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Elftes Kapitel.

Mechanische Energien.

Zunächst ist aus den vorausgegangenen Betrachtungen klar, daß es recht viele verschiedene Arten von Energie gibt. Von der mechanischen Energie oder mechanischen Arbeit ist am meisten gesprochen worden. Sie betätigt sich überall dort, wo die Körper sich gegeneinander bewegen, z. B. wenn Maschinenteile sich drehen. Sie betätigt sich auch bei den Muskelzusammenziehungen unseres Körpers beim Schreiben, Schlagen und all den andern räumlichen Betätigungen unserer Körpermaschine.

Die mechanische Arbeit wird gemessen durch das Produkt aus der » Kraft«, welche die Bewegungen bewirkt, und dem Weg, über welchen die Bewegung erfolgt. Also leistet z. B. eine dreifache Kraft dieselbe Arbeit, wenn sie sich nur über ein Drittel des Weges betätigt, wie die einfache Kraft über den ganzen Weg. Die gewöhnlichen Maschinenelemente, wie Hebel, Keil, Schraube usw. dienen dazu, mechanische Arbeit in andere mechanische Arbeit zu verwandeln, die etwa anders gerichtet ist oder mit einer anderen Kraft betätigt wird. Weil die Arbeit hierbei nicht aus nichts erzeugt werden kann, so muß immer das Verhältnis bestehen, daß das Produkt aus Kraft und Weg (d. h. die Arbeit), das verbraucht wird, gleich dem Produkt von Kraft und Weg ist, das gewonnen wird. Das heißt mit anderen Worten: bei solchen Maschinen verhalten sich die Kräfte umgekehrt wie die Wege. Das ist die sogenannte »goldene Regel« der Mechanik, welche lange bekannt war, bevor man etwas von der Erhaltung der Energie wußte.

Es gibt außer dieser einen Art der mechanischen Energie noch verschiedene andere. Vor allem ist die Bewegungsenergiezu nennen, welche in einem schweren oder mit Masse ausgestatteten Körper vermöge der Geschwindigkeit enthalten ist, mit der er sich bewegt. Wenn wir zum Beispiel aus einem Gewehr eine Kugel abschießen, so ist diese fliegende Kugel materiell gesprochen nicht verschieden von einer ruhenden Kugel. Während aber die ruhende Kugel ein vollständig harmloses Gebilde ist, welches durchaus weder Schaden anrichtet, noch irgendwelche physischen Veränderungen hervorrufen kann, ist die aus dem Gewehr herausfliegende Kugel im Gegensatz dazu ein äußerst bedenklicher Körper, der den allergrößten Schaden anrichten und der erhebliche Wirkungen hervorrufen kann. Der ganze Unterschied zwischen beiden Kugeln besteht hier in ihrer Geschwindigkeit, wir wissen, daß, die Wirkung einer fliegenden Kugel um so größer ist, je größer ihre Geschwindigkeit ist, daß sie aber auch zweitens um so größer ist, je größer die Masse der Kugel oder je schwerer sie ist. Der erste Faktor, die Geschwindigkeit der dahinfliegenden Kugel, hat auf die Arbeit oder Wirkung, die sie leisten kann, einen ganz besonders großen Einfluß. Eine doppelte Geschwindigkeit bewirkt nämlich nicht nur eine doppelte Arbeitsfähigkeit, sondern eine vierfache und die zehnfache Geschwindigkeit bewirkt eine hundertfache Leistungsfähigkeit der bewegten Masse. Es ist mit andern Worten die Wirksamkeit einer bewegten Masse oder ihrer Energie proportional dem Quadrat (d. h. der mit sich selbst multiplizierten Zahl) der Geschwindigkeit. Außerdem ist auch für die Energie der Kugel, wie schon erwähnt, das Gewicht oder die Masse maßgebend. Diese beiden Dinge sind, physikalisch gesprochen, zwei verschiedenartige Größen, sie sind aber immer proportional zueinander, und wir können infolgedessen mit Hilfe des Gewichtes die Masse feststellen, was nun den Einfluß der verschiedenen Größen der Masse auf die Energiemengen des bewegten Körpers anlangt, so sind diese einfach proportional der Masse, stehen also nicht im quadratischen Verhältnisse, wie bei der Geschwindigkeit.

Von weiteren mechanischen Energien wäre noch die Formenergie zu nennen. Sie heißt auch wohl Elastizität und bedingt bei den festen oder starren Körpern, daß, sie ihre Gestalt beibehalten, solange diese nicht durch irgendwelche anderen Kräfte oder Ursachen verändert wird, wir wissen, daß zum Beispiel in einer Taschenuhr der Betrieb der Räder vierundzwanzig Stunden aufrecht erhalten wird dadurch, daß wir die Feder spannen, welche das Uhrwerk treibt. Das kommt hier darauf hinaus, daß, wir die Energie unseres Körpers zum Aufwickeln der Treibfeder in der Uhr benutzen und sie dadurch, daß wir ihre Gestalt ändern, zu einem Vorratsbehälter oder Akkumulator für Energie machen. Tatsächlich wird also die Uhr nicht von der Kraft der Feder, sondern sie wird von menschlicher Arbeit getrieben. Die Feder dient nur dazu, die mechanische Arbeit der menschlichen Muskel in die Gestalt von Formenergie der aufgewickelten Feder umzuwandeln, so daß, die hierzu verbrauchte Energiemenge der Uhr einverleibt bleibt und dazu benutzt werden kann, um ihren Gang während einer bestimmten Zeit zu unterhalten. Man kann natürlich fragen, weshalb denn die Uhr nicht in einem Aufzug ewige Zeiten geht. Die Antwort ist, daß, die hingebrachte und in der Feder aufgespeicherte Energie verbraucht wird, um die Reibung an den Achsenlagern der Uhr und an den Zähnen der vielen Zahnräder zu überwinden. Eine gute Uhr hat außerordentlich geringe Reibung, das heißt sie verbraucht außerordentlich wenig Arbeit, um im Gange erhalten zu werden, aber die Arbeit ist unter allen Umständen nicht Null. Sie kann durch Verbesserungen mannigfach verkleinert werden, aber niemals aus der Welt geschaffen werden. Darum verbraucht eine jede, auch die beste Uhr eine bestimmte Energiemenge für eine gegebene Zeit und diese muß hier in irgendeiner Gestalt neu geliefert werden, wenn der Betrieb aufrecht erhalten werden soll.

Eine ganz besonders wichtige Form der mechanischen Energie ist die Schwereenergie oder Gravitationsenergie, welche sich uns zunächst auf der Erdoberfläche offenbart, indem sämtliche mit Gewicht ausgestatteten Körper die Eigenschaft haben, eine Lage aufzusuchen, die möglichst nahe an den Mittelpunkt der Erde bringt. Deshalb fallen alle Steine und sonstigen Massen zu Boden, wenn man sie freiläßt, deshalb fließen alle Flüsse von den Bergen zu Tal und niemals in entgegengesetzter Richtung und deshalb werden auch die Gebirge durch die Einwirkung des Regenwassers, durch das Ablösen von Felsstoffen vermöge des gefrierenden Wassers im Winter, wobei durch die Ausdehnung des Wassers bei der Eisbildung Sprengwirkungen im Gestein hervorgerufen werden, immer niedriger und niemals von selbst höher. Deshalb findet überhaupt auf der Erdoberfläche ein beständiges Bestreben nach Ausgleich der Höhenunterschiede statt.

Aber nicht nur auf die Erdoberfläche beschränkt die Schwereenergie ihre Wirkungen, sondern sie erstreckt diese nach der bekannten großartigen Entdeckung von Newton über den gesamten Weltraum hinaus. Die sämtlichen Planeten bewegen sich um die Sonne vermöge der Schwereenergie, welche diese Himmelskörper zu einer Einheit verbindet, sämtliche räumlich-zeitlichen astronomischen Erscheinungen lassen sich beschreiben als regelmäßige periodische Umwandlungen von Bewegungsenergie in Gravitations- oder Schwereenergie und umgekehrt, wenn die Planeten der Sonne am nächsten sind, so ist ihre Bewegungsenergie am größten. Sie haben dann die größte Geschwindigkeit, während ihre Schwereenergie am kleinsten ist, denn sie befinden sich dem gemeinsamen Schwerpunkt des Sonnensystems am nächsten. Umgekehrt, wenn sich die Planeten in der Sonnenferne befinden, ist ihre Geschwindigkeit die kleinste und deshalb hat auch ihre Bewegungsenergie den kleinsten Wert, den sie in diesem System annehmen kann, während die Gravitationsenergie ihren größten Wert hat, da die Planeten alsdann der Sonne zu noch fallen können, aber sich nicht weiter von der Sonne zu entfernen vermögen.

Außer diesen Formen der mechanischen Energie gibt es auch eine Oberflächenenergie und einige weitere Formen, auf die wir aber an dieser Stelle nicht eingehen wollen, weil wir es für unsere späteren Betrachtungen nicht brauchen.

 


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