Johann Karl August Musäus
Volksmärchen der Deutschen
Johann Karl August Musäus

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Liebestreue

(oder das Märchen à la Malbrouk)

Zwischen der Leine und der Weser war gelegen die Grafschaft Hallermünd, vor Alters eine der vornehmsten unter den sächsischen Grafschaften. Sie lag wie eine Perl in Golde, oder wie das Honigmagazin einer lieblichen Blume ringsum mit buntfarbigen Blättern gezieret, mitten inne zwischen vier andern Grafschaften. Morgenwärts grenzte sie mit der Grafschaft Poppenburg, abendwärts mit Schaumburg, gegen Mittag mit Spiegelberg, gegen Mitternacht mit Kalenberg. Unweit Eldagsen auf dem Burgwege, linker Hand bei dem Steigergrund, sieht man noch Mauren und Gewölber, welche Überbleibsel sind der Ruinen des ehemals prächtigen und festen Residenzschlosses der Grafen von Hallermünd. Um die Zeit, oder nicht lange nachher, als Herzog Heinrich der Löwe nebst seinem Reisegefährten dem getreuen Löwen, in einer Nacht den berühmten Ritt von Palästina nach Braunschweig auf dem Rücken eines dienstfertigen Dämons gemacht hatte, und frisch und wohlgemut daselbst angelangt war, lebte zu Hallermünd Graf Heinrich der Wackere, nebst seiner Gemahlin Jutta von Oldenburg, welche als ein Muster der Tugend und Schönheit von ihren Zeitgenossen gepriesen wurde, und alle die Talente und Vollkommenheiten vereint besaß, die der Verfasser der Schattenrisse in einem dicken Hefte unter die ganze niedersächsische Gemeinde jetzt lebender berühmten schönen und biedern Damen so weislich zu verteilen gewußt hat. Im Besitz eines solchen Kleinods ihres Geschlechtes, schätzte sich Graf Heinrich mit Recht für den glücklichsten Ehegemahl unter dem Monde, und liebte die tugendsame Jutta mit so unverbrüchlicher Treue, als Vater Adam die Mutter aller Lebendigen in der Unschuldswelt des Paradieses, wo ihresgleichen nicht mehr zu finden war. Die edle Gräfin aber war ihrem Herrn auch mit der zärtlichsten Liebe beigetan, die so rein und lauter war wie ein hellgeschliffenes Spiegelglas, das keine Quecksilbermasse im Hinterhalt hat, wodurch es fremder Eindrücke und Gestalten empfänglich gemacht wird.

Alle Neigungen und Wünsche des herrlichen Paares schmolzen in sanften Sympathien ineinander, und wenn sie in den traulichen Stunden, welche die Liebe den Ergießungen des Herzens geweihet hat, einander ihre Gefühle entdeckten, entstund kein anderer Wettstreit unter ihnen als der, ob das männliche oder weibliche Herz stärkerer und beständigerer Flammen fähig sei. Und wie solche idealische Kontroversen leicht ins Gebiete der Phantasie hinüber schlüpfen, so begnügten sich beide nicht an dem gegenwärtigen Liebesgenuß. Die Dauer des Lebens dünkte ihnen für den Umfang ihrer Glückseligkeit allzu kurz und flüchtig; ihre liebsten Unterhaltungen betrafen gewöhnlich sentimentalisch religiöse Betrachtungen über den Zustand der Liebenden jenseit des Grabes. Aus einem Übermaß weiblicher Zärtlichkeit, beteuerte die Gräfin oftmals ihrem Gemahl, daß sie ohne ihn die Freuden des Himmels selbst unvollkommen schmecken, und die Gesellschaft ihres Schutzengels für die Abgeschiedenheit von ihm ihr keinen Ersatz würde leisten können. Ihre religiösen Begriffe von dem zukünftigen Aufenthalte der Seelen, schwebten zwischen Furcht und Hoffnung; sie wußte nicht, ob sie den Sammelplatz zur Wiedervereinigung getreuer Liebe ins Fegfeuer oder in die Vorhöfe des Himmels verlegen sollte; auch fielen ihr, bei der zahllosen Volksmenge im Schattenreiche, noch mancherlei Zweifel über das Zurechtfragen und Wiederfinden ein: denn es gibt nicht leicht seltsamere und verworrenere Vorstellungen von der himmlischen Hierarchie, als in dem weiblichen Lehrbegriff von den zukünftigen Dingen. »Ach«, sprach die Gräfin oftmals mit zärtlicher Wehmut, »wär's doch im Rate der Wächter beschlossen, daß wir beide zu gleicher Stunde ins dunkle Grab hinüber schlummerten, und unsere so eng verflochtenen Seelen ungetrennt dem Orte ihrer zukünftigen Bestimmung zueilen möchten, damit sie keinen Augenblick die Wonne des wechselseitigen Genusses entbehren dürften!« Der Graf stimmte zwar diesem Wunsche bei; doch waren seine Vermutungen, was die zukünftige Wiedervereinigung betraf, minder ängstlich. Seiner Theorie nach war die himmlische Polizei in ganz guter Ordnung; als ein Kriegsmann verglich er den Aufenthalt der abgeschiedenen Seelen einem wohlgeordneten Heerlager, wo es leicht sei sich zurechte zu finden; auch schien ihm die durch den Unterschied der Lebensdauer erfolgende Trennung nur einer Abwesenheit von einigen Tagen bei einer Reise über Land ähnlich zu sein, wo die Hoffnung der Wiederkehr angenehm und die Erfüllung dieser Erwartung erfreulich sei. Er vermaß sich hoch, auch in jener Welt der Gesetze der Ritterschaft eingedenk zu sein, und nicht eher zu rasten, bis er seine Dame wiedergefunden hätte, wenn er auch den unermeßnen Raum des Himmels mehrmals durchkreuzen und sie unter unzählbaren Myriaden von Schattengestalten heraussuchen sollte.

In dem Zimmer, wo dieses Gespräch vorfiel, war nach dem damaligen Zeitgeschmack zur Verzierung der Vertäfelung ein Totentanz abgebildet. Eine von diesen fürchterlichen Gruppen stellte ein zärtliches Paar vor in einer traulichen Konversation begriffen; Freund Hein trat herein und forderte das Fräulein zum Vorreihen auf; der Liebhaber ließ bei dem Anblick des Knochenjunkers den Arm, mit welchem er seine Geliebte umschlossen zu haben schien, nachlässig sinken, zog sich von ihr ab und umschlung mit dem andern eine ihm zur Seite sitzende Dirne, in deren Busen er sein Angesicht verbarg. –

»Sehet da, lieber Gemahl«, sprach die Gräfin, »ein Beispiel, wie sich Männertreue artet! So wankelmütig liebt kein Weib. Sein Liebchen ist noch nicht erkaltet, und schon ist die heilige Flamme in dem Herzen ihres Ungetreuen verloschen. Ach den Gedanken unwandelbarer Liebe nimmt sie mit aus der Welt! Wenn ihr nun einst sein Schatten mit einer andern vergesellschaftet begegnet, wird das nicht in den Gefilden der Ruhe ihre Zufriedenheit stören?« Diese Idee wirkte so lebhaft auf das empfindsame Herz der Gräfin, daß sie sich darüber in der Seele betrübte, und milde Zähren ihre rosenfarbenen Wangen überströmten. Den frommen Gemahl rührte dieser Kummer der lieben Schwärmerin innigst, darum tröstete er sie mit freundlichen Worten. »Reine Liebe«, sprach er, »ist keinem Wechsel unterworfen, und zwei vereinbarte Seelen vermag auch die große Kluft nicht zu scheiden, die zwischen Himmel und Erde befestiget ist. Ein Gelübde wie das unsere, ist auch in jenem Leben unauflösbar, und soll uns unverbrüchlich binden. Und damit Ihr des Beweis und Zeugnis habt, verheiß ich Euch auf mein Gewissen und bei ritterlichen Ehren, daß wenn Ihr, Gott verhüt's! durch den Tod mir entnommen würdet, kein Gedanke einer zweiten Liebe mir in den Sinn kommen soll, und eben das verseh ich mich zu Euch im Fall ich zuerst davon scheiden sollte. Ja wenn die Wiederkehr in diese Unterwelt nach dem Tode noch in meiner Gewalt ist, soll mein bandenloser Geist unsers Bundes eingedenk sein und Euch dessen erinnern. Schlagt ein, geliebtes Weib, daß er durch Herz und Hand bestätigt werde ewiglich.« Dieser Vorschlag paßte so fein zu den romantischen Begriffen, welche sich die Gräfin aus den schwankenden Lehrmeinungen von dem Zustande der Abgeschiedenen zusammengesetzt hatte, daß er ihr recht aus dem Herzen genommen schien. Sie fand großen Trost und Beruhigung in der Assekuranz ihrer Liebe in jenem Leben, und entsagte bereitwillig dem gewöhnlichen Ehereservat, wiederzunehmen wenn der Tod nimmt. Zum Wahrzeichen dieser Eheberedung schlung sie aus zweifarbiger Seide, grün und schwarz, als der Farbe der Hoffnung und der Trauer, einen unauflöslichen Liebesknoten, welches Symbol die Hoffnung andeutete, daß der überlebende Teil den betrauerten in den Gesinnungen unveränderter Liebe wiederfinden würde. Sie fertigte davon ein doppeltes Exemplar, eins für ihren Gemahl, der es als Breloke an seine Grafenkette band, das andre für sich selbst, um es an das goldne Herz zu schließen, das sich als ein Halsgeschmeide in ihren schönen Busen verbarg.

Bald darauf gab Graf Heinrich seiner Ritterschaft ein herrliches Gastmahl, und trieb mit seinen Gästen viel Kurzweil und groß Freudenspiel, nach seiner Gewohnheit, denn er liebte Pracht und Vergnügen. Die Harfner und Geiger ließen sich wacker hören und alles atmete in Hallermünd Heiterkeit und Wonne. Eben wollte die zärtliche Jutta am Arm ihres Herrn, zum fröhlichen Tanze gerüstet, den Ball eröffnen, da langte ein Herold in der Burg an, der feierlich vor sich her trommeten ließ, und begehrte Gehör. Alsbald gebot der Graf der geräuschvollen Kurzweil Stillestand, um zu vernehmen, was der ernste Mann im Waffenrocke für ein Anbringen habe. Die Gräfin entfärbte sich vor Furcht und Beklommenheit ihres Herzens, die Botschaft des Herolds dünkte ihr Eulengeschrei und Krähenruf zu sein, sie vermutete die Ankündigung einer Fehde, oder eine Ausforderung zum Zweikampf für ihren lieben Herrn. Doch wie der Herold eingeführet wurde und sie das Wappen ihres Hauses an seiner Brust erblickte, beruhigte sie sich einigermaßen. Der Botschafter aber neigte sich ehrbar gegen den Grafen, und hub seinen Spruch und Gruß also an: »Graf Gerhard von Oldenburg, Euer Schwäher und erbverbrüderter Bundesfreund, heischt und ladet Euch nach ritterlicher Sitte und Brauch, heut über drei Tage, ihm zu helfen und beizustehen mit Eurem starken Arm, auch Roß und Mann, auf einer Kriegsfahrt gegen die Stedinger, die ihm abgesagt haben. Ist der freundbrüderlichen Willfahrung seiner ziemlichen Bitte gewärtig, und bleibt Euch dafür mit gutem Willen zu allen geliebigen Gegendiensten beigetan.«

Graf Heinrich bedachte sich nicht lange, dem Herold gewierige Antwort zu erteilen, und entließ ihn wohlbeschenkt von sich. Bald darauf verließ er selbst den Tanzsaal, und der Tempel der Freuden verwandelte sich nun mit einemmal in eine kriegerische Rüstkammer, die sanften Harmonien der Flötenspieler und Harfenschläger wechselten mit dem fürchterlichen Geklirr der Waffen, und das Vergnügen wurde zum Verdruß der flinken Tänzerinnen die auf Eroberungen dachten, durch die Dazwischenkunft des Herolds ebenso unangenehm und plötzlich gestört, als der große Ball zu Toulon durch die notorische StuhlbatailleBei Gelegenheit einer aerostatischen Fete in Toulon, hatte ein mutwilliger Zuschauer den Einfall, statt des mißlungenen Experiments eine Erdscholle steigen zu lassen, welche zufälligerweise einen unjovialischen Irländer auf den Kopf traf. Dieser erwiderte den Wurf mit einem Gegenwurf, und weil er eben nichts anders zur Hand hatte, brauchte er dazu den Stuhl worauf er saß, und schleuderte solchen nach der Direktion hin, wo die Erdscholle hergekommen war, der Stuhl wurde augenblicklich mit Protest zurückgeschickt, und nun flogen die Stühle wie Schwalben in der Luft und es regnete ausgeworfenene Zähne wie Schloßen. Viel Menschen- und Stuhlbeine wurden zerbrochen, und der große subskribierte Ball der das Fest krönen sollte wurde rückgängig.. Die Hofdiener, die vorher geschäftig waren Torten und Pasteten in silbernen Schüsseln und Wein in vergoldeten Pokalen aufzutragen, beeiferten sich jetzt die Rüstung ihres Herrn und seines Geschwaders aus der Rüstkammer herbeizuschaffen; der eine brachte den geschlossenen Helm der andere den ehernen Harnisch und die gelenken Beinschienen, der dritte trug den stählernen Schild, der vierte den Speer und das zweischneidige Ritterschwert. Die zärtliche Jutta schmückte selbst mit zitternder Hand, unter dem Beistand ihres Frauenzimmers den Federbusch auf, der den Helm beschatten sollte, rot und schwarz, nach den Tinkturen des Wappens ihres Gemahls. Hierauf ließ er sich von seinem Knappen die Rüstung anlegen, und da die Morgenröte anbrach, befahl er dem Stallmeister sein stolzgezäumtes Kriegspferd vorzuführen, um mit seinem Gefolge flugs aufzusetzen. Ach was für Wehklagen und Händeringen begann die schöne Gräfin, da ihr trauter Gemahl sie liebreich umarmte und den herben Abschiedskuß auf den reizenden Purpurmund drückte! Ihr Auge gebar Tränen, die sich mildiglich über die holdseligen Wangen ergossen, wie die Himmelsquelle des Taues der in der Morgenstunde auf die blühende Flur herabträufelt. Arm in Arm geschlossen hing sie an seinen Lippen, und wagt' es nicht, das Lebewohl, dieses schauervolle Losungswort der Trennung, auszusprechen. Vergebens suchte der Graf diese empfindsame Szene abzukürzen und sich ihren schmerzvollen Empfindungen zu entreißen; mit magnetischer Kraft zog sie ihn wieder an ihren klopfenden Busen, bis ihr Geist sich gesammlet hatte und ihr Mund wieder Worte gewann:

»Ade mein trauter Gemahl!«
»Ade du Herzgeliebte mein!«
»Ade zu tausendmal!«
»Werd bald wieder bei dir sein.«
»Ach wenn erfüllst du dies?«
»Weiß das fürwahr nicht gewiß.«
»Sag, wenn du hoffen läßt?«
»Denk wohl aufs Osterfest.«
»Ach wenn umarm ich dich!«
»Auf Pfingsten sicherlich.
Wiedersehn macht
Daß man Scheiden nicht acht.«

Mit diesem wehmütigen Abschiedsgruße trennte sich das zärtliche Ehepaar; der Graf spornte sein bepanzertes Roß aus aller Macht, um draußen in der Frühlingsflur wieder freier zu atmen; der Kummer seiner Gemahlin hatte ihm ganz das Herz eingeengt. Die Gräfin aber stieg hinauf auf die Zinne des Schlosses, und weinte ihrem Herrn nach solang sie seinen Federbusch in der Ferne vom Helm wehen sah. Drauf verschloß sie sich in ihr Gemach, fastete und kasteiete sich, und tat Gelübde allen Heiligen und absonderlich dem Engel Raphael, daß er ihren Herrn geleiten möchte, wie vormals den jungen Tobias, und ihn ebenso wie diesen seinen Schutzgenossen sicher und ohne Gefährde in seine Heimat zurückbrächte. Die Gräfin hatte einen sehr schönen Pagen, Irwin genannt, der an Hoffesten, und wenn sie pflegte in die Kirche zu gehen, ihr die Schleppe nachtrug, den ließ sie mit dem Grafen ziehen, und band ihm ein, seinem Herrn nie von der Seite zu weichen, ihn als ein treuer Waffenträger zu begleiten, und wenn er von Kriegswut entflammt sein Leben aufs Spiel setzen würde, ihn bescheidentlich zu erinnern um der Liebe willen auf seine Erhaltung zu denken, und nicht als ein kecker Glücksritter Gefahr und Abenteuer zu suchen. Irwin war des Gebotes der schönen Frau eingedenk, folgte dem Grafen wie sein Schatten, denn der wackere Held hatte gelobet den Ermahnungen des treuen Pagen Gehör zu geben, soweit es Ehre und Ritterpflicht verstatte.

Träge und zaudernd reiheten sich nach der Empfindung der Gräfin die Tage der Abwesenheit aneinander; sie zählte jeden Stundenschlag. Wenn die Sonne hinter die westlichen Gebürge hinabsank tat's ihr wohl, denn sie vermeinte mit dem Ende jedes Tages dem Ziel ihrer Wünsche um einen Schritt näher gekommen zu sein; aber der Fortgang der Zeit gleicht einem Schwungrade, das, durch den Hauch sterblicher Wünsche angewehet, keinen schnellern Umtrieb gewinnt, doch auch in seinem gleichmäßigen Gange nicht gehemmet wird, wenn ein vorwitziger Arm in die Speichen greifet es zurückzuhalten. Und so kam Ostern heran, nicht eine Stunde früher, und keine später, als das Zeitmaß es verlangte, so sehr die gute Gräfin über die ungerechte Zögerung der Tage sich beklagte; allein Graf Heinrich kam noch nicht zurück. Sie begann nun eine neue Zeitrechnung von Ostern bis zum Pfingstfest. Fünfzig lange Tage waren ihr noch bis dahin auszuharren, und fünfzig Tage sind eine Ewigkeit für ein Herz voll ungeduldigen Verlangens. »Ach«, erseufzete sie, »der Weinstock hat noch kein Auge gewonnen, der Wind saust über den dürren Strauch, der rauhe Harz hüllt sich noch in seine Schneekappe ein; und die Wälder sollen grünen, der Weinstock blühen, und der Harz sein Winterkleid ausgezogen haben, ehe mein Herr wiederkehret! Ach Geliebter meiner Seele, wie lange weilst du ruhig unter den Lorbeern deiner Siege, indes ich Einsame in Gram und Sehnsucht verschmachte!«

Unter diesen zärtlichen Klagen ward dennoch aus Abend und Morgen immer ein Tag der die Zahl von Funfzigen kleinerte, und selbst der Kummer der Gräfin, und das Schweben ihres Geistes zwischen hoffnungsvoller Erwartung und der Furcht einer nochmaligen Täuschung, tödeten einen Teil der lang weilenden Zeit. Der Schnee zerfloß, die Rebe schoß, es grünete der Wald, und in der Kirche wurde das veni creator intoniert, jedoch Graf Heinrich kam noch immer nicht zurück.

Traurige Ahndungen durchschauerten die Seele der Bekümmerten, den leichten frohen Mut, der sonst so gern mit Schönheit und Jugend unter einem Dache hauset, hatte die grämliche Sorge ganz verscheucht, die edle Gräfin hing nur ängstlichen Gedanken nach. Sie sahe nicht die schöne Natur in ihrem reizenden Morgengewande, hörte nicht die schmelzenden Melodien der Nachtigall, atmete nicht die würzhaften Blütendüfte, und die bunte Flor ihres Blumengartens hatte keinen Reiz für sie. Ihr betrübtes Auge war unbeweglich zur Erde gerichtet und aus dem beklommenen Busen drängten sich laute Seufzer empor. Ihre Jungfrauen durften es nicht wagen ihr Trost einzusprechen, oder sie mit Gespräch zu unterhalten, still und schweigend nahmen sie aber Anteil an den Schmerzen ihrer Gebieterin durch heiße Zähren; oder wenn ja das tiefe Stillschweigen unterbrochen wurde, so geschahe es beim Morgengruße, um die bedeutsamen Träume ihrer Herrschaft auszulegen, die zuweilen nur vorbildlich, durch einen ausgefallenen Zahn oder eine Schnur Zahlperlen, einen Todesfall und traurige Tränen weissagten; zuweilen geradezu zwischen Gräbern und Totenbahren herumirreten, einen Sarg mit Schilden und Wappen behangen, oder einen standesmäßigen Leichenzug vorbildeten. Es eignete sich sogar am hellen lichten Tage in dem gräflichen Hause: zur Zeit der Mittagsstunde, da die Hofdirnen ihrer Frau bei der Tafel aufwarteten, gab's einen hellen Klang im Gemach, daß die Gräfin hoch vom Stuhl aufschreckte, und als man zusah was es sei, war auf dem Schenktisch der gewöhnliche Trinkbecher des Grafen zersprungen von oben bis unten, daß er in Stücken zerfiel. Alle Anwesenden erbleichten, Bestürzung und Entsetzen war auf ihren Gesichtern zu lesen, die Gräfin aber sprach: »Ach daß es Gott und allen Heiligen erbarme! Das bedeutet meinen Herrn; er ist dahin, tot ist er, kalt und tot!« Sie ließ sich das auch von Stund an nicht mehr ausreden und tat nichts als weinen und jammern.

Den dritten Tag darauf hatte sie ein sonderbares Vorgefühl das sie sich nicht zu erklären wußte. Eine geheime Ahndung sagte ihr, sie würde Botschaft von ihrem Herrn empfangen. –

Darum stieg sie auf den hohen Söller des Hauses, und schauete fleißig nach der Straße, welche der Graf genommen hatte, als er davon zog. Und da sie die Augen aufhob, galoppierte ein Reuter daher, wohl über Stock wohl über Stein und über Berg und Tal, und hinterdrein, bald in der Luft empor, bald unterwärts der Erde nach, schwamm langgedehnt ein Schweif gleich einem Wimpel, der am hohen Mast das Spiel der Winde ist. Schwarz war das Roß und schwarz der Reuter angetan, seines Pferdes schneller Gang zielte auf das Schloß. Als er nun vor die Pforte kam, ach da erkannte Jutta daß es Irwin war, in schwarze Trauer eingehüllt, und von dem runden Hut schwebte ein langer Flor bis zu des Pferdes Huf herab. »Ach Irwin lieber Page mein«, rief hochbetrübt die Gräfin ihm vom hohen Söller zu, »welch eine Botschaft bringst du mir, sag an wie steht's um deinen Herrn?« Da erhob Irwin gar weinerlich seine Stimme: »O holde zarte Frau, viel schlimm ist meine Botschaft die ich bringe, viel Tränen wird sie Euren schönen Augen kosten! Entreißt den Blumenkranz den blonden Haaren und wandelt Euer rosenfarbenes Gewand in schwarzen Boy und Flor! – Graf Heinrich ist dahin, eiskalt und tot!« »O Unglücksverkünder!« rief die Gräfin aus, »o Botschaft voll Jammer und Herzeleid!« Kaum hatte sie das gesagt, so durchbebte ein kalter Schauer ihre Glieder, und Schatten des Todes umnebelten alle ihre Sinnen, die Kniee wankten und sie sank ohnmächtig den aufwartenden Dirnen in die Armen. Die ganze Grafschaft Hallermünd ertönte von lauten Trauerklagen, da die Zeitung von des Grafen Tod ins Land erscholl, welche der dumpfe Ton der Sterbeglocken bestätigte, und die getreuen Hofdiener nebst allen Untertanen beweinten unverstellt den Tod ihres guten Herrn.

Unter allen Leidenschaften scheinet indessen das Schmerzensgefühl am wenigsten geneigt das Leben zu zerstören, absonderlich bei dem tränenreichen Geschlecht, das allen Kummer sich so leicht vom Herzen weint. Die tiefgebeugte Wittib unterlag also nicht ihren Schmerzen, so sehr sie auch wünschte des Leibes entledigt zu sein, damit ihr von Sehnsucht beflügelter Geist den geliebten Schatten ihres Gemahls noch auf dem Wege in die Ewigkeit einholen möchte. Doch diesmal war ihr Wunsch vergebens; es wär auch ungerecht gewesen, wenn ihre Seele die reizende Wohnung welche ihr zum Aufenthalt angewiesen war, so eilfertig hätte verlassen wollen. Denn ein niedliches bequemes Obdach zu verschmähen um unter freiem Himmel zu wohnen, ist eigentlich Übermut; ein anders ist's wenn jemand in einer räuchrichen oder gebrechlichen Hütte hauset, die alle Augenblick den Einsturz droht, da ist der Wunsch zu emigrieren verzeihbar. Darum wenn eine Matrone bei der schon jeder Balken im Gesparre knackt sich nach ihrer Auflösung sehnet, so ist gegen ein so billiges Verlangen mit Grunde nichts einzuwenden; aber wenn junge frische Mädchen so grabesdunstwitterlich reden, wenn irgend eine empfindsame Saite in ihrem Gehirn verstimmt, oder eine Intrike gescheitert ist, so ist das eitel Ziererei. Die schöne Jutta wünschte mit ihrem Herrn zu sterben, wie die Gemahlin des weisen Seneca, die sich zur Gesellschaft mit ihm die Adern öffnen ließ. Da er aber früher ausgeblutet hatte, und der Tod bei ihr noch zögerte, folgte sie gutem Rat und ließ schnell zubinden, denn sie meinte sein entflohener Geist habe bereits einen zu weiten Vorsprung genommen, um ihn einzuholen. Nachdem der erste Sturm der Leidensgefühle in einen sanften Tränenregen sich aufgelöset hatte, und das zerrissene Herz der jungen Witwe einige ruhige Augenblicke genoß, ließ sie den treuen Irwin rufen, um ausführlichen Bericht von dem unglücklichen Geschick ihres Herrn zu vernehmen.

Sie erfuhr, daß an eben dem Tage und zu der Stunde, da es im Schlosse sich geeignet hatte, die verbündeten Grafen gegen die Stedinger ausgezogen wären und eine harte Schlacht begonnen hätten. Graf Heinrich habe das Los getroffen, zuerst auf die feindlichen Scharen anzusprengen, da habe im Schlachtgetümmel eine feindliche Streitaxt seinen Harnisch gespalten und ein mörderischer Wurfspieß darauf die Brust durchbohrt. »Unachtsamer Bub«, fiel die Gräfin dem Pagen in das Wort, »gebot ich dir nicht meinen Herrn seiner Liebe zu erinnern, wenn er von Siegeslust trunken seiner vergessen sollte? Warst du stumm ihn zu vermahnen, oder war er taub dich zu hören?« »Keins von beiden, holde Frau«, erwiderte Irwin, »ich hab Euch noch nicht alles gesagt. Zur Seite Eures Gemahls ritt Graf Gerhard von Oldenburg, Euer Bruder, der Tags vorher erst wehrhaft gemacht war und nun seine Waffenprobe tat. Voll Mut und Jugendfeuer stürzte er in die feindlichen Speere und wurde umringt. Hundert Schwerter stürmten auf ihn ein, daß sein Federbusch zerstob in zarte Flaumen. Als Graf Heinrich die Gefahr seines Schwähers inne ward, stach er seinen Hengst an und flog ihm zu helfen. Da rief ich aus aller Macht: ›Gemach lieber Herr! Gemach! Seid eingedenk Eures zarten Ehegemahls!‹ Doch er achtete nicht meiner Worte, wendete sich zu seiner Ritterschaft und sprach: ›Drauf und dran, Roß und Mann! Mir nach! Es gilt des edeln Jünglings Leben!‹ Im Nu saß er mitten im Haufen, bedeckte den Bedrängten mit seinem blanken Schilde, und sein mächtiger Arm mähete die dichte Lanzensaat zur Rechten und Linken, wie die Sense des Schnitters die reifen Ähren zur Zeit der Ernte. Graf Gerhard strebte sich aus dem Gewühl hervor, und wurde von den Seinen aus dem Gefecht gebracht; aber sein Erretter fiel und ward ein Raub des Todes. Ich empfing seine letzten Seufzer an Euch, nachdem ich ihm das Visier geöffnet hatte. –

Er erkannte mich und blickte mich freundlich an: ›Treuer Herr, treuer Knecht!‹ sprach er mit schwacher Stimme, und reichte mir die Hand. ›Irwin zieh heim und vermelde der Gräfin meinen Sterbensgruß, sag ihr es tue nicht not viel um mich zu weinen und zu jammern, es blieb bei der Abrede. Ach möchtest du bald bei mir sein, Jutta Herzgeliebte mein!‹ Mit diesen Worten verschied der Graf, ich sah's mit meinen Augen, wie seine reine Seele, als ein leichter Schatten gestaltet, vom Mund auf gen Himmel emporschwebte, und die Sonne stund hoch im Mittag da das geschah.«

Diese Erzählung wirkte heftig, wie leicht zu erachten, auf die Tränendrüsen der gebeugten Wittib, sie wimmerte und schluchzete laut, und ihre Augen wurden von bittern gesalzenen Zähren wund. Um ihrer Gebieterin solch erneutes Herzeleid zu sparen, hießen die Frauen den Pagen hinausgehen, aber die Gräfin winkte daß er bleiben sollte. »Ach Irwin lieber Page, noch immer weiß ich nicht gnug von deinem Herrn, erzähle weiter! Ist sein Leichnam im Schlachtgetümmel von den Rossen zertreten, von dem wütenden Feind zerrissen, oder ehrlich, wie es einem tapfern Ritter zustehet, zur Erde bestattet worden? Lieber Page, sag mir alles was dir davon wissend ist!« Irwin trocknete seine Tränen, die ihm teils aus Mitleid gegen die schöne Gräfin, teils aus Betrübnis über den Tod seines guten Herrn, von den Backen, schön weiß und rot wie Milch und Blut, träufelnd herab rollten, und fuhr in seiner Rede also fort: »Wähnet nicht, daß der teure Überrest des Leichnams von Eurem Gemahl sei zertrümmert oder gemißhandelt worden; die Grafen haben das Feld behalten und einen herrlichen Sieg erfochten. Nach geendigter Schlacht kamen sie alle heran geritten, ihren Bruder und Bundesgenossen zu beklagen, seinen Leichnam als eine heilige Reliquie in Empfang zu nehmen, und mit großem Pomp und Leichengepränge beizusetzen, bis auf das Herz, welches den Ärzten übergeben wurde es einzubalsamieren, denn der edle Bundesverein hat beschlossen, es Euch durch eine Ehrenbotschaft mit nächsten überbringen zu lassen. Das ganze Heer stund mit gesenkten Fähnlein und Lanzen, und die Ritter mit aufwärts gekehrtem Schwert, in feierlicher Stille, als der Leichenzug vorüberzog. Die Heerpauken ließen dumpfen Sterbeklang erschallen, und die Schalmeier schalmeiten dazu den Totenmarsch. Ein Marschall zog voran mit seinem schwarzen Stabe, dem folgten vier ehrenfeste Ritter, der erste trug den Harnisch, der andere den stählernen Schild, der dritte das blanke Schwert, der vierte trug nichts: er war der Trauermann, und ging im Leide, von tiefem Schmerz gebeugt. Alle Grafen und Edeln folgten dem schwarz verhülltem Sarge mit zweiunddreißig Wappen behangen, und oben drauf grünte ein Lorbeerkranz. Als nun der Leichnam ins Grab gesenket war, und alle Leidtragenden ein Ave Maria und Paternoster für die Ruhe der Seele in der Stille gebetet hatten, ging mir's durchs Herz, wie die ungeschlachten Totengräber die Erde herbeiharkten, daß die schweren Schollen mit dumpfen Getöse hinunter auf den Sarg rolleten, welches fürchterliche Geräusch einen Toten hätte auferwecken mögen. Der Grabeshügel wurde mit Rasen belegt und mit drei steinernen Kreuzen besetzt, eines zum Häupten, eines zu den Füßen und eines in die Mitte, zum Gedächtnis, daß hier ein deutscher Held begraben seiDie drei steinernen Kreuze sollen noch auf dem Schlachtfelde in der Stedinger Grenzflur zu sehen sein. Wie denn dergleichen Merkzeichen im Felde häufig gefunden werden, worunter die Volkssage gemeiniglich einen alten Helden zu begraben pflegt. .

Obgleich dieser ausführliche Bericht des getreuen Irwins den schönen Augen seiner Herrschaft wieder neue Tränen ablockte, so begnügte sie sich doch nicht daran, sondern forschte nach tausend kleinen Umständen welche sie genau zu wissen begehrte, denn die Leidenden wünschen immer ihre traurigen Ideen sich vollkommner auszumalen; der Schmerz gewährt endlich selbst ein trübsinniges Vergnügen, und dient dem Geiste zu einer Art von Unterhaltung. Irwin mußte der Gräfin die nämliche Erzählung täglich wiederholen, und sie fragte ihn bis auf die unbedeutendsten Kleinigkeiten aus, zum Beispiel, wie lang und breit die Trauerschleife war, welche die Ritter beim Leichenzuge um den linken Arm gebunden hatten; ob sie von Krepp oder von seidenem Flor war; ob ein Rappe zum Trauerpferd, und ein Schimmel, ein Falbe, ein Fuchs, oder Tiger zum Freudenpferd gebraucht wurde; ob die Handhaben am Sarge überzinnt oder übersilbert waren, und dergleichen interessante Dinge mehr, welches ihr indessen niemand verdenken konnte, denn die kleinste Modifikation einer Hoftrauer interessiert ja noch jetzt ein ganzes Publikum oft mehr als der Trauerfall selbst.

Die Apotheker und Wundärzte, denen die Balsamierung des gräflichen Herzens anvertrauet war, brachten damit ein volles halbes Jahr zu, weil entweder die dazu erforderlichen Spezereien in damaliger Zeit schwer zu haben waren, und aus fremden Orten mußten verschrieben werden; oder weil es bei der Heilzunft Herkommens ist, mit ihren Operationen, wenn sie Ausbeute geben, gar bedächtlich zu Werke zu gehen. Dagegen war das Herz auch so köstlich parfümiert, daß die Urne, in welche es eingeschlossen war, mit gutem Fug als ein Potpourri auf eine Konsole hätte gestellt werden können. Die wehmutsvolle Witwe machte indessen von dieser heiligen Reliquie keinen so eiteln Gebrauch, sie ließ in dem Lustgarten ein prächtiges Monument von Alabaster und welschen Marmor errichten, auf dessen Gipfel die Bildsäule des Grafen in voller Rüstung, wie er zu Felde gezogen war, hoch emporragte. Tränenweiden und hohe Balsampappeln überschatteten dieses Grabmal, sie pflanzte viel Jasmin und Rosmarin rings um den Fuß desselben und setzte die Reliquie ihres Gemahls in dem porphyrnen Behältnis, welches sie täglich mit frischen Blumen umkränzte, in eine Halle desselben. Oft einsam traurend, oft von dem treuen Pagen begleitet, der ihr den Bericht von dem Hinscheiden des Grafen und den Begräbniszeremonien wiederholen mußte, saß sie stundenlang in dem Heiligtum der Liebestreue, bald schweigend und horchsam, bald in kalter melancholischer Ruhe, bald zu wärmern Gefühlen gestimmt, mit Schmerz und Tränen übergossen. Zuweilen strömten ihre Empfindungen in Worte über, und von ihren melodischen Lippen ertönte diese Totenklage:

»Wenn du geliebter Schatten, noch den edelsten Teil deines irdischen Leibes umschwebest, den dieser Aschenkrug verschließt, und ein unbemerkter Zeuge bist der Tränen treuer Liebe; so verbirg dich nicht dem Weibe deines Herzens, das nach dem Troste deines unsichtbaren Genusses mit heißer Sehnsucht ringt.

Laß mich durch ein sinnliches Merkzeichen deine Gegenwart fühlen; fächle als ein liebkosender Hauch des Zephyrs diesen ausgeweinten Augen sanfte Kühlung zu; oder rausche feierlich an den Marmorwänden dieser Grotte zum hohen Dom hinauf, daß die runde Wölbung widerhalle.

Wandle in leichten Dunst gehüllt vor mir vorüber, daß mein Ohr den gewohnten Gang deines männlichen Fußtritts vernehme; oder mein Auge aus dem Anblick deiner Gestalt noch einmal Wonne trinke. – –

Ach Schweigen des Todes und Stille des Grabes ist um mich her! Kein Lüftchen weht, kein Blättlein rauscht, es regt sich kein Odemzug, kein Hauch des Lebens!

Der unermeßne Raum des Himmels und der Erde trennt mich von dir! Jenseit jenes funkelnden Sterns wandelt dein unsterblicher Geist, nicht mehr meiner eingedenk! Hört meine Klagen nicht, zählt meine Tränen nicht, blickt nicht mit sanfter Wehmut auf meinen Schmerz herab.

Weh mir! Ein schwarz Verhängnis zerreißt das eherne Band unsrer Gelobung! Du fliehst mich, Wankelmütiger! steigst mit leichtem frohen Mute über das blaue Luftgefilde hinaus. Ich Elende aber lebe, bin an die träge Erde gekettet, und kann dir nicht folgen!

Ach ich habe ihn verloren, auf ewig verloren, den Mann, den meine Seele liebte! Sein Geist kehret nicht hernieder, durch ein Merkzeichen mir den Trost zu gewähren, daß die Fackel seiner Liebe an den Schwellen der Ewigkeit nicht verloschen sei.

Hört meine Klagen ihr Wälder, und du Felsenkind, getreuer Widerhall, verkünde sie den fernen Auen und den sanftrieselnden Quellen. – Ich habe meinen Gemahl verloren, auf ewig verloren!

Nage unauslöschlicher Schmerz, an diesem kummervollen Herzen, und verzehre mein Leben, daß mein Gebein das Grab empfange, mein gequälter Schatten in den Wohnungen der Unsterblichkeit ihm begegne, und wenn er ihn ohne Liebe findet, eine Ewigkeit durchtraure!«


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