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8.
Die Phanerogamenflora in Süd-Georgien.

Nach den Sammlungen von Dr. Will bearbeitet von A. Engler.

(Abgedruckt aus Botanische Jahrbücher, VII. Band, 3. Heft.)


Die Flora von Süd-Georgien war bisher so gut wie gar nicht bekannt. Alles, was man davon wußte, war, daß daselbst ein kräftiges, in Polstern wachsendes Gras und ein dem Pimpernell ähnliches Gewächs an den Felsen vorkomme. In Hooker's Flora antarctica p. 216 finden wir die Angabe »a coarse strong-bladed grass, growing in tufts, a wild burnet and a mosslike plant which springs from the rocks«. Darauf bezieht sich auch Grisebach's Angabe in der Vegetation der Erde, 1. Aufl., p. 549: »Die südlichste Staude, eine Umbellifere, wurde von Cook bereits in Süd-Georgien (54 Grad S. Br.) beobachtet.«

Unter diesen Umständen war es sehr erfreulich, daß Herr Dr. Will, welcher die deutsche Expedition nach Süd-Georgien begleitete, während des längeren Aufenthalts auf dieser Insel dieselbe auch in botanischer Beziehung gründlich durchforschte. Es ist wohl anzunehmen, daß Alles, was von Phanerogamen auf dieser Insel existirt, gesammelt wurde und ebenso scheinen die Kryptogamen sehr vollständig gesammelt worden zu sein.

Nachdem jetzt die Flora der Kerguelen sowohl durch die englischen Expeditionen wie durch die Gazelle-Expedition ziemlich vollständig bekannt ist, und nachdem in neuester Zeit durch W. B. Hemsley in dem Bericht über die botanischen Ergebnisse der Challenger-Expedition Vergl. Bot. Jahrb. VII, Litteraturbericht, p. 31. auch die Phanerogamenflora der Falklands-Inseln sowie der Macquarie-Inseln vollständig zusammengestellt wurde, mußte es um so mehr interessiren, etwas Näheres über die Flora von Süd-Georgien zu erfahren.

Im Ganzen wurden nur folgende 13 Phanerogamen gefunden, welche sich auf 6 Familien vertheilen.

Außer den genauen Standortsangaben des Herrn Dr. Will habe ich auch kurze Notizen über die geographische Verbreitung im antarktischen oder altozeanischen Gebiet beigefügt.

Gramineae.

Aira antarctica Hook . Ic. plant, t. 150; Fl. antarct. II. 377. tab. 133.

An sehr feuchten Stellen kleine Wiesen bildend; findet sich in großen Mengen auf der Landzunge, auf dem Hochplateau vereinzelt und bis zur Vegetationsgrenze, daselbst kleiner als an anderen Standorten (9. 2. 83).

Feuerland – Kerguelen.

Phleum alpinum L.

An trockenen sonnigen Hängen auf der Ostseite des Köppenbergs (18. 1. 83); Whalesbay, am Fuß des Pirnerberges (11. 2. 83); im Brockenthal sehr klein und kümmerlich (10. 2. 83); aber mit großen Spelzen.

Magalhaensstraße.

Festuca erecta d'Urville in Mém. Soc. Linn, de Paris IV. 601.

Ostseite des Köppenberges, vereinzelte Büschel an trockenen, sonnigen Hängen (18. 1. 83). Montia fontana L.

Thal im Little-Hafen; in einer Felsspalte am Strand, mit reifen Früchten und Blüthen (20. 1. 83).

Feuerl. – Kerg.

Poa flabellata Hook. fil. (Dactylis caespitosa Forst.)

Auf der Landzunge (20. 11. 82).

Feuerl. – Falklandsinseln.

Juncaceae.

Rostkovia magellanica Hook. fil. Fl. antarct. II. 358.

Bedeckt entweder in dichten Rasen (Köppenberg, Landzunge) oder in 20-30 Zentimeter breiten, vielfach kreisförmig und spiralig gewundenen Streifen sehr sumpfige Stellen (bei der Pinguinkolonie oberhalb der Pinguinbay).

Magalh. – Feuerl. - Falkl. – Campbell-Inseln.

Juncus Novae Zealandiae Hook fil.

Whalesbay, in Wassertümpeln (11. 2. 83).

Neu-Seeland.

Ueber diese Pflanze äußerte sich Herr Prof. Dr. Buchenau, dem ich dieselbe zur Ansicht übersendete, folgendermaaßen:

J. Novae Zealandiae Hakr. fil. ist vielleicht doch mit J. pusillus Buchenau (J. capillaceus Hkr. fil) zu vereinigen. Beide zusammen stellen die australische Form des südamerikanischen J. stipulatus dar, der sich von ihnen fast nur durch die weiter hinauf gefurchte Lamina unterscheidet. Also auch hier wieder der interessante Fall zweier vikariirender und einander sehr nahestehender Arten in Süd-Amerika und Australien. Beistehende kleine Bestimmungstabelle setzt die Unterschiede der hier in Betracht kommenden Arten auseinander.

Junci septati. – Species J. pusillo Buchenau, chilensi Gay et scheuchzerioidi Gaudich.

affines

(v. etiam Buchenau, Abhandl. Nat. Ver. Bremen, 1879. V. p. 354 ff.).

Lamina tenuis, fere filiformis, septis interdum inconspicuis, superne plus minus canaliculata. Stamina 6. Fructus unilocularis vel imperfecte triseptatus

1. Flores plerumque singuli in axillis foliorum, rarius in capita congregati. Stylus brevis. Lamina indistincte septata, superne usque fere ad apicem canaliculata. Fructus unilocularis

J. depauperatus Phil.

2. Flores in capita pauciflora congregati. Fructus fere unilocularis.

α) Stylus brevissimus.     J. chilensis Gay.

β) Stylus longior (sed ovario brevior).

     § Vaginae latissimae, stramineae. Lamina basi tantum canaliculata. Capita plerumque 3-4-flora. Antherae filamentis longiores vel paullo breviores. Fructus unilocularis J. scheuchzerioides Gaudich.

     §§ Vaginae angustiores, plus minus stramineae. Capita plerumque 2- (rarius 3-4-) flora. Antherae filamentis (saepe multo) breviores.

          † Lamina usque supra medium canaliculata. Fructus fere unilocularis J stipulatus N. et M.

          †† Lamina basi tantum canaliculata. Fructus imperfecte triseptatus.

               * Fructus breviter mucronatus, fere nigrocastaneus J. Novae Zealandiae Hkr. fil.

               ** Fructus longius mucronatus vel fere rostratus, rubrocastaneus J. pusillus Fr. Buchenau 1879. (J. capillaceus Hkr. fil. nec. Lam.)

(J. stipulatus, Novae Zealandiae et pusillus sunt species valde affines, vicariae, fortasse pro varietatibus habuendae).

Portulacaceae.

Montia fontana L.

Thal im Little-Hafen; in einer Felsspalte am Strand. Mit reifen Früchten und Blüthen (20. 1. 83.)

Falkl. – Kerg.

Caryophyllaceae.

Colobanthus subulatus (d'Urv.) Hook. fil. Fl. antarct. I. 13. II. 247. t. 93.

Südseite des Köppenberges, in großen Polstern auf trockenerem Boden und an Felsen (3. 2. 83).

Feuerl. – Austral.

Colobanthus crassifolius (d'Urville) Hook. f. Fl. antarct. II. 248.

Ostseite der Landzunge, nahe der Beobachtungshütte, an sehr nassen Stellen zwischen Moos (12. 3. 83).

β. brevifolius Engl., foliis multo brevioribus, 6-7 mm. metientibus.

Brockenthal, in der Nähe des unteren Sees (10. 2. 83).

Magalh. – Feuerl. – Falkl.

Ranunculaceae.

Ranunculus biternatus Smith in Rees Cycl.; Hook. Icon. Pl. t. 497.

Zwischen Moos an einer Quelle auf dem Hochplateau (22. 1. 83); in großen Mengen an dem Bache, welcher aus dem auf der Westseite des Köppenberges gelegenen Sumpf kommt (3. 2. 83); noch einmal so groß als die Pflanze des Hochplateaus.

Feuerl. – Falkl. – Kerg.

Rosaceae.

Acaena ascendens Vahl. Enum. I. 297; Hook. Fl. antarct. I. 268. t. 96.

Whalerbay an der Nordostseite des Pirnerberges (30. 11. 82); im oberen Whalerthal, nahe dem Schonhang (20. 3. 83); in der Umgebung der Station große trockene Flächen bedeckend, nächst Poa flabellata für das Vegetationsbild besonders charakteristisch; bildet Büsche von 30 Centimeter Höhe (7. 1. 83).

Feuerl. – Kerg – Neu-Seeland.

Acaena laevigata Ait. Hort. Kew. I. 68; Hook. fil. Fl. antarct. II. 267.

Trockene Uferränder des ersten Baches, westlich der Station bis zum Hochplateau; bedeckt in üppigem Wuchs fast vollständig den Boden (23. 1. 83).

FMagalh. – Feuerl.F

Callitrichaceae.

Callitriche verna L.; Hook. fil. Fl. antarct. II. 272.

Forma longistaminea Engl.; staminum filamentis valde elongatis, 1-4 cm. longis.

Landzunge, in großen Mengen und üppig wuchernd an sehr feuchten Stellen zwischen den Grashügeln; auch neben Ranunculus biternatus an kleinen Wasserläufen, am Köppenberg und Whalerberg (14. 1. 83).

Wurde selten blühend gefunden und zeichnete sich dann durch lange Staubfäden aus; so zwischen den Grashügeln in der Umgebung der Station (22. 1. 83).

Die langen Staubfäden finden sich auch bei einzelnen Exemplaren von den Falklands-Inseln und sind wohl nur auf lokale Einwirkungen zurückzuführen.

Nach den Angaben von Herrn Dr. Will erreichten die Staubfäden erst dann ihre Länge, als die Rasen einige Zeit im Blechkasten eingeschlossen im Zimmer gelegen hatten.

In allen antarktischen Ländern.

Hieraus ergeben sich also folgende Resultate:

  1. Auf Süd-Georgien wachsen nur solche Phanerogamen, welche auch in anderen Theilen der antarktischen Zone vorkommen.
  2. Von den 13 Phanerogamen Süd-Georgiens finden sich 12 auch in Feuerland oder auf den Falklands-Inseln oder in beiden pflanzengeographisch zusammengehörigen Gebieten. Eine Art, Phleum alpinum, ist nur an der Magalhaenstraße, aber noch nicht im eigentlichen Feuerland gefunden worden. Drei andere, Poa flabellata, Colobanthus crassifolius und Acaena laevigata hat Süd-Georgien nur mit Feuerland und den benachbarten Falklands-Inseln gemein.
  3. Von den 13 Phanerogamen Süd-Georgiens finden sich 9 auch auf den Kerguelen, den Campbell-Inseln, Neu-Seeland und Australien zusammengenommen, 6 auf den Kerguelen, 1 auf den Campbell-Inseln, 1 auf Neu-Seeland, 1 in Australien. Nur eine Art, Juncus Novae-Zealandiae hat Süd-Georgien bloß mit Neu-Seeland gemeinsam. Diese Pflanze ist aber wahrscheinlich nur eine Varietät oder nur eine Form des in den chilenischen Anden vorkommenden Juncus stipulatus.
  4. Demnach steht die Flora von Süd-Georgien in nächster Beziehung zu der des antarktischen Südamerika und ist als zu derselben gehörig anzusehen.
  5. Die unter gleicher Breite aber außerhalb der gewöhnlichen Treibeisgrenze liegenden Macquarie-Inseln besitzen 19 Gefäßpflanzen, von denen nur 6 auch im antarktischen Südamerika, die andern auf Neu-Seeland und den benachbarten Inseln vorkommen. Zudem besitzen sie noch 3 Farnkräuter, während diese in Süd-Georgien völlig fehlen.

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