wir durch eine Flotte von 27 Eisbergen, den Kindern der Disco-Bai-Gletscher. Im Laufe des Nachmittags sahen wir einige Walrosse und zwei Walfische. Der Tag war einer der typischen Disco-Bai-Sommertage.

Sonnabend, 5. August. Eine vollkommen arktische Sommernacht, klar und strahlend. Um zwei Uhr kamen wir an Godhavn vorüber, einem kleinen Ort, der am Fuße der südlichen Disco-Klippen liegt und der Hauptort des nördlichen Inspektorates von Grönland ist. Hier habe ich vor neunzehn Jahren das arktische Leben zum erstenmal kennen gelernt, Pläne gemacht und Luftschlösser gebaut, von denen sich einige seitdem verwirklicht haben und andere folgen mögen. Mehrmals ankerte ich seitdem dort im Hafen, so daß ich die kleine Niederlassung kenne wie die Straßen von Washington.

Obgleich wir jetzt mehr als drei Grad über den nördlichen Polarkreis hinaus sind, sitze ich in meiner Kabine in Hemdsärmeln bei offenen Fenstern und Luken. Ich trage die Kleider, die ich in Neuyork vor der Abreise trug, und schreibe hier in vollkommener Behaglichkeit.

Später läßt ein schneidender Wind, der aus Westen von den Packeisfeldern herkommt, das blaue Wasser wie gefrorenen Stahl aussehen und die westlichen Klippen von Disco, an denen wir entlang fahren, in beinahe überraschender Klarheit hervortreten.

Zu Mittag sind wir auf der Höhe der Hasen-Insel und fahren durch eine Flotte von großen Eisbergen, die vom Tossuketekgletscher herrühren, den ich im Jahre 1886 besuchte, durch den Waigatt. Wir sind zehn Tage von Sydney nach dem Waigatt unterwegs.

Sonntag, 6. August. Ein oder zwei Stunden Nebel um Mitternacht, dann Bewölkung mit darauffolgendem leichten Wind, anfangs gerade genug, um die Segel zu füllen, dann frischt er von Südwesten auf und verursacht eine See, die die »Roosevelt« tüchtig in Bewegung setzen würde, wenn nicht die Segel wären, die sie fast so unbeweglich wie einen Felsen halten.

Gelegentlich klatscht der Gipfel einer Welle über die Backbordreeling, aber nicht genug, um Schaden anzurichten.

Der Fuß von Sanderson's Hope, der vor 300 Jahren von John Davis gesehen und benannt worden ist, war am frühen Morgen unter dem Nebel sichtbar. Unsere Mittagsbeobachtungen ergaben 73º 17' nördl. Breite. Um sechs Uhr nachmittags passierten wir die Duck-Inseln auf der Steuerbordseite, nahe genug, um mit den Gläsern den Ausguck des alten Walfischfängers auf dem Gipfel zu sehen.

Der Seegang und der frische Wind hielten den ganzen Abend an. Offenbar ist weiter südlich sehr schlechtes Wetter. Noch immer kein Zeichen von Eis.

Montag, 7. August. Wir kamen im Laufe der Nacht aus dem Wind heraus. Kap York war um zwei Uhr nachmittags sichtbar, und um sieben Uhr fuhren wir an seiner Spitze vorüber nach der Eskimoansiedelung auf der andern Seite. Die Fahrt durch die Melville-Bai hatten wir in fünfundzwanzig Stunden gemacht. Kein Eis und kein Eishimmel war zu sehen. Es liegt offenbar dies Jahr kein Eis in der Bai.

Als ich an Land ging, fand ich vier Zelte im Dorf und erfuhr, daß ungefähr fünfzehn Familien sich östlich auf der Meteoriteninsel. und an anderen Orten angesiedelt hätten. Unter diesen sind einige meiner besten Leute.

Ich sagte den Einwohnern, sie möchten sich fertig machen und bei meiner Rückkehr an Bord kommen. Dann kehrte ich zum Schiff zurück, und steuerte nach Osten.

Wir stoppten bei der ersten Niederlassung und ohne den Anker fallen zu lassen, rief ich den Männern zu, sich zur Abfahrt bereit zu halten.

Dann gelangten wir an die Meteoriteninsel, wo ich vier Zelte fand und erfuhr, daß vier andere Familien noch weiter östlich in der Bai wohnten. Diese werde ich nicht sehen, da ich mir nicht die Zeit nehmen kann, so weit von meinem Weg abzugehen. Auf der Meteoriteninsel sind drei meiner alten Leute, in ein oder zwei Stunden sind sie alle mit ihren Habseligkeiten an Bord, und wir fahren, den Ort einsam zurücklassend, zurück zu der nächsten Ansiedelung, wo sich die Sache wiederholt. Sechs Familien brachten alle ihre Habe an Bord und verließen ihr Dorf in ungefähr drei Stunden.

Dienstag, 8. August. Es war schon Frühstückszeit, als wir bei der letzten Ansiedelung fertig wurden, und ich legte mich, als mir die Kap York-Bai durchkreuzten, zu einem kurzen Schläfchen nieder, da ich die ganze Nacht aufgewesen war.

Bei Kap York wurden die Zelte wieder schnell abgebrochen und die Letzten kamen mit all ihrer Habe an Bord.

Um zwei Uhr nachmittags fuhren wir um das Kap herum und steuerten nördlich, um in der Nordstern-Bai mit dem »Erik« zusammenzutreffen. Der »Erik« war ein Hilfsschiff, ein Walfischfänger-Dampfschiff, das von dem Peary Arctic Club gemietet war, um als Kohlenschiff nach dem Norden zu fahren, in Etah den Kohlenvorrat der »Roosevelt« zu ergänzen und dort ein Kohlendepot für die »Roosevelt« auf ihrer Rückreise niederzulegen. Als wir den Petowikgletscher passierten, wurde im Westen ein Dampfschiff gesichtet, das nach Süden fuhr. Mit Hilfe der Ferngläser erkannten wir, daß es klein und wie ein Schoner getakelt war.

Mittwoch, 9. August. Bei unsrer Ankunft in der Nordstern-Bai heute morgen um zwei Uhr erfuhren wir durch den »Erik«, daß das Dampfschiff, das mir gesehen hatten, der dänische Dampfer »Fox« gewesen sei, der hier war, um einen Ort für eine Niederlassung ausfindig zu machen. Der »Erik« kam längsseit und ich ging mit Marvin und dem »Maat« hinüber, um eine Runde durch die Ansiedelungen im Norden zu machen, während die »Roosevelt« direkt nach Etah fährt, um die Maschine auszubessern und sich für das Eis vorzubereiten.

Der »Erik« war bald darauf wieder unterwegs und machte eine Rundfahrt durch den Wolstenholm-Sund, um Walrosse zu jagen, aber ohne Erfolg; sie haben nicht genug Eis, um sich darauf zu sonnen.

Wir liefen für zwei oder drei Stunden die Vogelklippen auf den Saundersinseln an, um zu jagen, erlegten 130 Vögel und kehrten wieder nach der Nordstern-Bai zurück. Hier kamen die Eingeborenen, die ich noch mitnehmen wollte, an Bord und einige dreißig weitere Hunde wurden gekauft, vor Mitternacht fuhren wir gen Norden nach dem Whale Sund.

Am nächsten Morgen umschifften wir das herrliche Kap Parry bis zum Whale Sund und fuhren ostwärts an der südlichen Küste entlang bis nach Ittibloo, wo ich mehrere meiner Leute zu finden hoffte. Es war jedoch gar niemand da. Der »Erik« fuhr nach Norden quer durch den Sund bis Karnah, wo ich sicher war, jemand zu finden. Sechs Zelte waren hier am Ufer des rauschenden Sommerflusses aufgeschlagen. Die Männer befanden sich alle am Kap Cleveland und jagten Walrosse in einem der Walfischboote, die ich ihnen vor drei Jahren geschenkt hatte. Von den Frauen erfuhr ich, daß ungefähr zehn Familien im Inneren der Bucht bei Kangerdlooksoah und in der Nachbarschaft wohnten. Als ich den Eingeborenen hier wie an den früher berührten Orten gesagt hatte, sie sollten ihre Sachen in Bereitschaft halten, um an Bord zu kommen, wenn das Schiff zurückkehrte, fuhren wir nach Osten in den Inglefield-Golf hinein. Hier war kein Eis zu sehen, aber es gab eine ganz außergewöhnliche Menge Eisberge von den großen Heilprin- und Melvillegletschern im Innern des Golfes. Bisweilen hatte es den Anschein, als ob sich keine Durchfahrt zwischen den Eisbergen fände, aber beim Näherkommen entdeckte man jedesmal Durchfahrten, die sich zwischen ihnen hindurchschlängelten. Auf der Höhe von Kangerdlooksoah gab es verhältnismäßig wenige.

siehe Bildunterschrift

Eisberg in der Melville-Bai.

Hier, wo ich vor drei Jahren meine treuen Leute gelassen hatte, fand ich jetzt sechs Zelte, deren Bewohner mit einer Ausnahme junge und kräftige Männer waren. Die Menge der Hunde und der stattliche Vorrat von Fellen, den diese Leute besaßen, machten die Übersiedelung auf den »Erik« etwas langsamer als bei jedem der anderen Orte. Schließlich war aber alles an Bord und der Ort, der wenige Stunden vorher von Kinderstimmen und Hundegebell belebt war, blieb vereinsamt liegen, von Kangerdlooksoah fuhren wir nach Norden auf die andere Seite des Golfes nach den Harward-Inseln, wo auf der nördlichsten vier Zelte lagen. Die Bewohner dieser wurden wie die andern so schnell als möglich eingeschifft und um halb drei Uhr am Morgen des 11. war der »Erik« bereit, den Golf wieder hinunterzufahren.

siehe Bildunterschrift

Typischer Gletscher im Whale-Sund.

Die Szenerie und die Umgebung in dieser typischen arktischen Sommernacht sind unvergeßlich. Das Meer ruhig wie ein Spiegel, nach allen Seiten hin dicht mit Eisstücken und Eisbergen aller Größen und Formen übersät. Im Osten und Norden von dem gigantischen Amphitheater der Heilprin-, Tracy- und Melvillegletscher umrahmt, die sich bis an die stahlblauen Abhänge des »großen Eises« erhoben, während im Nordwesten und Westen die warmen rotbraunen Felswände der Berge Daly und Adams und die Josephine Peary-Insel aufstiegen. Im Süden die wellenförmigen Abhänge der Renntierweiden von Kangerdlooksoah. Während des Restes der Nacht fuhren wir den Golf hinunter, und langten am Vormittag auf den Walroßgründen zwischen der Herbert-Insel und dem nördlichen Ufer des Sunds an.

Bis jetzt war das Wetter, seit wir Kap York erreichten, eine ununterbrochene Folge von ruhigem und andauerndem Sonnenschein gewesen – das typische arktische Sommerwetter. Jetzt kamen indessen Wind und Nebel an die Reihe und machten es, indem sie uns das Tageslicht raubten, unmöglich, Walrosse zu fangen.

Am Abend fuhren wir nach Karnah zurück, um die Eingeborenen an Bord zu nehmen und uns darauf vorzubereiten, den nächsten Tag wieder einen Angriff auf die Walrosse zu machen. Um Mitternacht war die Arbeit vollendet, und da jedermann todmüde und schläfrig war, fuhr der »Erik« bis in die Mitte vom Sund, um sich bis zum andern Morgen treiben zu lassen, wo wir wieder nach den Walroßgründen hinausfuhren und bis neun Uhr abends achtzehn von den Tieren erlegt hatten. Nebel und Regen brachen jetzt über uns herein, und wir fuhren nach der letzten Niederlassung auf unsrer Liste, Igludiahni, wo wir sechs Tupiks fanden. Unser Aufenthalt war hier nur kurz, da ich nur eine Familie aufnehmen wollte, und eine Anzahl neue Hunde zu kaufen nahm auch nicht viel Zeit in Anspruch. Als der letzte Hund an Bord des »Erik« war, steuerten wir auf Kap Chalon zu, um mit der »Roosevelt« in Etah zusammenzutreffen, wo wir am Sonntagmorgen, dem 13., ankamen. Die »Roosevelt« hatte ihre Kohlen in Säcken an Land gebracht und die Vorratsräume geöffnet, um alles wieder so zu verstauen, daß das Schiff die richtige Lage für das Eindringen ins Eis erhielt. Da es Sonntag war, genoß jedermann die uns sehr notwendige Ruhe, außer den Eskimos, denen die Arbeit, die Walrosse zu häuten und zu erlegen, ein Vergnügen und eine Freude war.

Früh am Montagmorgen fierte der »Erik« längsseit der »Roosevelt« und um fünf Uhr wurde damit begonnen, das Fleisch hinüberzuschaffen, die Vorräte der »Roosevelt« wieder zu verstauen und ihre Kohlenbunker und den Zwischendecksraum mit den Kohlen des »Erik« zu füllen. Diese Arbeit wurde den ganzen Montag, Dienstag und Mittwoch bis zwei Uhr nachts fortgesetzt, nun war die »Roosevelt« klar zur Abfahrt, um den Kampf zu beginnen, für den sie gebaut war, den Kampf mit dem arktischen Eis von Kap Sabine bis an das nördliche Ufer von Grant-Land. So weit war die Reise ein Kinderspiel gewesen, was jetzt vor uns lag, würde wahrscheinlich das Gegenteil werden.

Die »Roosevelt« hatte jetzt an Bord eine zwanzig Mann starke Besatzung, einige vierzig Eskimos und an die 200 Hunde. Sie trug außerdem neben den Vorräten und der Ausrüstung für die Teilnehmer ungefähr 450 Tonnen Kohlen und mehrere Tonnen Walroßfleisch.

Ich bin angenehm überrascht gewesen, die Eingeborenen in so ungewöhnlich günstiger Lage zu finden, mit einem Überfluß von Hunden, reichlichen Mengen Fleisch und einem guten Vorrat von Fellen für die Bekleidung. Mehrere meiner alten Freunde und Bekannten sind während der letzten drei Jahre gestorben, aber es gab auch eine Reihe neuer Babys, und obgleich ich für etwas wie Volkszählung keine Zeit hatte, so zweifle ich nicht, daß die Geburten der Zahl der Todesfälle gleichkamen und sie wahrscheinlich übertrafen.


 << zurück weiter >>