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Wisse, o Wesir – möge Gott dir gnädig sein! –, dieses Kapitel enthält die nützlichsten Lehren, wie man die Leistungsfähigkeit für den Coitus erhöhen kann. Dieser Schluß des Werkes ist daher lesenswert nicht nur für den Greis, sondern auch für den Mann in besten Jahren und für den Jüngling: Wer es sich zur Gewohnheit macht, jeden Morgen nach dem Aufstehen Eidotter ohne das Weiße zu essen, wird in dieser Nahrung ein kräftiges Reizmittel finden. Das gleiche ist der Fall, wenn jemand drei Tage lang nichts anderes ißt als eine Mischung von Eidottern und Zwiebeln.
Einige andere nützliche Rezepte:
Koche Spargel, brate sie darauf in Fett, schlage Eidotter mit zerstoßenem Gewürz darüber. Wer dieses Gericht täglich ißt, wird darin ein sehr kräftiges, stimulierendes Mittel finden.
Schäle Zwiebeln, tu sie in eine Pfanne mit Gewürzen und aromatischen Krautern und brate die Mischung mit Öl und Eidottern. Wer mehrere Tage hintereinander von diesem Gericht ißt, wird eine überraschende und unschätzbare Kraft für die Werke der Liebe erlangen.
Trinke regelmäßig Kamelmilch mit Honig. Dein Penis wird Tag und Nacht munter sein.
Iß mehrere Tage hindurch nichts als Eier, die mit Myrrhe, Zimt und Pfeffer geschmort sind. Du wirst ein Gefühl haben, als ob dein Penis gar nicht wieder zur Ruhe kommen wollte.
Wenn du den Wunsch hast, eine ganze Nacht ausschließlich der Liebe zu widmen, so kannst du dich, wenn du keine Zeit hättest, die oben vorgeschriebene Diät einzuhalten, auf folgendes Rezept verlassen: Nimm eine so große Anzahl Eier, daß sie auch dem stärksten Appetit genügen müssen, und brate sie in Butter und frischem Fett; hierauf wirf sie in Honig und rühre das Ganze tüchtig durcheinander. Iß davon, so viel du nur kannst, mit etwas Brot, und du kannst sicher sein, daß dir dein Penis die ganze Nacht keine Ruhe lassen wird. Dieses Thema behandeln folgende Verse:
Dreißig Tage stand starr und steif
Abu el Heiïlukhs männliches Glied –
Dreißig Tage ohne Unterlaß,
Weil er sich nährte von Zwiebelbrei.
Abu el Hei'dja in einer Nacht
Nahm achtzig Mädchen die Jungfernschaft;
Das konnte er, weil er mit Erbsenbrei
Gesättigt sich hatte; er trank dazu
Milch vom Kamel, mit Honig gemischt.
Mimun der Neger verspritzte den Saft
Seines männlichen Gliedes ohn Unterlaß
Fünfzig Tage und Nächte lang.
Mit Recht war er stolz auf solche Tat!
Freiwillig gab er zehn Tage noch zu
Und war auch dann noch nicht erschöpft.
Das machte, weil er nichts andres aß
Als Eidotter und frisches Brot.
Die in diesem Gedicht erwähnten Leistungen Abu el Heïlukhs, Abu el Heïdjas und Mimuns sind mit Recht gepriesen worden, denn ihre Geschichte ist geradezu wunderbar. Ich will sie daher – wenn es Gott dem Allerhöchsten recht ist – dem Leser erzählen und dadurch den großen Diensten, die dieses Buch der Menschheit zu erweisen bestimmt ist, die Krone aufsetzen:
Es lebte einst in grauer Vorzeit ein erlauchter König, der über zahlreiche Heere gebot und ungeheure Reichtümer besaß.
Dieser König hatte sieben Töchter, die sich durch ihre Schönheit und ihre Vollkommenheiten auszeichneten. Sie waren eine nach der anderen geboren und hatten keine Brüder.
Die mächtigsten Könige warben um sie, aber die Mädchen wollten vom Heiraten nichts wissen. Sie trugen Männerkleider, ritten auf prachtvollen Pferden, die mit goldgestickten Schabracken bedeckt waren, wußten mit Speer und Schwert umzugehen und bestanden manchen Mann im Einzelkampf. Jede von den sieben Königstöchtern besaß einen herrlichen Palast mit allen Dienern und Sklaven, die zur Aufwartung, zur Bereitung der Mahlzeiten und überhaupt zur täglichen Notdurft erforderlich sind. Jedesmal, wenn ein Heiratsantrag für eine seiner Töchter an den König gelangte, besprach er sich mit ihr darüber; stets aber erhielt er zur Antwort: »Niemals!«
Diese Weigerungen wurden in verschiedenem Sinne ausgelegt – manchmal in gutem, manchmal aber auch in bösem.
Lange Zeit hindurch konnte man nichts Bestimmtes über die Ursachen dieser Aufführung erfahren; die sieben Mädchen zeigten immer dasselbe Verhalten, bis endlich ihr Vater starb. Da wurde die älteste zu semer Nachfolgerin auf dem Thron berufen, und alle Untertanen leisteten ihr den Eid der Treue. Die Nachricht von ihrer Thronbesteigung verbreitete sich mit Blitzesschnelligkeit durch alle Lande.
Der Name der ältesten Schwester aber war Fuzel Djemal: Blume der Schönheit; die zweite hieß Soltana el Agmar: Königin der Monde; die dritte Bediaat el Djemal: die unvergleichliche Schönheit; die vierte Uarda: die Rose; die fünfte Mahmuda: die Ruhmwürdige; die sechste Kamela: die Vollkommene; die siebente endlich hieß Zohra: die Schönheit.
Zohra, die jüngste, war zugleich die klügste und scharfsinnigste.
Sie war eine leidenschaftliche Jägerin, und als sie eines Tages über die Felder ritt, begegnete ihr ein Reiter, der sie grüßte und dessen Gruß sie erwiderte. In ihrem Gefolge befanden sich etwa zwanzig von ihren Leuten. Der fremde Reiter glaubte die Stimme eines Weibes gehört zu haben; da aber Zohras Antlitz von einem Zipfel ihres Mantels verhüllt war, so war er seiner Sache nicht ganz sicher und sagte zu sich selber: »Ich möchte wohl wissen, ob es ein Mann oder ein Weib war.« Da fragte er einen von den Sklaven der Prinzessin, und dessen Antwort nahm ihm sofort jeden Zweifel. Er ritt nun an Zohras Seite und plauderte mit ihr, bis sie haltmachte, um ein Frühstück einzunehmen. Er wurde eingeladen mitzuessen und erhielt seinen Platz an ihrer Seite.
Der Reiter hatte gehofft, sie würde nunmehr ihr Gesicht enthüllen; diese Hoffnung wurde jedoch getäuscht, denn sie aß nichts, indem sie vorschützte, sie habe ein Gelübde getan, den ganzen Tag zu fasten. Im geheimen bewunderte er die Schönheit ihrer Hand, die anmutige Form ihres Leibes und den wollüstigen Ausdruck ihrer Augen. Und sein Herz wurde von heftiger Liebe ergriffen.
Während der Mahlzeit entspann sich zwischen ihnen folgende Unterhaltung:
Der Reiter: »Ist dein Herz unempfindlich gegen Freundschaft?«
Zohra: »Es steht einem Manne nicht an, Freundschaft für ein Weib zu empfinden. Denn wenn ihre Herzen sich einander zuneigen, werden wollüstige Begierden in ihnen erwachen. Satan wird sie zur Sünde verlocken, und bald wird ihr Fehltritt allgemein bekannt sein.«
Der Reiter: »Dies trifft aber nicht zu, wenn ihre gegenseitige Neigung aufrichtig ist und wenn sie treu und ohne hinterhältige Gedanken miteinander verkehren.«
Zohra: »Wenn eine Frau sich der Liebe ergibt, die sie für einen Mann empfindet, so wird sie von der ganzen Welt verlästert und verachtet; daher kann ihr solche Liebe nur Kummer und Sorgen bringen.«
Der Reiter: »Aber unsere Liebe wird geheim bleiben, und an diesem abgelegenen Orte, wo wir uns treffen könnten, würden wir miteinander verkehren, ohne daß ein Mensch etwas davon erführe.«
Zohra: »Es kann nicht sein. Übrigens ließe es sich auch gar nicht leicht machen; wir würden gar bald beargwöhnt, und die Augen der ganzen Welt würden auf uns gerichtet sein.«
Der Reiter: »Aber Liebe, Liebe ist der Quell alles Lebens! Die höchste Seligkeit sind die Begegnungen, die Umarmungen, die Liebkosungen von Liebesleuten. Für die Liebe opfert man gern all sein Gut, ja selbst sein Blut.«
Zohra: »Deine Worte sind ganz und gar von Liebe durchdrungen, und dein Lächeln ist verführerisch; aber du tätest besser, dich solcher Worte zu enthalten.«
Der Reiter: »Dein Wort ist Smaragd, und dein Rat ist aufrichtig. Aber die Liebe hat in meinem Herzen Wurzel geschlagen, und keine Gewalt der Erde ist imstande, sie herauszureißen. Wenn du mich von dir stoßest, werde ich ganz gewiß sterben.«
Zohra: »Trotzdem mußt du deines Weges gehen und ich des meinen. Wenn es Gott gefällt, werden wir einander wieder begegnen.«
Mit diesen Worten trennten sie sich, indem sie einander Lebewohl sagten, und beide begaben sich nach Hause.
Des Reiters Name war Abu el Heïdja. Sein Vater, Khairun, war ein großer Kaufmann und ungeheuer reich; seine Wohnung lag in einsamer Gegend, eine Tagesreise von dem Schlosse der Königstochter entfernt. Abu el Heïdja kehrte nach Hause zurück; aber er konnte keine Ruhe finden, und als die Nacht hereinbrach, setzte er sich einen schwarzen Turban auf, umgürtete sich mit seinem Schwert und legte seinen Reitermantel an. Dann bestieg er sein Pferd und ritt mit seinem Lieblingsneger, Mimun, begünstigt von dem Dunkel der Nacht, unbemerkt von dannen.
Sie ritten die ganze Nacht hindurch ohne Unterbrechung, bis sie beim Morgengrauen Zohras Schloß vor sich sahen. Da machten sie zwischen zwei Bergen halt und zogen ihre Pferde in eine Höhle, die sie dort fanden.
Abu el Heïdja ließ den Neger bei den Pferden zurück und ging auf das Schloß zu, um sich die Zugänge zu demselben anzusehen. Er fand es von einer sehr hohen Mauer umgeben, und da er nicht hineinzugelangen vermochte, ging er ein Stück Weges zurück, um zu beobachten, wer das Schloß verließe. Aber der ganze Tag verstrich, und er sah keinen Menschen herauskommen.
Nach Sonnenuntergang setzte er sich vor den Eingang der Höhle und hielt Wache bis Mitternacht; dann übermannte ihn der Schlaf. Er schlief mit dem Kopf auf Mimuns Knien; plötzlich weckte dieser ihn. »Was gibt's?« fragte er. – »Oh, mein Herr und Gebieter«, antwortete der Neger, »ich hörte ein Geräusch in der Höhle und sah einen Lichtschimmer.« Sofort sprang er auf und bemerkte wirklich im Hintergrunde der Höhle einen hellen Schein, auf den er zuging. Er befahl seinem Neger, auf ihn zu warten, nahm seinen Säbel in die Hand und drang in die Tiefen der Höhle ein. Hier entdeckte er ein unterirdisches Gewölbe.
Der Weg zu diesem Gewölbe war durch die Steine, die überall herumlagen, beinahe ungangbar, doch gelang es ihm nach vieler Mühe, zu einer Art von Spalte zu gelangen, durch welche der von ihm bemerkte Lichtschimmer fiel. Er blickte hindurch und sah vor sich die Fürstin Zohra mit etwa hundert Jungfrauen. Sie befanden sich in einem prachtvollen Palast, der in dem Felsgestein ausgehauen war; der Saal war glänzend eingerichtet und strahlte von Gold. Die Mädchen waren gerade bei der Mahlzeit und aßen und tranken nach Herzenslust.
Abu el Heïdja sagte bei sich selber: »Ach! Ich habe keinen Freund bei mir, um mir in dieser schwierigen Lage beizustehen!« Dann begab er sich zu seinem Sklaven Mimun zurück und sprach zu ihm: »Begib dich zu meinem Duzbruder Abu el Heïlukh und sage ihm, er solle so schnell wie möglich zu mir kommen.« Eilends bestieg der Neger sein Pferd und ritt den ganzen übrigen Teil der Nacht hindurch.
Von allen seinen Freunden liebte der Jüngling am meisten diesen Abu el Heïlukh; er war der Sohn des Wesirs. Er und Abu el Heïdja und der Neger Mimun galten als die drei stärksten und kühnsten Männer ihrer Zeit, und kein Mensch hatte sie jemals im Kampf überwunden.
Als der Neger Mimun zu dem Freunde seines Herrn kam und ihm alles erzählt hatte, was vorgefallen war, sagte der junge Mann: »Wahrlich, wir gehören Gott dem Allmächtigen und werden dereinst in seinen Schoß zurückkehren.« Dann gürtete er seinen Säbel um, bestieg sein Pferd und ritt mit seinem eigenen Lieblingsneger und Mimun zu der Höhle.
Abu Heïdja ging ihm entgegen und hieß ihn willkommen. Er erzählte ihm von seiner Liebe zu Zohra und von seinem Entschluß, mit List oder Gewalt in ihr Schloß einzudringen. Ferner berichtete er, wie er in die Höhle gekommen war und welchen eigentümlichen Anblick er dort gehabt hatte. Abu el Heïlukh war sprachlos vor Überraschung.
Als die Nacht hereingebrochen war, hörten sie Singen, lautes Gelächter und lustiges Sprechen. Da sagte Abu el Heïdja zu seinem Freund: »Geh an das Ende des unterirdischen Ganges und blicke durch den Spalt. Dann, lieber Bruder, wirst du meine Liebe entschuldigen müssen.«
Abu el Heïlukh schlich sich leise nach dem Ende des unterirdischen Ganges, blickte durch den Spalt in den Prachtsaal hinein und war entzückt von dem Anblick der hundert Jungfrauen und ihrer Reize. »Sage mir, o Bruder«, rief er, »welche von diesen ist Zohra!«
Abu el Heïdja antwortete: »Die mit dem tadellosen Wuchs, die mit dem unwiderstehlichen Lächeln, die mit den Rosenwangen, die mit der blendendweißen Stirn – das ist Zohra! Ihr Haupt ist mit einer Perlenkrone umkränzt, ihre Gewänder strahlen von Gold. Sie sitzt auf einem Thronsessel, der mit köstlichen Steinen ausgelegt und mit silbernen Nägeln beschlagen ist, und sie stützt ihr Haupt auf die Hand.«
»Sie ist mir vor allen anderen aufgefallen«, sagte Abu el Heïlukh, »wie wenn sie eine Standarte wäre oder eine lodernde Fackel. Aber, lieber Bruder, laß mich deine Aufmerksamkeit auf einen Umstand lenken, den du, wie es scheint, übersehen hast.« – »Was wäre wohl dies ?« fragte Abu el Heïdja. Sein Freund antwortete ihm: »Ganz gewiß, lieber Bruder, wird in diesem Palast zügellosen Lüsten gefrönt. Er liegt in einsamer Gegend und wird nur zur Nachtzeit aufgesucht. Wir können annehmen, daß er nur zu Trinkgelagen, Schwelgereien und Ausschweifungen benutzt wird. Solltest du etwa geglaubt haben, zu deiner Geliebten auf einem anderen Wege als durch diesen geheimen Gang gelangen zu können, so würdest du dich getäuscht haben, selbst wenn es dir gelungen wäre, durch die Vermittlung anderer Leute mit ihr in Verbindung zu treten.« – »Warum denn?« fragte Abu el Heïdja. – »Weil, soweit ich sehen kann, Zohra sich nur aus der Liebe junger Mädchen etwas macht; dies ist ein Beweis, daß sie keine Neigung zu einem Mann empfinden und daher dessen Liebe nicht erwidern kann.«
»O Abu el Heïlukh, ich kenne deinen Scharfsinn, und darum habe ich dich holen lassen. Wie du weißt, bin ich stets ohne Zögern deinem Rate gefolgt.« – »Lieber Bruder«, sagte der Sohn des Wesirs, »hätte Gott dich nicht zu diesem Eingang des Palastes geleitet, du wärest niemals imstande gewesen, zu Zohra zu gelangen. Von hier aber werden wir mit Gottes Hilfe unseren Weg finden.«
Am nächsten Morgen bei Tagesanbruch befahlen sie ihren Negern, den Spalt in der Felswand zu erweitern, und es gelang ihnen wirklich, alle Hindernisse aus dem Wege zu schaffen. Hierauf versteckten sie ihre Pferde in einer anderen Höhle, wo sie vor Räubern und wilden Tieren sicher waren. Dann begaben sie sich, mit Säbel und Schild bewaffnet, in den unterirdischen Gang, drangen in den Palast ein und schlossen hinter sich die Spalte mit großen Steinen.
Sie befanden sich jetzt im Finstern, Abu el Heïlukh schlug jedoch Feuer an und zündete eine von den Kerzen an, die sie bei sich hatten. Nun begannen sie den ganzen Palast zu besichtigen, und er erschien ihnen als das Wunder aller Wunder. Prachtvoll waren die Möbel: überall standen Betten und Sofas aller Arten, reiche Kandelaber, glänzende Kronleuchter, herrliche Teppiche und Tische, die mit Speisen, Früchten und Getränken bedeckt waren.
Nachdem sie alle diese Schätze bewundert hatten, besichtigten sie die übrigen Zimmer. Diese waren sehr zahlreich, und in dem letzten fanden sie eine sehr kleine Geheimtür von eigentümlichem Aussehen. Abu el Heïlukh sagte: »Dies ist aller Wahrscheinlichkeit nach die Tür, die die Verbindung mit Zohras Schloß herstellt. Komm, lieber Bruder, wir warten am besten in einem der Zimmer die Dinge ab, die da kommen sollten.« Diesem Rate gemäß begaben sich alle vier in ein abseits gelegenes Kämmerchen, von wo aus sie alles beobachten konnten, ohne selber gesehen zu werden.
Hier warteten sie, bis die Nacht hereinbrach. Da öffnete sich die geheime Tür, und herein trat eine Negerin mit einer Fackel. Sie zündete alle Kronleuchter und Kandelaber an, brachte die Betten in Ordnung, trug Geschirr auf, deckte die Tische mit allen möglichen Speisen, mit Flaschen und Gläsern und parfümierte die Luft mit den süßesten Wohlgerüchen.
Bald nachher erschienen die Mädchen. Sie setzten sich auf die Diwane, und die Negerin bediente sie mit Speise und Trank. Sie aßen und tranken und unterhielten sich mit dem Gesänge melodischer Lieder.
Als nun die vier Männer von ihrem Versteck aus sahen, daß bei den Mädchen der Einfluß des Weines sich bemerkbarmachte, stürzten sie in den Saal und schwangen ihre Säbel über den Häuptern der Jungfrauen. Vorher hatten sie sich sorgfältig die Gesichter mit ihren Mänteln verhüllt.
»Wer sind diese Männer«, rief Zohra, »die im Schatten der Nacht in unsere Behausung eindringen? Seid ihr dem Erdboden entstiegen? Oder seid ihr vom Himmel herabgekommen? Was wollt ihr?«
»Vögeln!« antworteten sie.
»Mit wem?« fragte Zohra.
»Mit dir, oh, du mein Augapfel!« rief Abu el Heïdja, indem er einen Schritt vortrat.
»Wer bist du?«
»Ich bin Abu el Heïdja.«
»Aber woher kennst du mich?«
»Ich bin der Reiter, dem du vor einigen Tagen auf der Jagd begegnetest.«
»Aber was brachte dich hierher?«
»Der Wille Gottes des Allerhöchsten!«
Hierauf wußte Zohra nichts zu erwidern; sie schwieg daher und dachte über ein Mittel nach, wie sie sich die Eindringlinge vom Halse schaffen könnte.
Nun befanden sich unter den anwesenden Mädchen mehrere, deren Scheiden wie mit eisernen Schlössern versperrt waren und die kein Mann hatte entjungfern können. Ferner befand sich unter ihnen ein Weib namens Muna, das ist »DieBefriedigerin der Leidenschaften«, die unersättlich in der Begierde nach Begattung war. Zohra dachte bei sich selber: »Nur durch eine List kann ich diese Männer loswerden. Als Bedingung meiner Einwilligung will ich ihnen mit Hilfe dieser Mädchen Aufgaben stellen, die sie nicht werden erfüllen können.«
Sie wandte sich nun zu Abu el Heïdja und sprach zu ihm: »Niemals wirst du meinen Besitz erlangen, wenn du nicht die Bedingungen erfüllst, die ich dir auferlegen werde.«
Die vier Männer erklärten sich im voraus bereit, diese unbekannten Bedingungen anzunehmen, und Zohra fuhr fort: »Wollt ihr mir aber euer Wort verpfänden, daß ihr meine Gefangenen seid, wenn ihr die Bedingungen nicht erfüllt, und wollt ihr euch mir auf Gnade und Ungnade ergeben?« – »Wir setzen unser Wort zum Pfände!« antworteten die vier Männer.
Sie ließ sie einen Eid schwören, daß sie ihrem Worte getreu sein würden; dann reichte sie Abu el Heïdja die Hand und sprach zu ihm: »Dir stelle ich die Aufgabe, achtzig Jungfern zu entjungfern, ohne einen Tropfen Samen zu vergießen. Dies ist mein Wille!«
Er antwortete: »Ich bin bereit.«
Sie führte ihn nun in ein Zimmer, in welchem sich Betten aller möglichen Arten befanden, und sandte ihm eine nach der anderen die achtzig Jungfrauen zu. Abu el Heïdja deflorierte sie alle und raubte so in einer einzigen Nacht achtzig jungen Mädchen die Jungfernschaft, ohne auch nur das kleinste Tröpfchen Samen zu vergießen. Diese außerordentliche Leistung erfüllte Zohra und alle anderen Anwesenden mit Erstaunen.
Hierauf wandte sich die Prinzessin zu dem Neger Mimun und fragte: »Und wie heißt dieser Neger?« Man antwortete ihr: »Mimun.« – »Deine Aufgabe«, sagte die Königstochter, indem sie zugleich auf Muna zeigte, »soll sein, fünfzig Tage lang ohne Ruhepause es diesem Weibe zu besorgen; du brauchst es dir nicht kommen zu lassen, wenn du nicht willst; wenn du aber vor Ermüdung nicht weiterarbeiten könntest, so würdest du die übernommene Verpflichtung nicht erfüllt haben.« Diese Aufgabe wurde von allen Anwesenden für zu hart erklärt; Mimun aber rief: »Ich nehme die Bedingung an und werde sie mit Ehren erfüllen!« Wirklich hatte der Neger eine unersättliche Begierde nach Geschlechtsgenuß. Zohra befahl ihm, mit Muna in ihr Zimmer zu gehen, nachdem sie dem Mädchen eingeschärft hatte, ihr sofort Bescheid zu geben, wenn der Neger das geringste Zeichen von Ermüdung bekunden sollte.
»Und nun zu dir! Wie heißt du?« fragte sie Abu el Heïdjas Freund. – »Abu el Heïlukh«, erwiderte er.
»Von dir, Abu el Heïlukh, verlange ich, daß du dreißig Tage lang im Kreis dieser Frauen und Jungfrauen weilst und daß während dieser ganzen Zeit Tag und Nacht dein Schwanz steif bleibt.«
Dann sagte sie zum vierten: »Und wie heißt du?«
»Felah.«
»Du, Felah, wirst dich zu unserer Verfügung halten für alle Dienste, deren wir etwa von dir bedürfen.«
Um ihnen nun jede Ausrede unmöglich zu machen und um nicht selber in den Verdacht der Hinterlist zu geraten, hatte Zohra jeden von ihnen gleich am Anfang gefragt, welche Nahrung er während der Prüfungszeit verlangte. Abu el Heïdja hatte erwidert, er wolle – außer Wasser – nur Kamelmilch mit Honig trinken, und seine einzige Nahrung sollten Erbsen sein, die mit Fleisch und sehr vielen Zwiebeln gekocht wären. Mit Hilfe dieser Nahrung und mit Gottes Beistand vollbrachte er die erstaunliche Tat, die ich berichtet habe. Abu el Heïlukh verlangte zum Essen Zwiebeln, die mit Fleisch gekocht wären, und als Getränk eine Mischung von rohem Zwiebelsaft mit Honig. Mimun bestellte sich Eidotter und Brot.
Abu el Heiidja erbat sich nun von Zohra die Gunst, sie als seine Geliebte umarmen zu dürfen, indem er sich darauf berief, daß er seine Bedingung erfüllt habe. Sie antwortete ihm: »Oh, unmöglich! Die Bedingung, die du erfüllt hast, ist untrennbar mit den von deinen Gefährten übernommenen verbunden. Die Abmachungen müssen ganz genau so ausgeführt werden, wie sie vereinbart worden sind; dann wirst du auch finden, daß ich treu mein Versprechen halte. Sollte aber einer von euch seiner Aufgabe sich nicht gewachsen zeigen, so seid ihr nach Gottes Willen alle vier meiner Willkür verfallen.«
Angesichts dieses festen Entschlusses ergab Abu el Heïdja sich in sein Schicksal; er setzte sich mitten unter die Mädchen und Frauen und aß und trank mit ihnen, indem er das Ende der Prüfungen abwartete, die die Königstochter seinen Gefährten auferlegt hatte.
Anfangs war Zohra ganz lächelnde Liebenswürdigkeit, denn sie war überzeugt, daß gar bald die vier Männer in ihrer Gewalt sein würden. Als aber der zwanzigste Tag herangekommen war, begann sie unruhig zu werden, und am dreißigsten konnte sie ihre Tränen nicht länger zurückhalten. Denn an diesem Tage hatte Abu el Heïlukh sich seiner Aufgabe mit Ehren entledigt und setzte sich neben seinen Freund zu der Gesellschaft, die in guter Ruhe schmauste und zechte.
Nun hatte die Prinzessin keine andere Hoffnung mehr, als daß der Neger Mimun von der Ermüdung übermannt würde, bevor er seine Aufgabe beendigt hätte. Jeden Tag sandte sie zu Muna und ließ fragen, wie die Sachen stünden. Aber immer erhielt sie die gleiche Antwort, des Negers Kraft sei noch fortwährend im Zunehmen. Da nun Abu el Heïdja und Abu el Heïlukh bereits als Sieger aus ihren Prüfungen hervorgegangen waren, so begann Zohra zu verzweifeln. Eines Tages sagte sie zu den beiden Freunden: »Ich habe mich nach dem Neger erkundigt, und Muna hat mir den Bescheid gegeben, er sei ganz und gar erschöpft.« Da rief Abu el Heïdja: »Bei Gott! Wenn er seine Aufgabe nicht erfüllt, ja, wenn er es nicht sogar noch zehn Tage länger macht, so soll er des erbärmlichsten Todes sterben!«
Aber dieser treue Diener gönnte sich während der ganzen Zeit von fünfzig Tagen nicht einen Augenblick Ruhe, sondern setzte seine Arbeit noch zehn Tage länger fort, wie sein Herr es ihm befohlen hatte. Das größte Vergnügen hatte Muna davon, deren Appetit nach Liebe endlich einmal befriedigt wurde.
Nachdem also auch der Neger Sieger geblieben war, konnte er sich zu seinem Herrn setzen.
Da sprach Abu el Heïdja zu Zohra: »Sieh, wir haben alle Bedingungen erfüllt, die du uns auferlegt hast. Jetzt ist es an dir, mir die Gunst zu bewilligen, die nach unserer Abmachung der Preis unseres Sieges sein sollte.« – »Das ist nur zu wahr!« antwortete die Königstochter. Sie ergab sich ihm, und er fand in ihr die köstlichste aller köstlichen Frauen.
Der Neger heiratete Muna. Abu el Heïlukh suchte sich unter den achtzig Jungfrauen diejenige aus, die ihm am besten gefallen hatte.
Sie blieben nun alle in dem Palast vereint und lebten herrlich und in Freuden, bis der Tod ihrem glücklichen Dasein ein Ende machte und ihre Vereinigung auflöste.
Gott sei ihnen gnädig, wie allen guten Moslim! Amen!