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Krambambuli

Sommerwirtschaften gab es nicht in unserer kleinen Stadt; wollte man in der schönen Jahreszeit einmal anderswo seinen Kaffee trinken, so mußte man nach Feldkirchen, einem in der Nähe liegenden Dorfe. Dort gab es nicht bloß eine altertümliche Kirche, sondern, was für uns das beste war, zwei Wirtschaften. Sie lagen nur durch ein Haus voneinander getrennt, hatten beide eine Kegelbahn und sehr angenehme Stachelbeerhecken, die uns auf die erfreulichste Weise beschäftigten. Wenn es also eines Sonntags hieß, Großvater wolle mit seinem etwaigen Besuch und mit uns nach Feldkirchen fahren, so freuten wir uns immer außerordentlich. Wir wurden auf den Bock und in die Kutsche selbst verteilt, und da wir meist bei dem ersten Hause des Dorfes, dem »Letzten Heller«, aussteigen durften, so war die Gefahr, seekrank zu werden, nicht so groß, denn die Fahrt dauerte kaum eine halbe Stunde. Im Wagen wurde die Frage, in welcher Wirtschaft wir einkehren sollten, lebhaft verhandelt. Kaffee, Kegelbahn und Stachelbeeren waren bei beiden Wirten von gleicher Beschaffenheit, aber Herr Hauschild besaß ein Gartenhaus mit wundervollen chinesischen Tapeten, und Herr Meinhard hatte einen Bruder, der als Kutscher des Kaisers von Rußland in Petersburg eine hohe Stelle einnahm. Da wurde uns die Wahl oft recht schwer. Manchmal kannten wir nichts Erhebenderes, als beim Bruder des kaiserlich russischen Rosselenkers Kaffee zu trinken; manchmal aber hatten wir demokratische Anwandlungen, sagten, Herr Meinhard sei uns gleichgültig, und verlangten stürmisch nach den chinesischen Tapeten des Hauschildschen Gartenhauses. Gewöhnlich entschied unser Großvater, daß wir einmal zu Meinhard und einmal zu Hauschild führen, und da im Grunde genommen beides ganz dasselbe war, so fanden wir uns zufrieden in seine Bestimmung. Und nun wurde das Sonntagsnachmittagsvergnügen »programmmäßig« abgesponnen. Wir tranken alle Kaffee und aßen soviel Kuchen dazu, als es nur anging; dann schoben die männlichen Familienmitglieder Kegel, die Tanten, von denen wir immer einige in Vorrat hatten, strickten oder stickten, und wir Kinder liefen ab und zu, aßen Obst und wurden bald wieder hungrig und durstig. Großvater war immer sehr gut gegen uns. Wenn er uns auch häufig erklärte, er wisse durchaus nicht, was unsere Eltern mit ihren vielen Kindern anfangen wollten, so hätte er doch sicherlich keinen einzigen von uns entbehren mögen. Er war auch niemals karg gegen uns. Er hatte die außerordentlich angenehme Gewohnheit, uns vor der Abfahrt aus dem Wirtshause zu fragen, ob wir auch noch etwas genießen wollten, eine Frage, die verschiedenen Tanten ebenso verwerflich erschien, wie sie uns wohl tat. Denn wir wußten schon seit dem Vormittag, ja vielleicht schon seit acht Tagen, was wir uns in Feldkirchen selbständig bestellen wollten. Manchmal hatten wir eine Leidenschaft für Eierbier, ein andermal war es Glühwein oder Brauselimonade, ohne deren Genuß wir nicht länger leben zu können glaubten, und als wir eines Sonntags bei Herrn Meinhard Kaffee getrunken hatten, waren Jürgen und ich uns über unser Getränk schon längst einig.

Zwei Glas Krambambuli und eine kleine Flasche davon auf zu! bestellte Jürgen, während ich mit wichtiger Miene hinzusetzte: Aber mein Glas muß ebenso stark sein wie Jürgens! Es war nämlich mein steter Kummer, daß meine Getränke meistens schwächer bestellt wurden, als die der älteren Brüder. Herr Meinhard achtete aber nicht auf meinen Zusatz. Er stand in seiner kleinen Schenkstube, umgeben von unzähligen dunkeln Flaschen, und sah uns verwundert an.

»Was wollt ihr haben? Bambuli? Was ist denn das?«

»Krambambuli!« wiederholte Jürgen mit Nachdruck. »Herr Meinhard, das trinkt der Kaiser von Rußland jeden Tag ein paarmal!«

Is die Möglichkeit! – Herr Meinhard war immer angenehm berührt, wenn man auf seine Beziehungen zum russischen Hofe anspielte. Na, wenn der Kaiser das Zeugs mit dem komischen Namen trinkt, da müßt ihr kleinen Dingers das ja auch mal kennen lernen!

»Zwei Glas und eine kleine Flasche auf zu!« bestellte Jürgen noch einmal, während der Wirt den Kopf schüttelte.

»Kinners, so was Feines führ ich noch gar nich!

Aber was nich is, kann werden! Nächster Tags schreib ich nach Lübeck von wegen den Franschwein – da will ich gleich ein Gebinde Strampelkram mit bestellen. Also, das is was Russisches – na, denn is es was Gutes und was Starkes, denn was mein Bruder in Petersburg is –«

Aber wir hörten zum erstenmal in unserem Leben nicht auf die Geschichten von Herrn Reinhards Bruder in Petersburg und schlichen enttäuscht aus der Gaststube, ohne uns etwas anderes zu bestellen.

Seit dem Tage, wo der Onkel Student mit seinen Freunden zum Besuch in unserer Stadt so lustig gesungen hatte: Des Abends spät, des Morgens früh trink ich mein Glas Krambambuli! seit diesem Tage wollten auch wir dieses köstliche Naß kennen lernen. Die Herren mit den bunten Bändern über der Weste hatten uns auf unsere dringenden Fragen versichert, etwas Besseres auf der Welt gäbe es überhaupt nicht als Krambambuli. Die armen Studenten, die so schrecklich viel lernen müßten, könnten nicht gesund bleiben, wenn sie nicht Krambambuli hätten, und einer der Gefragten, dem eine breite Schmarre über die Wange lief, versicherte ganz ernsthaft, ohne Krambambuli würde er schon lange tot sein, und wer das tränke, könnte gar nicht sterben.

Wir dachten nun allerdings für uns selbst nicht an den Tod; aber wir hatten einen Spielgefährten, von dem die Leute sagten, daß er bald sterben müsse, und deshalb wollten wir nicht allein selbst das Krambambuli kosten, sondern auch Karl Piening davon mitbringen. So hatten wir es uns lange vorgenommen, und hatten in dem festen Vertrauen auf den Bruder des kaiserlich russischen Kutschers in Feldkirchen unsere Bestellung danach einrichten wollen. Nun fuhren wir betrübt der Stadt wieder zu, ohne eine Flasche Krambambuli!

Karl Piening war schon so lange krank, daß wir fast vergessen hatten, wie er aussah, wenn er nicht im Bette lag. Wir hatten ihn sehr gern, und es verging selten ein Tag, wo ihn nicht einer von uns besucht und ihm etwas erzählt hätte. Seine Mutter war Wäscherin bei uns; daher kannten wir ihn so gut. Als er noch gesund war, hatte er uns an den Waschtagen nachmittags besucht, hatte mit uns gevespert und dann gespielt. Er weinte nicht, wenn es einen Puff setzte, er klatschte auch nicht und ordnete sich still uns lebhaften Kindern unter. Da wir instinktiv merkten, daß er uns gut war, so hatten auch wir ihn gern, und als der schweigsame, etwas scheue Knabe plötzlich erkrankte, vermißten wir ihn zuerst außerordentlich. Dann aber wurde es eine stehende Gewohnheit, ihn zu besuchen. Bist du schon bei Karl gewesen? war eine tägliche Frage; irgend eins von uns erübrigte gewiß einen Augenblick, vor oder nach der Schulzeit, um an seinem Bette zu sitzen. Manchmal brachten wir ihm auch eine Kleinigkeit mit: einen Apfel, einen Kuchen, ein Stück Bindfaden; Karl aß aber fast gar nichts, und für den Bindfaden hatte er auch nicht mehr so viel Interesse wie ehemals, wo er noch »Pferdchen« spielte oder den Drachen steigen ließ. Seine Mutter aber sprach immer vom Tode. Wenn wir eintraten und nach Karl fragten, schüttelte sie den Kopf. Ja, pflegte sie zu sagen, heute is er noch da, und morgen auch; abers in ein paar Wochen geht er seinem Vater nach, der auch die Zehrung hatte. Oh, was hab ich mit den durchgemacht, ehe er glücklich in Himmel war, und nun fängt die Geschichte mit mein klein süßen Jungen ganz von vorn an! Na, der liebe Gott wird ihn nu all bald zu sich nehmen: da bitt ich ihn jeden Abend und Morgen um!

Bei uns zu Lande, wie der Schleswig-Holsteiner sagt, sprechen die einfachen Leute immer in Gegenwart ihrer Schwerkranken vom Tode. Es ist wohl nicht Mangel an Liebe, der sie anscheinend so gefühllos macht, es ist der Ausdruck ihrer Naturwüchsigkeit. Das Sterben ist eine selbstverständliche Folge des Geborenwerdens: warum soll man also den Leuten verschweigen, was ihnen bevorsteht? Aber der seiner empfindende Mensch sträubt sich doch gegen diese unbarmherzige Nüchternheit, und selbst wir Kinder mochten Frau Pienings Reden nicht hören. Karl sah uns dann stets mit seinen hellblauen, merkwürdig klaren Augen so ernsthaft fragend an, als wenn er in unseren Gesichtern lesen wollte, ob seine Mutter wahr gesprochen hätte; und wir standen unbeholfen vor ihm, halb traurig, halb verlegen. Es war kurz nach dem Winter gewesen, als Karl sich gelegt hatte, nun standen die Störche schon wieder in großen Versammlungen auf den Wiesen und berieten sich mit gravitätischen Mienen, ob sie reisen oder ob sie es noch ein paar Tage bei uns aushalten wollten. Wir erzählten Karl von den Störchen und auch davon, daß die Felder alle leer wären, und daß der Wind drüber führe, und dann berichteten wir ihm auch einmal, was uns der eine Student vom Krambambuli gesagt hatte: wer ihn tränke, der bliebe immer gesund und brauchte nicht zu sterben! Karl wiederholte die Worte, richtete sich in seinem Bettchen auf und sah uns mit aufleuchtenden Augen an. Er hatte immer alles geglaubt, was wir ihm erzählten – weshalb sollte er jetzt an unseren Worten zweifeln, von deren Wahrheit wir doch selbst felsenfest überzeugt waren?

Krambambuli! Wie hübsch klang das Wort! Zuerst vermochte der kleine Kranke es nicht auszusprechen, bald aber konnte er es ebensogut wie wir, und wenn seine Mutter vor ihm stand und ihm schluchzend vom Sterben erzählte, dann blickte Karl in die über seinem Bette spielenden Sonnenstrahlen und sagte leise vor sich hin: Krambambuli, Krambambuli! Sobald wir wieder nach Feldkirchen fuhren, brachten wir es ihm mit – das war sicher; denn der Bruder des kaiserlich russischen Kutschers mußte es haben, davon waren wir fest überzeugt. Und Karl freute sich so! Er konnte wieder lachen wie früher, und wenn wir bei ihm saßen und mit ihm plauderten, dann sprachen wir davon, wie es wohl sein würde, wenn wir niemals krank und niemals erkältet wären, wie merkwürdig es doch eigentlich sein müßte, wenn wir gar nicht zu sterben brauchten, und ob wir dann wohl noch immer spielen würden. Großvater, unsere Eltern und guten Freunde, alle sollten sie Krambambuli haben; nur der eine Lehrer, der neulich Jürgen gescholten, weil er seine dänische Lektion nicht gelernt hatte, der durfte keinen Tropfen bekommen! Der konnte unsertwegen morgen wieder nach Fünen reisen und sterben, wann es ihm beliebte. Aber auch für ihn legte Karl ein gutes Wort ein.

»Er braucht ja nich so viel zu kriegen,« meinte er halb entschuldigend und doch bittend. »Bloß ein klein büschen, damit er noch ein klein büschen länger lebt.«

»Weshalb, Karl? Der braucht gar nicht länger zu leben! Solch ekliger Däne!«

»Man bloß ein paar Jahre!« wiederholte der Kranke und sah uns so flehend an, daß wir gnädig meinten, wir wollten Herrn Larssen ein halbes Weinglas voll geben.

Nun standen wir Montag morgen, nachdem wir am Sonntag in Feldkirchen gewesen waren, vor Karls Bett wie die armen Sünder. Er hatte sich bei unserem Kommen aufgerichtet, und sein Atem ging kurz; als er in unsere Gesichter sah, legte er sich zurück, und ein grauer Schatten zog über sein Antlitz.

»Es ist noch nicht da, Karl; aber Herr Meinard läßt es in Gebinden aus Lübeck kommen – du bekommst es sicher!«

Er sah uns mit erloschenen Augen an.

»Ehe es aus Lübeck kommt, bin ich tot. Mutter sagt es ümmerlos – lange kann ich es doch nich mehr machen!«

Er sagte die Worte in dem Tone vollständigster Hoffnungslosigkeit, und da auch wir wußten, daß es manchmal Monate lang dauerte, ehe der Schiffer die bestellten Waren aus Lübeck brachte, so schwiegen wir betrübt.

Jetzt kam Frau Piening ins Zimmer. Sie sah verweint aus und fuhr mit der verarbeiteten Hand über das spärliche Haar ihres Kindes.

»Erzählt ihm was vom Himmel!« sagte sie zu uns befehlenden Tones. »Oder wißt ihr da kein Bescheid in? Denn geht man weg!«

Aber wir wußten Bescheid im Himmel, und wir begannen zu erzählen – erst stockend, dann geläufiger von den goldenen Toren der hochgebauten Stadt, von den Engeln, die jedem Kinde so freundlich entgegenkämen, von allem, was uns schön und lieblich aus fremden und eigenen Gedanken eingepflanzt war, davon sprachen wir. Karl lag ganz still und hatte die Augen geschlossen. Als wir aber leise fortgingen und die Sonne goldig durch die geöffnete Tür schien, da richtete er sich auf und fragte mit schwacher Stimme, ob wir nicht anderswo Krambambuli bekommen könnten.

Als wir draußen in der frischen Herbstluft standen, sagt Jürgen mit einemmal, er wollte in die Apotheke gehen und nach Krambambuli fragen. Ich pflichtete ihm eifrig bei, denn beim Onkel in der Apotheke bekamen wir alles, was für unsere Gesundheit zuträglich war: saure und süße Säfte, Lebertran und Pfefferminzbonbons, Rizinusöl und Schokoladenplätzchen; er würde uns gewiß auch Krambambuli geben oder es wenigstens bereiten können, und wir waren dumm gewesen, uns nicht gleich an den guten Onkel zu wenden, der uns schon so manchen Gefallen getan hatte.

Als ich am anderen Morgen zu Karl ins Zimmer trat, hatte ich ihm eine frohe Nachricht zu bringen. »Denke dir, Onkel Anton will uns heute Krambambuli machen! Gestern hatte er keine Zeit; heute nachmittag soll es aber fertig sein!«

Karl hatte sich mühsam aufgerichtet, und seine Augen leuchteten auf. »Ist es wahr, ganz gewiß wahr?« Sein Gesicht sah etwas verändert aus; ich achtete aber nur flüchtig darauf.

»Leg dich nur wieder hin, Karl; heute noch kommt es, ganz, ganz gewiß! Und du sollst es zuerst probieren und wirst dann gleich gesund! Morgen spielst du wieder mit uns!«

»Morgen spiele ich wieder!« wiederholte der Kleine träumerisch und doch mit glücklichem Lächeln. »Morgen spiele ich wieder!« sagte er noch einmal. Sein Gesicht sah aus, als wenn die Sonne drauf schiene. »Erzähl mich was!« sagte er dann etwas ungeduldig zu mir. Es war gerade, als wenn er das Warten nicht länger ertragen könnte, und ich willfahrte ihm. »Denke dir, weil wir doch so viel von Krambambuli sprachen, so hat Jürgen auch probiert, welches zu machen. Er tat Milch, Wasser, Zucker, Kaffeebohnen und sonst noch allerhand in eine Flasche und schüttelte sie tüchtig. Aber das Schütteln half nichts; es schmeckte doch schlecht, und dann ging er ins Schlafzimmer und holte Milo (einen der anderen Brüder) aus dem Bett und zeigte ihm die Flasche. Milo hatte gerade einschlafen wollen und war ganz müde; aber er tanzte doch eine halbe Stunde lang Galopp im Nachthemd und sang dazu: »Mit dem Pfeil, dem Bogen«, denn Jürgen versprach ihm, daß er die ganze Flasche nachher austrinken dürfte, wenn er uns etwas vortanzte und sänge. Als er dann aber einen Schluck probierte, da weinte er und wollte nichts weiter haben; aber Jürgen sagte, er müßte alles austrinken, weil er doch dafür gearbeitet hätte. Dann aber kam Mama dazu und schüttelte Jürgen, weil er seinem jüngeren Bruder nichts einbilden dürfte, und weil Milo schlafen sollte!«

Karl hatte mir gespannt zugehört. Jetzt lachte er: er ließ sich so gern etwas erzählen.

Das war das falsche Krambambuli – ich aber – ich bekomme das echte!

Er sprach mühsam, sah aber so glückstrahlend aus, daß ich ihm befriedigt zunickte. »Gewiß, du bekommst das echte, heute Nachmittag bringen wir dir's!«

Es dauerte heute lange, bis es Nachmittag wurde; aber endlich schlug es vier Uhr. Das war die Zeit, wo wir das Krambambuli von der Apotheke holen sollten, und wir standen schon lange vor dem großen, gelben Hause, bis wir die Turmuhr hörten. Jürgen lief in die Apotheke und kehrte nach wenig Augenblicken mit einer großen Medizinflasche zurück, die er mir triumphierend zeigte. Sie enthielt eine weiße Flüssigkeit, und auf der Etikette stand mit großer Schrift: Krambambuli! Später erfuhren wir, daß der Inhalt Kognak und Milch gewesen war.

Wir hatten aber die Empfindung, daß höchste Eile nötig sei. Ohne viel miteinander zu sprechen, liefen wir, bis wir atemlos vor Karls Häuschen anlangten, und traten eilig ein. Seine Mutter stand am Fußende seines Bettchens, und er selbst lag so still, daß wir glaubten, er schliefe. Seine Augen waren aber weit geöffnet, und als er uns erblickte, winkte er mit der Hand.

»Hier ist das echte Krambambuli,« sagte ich, mich über ihn beugend, und er lächelte glückselig.

»Das echte,« wiederholte er mit leisem Lachen, »und morgen – morgen spiele ich wieder!«

Seine Glieder streckten sich, noch einmal lachte er uns an, dann schloß er die Augen, und ein starrer Zug trat in sein Gesicht: er war tot. –

»Nun spielt Karl mit den Engeln!« sagte unser kleinster Bruder vergnügt, als der kleine schwarze Sarg bei unserem Hause vorbeigetragen wurde. Und dieser Gedanke trocknete auch unsere Tränen. Im Himmel zu spielen war doch noch besser, als auf der Erde Krambambuli zu trinken.


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