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Elftes Kapitel.

Gaston von Aurigny hatte sich, dem durch den Herrn von Chamillard ihm überbrachten Befehl folgend, nach dem Hotel des Marschalls von Richelieu begeben, indem er sorgenvoll und unruhig überlegte, was der Marschall, der in jenem Augenblick gar kein militärisches Kommando führte, mit ihm vorhaben könnte. Endlich fiel ihm ein, – die Jugend ist ja so unerschöpflich reich an Hoffnungen, daß vielleicht die Marquise dennoch an seine Bitte gedacht haben könne, und daß vielleicht der Herzog von Richelieu in ihrem Auftrage mit ihm sprechen wolle. Ganz glücklich über diese Lösung des ihm unerklärlichen Befehls, trat er in den Empfangssaal des Hotel Richelieu, der seit einiger Zeit verödet gewesen war, da man den Herzog in Ungnade glaubte, in welchem sich aber heute bereits zahlreiche Besucher befanden. Man hatte die lange und huldvolle Unterredung des Königs mit Richelieu bemerkt, und er war dadurch einer der Krystallisationspunkte geworden, um welche die kreisenden Atome der Höflingswelt, einen festen Halt suchend, sich ansetzten. Gaston wartete, bescheiden in eine Ecke des Salons zurückgezogen und kaum beachtet von all' den glänzenden Trabanten jenes Sonnensystems des Hofes, welche erschienen waren, um den in diesem Augenblick vom Lichte der königlichen Gunst bestrahlten Planeten, den Herzog von Richelieu, zu umkreisen und seinen Bahnen zu folgen.

Endlich erschien der Marschall – bei seinem Eintritt neigten sich die Köpfe der Anwesenden, da kein Höherer zugegen war, fast ebenso tief, als sie es in dem königlichen Appartement vor Seiner Majestät gethan hatten. Der Herzog überflog mit siegesstolzem Lächeln, in welches sich etwas spöttische Laune mischte, die zahlreiche Versammlung in seinem kurz vorher noch ganz entvölkerten Empfangssaal. Er grüßte hochmüthigen Blickes mit einer kurzen Verneigung die Anwesenden und ging dann zu deren höchstem Erstaunen gerade zu dem jungen Musketier hin, dem er mit freundlich vertraulichem Kopfnicken sagte: »Folgen Sie mir, Herr von Aurigny.«

»Es ist richtig,« dachte Gaston, vor Freude erröthend, »die Marquise hat mit ihm gesprochen, – welches Glück!«

Ganz stolz folgte er dem Marschall, in höchster Spannung das Kommende erwartend.

Richelieu führte ihn in ein reizendes kleines Zimmer, das die Mitte hielt zwischen dem Boudoir einer launenhaften Dame, dem Kabinet eines Diplomaten und der Wohnung eines Soldaten, und blieb hier vor ihm in der militärischen Haltung, die er so gut anzunehmen verstand, stehen, indem er den schönen jungen Mann prüfend, aber mit wohlwollender Freundlichkeit betrachtete.

»Mein Herr von Aurigny,« sagte er, »ich bin Ihnen heute im Hause der Frau Herzogin von Guéménée begegnet, – um die Gunst dieser so ausgezeichneten und von Seiner Majestät so hoch geschätzten Dame zu besitzen, müssen Sie ein vortrefflicher junger Mann sein und ich habe daran gedacht, Ihnen eine ausgezeichnete Laufbahn zu öffnen.«

Gaston konnte nur durch eine stumme Verbeugung antworten, – die Erwähnung der Herzogin von Guéménée verwirrte ihn, da er eine Berufung auf die Marquise von Pompadour erwartet hatte; doch klangen die Worte des Marschalls so freundlich und ermuthigend, daß sie sein Herz von froher Hoffnung schwellen ließen.

»Es findet sich dazu gerade jetzt eine vortreffliche Gelegenheit,« fuhr Richelieu fort, »der König hat eine überaus dringende und wichtige Botschaft nach Wien zu senden, deren pünktliche und schnelle Ueberbringung der Anerkennung Seiner Majestät gewiß ist. Ich habe sogleich an Sie gedacht und Seine Majestät gebeten, Ihrem Eifer und Ihrer Verschwiegenheit diesen geheimen Auftrag anzuvertrauen.«

Gaston brach fast zusammen unter der Wucht dieses Schlages. Wie durch eine plötzliche Erleuchtung erhellte sich das Dunkel, das ihn bisher umgeben, – die Huld des Königs für Louise, von welcher diese ihm gesprochen, – die so eifrige Unterhaltung Seiner Majestät mit dem jungen Mädchen, – die dringende Einladung zu dem Fest am heutigen Abend, und nun dieser Befehl, der ihn auf lange weithin entfernte, der ihm durch Richelieu überbracht wurde, den langjährigen Vertrauten des Königs bei dessen galanten Abenteuern, – das Alles vereinigte sich in unverkennbarem Zusammenhang – ein Schwindel erfaßte ihn, er schwankte und sah den Marschall mit starren, entsetzten Blicken an.

Dieser schien die Bewegung des jungen Offiziers durchaus nicht zu bemerken. Er zog einen mit dem großen königlichen Wappen versiegelten Brief aus seiner Uniform und sagte:

»Hier, mein Herr, – diesen Brief haben Sie an den Kardinal Bernis zu überbringen, – in einer Stunde müssen Sie auf der Reise sein, und je schneller Sie in Wien ankommen, um so größer wird die Zufriedenheit des Königs sein, – in Wien werden Sie sich zur Verfügung des Kardinals stellen und dessen weitere Bestimmung abwarten.«

»Aber, Herr Herzog –,« begann Gaston zitternd, – »ich –«

»Ah, ich vergaß,« fiel Richelieu lächelnd ein, »die Kasse eines jungen Musketiers pflegt nicht immer gefüllt zu sein wie die eines Generalpächters, – hier,« fuhr er fort, indem er aus einer Schatulle von Ebenholz eine große und runde Börse nahm, durch deren grünseidene Maschen der Glanz der Goldstücke schimmerte, – »hier, das wird ausreichen, – in Wien wird der Botschafter für Ihre Bedürfnisse sorgen, – doch vor Allem reisen Sie unverzüglich ab und schonen Sie die Postpferde nicht.«

»Herr Herzog,« stotterte Gaston, – »ich möchte, – ich habe Freunde, – ich möchte mich von ihnen verabschieden, – bis morgen –«

Richelieu sah ihn erstaunt an, als höre er etwas Unglaubliches, Unfaßbares.

»Ich habe Ihnen gesagt, mein Herr,« sprach er mit scharfer Betonung, »daß der Auftrag besondere Eile und besonderes Geheimniß erfordert, es soll Niemand wissen, daß Seine Majestät einen Kurier nach Wien absendet.«

Gaston fand seinen Muth und seine Entschlossenheit wieder, – je mehr er durchschaute, was im Werke war, um so mehr fühlte er sich verpflichtet, zum Schutze Louisens an ihrer Seite zu bleiben aus jede Gefahr hin.

»Herr Herzog,« sagte er mit fester Stimme, »Ihr Vertrauen, dem ich den Auftrag Seiner Majestät verdanke, ehrt mich und ich werde in jeder Weise mich in anderen Fällen desselben würdig zu beweisen suchen. Ich bin aber Soldat, Herr Herzog, und habe weder Geschick noch Neigung für die Diplomatie, möge Seine Majestät, wenn sich Gelegenheit dazu bietet, mich zu einem Regimente senden, das vor dem Feinde steht, – ich werde mit Freuden meinem Berufe folgen, – diesen Auftrag aber bitte ich einem Ändern zu übertragen, der dafür mehr Geschick hat.«

Der Marschall richtete sich hoch auf und sprach streng, während ein Lächeln spöttischer Ueberlegenheit um seine Lippen spielte:

»Die Ausführung der Befehle Seiner Majestät ist nicht von dem Belieben Derjenigen abhängig, welche der König dafür auswählt, – ich bin erstaunt,« fuhr er achselzuckend fort, »daß ein junger Edelmann, der die Ehre hat, in dem Korps der Musketiere zu dienen, das nicht weiß.«

»Ich weiß sehr wohl, Herr Herzog,« erwiederte Gaston, ohne seine Augen vor dem drohenden Blick Richelieu's niederzuschlagen, »daß es eine hohe Ehre ist, für die Aufträge Seiner Majestät ausgewählt zu werden, – aber ich bitte, diese Ehre ablehnen zu dürfen, – ich bitte um einen Auftrag, der im Kreise meines Berufs als Soldat liegt.«

Richelieu's Blicke flammten vor Zorn über den Widerstand dieses so unbedeutenden, so tief unter ihm stehenden jungen Mannes in einer Sache, von welcher die Durchführung aller seiner ehrgeizigen Pläne abhing.

»Mein Herr,« sagte er mit schneidender Schärfe, – »ein Soldat hat vor Allem zu gehorchen, – ich, Marschall von Frankreich, ertheile Ihnen im Namen des Königs den Befehl, diesen Brief Seiner Majestät sofort nach Wien zu überbringen und auf der Stelle abzureisen – wenn Sie in einer Stunde noch in Versailles sind, so werden Sie in der Bastille weiter über die Folgen Ihrer Insubordination Nachdenken.«

Er reichte ihm mit würdevoller Hoheit den Brief des Königs.

Das Blut drängte zu Gaston's Schläfen hin, eine heftige Erwiederung schwebte auf seinen Lippen, – aber wie ein Blitz durchfuhr ihn der Gedanke, daß Alles verloren sei, wenn er seine Freiheit verlöre, und daß es bei fernerem Widerstande den Marschall nur einen Wink koste, ihn sogleich von hier nach der Bastille abführen zu lassen.

Ohne weiter ein Wort zu sprechen, verneigte er sich, nahm den Brief und eilte wie ein Träumender durch das Vorzimmer, während mancher neidische Blick dem vermeintlich Begünstigten folgte.

»Thörichtes Kind,« sagte Richelieu ihm nachblickend, – »solche sentimentale Gefühle dürfen den Gang der Politik nicht durchkreuzen, mit der ich mich ja beschäftigen muß, da mir meine gute Freundin, die Marquise, und mein vortrefflicher Feind, Herr von Choiseuil, kein Kommando und keinen Botschafterposten geben wollen. Er ist hübsch, die wiener Damen werden ihn diese Kinderei vergessen machen,« sagte er lächelnd, »und wenn diese kleine Louise einmal allmächtig sein wird, so wird er mir danken, daß ich ihn verhindert habe, ihren Weg zur Herrschaft zu versperren!«

Dann rief er seinen Sekretär Rafté und befahl ihm, allen im Vorzimmer Anwesenden zu sagen, daß er zu sehr beschäftigt sei, um noch Jemand zu empfangen, eine Vorsicht, die seinen Einfluß durch das Dunkel, mit dem er sich umgab, noch erhöhen mußte.

Gaston kehrte in fiebernder Unruhe nach seiner Wohnung zurück. Er mußte um jeden Preis Louise sprechen, um sie zu warnen vor der Gefahr, die sie bedrohte, er wollte sie anflehen, mit ihm zu fliehen, um mit ihr in der Verborgenheit zu verschwinden und lieber Armuth und Elend zu ertragen, als sie in den Abgrund sinken zu lassen, den er vor ihr sich öffnen sah und vor dem nur die Flucht sie retten konnte. Aber es war unmöglich, zu ihr zu dringen, die Damen mußten bei der Toilette sein, und er würde unter keiner Bedingung Einlaß in das Hotel der Herzogin von Guéménée finden können. Die einzige Möglichkeit, sie zu sehen und zu sprechen, bot sich auf dem Ball der Marquise, – aber er hatte den Brief des Königs, der ein Staatsgeheimniß enthielt, er hatte den so bestimmten Befehl des Herzogs von Richelieu, – er wußte, was ihm bevorstand, wenn er diesem Befehl trotzte, – ewiger Kerker, vielleicht entehrende Strafe, Tod sogar, – und das Alles drohte ihm um so sicherer, je nothwendiger seine schnelle Entfernung für die Pläne war, die ihn mit Entsetzen erfüllten.

Aber was wagt nicht ein junges liebendes Herz, wenn es sich in dem Gefühle bedroht sieht, das sein ganzes Leben ausmacht?

Er ertheilte seinem Diener den Befehl, eine Postchaise für den Dienst des Königs zu bestellen, ließ seine Garderobe einpacken und fuhr eine Stunde, nachdem er Richelieu verlassen, aus dieser Stadt von Palästen hinaus, welche in zwei Menschenaltern um das stolze Königsschloß Ludwig des Vierzehnten herangewachsen war. Gerade zur rechten Zeit, denn der Sekretär des Marschalls erschien in dem Augenblick, in welchem der junge Musketier in den Wagen stieg, um ihm die gefüllte Börse zu bringen, die er bei seinem Herrn vergessen, – Gaston nahm das Geld und ließ dem Marschall danken, – zur Ausführung der Pläne, die er in seinem aufgeregten Geiste umherwälzte, konnte er nie zu viel davon haben, denn seine eigenen Mittel waren gering genug, und während Herr Rafté dem davonfahrenden Wagen nachsah, um seinem Herrn die wirklich erfolgte Abreise des jungen Mannes berichten zu können, konnte sich Gaston mit jener glücklichen Elastizität der Jugend, welche auch in den schwersten Sorgen ihre Spannkraft bewährt, eines flüchtigen heiteren Lachens nicht enthalten, wenn er daran dachte, daß er vielleicht mit dem Gelde des Marschalls dessen Intrigue zerstören würde. Schnell aber ging diese Heiterkeit vorüber, denn Louise zu entführen, das einzige Rettungsmittel, welches seinem Geiste sich zeigte, war, selbst wenn sie einwilligte, ein so schweres, fast unmöglich scheinendes Wagniß, daß seine ganze Liebe, sein ganzer Jugendmuth und seine ganze bis zur Fieberglut gesteigerte Erregung dazu gehörten, um nicht davor zurückzuschrecken.

Als Gaston die letzten Gartenhäuser von Versailles passirt hatte, ließ er anhalten, befahl dem Kutscher, dem er großmüthig einige von des Marschalls Goldstücken reichte, ihn hier zu erwarten, und erst, wenn er bis zum andern Morgen nicht erschienen sei, nach Versailles zurückzukehren und dort zu sagen, daß er ihn bis zur nächsten Station gefahren.

Dann gab er ein bereit gehaltenes Paket seinem Diener und ging, von diesem gefolgt, durch den Park, an dessen hinteren Eingängen die Wachen ihn in seiner Musketieruniform ungehindert passiren ließen, nach dem Schlosse zurück.

Er erwartete in einem abgelegenen Bosket den Einbruch der Dunkelheit, welche im Monat April ziemlich früh noch eintrat, und hüllte sich dann in den blauen Domino, der in dem mitgebrachten Paket enthalten war und der seine ganze Gestalt verhüllte. Er vertauschte seinen militärischen Hut mit der lang herabhängenden Feder mit einem blauen Seidenhut mit weißer Plumage und verbarg sein Gesicht hinter einer schwarzen Seidenmaske mit langer Barbe. Dann befahl er seinem Diener, der ebenfalls seinen Antheil aus Richelieu's Börse erhielt, sich zu der Postchaise zu begeben und dort bis zum Morgen zu bleiben, dann aber, wenn bis dahin Nichts geschehen sei, in seine Wohnung zurückzukehren, sich dort still zu verhalten und das Weitere zu erwarten.

Alle diese Maßregeln erregten in jener Zeit, wo die Intriguen, theils politischer, theils galanter Natur, zu den alltäglichen Dingen gehörten, weder bei dem Postillon, noch bei dem Diener, der seinem Herrn zudem ganz ergeben war, nicht die geringste Verwunderung und Gaston ging, nachdem er so für alle Fälle gesorgt, hochklopfenden Herzens nach dem Schlosse zurück. Glücklicherweise war das Wetter schön und klar, und er kam gerade zur rechten Zeit vor dem Aufgang zur Wohnung der Marquise an, um sich unter die letzten Gäste zu mischen und unbeachtet die Treppe hinaufzusteigen.

*

Der kleine Chevalier hatte sich von dem Herzog von Choiseuil verabschiedet und war, ganz wieder ermuthigt durch den tröstenden Zuspruch des Ministers und durch dessen stolze Unterredung mit dem Pater Linière, die er angehört, in seinen Gasthof zurückgekehrt, wo er ein kleines, einfaches, aber vortreffliches Mahl zu sich nahm. Einige Gläser von dem im Auslande nicht genug gekannten und gewürdigten leicht moussirenden Wein von Anjou erfüllten ihn vollends mit Freudigkeit und sprühender Thatenlust; er verfolgte mit immer größerer Neigung den zuerst aus Depit gefaßten Gedanken, im Damenanzuge den Ball der Marquise zu besuchen, er malte sich im Geiste, während er in die aufsteigenden Perlen des topasfarbig glänzenden Weines blickte, alle die reizenden Intriguen aus, zu welchen diese Verkleidung ihn führen könnte, und in dieser aus Bangigkeit, bitterem Trotz und lebensfrischem Durst nach Abenteuern gemischten Stimmung sendete er seinen Diener mit einem zierlichen kleinen Billet nach dem Hotel der Herzogin von Guéménée, um von Fräulein Louise den versprochenen Domino zu erbitten.

Nun fügte es die Laune des Schicksals, – denn das Schicksal, welches die alte Mythologie als ein starres Wesen mit ehernen Zügen und unerbittlichen Blicken darstellt, hat in der That zuweilen ganz wundersame und tolle Launen, welche oft die tiefdurchdachten Pläne der Menschen bunt durch einander werfen, – diese Laune des Schicksals fügte es, daß die Zofe, welcher Fräulein von Beaumont den Befehl gab, die bereits zurecht gelegte Garderobe für ihren Vetter dem Boten zu übergeben, diesen Befehl nicht ganz genau verstand und den blauen Domino mit der weißen Schleife, welchen Fräulein Louise als Erkennungszeichen für Gaston tragen wollte, in einen zierlichen mit Seide gefütterten Korb packte und ihn dem wartenden Diener übergab, der sogleich damit nach dem Gasthofe zurückeilte.

Der Chevalier bemerkte die Verwechslung nicht und hüllte sich vor dem Spiegel in das weite Gewand, das ihm fast zu lang war und dessen Capuchon seinen Kopf vollständig verbarg, so daß man nur die schwarze Maske und die unter derselben hervorblitzenden Augen sah. Der Chevalier ging vor dem Spiegel auf und ab, – die ganze Gestalt, die Bewegungen, Alles erschien völlig weiblich in dem faltigen Mantel, es wäre unmöglich gewesen, einen Mann unter demselben zu vermuthen, und zum ersten Male war er erfreut über dieß seltsame Naturspiel, das ihm möglich machte, den Hof unter dem Schutz einer Verkleidung zu beobachten, welche ihm die galante Rücksicht auch der Hochgestelltesten sicherte.

Er fuhr in seinem Miethwagen zur Marquise und mischte sich unter die bereits in dichtem Gewühl die Säle füllende Gesellschaft, wo er bald von der einen und der andern Maske intriguirt wurde und durch seine pikante Unterhaltung mehrere große Herren, unter deren Domino man ein blaues Band und einen Stern hervorschimmern sah, so zu fesseln wußte, daß sie ihn längere Zeit begleiteten und neugierig forschend in die funkelnden Augen blickten, welche wie geistsprühende Sterne aus den Oeffnungen der schwarzen Maske hervorleuchteten.

Fräulein Louise war zwar sehr erschrocken, als ihre Zofe ihr einen weißen Domino brachte, und sie erfuhr, der für sie bestimmte sei ihrem Vetter gesendet worden, – doch tröstete sie sich bald damit, daß sie ja ihrerseits Gaston erkennen würde, und daß dieser, wenn er den Chevalier für sie halten und anreden sollte, ja zu einem Vertrauten sprechen und das Mißverständniß sich in jeder Weise bald aufklären müsse. Ganz hoffnungsvoll und glücklich betrat sie also die lichtstrahlenden Säle an der Seite der in eine Chauve souris gehüllten Herzogin und spähte, sobald sich ihr Blick an die blendende Helle gewöhnt hatte, eifrig suchend umher, um ihren Gaston in der Menge zu entdecken.

*


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