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11.

Die Verhaftung der beiden jungen Nobili blieb in den ersten Tagen ein Geheimniß für ganz Venedig, und als sich Gerüchte verbreiteten, waren diese doch so ungewiß und verworren, dabei aber die Furcht so groß und allgemein, daß Niemand darüber laut zu sprechen wagte. Noch ehe es Tag wurde, landete das schwimmende Gefängniß in Venedig, und durch die fürchterliche Wasserpforte betraten die Unglücklichen die Kerker des St. Marco, welche sich rühmen konnten, daß noch Keiner ihnen entsprungen sei.

In einer feuchten lichtlosen Zelle harrte Cosimo der Erfüllung seines Schicksals. Er wußte, daß er keine Gnade zu erwarten hatte, und sein Muth wurde durch diese Gewißheit nicht erschüttert. Nur die Gedanken an seine Mutter, an Lavinia und seinen unglücklichen Freund beugten ihn und füllten sein Herz mit Kummer. Wie war es möglich ihn zu retten? Welchen Trost konnte er den armen Frauen hinterlassen? O! ehe sie noch erfuhren, wo er sei, hatte er wohl schon längst geendet.

Die entsetzliche Stille dieses Kerkers, die öde Finsterniß, die Gewißheit, daß er verlassen und verloren sei, und die bange Ahnung, daß jedes Rasseln an seiner Thür die Mörder ankündige, welche ihn heimlich erwürgen sollten, begleiteten die schrecklichen Stunden des Gefangenen. Die Angst des Todes empfand er nicht, aber die Angst seiner Vorstellungen, die Qualen geliebter Menschen. Die Gesichter, welche vor seine brennenden Augen traten, die weit geöffnet in diese Finsterniß starrten, machten ihn sehnsüchtig nach dem Ende.

Endlich in der dritten Nacht wurde er durch den Lichtschein geweckt, der in seine Zelle fiel. Der Wärter, welcher bisher kein Wort zu ihm gesprochen, auf keine Frage Antwort ertheilt hatte, bedeutete ihn, daß er ihn begleiten müsse. Ein Schauder überlief den unglücklichen Mann. Wohin? In jene Kammer, in welcher den Opfern bei ihrem Eintritt eine Schlinge um den Hals geworfen wurde und aus der wenige Minuten später ihr entseelter Körper in den Kanal hinab stürzte? Aber was ihm auch geschehen mochte, er war bereit zu leiden und zu enden.

Durch einen langen düsteren Gang folgte er seinem Führer. Hinter sich hörte er leise schleichende Schritte, das dumpfe Echo der Gewölbe murmelte ihm entsetzliche Töne nach, jeden Augenblick glaubte er eine Faust an seiner Kehle, eine Schnur an seinem Nacken zu fühlen; doch ohne umzublicken, ohne zu wanken, legte er seinen Weg fort, bis zu einer aufwärts führenden Treppe, durch welche ein Strom reinerer Luft in diese Keller drang.

Und wenn diese Luft ihn auch nicht mit dem Zauber der Hoffnung und der Freiheit anwehte, so brachte sie ihm doch die Ueberzeugung, daß sein Ende noch nicht so nahe sei. Er war als Venetianer nicht unbekannt mit den Einrichtungen des Inquisitionsgerichts. Entweder entledigte sich dies der Verurtheilten dadurch, daß es sie ohne alle gerichtliche Form dem Tode in größter Heimlichkeit überlieferte, oder aber es fand ein Verfahren und Verhör statt und ein Urtheil wurde ausgefertigt, unterzeichnet und registrirt.

Im Jahre 1762 hatte es die Opposition im großen Rath durchgesetzt, daß ein Gerichtsschreiber den Sitzungen des Tribunals beiwohnen sollte, der die Protocolle führen und die Urtheile mit unterzeichnen sollte. Man wollte die entsetzlichen Willkürhandlungen der Inquisition dadurch einschränken und ein gesetzliches Verhalten hervorrufen, allein die Inquisitoren kehrten sich wenig daran. Der Gerichtsschreiber, der ihr Censor sein sollte, wurde ihr Geschöpf, und nach wie vor schalteten sie nach ihrem Willen.

Bei Cosimo aber hatten die Regenten Venedigs beschlossen, ihn nicht heimlich verschwinden zu lassen, wie so viele Andere verschwunden waren. An ihm sollte allen unruhigen Köpfen gezeigt werden, daß keiner sicher auf seinen Schultern saß, und wie er öffentlich als Hochverräther erklärt war, der des Todes sterben sollte, sobald man ihn ergriffe, so sollte diese Strafe auch jetzt öffentlich an ihm vollstreckt werden. – Das war im Rath der Zehn beschlossen, damit stimmte der Dogenrath überein, alle die Excellenzen waren einig darüber, daß ein Beispiel gegeben werde müsse, an welches das Volk von Venedig lange zu denken habe.

Die sechstausend Soldaten waren hinreichend, um jeden Tumult oder Befreiungsversuch blutig zu ersticken, obwohl ein solcher kaum möglich schien bei solcher Machtentfaltung. Die öffentliche Hinrichtung des Hochverräthers und seiner Genossen galt aber eben so wohl als Zeichen für die Kraft der Regierung, wie für ihre Gerechtigkeit, welche die heimliche Hinrichtung verschmähte. Jeder, der auf solche Weise verschwand, hatte immer die Meinung für sich, daß er ein schuldloses Opfer der Tyrannei geworden sei, diesmal jedoch sollte die Oeffentlichkeit dazu dienen, um den Staatsgerichtshof in seinem Ansehen zu stärken.

Cosimo wurde in den Saal geführt, in welchem die Inquisitoren in ihren schwarzen Mänteln ihn erwarteten. Der Geheimschreiber saß vor seinen Papieren, der Großinquisitor Barbarimio ließ den Gefangenen an die Schranken treten.

Graf Cosimo Vinci, redete er ihn an, Sie sind hieher beschieden worden, um Ihr Urtheil zu vernehmen.

Wie kann man mich verurtheilen, ohne mich gehört zu haben? fragte Cosimo.

Ihr Urtheil, versetzte der Großinquisitor, bedarf keiner Verhöre. Als entflohener Verbrecher wurden Sie verfolgt und ergriffen. Der rechtsgültige Ausspruch erkannte Sie des Hochverraths schuldig und setzte den Tod darauf, sobald man sich Ihrer Person bemächtigen könnte. Zugleich ist es ein altes, auch Ihnen bekanntes Gesetz, daß Verbannte, die es wagen das Gebiet zu betreten, ohne weitern Proceß mit dem Leben dafür büßen sollen.

Ich begreife, worauf es abgesehen ist, sagte Cosimo, und würde vergebens nach Gerechtigkeit rufen. Macht mit mir was Ihr wollt, doch übt Barmherzigkeit an Odoardo Albergati. Er hat seinen Freund retten wollen, das ist sein Verbrechen. Im Namen der Menschheit flehe ich für ihn um Gnade.

Die Inquisitoren schwiegen, dann sagte Barbarimio mit seiner eisernen Härte:

Das Gesetz steht über menschlicher Schwäche. Das Gesetz Venedigs bestimmt, daß der sterben soll, der einen flüchtigen Verräther verbirgt. Hören Sie jetzt Ihr eigenes Urtheil.

Ich werde mich nicht weiter demüthigen, antwortete Cosimo stolz. Vor Gottes Thron will ich Euch erwarten.

Der Gerichtsschreiber erhob sich und las das Urtheil, nach welchem Cosimo Vinci, der des Hochverraths schuldig befunden, dessen Name aus dem Buche des venetianischen Adels gestrichen, und der auf ewig verbannt und darauf flüchtig, eingefangen, durch des Henkers Hand sterben und auf dem Hinrichteplatz ihm der Kopf abgeschlagen werden solle.

Dies Urtheil, fügte dann der Großinquisitor hinzu, wird an Ihnen morgen in der sechsten Frühstunde vollstreckt werden. Wir bewilligen Ihnen diesen Tag, damit Sie bereuen und mit Gott und den Menschen sich versöhnen mögen.

Ich sage Ihnen Dank, antwortete Cosimo und seine Augen glänzten, Dank dafür, daß ich in freier Luft sterben soll. Zu bereuen habe ich nichts, aber Gott will ich bitten, mir und Euch Frieden zu geben. Ihm dem Ewigen und Gerechten empfehle ich mich und meine Sache.

Der Großinquisitor läutete die Glocke, deren Schall die Wärter rief, und Cosimo wurde fortgeführt, doch nicht zurück in die unterirdische Zelle, sondern in ein besseres Gefängniß, wo Licht und Luft war und wo man ihn befragte, was er begehre. – Er forderte Schreibzeug und Papier und nach einiger Zeit brachte man ihm beides. Barbarimio hatte die Forderung des Verurtheilten bewilligt.

Nach einigen Stunden erschien ein Geistlicher in dem Kerker zum Beistande des Verurtheilten. Die schwarze verhüllte Gestalt blieb an der Thür stehen, als Cosimo sich ihr näherte und mit sanfter Bestimmtheit sagte:

Ich danke Ihnen, mein Vater, für Ihren Besuch. Gern will ich aus Ihrem Munde die letzten Tröstungen der Religion hören, doch verschonen Sie mich mit ermahnenden Vorwürfen, die ich nicht verdiene.

Mein Sohn, erwiederte der Geistliche, ich komme nicht Sie zu quälen, sondern Ihnen beizustehen in Versöhnung und Vergebung. –

Er schlug seine Kappe zurück, und Cosimo erkannte den alten Priester Bartholomeo. Eine freudige Regung lief durch seine Züge.

Sie sind es, rief er aus, o! seien Sie mir willkommen. In Ihrer Brust schlägt ein menschliches Herz. Von Ihnen werde ich hören, was mich allein noch beschäftigt; Sie werden mir sagen, was ich für meine Lieben zu fürchten und zu hoffen habe. Meine Mutter –

Ihre Mutter, antwortete der Geistliche, befindet sich im Kloster der Ursulinerinnen, doch ist sie frei, seitdem Sie in die Hände Ihrer Feinde gefallen sind. Die guten Schwestern widmen ihr alle Sorgfalt und verbergen ihr bis jetzt den großen Schmerz, den sie erleiden muß.

O, meine Mutter! rief Cosimo sein Gesicht bedeckend, dann ließ er seine Hände fallen und fuhr mit Festigkeit fort: Sie darf nichts erfahren, bis Alles vorüber ist. Versprechen Sie mir, mein Vater, daß Sie ihr meinen letzten Grüße, meine letzten kindlichen Bitten bringen wollen, sie trösten wollen, so weit menschlicher Trost reicht. Ich weiß, daß ich mit ihrem Segen sterbe, er wird mich begleiten.

Ach! mein Sohn, seufzte der Greis, könnte ich mit meinen schwachen Kräften mehr für Sie thun. Aber – er schüttelte kummervoll den weißen Kopf.

Ich weiß, daß diese Tyrannen mein Blut wollen, erwiederte Cosimo, um ihre wankende Gewalt damit zu verkitten, ich weiß aber auch, mein Vater, daß sie mich vergebens morden, denn bald wird ihr Reich zu Ende sein, und die Geschichte der Menschheit wird ihrer Schmach und ihren Verbrechen den Denkstein setzen. Ich fürchte den Tod nicht, fuhr er stolzer fort. Geringe Zeit ist allen menschlichen Wesen gegeben. Alle meine Verfolger werden bald niedergemacht sein von der nie rastenden Sichel des Todesengels, und was ist das längste Menschenleben, was ist alle Herrlichkeit, alles Glück dieser Welt an der Uhr der Ewigkeit! Ich sterbe jung, mein Vater, und dennoch alt und reif. Ich bin glücklich gewesen und habe Unglück. getragen. Ich habe nach dem Guten und Rechten gestrebt, ich habe mein Menschenloos nicht unwürdig erfüllt. Die mich verfluchen, werden verflucht werden, die mich verdammen, werden verdammt sein. Ich vergebe ihnen, denn ein Anderer wird sie richten. – Nicht um mich, fuhr er dann fort, sehen Sie meine Augen naß werden, aber um die, deren Unglück sich mit meinem Schicksal verkettet. Sagen Sie mir, wenn Sie es wissen, mein Vater, was ist aus Lavinia geworden? Wo ist das unglückliche Mädchen, das in meiner Vertheidigung von diesen Barbaren mißhandelt und verwundet wurde?

Alles, was ich weiß, besteht darin, versetzte der alte Priester betrübt, daß sie aus der Villa Borgo entflohen ist. Man wollte ihr Hülfe verschaffen, denn ihr Schicksal hat, nachdem es bekannt wurde, auch harte Herzen gerührt, allein sie hatte sich entfernt und ist bis jetzt nicht aufgefunden worden.

Und Albergati? fragte Cosimo.

Albergati, murmelte der Mönch sein Haupt senkend, wird Sie begleiten, mein unglücklicher Sohn.

Cosimo's Blicke drückten die Qualen seiner Seele aus. Auf seinem blassen Gesicht mischte sich der Gram mit aufloderndem Zorn, endlich aber rief er, indem er den Priester flehend anschaute:

Er darf nicht sterben. Stehen Sie mir bei, mein Vater; retten Sie ihn!

Wie könnte ich es? flüsterte der Greis.

Coralie Lambertini, sagte Cosimo seine Hände drückend. Sie hat mich geliebt, ihr Haß hat sein Ziel erreicht, sie wird Odoardo und Lavinia schützen, denn ihr Herz ist weich, und sie hat die Macht dazu. Im Namen Gottes, schlagen Sie einem Sterbenden nicht seine letzte Bitte ab. Ich bitte nicht für mich, für Unschuldige und Verfolgte. Erfüllen Sie Ihr heiliges Amt; gehen Sie zu Coralie, ich will an sie schreiben. Bringen Sie ihr meinen Brief, den Herzog Ferdinand wird man nicht zu beleidigen wagen. Sein mächtiges Fürwort wird Odoardo befreien. Coralie wird auch Lavinia beschützen. Mein Gott! ja, ich werde getröstet sterben.

Der Priester getraute sich nicht zu widersprechen.

Schreiben Sie, mein Sohn, sagte er, ich werde Alles versuchen, was ich thun kann.

Cosimo setzte sich und schrieb, während Bartholomeo sein Knie beugte und vor dem Kreuze betete, das er auf seiner Brust trug. –

Nehmen Sie, mein Vater, sagte Cosimo, als er das Blatt zusammenschlug. Segen über Sie und Gottes Dank! Kehren Sie zu mir zurück und bringen Sie mir den Trost, der mein Sterben leicht machen wird.

Der Greis entfernte sich, nachdem er nochmals versprochen hatte, Alles, was er vermöge, anzuwenden, um Cosimo's Aufträge zu erfüllen. Als aber auf sein Klopfen die schwere Thür geöffnet wurde, flüsterte er dem Wächter zu, ihn zu dem Oberrichter Barbarimio zu führen.

Fra Bartholomeo wußte zu gut, daß es in diesen Gefängnissen geheime Oeffnungen gab, durch welche die Gefangenen fortgesetzt belauscht wurden, er wußte zu gut, daß dies gewiß auch jetzt nicht unterlassen ward, und war überzeugt, daß der Versuch, dem Gericht Cosimo's Auftrag und seinen Brief zu verheimlichen, Unglück über ihn bringen und alle Hoffnungen des Gefangenen vereiteln würde.

Er überzeugte sich von der Richtigkeit seiner Betrachtungen auch sogleich, als er vor Barbarimio stand, aus dessen Benehmen er merkte, daß der schreckliche Inquisitor von dem, was geschehen, schon Kenntniß habe. Denn er hatte kaum begonnen von seinem Auftrage zu sprechen, als Barbarimio nach dem Briefe fragte, den er aufmerksam las, während sein sonst so versteintes Gesicht eine ungewöhnliche Unruhe verrieth.

Der alte Priester bat inzwischen mit flehender Stimme, ihm zu gestatten, sich in den Palast Lambertini's zu begeben, und der Großinquisitor unterbrach ihn nicht. Er versank in ein starres Nachdenken, bis er endlich in dem Gemach auf und ab ging, dann vor dem demüthigen Mönch stehen blieb und ihm sagte:

Warten Sie hier auf mich und verlassen Sie dies Gemach nicht eher, bis ich zurückkehre. Damit entfernte er sich, und zagend und betend sank der alte Mann auf einen der dunklen schweren Stühle und flehte zu allen Heiligen und zur gnadenreichen Gottesmutter, daß diese die Herzen der Gewaltigen erweichen möchten.

Der Großinquisitor begab sich inzwischen in den Palast der Procuratoren und trat in Francesco Pesaro's Arbeitszimmer, wo er eine Zeit lang ein leises Gespräch mit ihm führte und darauf den Brief hervorzog, welchen Pesaro las, dessen dunkles Gesicht nach und nach zu einem häßlichen Lachen bewegt wurde.

Ich habe seine Unterredung mit dem Mönch angehört, sagte Barbarimio. Kein Zittern vor seinem Ende ist in ihm, er prophezeihte unseren Untergang mit entsetzlicher Gewißheit.

Der Fanatismus des Todes ist Schwärmern eigen, antwortete Pesaro. Niemand darf hoffen, daß dieser als ein reuiger Sünder stirbt; eben so wenig würde Gnade ihn ändern.

Aber dieser Brief, versetzte Barbarimio. Ich weiß nicht, wofür ich mich entscheiden soll.

Pesaro schwieg nachsinnend.

Die Lage ist bedenklich, sagte er dann. Er bittet zwar nicht um sein Leben, und wenn eine Einmischung des Herzogs für Albergati stattfindet, wäre Gnade für diesen kein besonderes Unglück. Manche Stimmen werden heut schon dafür laut, andere sind unsicher, Großmuth ließe sich vertheidigen. Albergati ist ein Tugendnarr, aber von unschädlicherer Art als Cosimo. Er ist schwach und geduldig, ein leichtgläubiger Träumer, der niemals ahnen wird, daß sein Diener ihn verrieth. Wenn der Herzog für ihn bittet, mag man ihm zeigen, wie gern wir ihm zu Diensten sind.

Es könnte aber sein, murmelte der Inquisitor, daß der Herzog bewogen würde, auch für Cosimo zu sprechen. Können wir in unserer jetzigen Lage es abschlagen?

Nein, versetzte der Procurator. Wir können es nicht.

So darf der Brief nicht abgehen.

Wenn Du den Boten stumm machen kannst, nein.

Die beiden Gewaltigen blickten sich an, der Großinquisitor schüttelte den Kopf.

Dieser Mönch, sagte er, ist in Venedig zu allgemein verehrt. Die Geistlichkeit überdies schon gereizt gegen uns durch Schmälerung ihrer Einkünfte. Wäre es ein unbedeutender, unbekannter Mensch, so – er sprach nicht weiter, aber in dem kleinen Worte lag ein furchtbarer Klang.

Francesco Pesaro sah nach der Uhr hinauf, dann nahm er Barbarimio's Hand und führte ihn in eine Fensternische, wo er leise an seinem Ohre sprach, bis das Gesicht des Großinquisitors den Ausdruck beistimmender Ueberzeugung erhielt. Dies ist allerdings der beste und richtige Weg, flüsterte der schreckliche Richter, aber –

Kein Aber, fiel der Procurator ein. Warten wir ab, was geschieht. Wir werden dem Herzog gern den Willen thun – so weit dies in unserer Macht steht. Gieb dem heiligen Bartholomeo den Brief und erlaube ihm zu vollbringen, was der Herr ihm befiehlt. Er wird die fromme Dame Lambertini vielleicht noch schlafend finden, denn ihr Fest nahm erst am Morgen ein Ende.

Barbarimio entfernte sich, und Pesaro kehrte zu seinen Arbeiten zurück. Plötzlich öffnete sich eine Wandthür, Lucia trat herein. In heftiger Aufregung hob sich ihre Brust, ihre Augen funkelten vor Zorn, so blickte sie ihren Vater an.

Bist Du da, mein Kind, sagte der Staatsmann, ihr seine Hand bietend. Du hast gehorcht.

Er muß sterben! rief sie ihre Zähne zusammen pressend.

Und er soll sterben, sagte ihr Vater, indem er sie umarmte.



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