Balduin Möllhausen
Reisen in die Felsengebirge Nordamerikas – Band 1
Balduin Möllhausen

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Zwanzigstes Kapitel

Die Schiffbarkeit und der Charakter des Rio Colorado – Die Eingeborenen an demselben – Deren Verteilung und mutmaßliche Verwandtschaft – Das nordamerikanische Zivilisationswesen

Wir hatten also die Flußexpedition beendet. Ehe ich indessen mit der Beschreibung unserer Landreise beginne, berühre ich hier noch einmal in gedrängter Kürze die Resultate unserer Forschungen und Arbeiten.

Schon im Eingang dieses Werks sprach ich mich genauer über die uns gestellte Aufgabe, über die Wichtigkeit der Schiffbarkeit des Colorado sowie auch über den Eindruck aus, den der Reisende empfängt, der diesen Strom auf dem Wasserweg zu erforschen trachtet. Ich gab bereits eine ausführliche Beschreibung der Strecke vom Golf von Kalifornien bis nach Fort Yuma. Auf 180 Meilen oberhalb Fort Yuma ist der Charakter des Stroms fast derselbe wie unterhalb. Nur da, wo das Wasser sich einen Weg durch Hügel und Bergketten hindurch gebahnt hat und deshalb Schluchten und enge Cañons entstanden sind, kann der Kanal des Stroms in bezug auf Schiffbarkeit im allgemeinen als günstig bezeichnet werden. Auf den nächsten 100 Meilen bieten Kiesbänke und Stromschnellen vielfach Hindernisse, die alle früheren an Schwierigkeit übertreffen, doch erleichtern dafür die Strecken, die zwischen diesen liegen, die Schiffahrt mehr als der untere Colorado. Die nächsten 50 Meilen, also die letzte Strecke vor dem Black Cañon, ist der seichten Stellen, der verborgenen Felsen und der sehr starken Stromschnellen bei weitem die gefährlichste, doch sind die Hindernisse, die sich dort aneinanderreihen, nicht derart, daß sie einem wohlkonstruierten Dampfboot es unmöglich machten, mit einer gewissen Regelmäßigkeit zwischen dem Black Cañon und dem Golf von Kalifornien zu vermitteln.

Inwieweit nun eine Verbindung zwischen dem Golf und dem Großen Salzsee der Mormonen auf dem Fußweg hergestellt werden kann, habe ich in einem früheren Kapitel dargelegt. In den Monaten April, Mai und Juni beginnt der Fluß zu steigen, und diese Zeit ist, solange keine neuen Sandbänke entstehen, die günstigste für die Schiffahrt. Bei niedrigem Wasserstand ist die Geschwindigkeit der Strömung zweieinhalb Meilen in einer Stunde, im Juli dagegen und einige Wochen später, wenn der Fluß um zehn Fuß steigt, vergrößert sich die Geschwindigkeit bis auf sechs Meilen.

Der schiffbare Teil des Colorado behält die Richtung von Norden nach Süden bei, und der Umfang des kulturfähigen Bodens, den er bewässert, steht in keinem Verhältnis zu dem Strom. Das größere Tal der Mohave-Indianer ist wohl das einzige, das durch seine Lage und Fruchtbarkeit in den Augen der weißen Ansiedler einigen Wert erhalten könnte. Wir befanden uns dort im Monat Februar, also im Frühling jener Breiten; das Klima erschien uns wunderbar günstig und gleichsam wohltätig die reine, milde Atmosphäre. Wie ein blauer, zarter Duft lag es auf Berg und Tal, kräftige Bäume mit schwellenden Knospen faßten den Strom ein, Fruchtfelder schimmerten aus den Öffnungen in der Baum- und Strauchvegetation hervor, und am Ufer tummelten sich zahlreiche Eingeborene umher, deren wohlgenährte, kräftige und schöne Gestalten auf ein gesundes Klima und auf ein Leben des Überflusses deuteten. Die furchtbar sengende Hitze des Sommers in diesem weiten Felsenkessel sowie das ewige Schwanken des Strombettes zwischen den Talufern werden indessen manchen weißen Ansiedler von dort fernhalten, und eine genauere Untersuchung des Talbodens wird ergeben, daß bedeutende Flächen desselben zu sehr mit alkalischen Substanzen geschwängert sind, als daß sie sich zum vorteilbringenden Ackerbau eignen könnten. Der Mineralreichtum der Bergketten, die den Colorado berühren, kann indessen die Ursache einer Bevölkerung des Coloradotals durch die Weißen sein, denn die Gebirge, die zu demselben System wie die von Kalifornien und Sonora gehören, bergen auch wie diese unberechenbare Schätze. Gold und Quecksilber entdeckten wir unter der Leitung unseres Geologen, des Dr. Newberry, in geringeren Massen, dagegen fanden wir reiche Silber-, Kupfer- und Bleilager, Eisen aber in unglaublichen Anhäufungen.

Da nun in der Nähe der mineralreichen Gebirge der kulturfähige Boden ganz mangelt, mithin die Erhaltung von Bergleuten und Minenarbeitern nur mittels einer lebhaften und zugleich regelmäßigen Kommunikation auf dem Colorado bewerkstelligt werden könnte, so glaube ich die im Eingang dieses Werkes ausgesprochene Behauptung wiederholen zu können, nämlich, daß die Benutzung als Heerstraße der einzige Vorteil ist, der dem Colorado und seiner Lage abgewonnen werden kann.

Die eingeborenen Stämme nun, die das Tal des Colorado bevölkern, sind jetzt unter den Namen Cocopa-, Yuma-, Chimehwhuebe-, Cutchana- und Mohave-Indianer bekannt und erst in neuerer Zeit wieder ein Gegenstand von Forschungen geworden. Seit einer langen Reihe von Jahren blieben diese Urwilden unbelästigt von der weißen Rasse, doch waren sie in früheren Zeiten vielfach von den spanischen Missionaren besucht worden, und man hatte damals schon auf Karten die Namen vieler Stämme mit den geographischen Angaben ihrer Wohnsitze verzeichnet. Vergleicht man die Resultate früherer Forschungen mit dem, was der jetzt dort Reisende zu beobachten imstande ist, so muß es auffallend erscheinen, daß eine weit größere Anzahl von verschiedenen Stämmenamen am Colorado gesammelt wurden, als wir jetzt wieder aufzufinden imstande sind. Als Grund hierfür glaube ich mit anführen zu können, daß es den Missionaren durch kundige Dolmetscher und durch längeren Verkehr erleichtert wurde, genauere Nachrichten von den Eingeborenen selbst einzuziehen und auf diese Weise Kenntnis von den Namen aller kleineren Stämme zu erhalten, in die größere Nationen gewöhnlich eingeteilt sind. Neuere Reisende dagegen, die, des kurzen Aufenthalts wegen, ihre Aufmerksamkeit den Eingeborenen nicht in so hohem Grad zuwenden konnten, mußten sich mit dem allgemeinen Namen der ganzen Nation begnügen. Die Namen der kleinen Stämme entstanden teilweise durch Anhängen eines bezeichnenden Wortes an den Namen der Nation, und es ist anzunehmen, daß durch allmähliches Weglassen des Hauptnamens diese große Anzahl von verschiedenen Stämmen nicht nur am Gila und am Colorado, sondern in ganz Neu-Mexiko als vorhanden betrachtet wird, deren Auffindung aber jetzt soviel Mühe verursacht.

So finden wir in einem alten spanischen Manuskript von dem Ingenieur-Lieutenant Don José CortezBei genauer Prüfung der Beschreibung der Tamajabs in diesem Manuskript muß jeder Zweifel darüber schwinden, daß die als Tamajabs bezeichneten Eingeborenen die jetzigen Mohaves sind. Captain Whipple erklärt den Namen Mohaves als entstanden aus dem zusammengesetzten Wort »Ahmokhave«, von »Hamook« = drei und »habec« = Berge oder Gebirge, also »drei Gebirge«. Leider ist er aber bis jetzt noch nicht mit dem Vorschlag durchgedrungen, die drei Gebirge, von welchen der Name Ahmokhave oder Mohave zweifelsohne entnommen ist, weil sie das Mohave-Gebiet begrenzen und durchkreuzen, ebenfalls mit indianischen Namen zu belegen. Demnach würde die Hauptbergkette auf dem linken Colorado-Ufer des Tals der Mohaves »Hamook-habi«, die Needles »Ascientic-habi« und das westliche Gebirge »Havic-habi« heißen. vom Jahre 1799 den Stamm der Yavipais (jetzt Yampais) erwähnt, und zwar als zwischen dem Gila und dem Colorado lebend und in viele kleine Stämme zerfallend. Besonders bemerkt finden wir folgende: Yavipais-Mucaoraive, Yavipais-Tepia, Yavipais-Abema, Yavipais-Cuernomache, Yavipais-Caprala. Von all diesen Namen vermochte ich auf meiner Reise, die vorzugsweise durch die eben angegebenen Landstrecken führte, nur den Namen Yampais oder Yavipais wiederzuentdecken, und dann vielleicht noch den Beinamen Mucaoraive, der möglicherweise den Stamm der Mok-haves oder Mohaves bezeichnen soll. Ich bin um so eher geneigt, dies zu glauben, als in demselben Manuskript bei Erwähnung der Colorado-Indianer von den Mohaves nicht die Rede ist. Dasselbe mag auch von den eben daselbst angeführten Chemeque-Caprala, Chemeque-Sabinta, Chemequaba und Chemeque gelten, womit unstreitig die zerstreut lebenden Familien der Chimehwhuebes gemeint sein sollen.

Außer den umfangreichen Tälern der Mohaves und Chimehwhuebes und weiter südlich der Cutchanas, Yumas und Cocopas befinden sich am Ufer des Colorado und nahe den verborgenen Gebirgsquellen kleine Bodenflächen, die zu unbedeutend sind, als daß ihnen die Bezeichnung Tal beigelegt werden könnte, die aber von einzelnen Familien obengenannter Stämme bewohnt werden. Solchen abgesonderten Banden ist der leichteren Unterscheidung wegen von den benachbarten Dörfern, wie es der Zufall gerade fügte, zu ihrem Stammnamen auch noch der Name eines Familienoberhauptes oder eine von der Naturumgebung abgeleitete Bezeichnung hinzugefügt worden, und so entstanden wohl die zahlreichen Namen von Volksstämmen, die im Laufe der Zeit dort gesammelt wurden. Das Versiegen der Quellen, eine in jenen Regionen häufige Erscheinung, oder das Fortreißen der kleinen angebauten Landstrecken durch den unruhigen Strom vertrieb die dort hausenden Familien oder Banden und veranlaßte sie, sich ihrem Stamm wieder zuzugesellen. Der Name, den sie früher führten, wurde dadurch wieder überflüssig und geriet in Vergessenheit unter den Eingeborenen, während er in der zivilisierten Welt, nachdem er seinen Weg auf geographische Karten gefunden hatte, für spätere Zeiten aufbewahrt blieb.

Diesem Umstand glaube ich es zuschreiben zu dürfen, daß wir jetzt so vielfach vergeblich nach Völkerstämmen suchen, von deren Vorhandensein wir die untrüglichsten Beweise in Händen zu haben meinen, und daß wir andere zuweilen da finden, wo wir sie infolge früherer Angaben nicht suchen.

Auf diese Veränderung der Wohnsitze von Indianerstämmen weist Alexander von Humboldt in einem Brief hin, den er am 31. Dezember 1857 an mich nach dem Colorado richtete. In diesem heißt es: »Ich bin stolz, daß, wo Fort Yuma liegt, auf meiner 1804 gezeichneten Generalkarte von Mexico steht: Indios Yumas. Da ich vermuthe, daß Sie meine zwei großen Karten aus dem 1811 in Paris erschienen Atlas De la Nouvelle Espagne nicht bei sich haben, so mache ich Ihnen ein wildes Croquis von meinem Rio Colorado, wie ich die Völkerstämme nach den, in den Archiven von Mexiko aufgefundenen Itinerarien des Padre Escalanti von 1772 in meine Karte habe eintragen können. Ich schreibe links von dem Flusse die geschätzten Breitengrade als Maßstab hin. Die Indianerstämme haben seitdem gewiß viel ihre Sitze verändert . . .«

Die Ansichten, welche ich oben ausgesprochen habe, beruhen auf Eindrücken, die ich an Ort und Stelle empfing und die ebensowohl von dem Charakter des Landes und von der Bodengestaltung als auch von der individuellen Erscheinung der verschiedenen Indianerstämme geleitet wurden, und ich bin also weit entfernt davon, diese als maßgebend für andere aufzustellen.

Als unmittelbar am Colorado lebend, habe ich während meines mehrfachen und längeren Aufenthalts daselbst nur folgende Ackerbau treibende Stämme kennengelernt: 1. An der Mündung des Colorado oder von 32° 18' n. Br. nordwärts die Cucapas oder Cocopas; 2. von 33° nordwärts die Nation der Yumas; 3. von 34° nordwärts die Pai-Utes, Chimehwhubes und Cuchans; 4. von 34° 36' nordwärts bis zum Black Cañon den Stamm der Mohaves und einige wenige Chimehwhuebe-Familien kurz vor dem Ende der Schiffbarkeit des Stroms.

Der Stamm der Ta-majabs, dessen Sitz auf älteren Karten genau in das Gebiet der jetzigen Mohaves, Mokhaves oder Mojaves fällt, ist demnach ohne Zweifel identisch mit letzterem, und die Abweichungen in der Schreibart können vielleicht dem Umstand zugeschrieben werden, daß verschiedene Indianerstämme die Namen ihrer Nachbarn stets verschieden aussprechen, daher Ta-majabs, Mojaves, A-Mokhaves, Mohaves und Mucaorawes. Schwieriger ist es wohl, eine Identität zwischen Cajuenches und Cuchans zu beweisen, die Captain Whipple ebenfalls für möglich hält, aber doch bezweifelt, denn einesteils fehlt uns zum Zweck eines Vergleichs der Sprachen wie bei den Ta-majabs ein Wortverzeichnis der früheren Cajuenches, und dann müßte auch dieser Stamm, dessen Gebiet als unter 32° n. Br. liegend bezeichnet wird, seinen Sitz weiter nördlich verlegt haben. Obgleich nämlich, gemäß der Angaben der Eingeborenen, sich nahe der Gila-Mündung noch Cuchans befinden sollen, so hatte ich doch nie Gelegenheit, mich von der Anwesenheit von Mitgliedern dieses Stammes südlich vom 33. Breitengrad zu überzeugen.

Den Namen Talchedum, den wir in fast allen älteren Nachrichten als Volksstamm erwähnt sehen, habe ich am Colorado nicht wiedergefunden, wohl aber traf ich in dem den Talchedums zugesprochenen Gebiet mit Chimehwhuebes, Cuchans und Mohaves zusammen. Nach Whipple gehören die Cuchans, Cocomaricopas, Mohaves und Diegenos ursprünglich zur Nation der Yums, und diese Behauptung ist durch den Vergleich der Sprachen, in denen nur ein Dialektunterschied zu erkennen ist, wohl hinlänglich bewiesen. Auch die Yavipais oder Yampais am oberen Colorado, auf die ich im Laufe meiner ferneren Beschreibung zu sprechen kommen werde, hält Whipple, aber mit weniger Bestimmtheit, für Verwandte dieser Nation.

Bei dem Eifer, mit dem die Regierung der Vereinigten Staaten ihre Aufmerksamkeit auf alle noch unerforschten Länderstrecken richtet, und bei der Freigebigkeit, mit der sie stets ihre dorthin gesandten Expeditionen ausrüstet, kann wohl sicher angenommen werden, daß in nicht ferner Zeit alle vorhandenen, bis jetzt noch unbekannten Materialien gesammelt sein werden, die dazu dienen können, einiges Licht über den Ursprung, die Verwandtschaft und die Verteilung der Indianerstämme zwischen den Rocky Mountains und den Küsten der Südsee zu verbreiten.

Jedenfalls halte ich die Stämme der Eingeborenen in den Tälern des Gila und des Colorado, wenn auch unter sich verwandt, doch jetzt streng geschieden von den zahlreichen Stämmen der Apachen und der städtebauenden Indianer, die den umfangreichen Landstrich zwischen dem Rio Grande, dem Rio Gila und dem Rio Colorado bevölkern; mag auch ihr Ursprung, wenn wir in das graueste, für uns zurzeit aber undurchdringliche Altertum hinaufsteigen, immer derselbe bleiben. Sollten sich aber noch welche von den Erbauern der Casas Grandes am Gila Elemente unter den jetzt dort lebenden Pimos und Maricopas befinden, so sind diese so sehr mit letzteren verschmolzen, daß sie als nicht vorhanden betrachtet werden können.

So hat sich denn die Idee bei mir gebildet, daß die oben aufgezählten Indianerstämme, die jetzt am Gila und am Colorado leben, auf demselben Weg wie die altmexikanischen Völker eingetroffen sind, und zwar kurz vorher, ehe diese ihre Sitze am Gila und an dem von dort aus bevölkerten Rio San Francisco und Colorado Chiquito aufgaben und gegen Süden zogen. Im Jahre 1539 nämlich, als der Padre Marco de Niça auf seiner Forschungsreise nach dem Königreich Cibola den Gila berührte, stieß er dort auch auf volkreiche Städte und Ansiedlungen (Casas Grandes), die nicht mit den damals schon im Tal des Colorado anwesenden Yuma-Stämmen in Verbindung standen, über welche die ersten Nachrichten von Alarchon vom Jahre 1540 herrühren. Ich sage auf demselben Weg, denn ob nun von Norden oder Westen – aus beiden Richtungen steht einem wandernden Volk nur der eine direkte Weg über die Halbinsel von Kalifornien nach diesen Flüssen hin offen, indem wasserlose Sandwüsten und unzugängliche, tief gespaltene, felsige Hochebenen Neu-Mexiko in einem weiten Bogen von Westen nach Norden so einsäumen, daß, wie ich im Verlauf meiner weiteren Beschreibung beweisen werde, jeder Gedanke an eine Einwanderung von dort her sogleich aufgegeben werden muß, wenn nicht, was bei einem Hinblick auf jene Territorien kaum denkbar ist, eine selbst den jetzigen Eingeborenen verborgene Straße entdeckt wird.

Der Umstand, daß die Eingeborenen am Gila in ihren freilich nicht weit hinaufreichenden Erinnerungen und Traditionen nichts von den Erbauern der Casas Grandes wissen und die Gebäude selbst nur als Ruinen kennen und gekannt haben; ferner daß – wie Albert Gallatin, der nordamerikanische Sprachforscher, über den Gila redend bemerkt, »No trace of the Mexican language has been discovered in any part of that region«, und wie Buschmann in seinem Werk »Über die aztekischen Ortsnamen« ausdrücklich bekräftigt – in der Sprache der Gila-Stämme keine Ähnlichkeit mit der altmexikanischen Sprache entdeckt werden kann, spricht vielleicht für jene Idee, nach der die einander fremden Völkerstämme auf demselben Weg, ohne miteinander in Berührung zu kommen, an den Gila und den Colorado gelangten, und deshalb ist die an Ort und Stelle gewonnene, möglicherweise irrtümliche Auffassung verzeihlich.

Da ich bei fortgesetzter Reise vielfach auf Überreste alter Bauwerke stieß, die im Zusammenhang mit den alten, wandernden Völkerstämmen stehen müssen, so behalte ich mir ein weiteres Eingehen auf diesen Gegenstand bis zur Beschreibung jener Ruinen vor und begnüge mich hier damit, meine Ansichten über die Verteilung, die Verwandtschaft und das mutmaßliche Einwandern der Colorado-Stämme, mit denen ich in Berührung kam, dargelegt zu haben.

Nicht ohne Interesse wird es sein, wenn ich hier zwei Karten beifüge, die von den Eingeborenen selbst herrühren und die sich der eifrig forschende und stets bedachtsame Captain Whipple von einem Yuma- und einem Pai-Ute-Indianer im Sand aufzeichnen ließ. Beide geben Bilder vom Colorado, die in geographischer Beziehung einander ähnlich sind, in der Verteilung und Benennung der Indianerstämme aber voneinander abweichen.

Die Karte des Pai-Ute deutet auf eine genauere Kenntnis des Landes, da auf dieser der Lauf des New River in der Colorado Desert, den ich auf Seite 93 erwähnte, unter dem Namen Ha-withl-met-heih sowie der Mohave River als Pah-sa-wa-ga-re niedergelegt ist, welch letzterer Fluß sich nach einzelnen, aber nicht unbestrittenen Angaben auf unterirdischem Weg dem Colorado zugesellen soll. Auffallend erscheint es bei beiden, daß der Name »Yuma« ganz fehlt und statt dessen der Name »Cuchans« angewendet worden ist. Wenn hier die Bezeichnung Cuchans gleichbedeutend mit Yuma sein sollte, so wäre das ein neuer Beweis, wie durch die verschiedene Benennung eines und desselben Stammes ebenfalls bei Forschern der Glaube an mehr Stämme entstanden sein kann, als in der Tat sich finden und gewesen sind.

Es bleibt mir nur noch übrig, der Chimehwhuebes zu gedenken, des einzigen Stammes im Tal des Colorado, der in keiner Beziehung zu der großen und weitverzweigten Nation der Yumas zu stehen scheint.

Nach den vom Captain A. W. Whipple gesammelten und von William W. Turner geordneten und erläuterten Materialien gehören, wie oben bemerkt, die Cuchans, Cocomaricopas, Mohaves und Diegenos zur Nation der Yuma-Indianer. Aus denselben Quellen entnehme ich die Behauptung, daß die Chimehwhuebes, Comanches und Cahuillos, also Stämme, die zwischen den Küsten der Südsee und Texas verbreitet sind, als Nebenstämme der Nation der Schoschones oder Schlangenindianer betrachtet werden können.

Turner bemerkt ausdrücklich am Schluß der unter diesen Stämmen gesammelten Vokabularien, zwischen denen untereinander ich nur selten schwache Ähnlichkeiten zu entdecken vermag: »Alle Eingeborenen, die diese Mundarten sprechen, gehören zu der großen Familie der Schoschones oder Schlangenindianer. Dieselbe umfaßt die Schoschones im südlichen Oregon, die Utahs in der Nachbarschaft des Großen Salzsees und dann, sich gegen Süden und Westen erstreckend, die Pah-Utahs westlich vom Colorado sowie die Indianer der Missionen im südlichen Kalifornien, wie die Kizh (von San Gabriel), die Netela (von San Juan Capistrano) und die Kechi (von San Luis Rey). Gegen Südosten endlich die Comanches der Prärien, auch Hietans und Paducas genannt . . .

Die Chimehwhuebes sind eine Bande der Pah-Utahs (genannt Payutes, Pai-Utes, Piutes, Piuches etc.), d. h. Fluß-Utahs, von deren Sprache durch den Häuptling des Stammes ein Wortverzeichnis gewonnen und zum erstenmal veröffentlicht worden ist. Dasselbe stimmt sehr nahe mit Simpsons Utah- und Haies Ost-Schoschone-Wortverzeichnis überein.«

Über die Stärke der Bevölkerung im Tal des Colorado sprach ich bei einer früheren Gelegenheit (Seite 230), und ich wiederhole hier, daß die ältesten Angaben über diese ebenso unsicher erscheinen wie die neueren, denn beide beruhen nur auf oberflächlichen Schätzungen. Ich glaube nicht an eine wesentliche Verminderung der Zahl der dortigen Eingeborenen, die durch aufreibende Krankheiten, durch Hungersnot oder durch verderbliche Kriege bewirkt worden wäre. Die kräftigen Gestalten, die nur durch günstiges Klima, durch gesunde Bewegung, besonders durch Schwimmen, und durch ein Leben des Überflusses eine solche physische Ausbildung erhalten konnten, sprechen allein schon gegen die Annahme einer Verminderung. Ebensowenig ist es wahrscheinlich, daß in neuerer Zeit eine Vermehrung stattgefunden hat, denn nach den Beobachtungen, die ich dort anstellte, reichte der junge Zuwachs nur gerade so weit, um die auf gewöhnlichem Weg Absterbenden zu ersetzen. Eine Frau mit drei Kindern scheint zu den Seltenheiten zu gehören, da aber die Männer im Besitz von bis zu fünf Frauen sind, so entstehen dadurch doch ziemlich starke Familien.

Im Verlauf der Beschreibung der Flußreise sowie in meinem ersten Reisewerk habe ich so vielfach und ausführlich unseren Verkehr mit den Eingeborenen zu schildern gesucht, daß es wohl keiner weiteren Beschreibung der Sitten und Bräuche der Indianerstämme im Tal des Colorado bedarf. Ebenso glaube ich dargelegt zu haben, daß diese Ackerbau treibenden Stämme als ein harmloser, friedliebender Menschenschlag bezeichnet werden können. Es ist wahr, diese Wilden sind dazu geneigt, die sie besuchenden Fremden mit einem gewissen Mißtrauen zu betrachten, jedoch wohl nur aus dem Grunde, weil sie ihre Freiheit bedroht glauben, denn die Gerüchte, welche der weißen Rasse immer vorangehen und ihren Weg bis zu den im abgesondertsten Winkel lebenden Eingeborenen finden, sind gewiß nicht vertrauenerweckend.

Deshalb wurden auch die Missionen San Pedro und San Pablo, welche die Spanier vor einem Jahrhundert an der Mündung des Gila gründeten, nur kurze Zeit von den Yumas geduldet. Spanische Abenteurer, die fünfzig Jahre später dort eine Kolonie anlegten, fielen ebenfalls als Opfer des tief gewurzelten Mißtrauens. Als später im Jahre 1849 der Golddurst Emigranten auf der Gilastraße nach Kalifornien führte, hatten diese wiederum von den Feindseligkeiten der Yumas zu leiden. Als man indessen, wie Captain Whipple ausführlich beschreibt, der Sache auf den Grund ging, stellte es sich heraus, daß die Wilden den Weißen beim Übergang über den Colorado wesentliche Dienste geleistet hatten und diese zum Dank dafür den armen Eingeborenen von ihrem Mais raubten, was dann die erste Veranlassung zu feindlichem Auftreten gab. Dorthin gesandte Truppen der Vereinigten Staaten stifteten während eines kurzen Aufenthaltes Frieden, und das wahrscheinlich mit Waffengewalt. Später errichtete eine Bande verworfener Menschen, an denen die westlichen Grenzen der Vereinigten Staaten reich sind, nahe der Gilamündung eine Fähre und mißhandelte auf die frechste Weise die mit ihnen verkehrenden Eingeborenen. Diese, sich Herren ihres eigenen Landes wähnend, erschlugen die räuberischen Eindringlinge, befreiten die Welt von einer Rotte Missetäter, luden aber die Unzufriedenheit der Vereinigten Staaten auf sich. Mit Waffengewalt wurde abermals der Friede hergestellt; es entstand zum Schutz der Weißen gegen die Eingeborenen Fort Yuma, und somit wurde, freilich ohne Absicht der Regierung, der Grundstein zur vollständigen Verderbtheit eines mit vielen und schönen Fähigkeiten ausgerüsteten, aber wilden Menschenstamms gelegt. Denn – ich wiederhole es abermals, und mögen meine Worte einen weiten Weg und an rechter Stelle Eingang finden – wo reguläre Truppen der Vereinigten Staaten von Nordamerika sich unter den Eingeborenen des Landes hinwenden, da befinden sich in ihrem Gefolge alle nur denkbaren Laster, und wo man früher nur wilde, ich füge hinzu grausame Krieger und hart arbeitende Squaws erblickte, da zeigen sich tierisch betrunkene, feige rothäutige Männer und träge, durch ihren Umgang mit den Soldaten erkrankte Weiber, die mit ihren lasterhaften Lehrern im Genuß des Feuerwassers wetteifern.

Der noch unverdorbene Mohave ist nicht blind für den sogenannten Segen der Zivilisation, er sieht seinen Bruderstamm unter dem Einfluß dieser Zivilisation immer tiefer sinken, er sieht ihn herabgewürdigt unter das Tier, er sieht ihn als Sklaven in seinem eigenen Land und erkennt, daß eine dunkel gefärbte Haut die Ansprüche auf Gerechtigkeit vernichtet, die der Indianer wie der Neger vor seinen weißen Unterdrückern erheben könnte.

Wie ich nach meiner Rückkehr in Europa erfahren habe, weigern die Mohaves sich standhaft, die Errichtung eines Militärpostens in ihrem Tal zu gestatten; sie erklären, daß Reisende stets unbelästigt ihr Territorium betreten können, daß sie sich aber mit aller ihnen zu Gebote stehenden Macht der Gründung eines Forts entgegensetzen würden; sie sind noch einfältig genug, zu glauben, daß der Boden, der mit der Asche ihrer Väter vermischt ist und den sie als ein freies Eigentum von ihren Vorfahren übernahmen, der Boden, auf dem ihre Wigwams stehen und dessen Zeugungskraft sie auf friedliche Weise ihren Unterhalt entnehmen, auch von fremden Menschen heiliggehalten wird; sie sind noch kurzsichtig genug, zu glauben, daß Nationen, deren Länder sie nicht plündernd und raubend heimsuchen, auch bei ihnen nur besuchsweise erscheinen werden.

Doch das Geschick des schönen und freien Stammes der Mohaves ist besiegelt, sein kräftiger Geist wird mit Waffengewalt gebrochen werden, und wie wir an Tausenden von Beispielen kennengelernt haben und wie der Mohave es an seinem Yuma-Nachbarn jetzt täglich wahrnehmen kann, wird auch hier der dem Elend preisgegebene, rechtmäßige Besitzer des Landes sich bettelnd der Tür seines Unterdrückers nahen und von diesem mit Füßen fortgestoßen werden.Es sind keine Phrasen, die ich hier einschalte, sondern nur Aufzählungen von Tatsachen, deren Augenzeuge ich war. Das Geschick einer jetzt noch freien Nation ist besiegelt, und ein neuer Fluch gesellt sich bald zu den unzähligen, die auf denjenigen ruhen, welche es verstanden, sich durch eine verbrecherische Politik der sie hindernden Eingeborenen zu entledigen und die sich stolz »Natives« nennen.

Ohne in die Rolle eines Weltverbesserers fallen zu wollen, wage ich es doch, hier eine Frage aufzustellen, eine Frage an alle diejenigen, die mit frommen Mienen überall eine Fügung der Vorsehung zu erkennen glauben, an diejenigen, die mit dankbarem oder undankbarem Gemüt sich, soviel ihnen beliebt, von den lebenden oder leblosen Schätzen der freigebigen Natur zueignen, an diejenigen, die in dem menschlichen Geist einen göttlichen Funken, in dem Menschen selbst das edelste Werk einer weisen, schöpferischen Hand erblicken; aber auch an diejenigen, die den Wert des Menschen nach seiner Farbe und danach nach seiner Stellung oder nach seinem Reichtum bestimmen und das edelste Werk der Schöpfung mitsamt dem göttlichen Funken um blitzendes Gold veräußern – an alle, alle richte ich die Frage: Wurde die indianische Rasse geschaffen, um mit Überlegung ausgerottet zu werden? Wurde der Neger zum Verkauf auf die Erde gestellt?

Doch wozu Fragen, die sich jeder auf die ihm bequemste, vorteilhafteste Weise beantwortet und die sogar von den Lehrern des Christentums in Fällen, wo es ihnen Schaden bringen könnte, vorsichtig umgangen werden. Auf den Gräbern hingeopferter Nationen erheben sich Bethäuser und Kirchen, und in denselben, wo der Farbige nur verstohlen und streng geschieden von der eifernden, weißen Rasse belehrende Worte zu erhaschen strebt, wagt man es, sich vertrauensvoll vor dem Gott zu beugen, vor dem es keinen Unterschied der Farbe gibt.

Ich fragte einst einen Delaware-Indianer, ob er keine der vielen christlichen Kirchen besuche, die wie Pilze in seiner Nähe aus der Erde wüchsen. Mit eigentümlichem Lächeln antwortete mir der halbzivilisierte Jäger: »Zuviel Lügen in weißen Mannes Bethaus; sagen: selbst nicht stehlen, stehlen aber Indianers Land; sagen: liebe deinen Nächsten, wollen aber nicht zusammen mit Neger beten. Viel Kirchen hier; Methodisten, Katholiken, Protestanten, Presbyterianer; alle sagen: selbst allein gut, andere Kirchen falsch und lügen. Alle Kirchen lügen; Indianers Kirche, Wald und Prärie, ist gut, Wald und Prärie nur eine Zunge.« So antwortete mir der Indianer, aber er richtete auch eine Frage an mich, und zwar lasse ich dieselbe hier Wort für Wort folgen: »Du kommen von großes Land, möchten da auch gerne Indianer plündern, Neger verkaufen, können aber nicht, kein Indianer, kein Neger da! Hat dein Land viel Kirchen?« Und als ich dies bejahte, fragte der Indianer weiter: »Sagen in Kirchen in dein Land schwarzgekleidete Menschen: Meine Kirche allein gut? Und sagen für Geld viel glatte Worte und lehren Gutes, was sie selbst nicht tun? Und sagen: Armer Indianer schlecht, armer Neger schlecht, und Blaßgesicht ohne Geld schlecht?« So lautete des Delawaren Frage.

Ich war verwundert, wußte darauf nicht zu antworten und begann verlegen von anderen Dingen zu sprechen.

Der Delaware aber lachte und rief mir zu: »Ich verstehe, dein Land auch nicht besser; wo Menschen sein, da Unterdrückung und Unrecht.«

Dieses Gespräch schalte ich hier bloß als die Erzählung einer Tatsache ein, um darzulegen, welchen Begriff die Eingeborenen von der ihnen vorgespiegelten Zivilisation im Verkehr mit zivilisierten Menschen gewinnen. Leider und in den meisten Fällen richten sich die neuen Jünger der Zivilisation nicht nach den Worten, sondern nach den Handlungen der Träger derselben, und da dem Indianer als Verbrechen ausgelegt wird, was der Weiße ungestraft tun darf, so kann der Versuch der Zivilisierung der Eingeborenen auch als der Anfang ihres Untergangs angesehen werden.

Die indianischen Stämme, die, obgleich sie durch weite Zwischenräume voneinander getrennt sind, doch einen gewissen Verkehr unter sich aufrechterhalten, müssen irre werden, wenn man ihnen so viele verschiedene Religionen vorpredigt, die sich alle christlich nennen, dabei aber als erste Lehre aufstellen, daß jede andere Form der göttlichen Verehrung, die mit ihrer eigenen nicht übereinstimmt, zur ewigen Verdammnis führt. Wem soll der wilde Eingeborene nun glauben? Er wählte den einfachsten Weg: er traut niemandem und gesellt sich scheinbar dem zu, der ihm die bequemsten Mittel zu seinem Unterhalt an die Hand gibt.

Das böse Beispiel nun empfangen die Eingeborenen von zahlreichen Vorläufern der Zivilisation, die mit Recht als der Auswurf der Menschheit bezeichnet werden können und die nur den einzigen Zweck vor Augen haben, sich ungestraft mit dem Eigentum anderer, sogar auch mit dem letzten der armen Wilden zu bereichern. Die grauenerregenden Vorfälle, welche vor einigen Jahren der ersten Kolonisierung der Territorien am Nebraska und am Kansas folgten und die heute noch in jenen Gegenden an der Tagesordnung sind, geben das beste, aber ein sehr trauriges Bild von dem Verfahren, das in den Vereinigten Staaten eingeschlagen wird, den Eingeborenen ihr Besitztum zu entwinden. Hochgestellte Männer befinden sich gewöhnlich an der Spitze solcher Bewegungen, und wo noch ein mitleidiges Herz beim Anblick der Leiden der zurückgedrängten Rasse und der verlockten ersten Einwanderer schlägt, da schweigt es bald beim Hinblick auf den reichen Gewinn, den die kluge, aber gewissenlose Landspekulation eintrug.

Doch zurück zu unseren Mohave-Indianern. Oftmals hörte ich von Leuten, von denen ich es am allerwenigsten erwartete, daß diese für die Zivilisation unfähig wären. Auch Major Emory, den ich am Eingang dieses Werkes erwähnte und der sich in seinem »Report on the United States and Mexican Boundary survey« die heftigsten Angriffe auf Leute, die ihn weit überragen, aber seine Ansichten und Meinungen nicht teilen, zuschulden kommen läßt, spricht den Indianern jede Bildungsfähigkeit ab. Ich behaupte hier das Gegenteil. Wenn das Militär der Vereinigten Staaten, das jetzt zum Schutz der Weißen unter die Indianer gesandt wird, dazu bestimmt wäre, die Rechte der Indianer gegen die Weißen zu wahren; wenn ferner die aus aller Herren Länder zusammengewürfelten Soldaten – anstatt ihre Zeit mit Trinken, Spielen und anderen verächtlichen Leidenschaften hinzubringen – dazu angehalten würden, gleichsam als Lehrer der Indianer Kolonien zu gründen, Ackerbau zu betreiben und als Polizei gegen die räuberischen Spekulanten aufzutreten; wenn der Branntwein – der Fluch der westlichen Bevölkerung – Eingeborenen sowie Soldaten gänzlich entzogen würde und wenn man bei den Wilden den Glauben an die Straflosigkeit der sie in ihren Rechten etwa beeinträchtigenden Individuen erschütterte, dann würde das tief gewurzelte Mißtrauen allmählich schwinden; der wilde Wüstenbewohner würde sich ebensowohl zu den guten Sitten und Gewohnheiten hingezogen fühlen wie jetzt zu den tadelnswerten. Aufsteigend von Stufe zu Stufe der Gesittung, geleitet von duldsamen und verständigen Missionaren würde er bald eine Stelle unter den Nationen einnehmen, auf die der amerikanische Kontinent wohl Ursache hätte stolz zu sein.

Doch gewiß ist es leichter, Sünden und Übel an Völkern zu entdecken und zu tadeln, als den kleinsten eigenen Fehler abzulegen. Wo man indessen die Überzeugung gewonnen hat, daß keine Versuche zur Besserung von Zuständen, die wie ein eiterndes Geschwür einen ganzen Erdteil verunzieren, unternommen werden, oder wo bei solchen Versuchen die Leitung unkundigen, ja untreuen Händen anvertraut wird, da gewinnt jeder, der eines gesunden Urteils fähig ist, das Recht, rügend und tadelnd aufzutreten. Die Sklavenzucht und der Sklavenhandel in Amerika werden einst in sich selbst eine furchtbare, aber gerechte Strafe finden. Doch leider bleibt ungestraft das verbrecherische, systematische Verfahren, das man dort einschlägt, um eine ganze Menschenrasse bis auf die letzte Spur auszurotten.


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