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Die Maikäferjagd zu Schildhausen.


Schildhausen ist einer der Orte der Schweiz, in welche der Volksgeist seine Witze und Schnurren verlegt, wobei er dann thut, als wären sie wirkliche Begebenheiten und ihnen sogar den ehrwürdigen Moder des Alterthums mit Absicht beimischt, wie der listige Gastwirth, der die Flaschen seines neuen Rüdesheimer mit Spinngeweben behängt. Zwar kommen dann die Gelehrten und untersuchen in pedantischer Weise den Ursprung dieser Eulenspiegeleien, wobei sie sich in der Weise ausdrücken, daß eine »Translokation« stattgefunden habe. So behaupten sie von einigen, daß die eigentlichen Schildbürger ihnen zu Gevatter gestanden; einige wollen sogar alten Witzblättern die Ehre der Erfindung zuschreiben.

Es hat dieses frevelhafte Gebahren auch schon seine Früchte gezeitigt. Nämlich die Harmlosigkeit und Gemüthlichkeit der kleinen Städte, in welcher sie ihre Dummheiten begangen, ist beinahe verschwunden. Daran sind außer jenen Gelehrten auch die Zeitungen schuld, welche sofort alles an die große Glocke hängen und jene Orte aus ihrer Unbewußtheit und Unbefangenheit stören, so daß sie sich sogar des Ruhmes ihrer Vorfahren zu schämen beginnen und sich ängstlich hüten, neue Dummheiten zu begehen.

In diesem Falle befand sich die junge Generation unseres Städtchens Schildhausen, von dem die boshaften Zungen behaupten, daß, wer bei dem einen Thore stolpere und falle, am andern mit der Nase aufschlage. Die modernen Leute des Städtchens hatten sich schon mit dem Plane getragen, bei der Regierung um Aenderung ihres Ortsnamens einzukommen, weil alle Dummheiten, die von ganzen Orten oder einzelnen Individuen begangen wurden, sogar Witze aus den »Fliegenden« unter ihrer Firma im Lande kursirten. In jeder Weise suchten sie es zu verhindern, daß zu den Lorbeeren ihrer Väter ein neues Reis gefügt würde. Bis zu einem gewissen Grade war ihnen dies auch gelungen und die Leute redeten wenig mehr von Schildhausen; nur der Einzelne wurde etwa im Kreise der Zechgenossen Gegenstand ihrer Sticheleien und Anspielungen. Aber plötzlich, als sie sich in großer Sicherheit befanden, begingen sie in aller Unschuld eine Dummheit, welche sie der Vergessenheit entriß und den Glanz ihres Ruhmes von Neuem auffrischte.

Und daran waren die Maikäfer schuld, welche im letzten Maikäferjahr – nicht gekommen waren.

Diese verschuldeten durch ihre Nichtgeburt das Unglück des Herrn Balthasar Klingele, Mitglied des hochlöblichen Stadtrathes von Schildhausen und brachten zugleich Unheil über das Städtchen.

Wie das kam, will das Folgende darzulegen suchen.

Jedes Unglück hat eine tiefere Ursache, welche in der Natur der Dinge begründet ist und außerdem eine mehr zufällige, die wir in der Schule bei Erklärung der Kriege Veranlassung nennen hörten und welche wir am besten begriffen, weil es sich dabei meistens um ganz konkrete Dinge handelte, und um Mein und Dein. Die tiefere Ursache lag diesmal in dem Ehrgeize Derer von Schildhausen, welche nach irgend einer Stellung im öffentlichen Leben, die mit einem wohlklingenden Titel verbunden war, mit nicht minderer Begierde trachteten als ein gläubiger Monarchist nach einem Orden. Und diese Ursache lag am besten entwickelt in Herrn Balthasar Klingele, dem »Tuchherr« von Schildhausen. Seine Hablichkeit hatte mit jedem Meter Tuch, den er vorgemessen, zugenommen und diesem schwerwiegenden Umstand hatte er seine Wahl zum Stadtverordneten zu verdanken. Als seine Mittel ihm den angenehmen Stand eines Rentiers erlaubten, zog er sich allmählig von seinem Geschäfte zurück, um sich mit mächtigem Eifer denjenigen des Städtchens zu widmen. Seit sein Ehrgeiz bezüglich finanzieller Größe befriedigt, erwachte bei ihm derjenige nach politischer. Als Stadtrath zeigte er eine Thätigkeit, die einzig war; nicht der kleinste Fehler im Gemeindehaushalte entging seinem allgegenwärtigen Auge. Er hatte, wie so mancher pflichteifrige Beamte, die Ueberzeugung erlangt, daß ohne seine Person die Welt, welcher er sein Licht leuchten ließ, nicht einen Tag in gleicher Güte bestehen könnte. Aber daß sie, d. h. Schildhausen, noch besser regiert wäre, wenn er als dessen oberster Beamter funktionirte, war nicht minder seine felsenfeste Ueberzeugung, welche er auch zu derjenigen der Mitbürger zu machen bestrebt war.

Herr Balthasar hatte keinen geringern Ehrgeiz, als Stadtpräsident von Schildhausen zu werden und seine Phantasie führte ihn sogar noch höher und er sah sich in der politischen Rangleiter emporsteigen, immer höher und höher, so daß sich die Höhe unserer Berechnung entzieht und wir nicht im Stande sind, genau das Ziel seines Ehrgeizes anzugeben. Denn Herr Balthasar war in der beneidenswerthen Lage, ohne Rücksicht auf die Zeit, seinen Phantasien nachhängen zu können.

Unglücklicherweise aber lag die höchste Magistratur des Städtchens in den festen Händen des »Eisenherrn« Töpfli, des reichen Besitzers der Eisenwaarenhandlung, der sich aber wenig daraus machte und in den Augen Herrn Balthasars dieselbe mit unverantwortlichem Leichtsinne versah, weil er nicht im höchsten Eifer von einem Ende der Stadt zum andern sprang und überhaupt wenig Aufhebens machte. Nichts destoweniger wickelten sich unter seiner Leitung die Geschäfte ruhig und gut ab, so daß an seiner verständigen Unbeweglichkeit schon manche Motion des Rivalen zerschellt war.

Je größer aber die Macht des Eisenherrn und je fester seine Stellung als Gemeindeoberhaupt war, desto motionseifriger wurde Herr Klingele.

Es war am Tage der wichtigen Frühjahrssitzung. Nächsten Herbst waren die je nach sechs Jahren widerkehrenden Wahlen der Gemeindebeamten. Wenn Herr Balthasar diesmal nicht den Sieg davontrug, so durfte er sich wohl in den Haaren kratzen, da die Erreichung seines Zieles dann um sechs Jahre hinausgeschoben und er bis dahin um diese Zahl Jahre älter wurde und am besten that, auf die Würde und die andern hochfliegenden Pläne zu verzichten.

Es mußte etwas geschehen, was die Aufmerksamkeit der Bürger wieder auf ihn lenkte, schien es ihm doch, als habe er seit einiger Zeit nichts geleistet, da er keine Motion eingebracht und nichts Außerordentliches entstanden war, das man seiner Initiative zu verdanken hatte.

Um darüber nachzudenken, wie seinem Ansehen neuer Glanz zu verschaffen sei, beging er am Tage der Sitzung des Stadtrathes den gewöhnlichen Spazierweg der Bürger. Es war dies eine Straße im Osten der Stadt, die an einem bewaldeten Hügel hinführte. Dort konnten sie sehen, wie das junge Grün sich von Tag zu Tag dehnte und anschwoll.

Herrn Balthasars gerundeter Leib bewegte sich auf dieser Straße etwas schwerfällig vorwärts. Seine Stirne war in tiefe Denkerfalten gelegt und die Augen schauten strenge geradeaus in die Luft oder auf die Straße und bemerkten nichts von der Frühlingspracht ringsum. Nach einem langen Winter war der Lenz plötzlich in das Land hinabgestiegen und hatte die Erde mit seiner Herrlichkeit überzogen und beinahe jeden Baum in einen Blumenstrauß verwandelt. Für alles dies hatte der Herr Stadtrath kein Auge. Er sah auch nicht, wie das Gold der untergehenden Sonne im Laubwerk des nahen Waldes spielte und auch auf sein rundes, fettes Gesicht einen verklärenden Schein warf, der indessen nicht die Macht besaß, ihm den strengen Ausdruck zu nehmen. Ehrgeizige Pläne bewegten ihn und die Sorge um einen neuen Antrag.

Umsonst war seine Anstrengung.

Wie sehr es auch das Gehirn anstrengte und Haus um Haus des Städtchens vor seinem Geiste vorbeispazieren ließ – keine großartige Neuerung war anzubringen. Er durchlief in Gedanken die Reihe der städtischen Beamten – bis auf den Nachtwächter hinab erfüllten alle ihre Pflicht und es bot sich keine Gelegenheit, einen Tadel zu beantragen. Vergebens schob er den Hut von der Stirne zurück, daß sie freier werde, ohne Erfolg rieb er stark an der Nasenwurzel und beschleunigte er die Schritte, damit die Gedanken in rascheren Fluß geriethen. Er kam sich wie vernagelt vor. Bisweilen stieß er in zorniger Ungeduld den Stock auf den Boden, daß ihn die Hand schmerzte. Er gerieth über die Grenzen seines gewöhnlichen Spazierganges hinaus, ohne dessen zu achten. Die Sonne war bereits hinabgesunken und nur in den Wolken war noch etliches Gold stecken geblieben. Er marschirte immer noch vorwärts.

Da – Bumms!

Er schrack heftig zusammen und stand fassungslos da. Alle Gedanken waren entflohen und sein Stock schwebte geraume Zeit in der Luft, da sich der Schrecken auch ihm mitgetheilt. Etwas, das einem Geschosse ähnlich war, hatte seine Stirne getroffen. Sein Auge suchte in der Dämmerung. Ein Maikäfer, der war das Etwas, setzte seinen trunkenen Flug fort und entschwand bald seinen Blicken. Da kehrten die entwichenen Lebensgeister zurück und zugleich freudige Klarheit:

»Richtig! Heuer ist ein Maikäferjahr und die Verordnung bezüglich des Einsammelns ist noch nicht erlassen.«

Die Gelegenheit, um 8 Uhr in der Sitzung mit einem Antrage hervorzutreten, war gefunden und Herr Balthasar drehte sich um und kehrte schleunigst nach Hause.

Damit hatte es seine volle Richtigkeit. In den Kalendern und von den Leuten, die dergleichen nachrechnen, wurde dargethan, daß jenes Jahr, welches wir nicht verrathen dürfen, wirklich ein Flugjahr der Maikäfer hätte sein sollen. Das war die Theorie. In der Praxis gestaltete sich aber die Sache so, daß die Brut des Ungeziefers durch die grimmige Kälte des langen Winters zerstört wurde und nur etliche Exemplare zu ihrem verbrecherischen Dasein gelangten. Und eines derselben war zufällig mit Herrn Klingeles gestrengem Gesicht in Berührung gekommen und hatte in dessen Besitzer die Erinnerung an den Paragraphen der alten Polizeiordnung geweckt, welcher für die Flugjahre der Maikäfer das Einsammeln derselben vorschrieb. Das war auch wieder eine der Unglücksursachen in Schildhausen, daß die Bewohner sich die moderne Aufklärung angeeignet hatten und klug geworden waren, aber gleichwohl noch uralten Gesetzen und Verordnungen gehorchten, welche aus der glorreichen Zeit der thorheitsberühmten Ahnen stammten.

Herr Balthasar aber wußte nichts von der Verheerung, welche der Winter unter dem Insektenvolke angerichtet hatte. Sein Ehrgeiz, der ihn ausschließlich beschäftigte, ließ ihn an nichts anderes denken und er nahm den einzelnen Maikäfer sofort als Beweis des Vorhandenseins einer Menge anderer. Er hatte Gelegenheit, einen Antrag einzubringen, welcher zugleich die Saumseligkeit seines Gegners bewies.

Am Schlusse der Sitzung machte er die Kollegen mit gesuchter Unbefangenheit auf die unterlassene Anordnung aufmerksam. Seine Bemerkung rief auf den Gesichtern der Räthe ein Lächeln hervor. Dasjenige auf dem Gesichte des Eisenherrn soll ein bischen schadenfroh gewesen sein. Als Jemand meinte, es sei schwierig, Maikäfer zu sammeln, da alle erfroren seien, bewies Herr Balthasar mit Heftigkeit, daß das laufende Jahr ein Flugjahr der Maikäfer sei und berief sich auf den betreffenden Paragraphen des Reglementes. Daß wirklich Maikäfer vorhanden waren, hatte er ja erfahren. Man gab ihm, seiner bekannten Schwäche Rechnung tragend, nach und beschloß die Verordnung im »Tagblatt« zu veröffentlichen.

Das Verhängniß schwebte über Schildhausen.

Am folgenden Tage, als der Bote das »Tagblatt« an die Abonnenten austheilte, wurde beinahe in jedem Hause Gelächter und Unwillen durch die Verordnung erregt. Jeder Bürger sollte drei, jeder Insaße zwei Liter Maikäfer lebend abliefern, oder im Unterlassungsfalle für den Liter 1 Franken bezahlen. Auch der Witz wurde durch das Gebot geweckt.

Einer meinte: »Die Maikäfer sind beinahe so theuer wie dieses Jahr der Wein.«

»Weil sie so selten sind,« erwiderte ein anderer.

So lachten und schimpften sie über die sonderbare Verordnung des Rathes, weil sie nicht wußten, wo Maikäfer hernehmen. Sie machten aber die Faust nur im Sacke, denn sie waren gute, gehorsame Bürger, welche ihrer Obrigkeit keine Steine in den Weg legten und für sich nur das Recht in Anspruch nahmen, freimüthige Kritik zu üben. So begingen sie eine Lächerlichkeit lediglich aus Bürgertugend und nicht mehr aus unbewußter Thorheit, indem sie im Gegentheil derselben deutlich bewußt waren.

Schildhausen machte sich auf die Maikäferjagd.

Die Bürger und Insaßen standen frühe auf, was sie sonst nicht thaten, und zogen in den Wald, um dort das erstarrte Ungeziefer von den Bäumen zu schütteln. Die Menge derselben war aber eine geringe. Deshalb lasen sie die Käfer sorgsam auf, daß nicht etwa einige verloren gingen. Das eigentliche Jagdvergnügen aber begann erst am Abend, wenn die Käfer um die Bäume schwirrten. Dann eilte Groß und Klein, Jung und Alt vor die Thore und sprang den Waldsaum entlang. Mancher stellte eine verwegene Jagd an nach einem einzelnen Käfer, wobei er bei seinen Sprüngen am steilen Abhang die Gefahr des Ueberpurzelns wagte. Einige fingen die Thiere, wie die Knaben die Schmetterlinge; andere setzten ihnen mit Mützen oder Taschentüchern in der Hand nach, um sie im Fluge niederzuschlagen und ihrer habhaft zu werden. Freudenrufe ertönten bei einem glücklichen Fange. Das gemeinsam getragene Leiden verwandelte sich zuletzt zu einem Vergnügen, das die Bürger in unschuldiger Fröhlichkeit genossen.

Weil sie geraume Zeit brauchten, um das geforderte Maß Käfer zusammen zu bringen, handelte es sich darum, die Gefangenen bis dahin am Leben zu erhalten. Und sie widmeten ihnen in rührender Weise eine sorgfältige und zärtliche Pflege, wie sie nicht einmal ihre Kinder erhielten. Aengstlich fütterten sie die Käfer mit Laub, auf daß sie nicht etwa verhungerten, bevor sie die nöthige Menge gesammelt hatten.

Eigentlich war es eine bittere Ironie des Zufalles, daß die Bürger von Schildhausen Maikäfer fingen. Denn diese hätten ihnen nur geringen Schaden zufügen können. Da sie das Land rings um das Städtchen den Bauern der umliegenden Orte verpachtet hatten, betrieben sie die Maikäferjagd in Jener Interesse. Die Bauern machten sogar aus dem Sammeln der Käfer ein Geschäft, indem sie dasselbe gegen gute Bezahlung für diejenigen Bürger besorgten, welche sich nicht damit befassen mochten. Da sie ihnen gut bezahlt wurden, wünschten die Schlauköpfe sogar, die Maikäfer wären besser gerathen.

Endlich ging dieser Kelch an Schildhausen vorüber. Die Mehrzahl der Bürger hatte die geforderte Literzahl aufgebracht, während der Rest baares Geld auflegen mußte. Die Maikäferjagd war beinahe vergessen, als sie unerwartet ein Nachspiel erhielt, das zeigte, daß die von Schildhausen den Kelch nicht völlig geleert hatten.

Eines Tages, als alle Welt sich auf dem Gewohnheitswege fortschleppte, erschien in der Nummer eines schweizerischen Witzblattes ein figurenreiches Bild, betitelt: »Die Maikäferjagd zu Schildhausen.« Darauf war in köstlicher Weise die thörichte Jagd dargestellt, wie die Bevölkerung in wilden Sprüngen den Käfern nachsetzte. Ferner waren noch einzelne der Phantasie des Zeichners entsprungene Erfindungen humorvoll zugefügt. Die Geschichte mußte durch einen boshaften und ergrimmten Insaßen zur Kenntniß der Redaktion jenes Blattes gelangt sein.

Das Land machte sich schon über Schildhausen lustig und wetzte an seinem neuen Streiche seinen Witz, als man im Städtchen noch keine Ahnung davon hatte. Denn das Witzblatt wurde dort nicht gehalten. Endlich drang ein dunkles Gerücht in die Mauern und erzeugte in den Bewohnern schwere Ahnungen und einen Zustand, als ob eine schwarze Gewitterwolke über dem Städtchen drohte. Und als die Ahnung Gewißheit wurde und das unglückselige Blatt von Haus zu Haus wanderte und dessen Bewohnern Qualen der Scham bereitete, war das Unglück allgemein. Das ganze Städtchen war wie niedergeschmettert und befand sich im Zustande halber Betäubung. Die Menschen schlichen mit gesenkten Köpfen umher, wie wenn sie ein schlechtes Gewissen hätten und wagten kaum, einander in's Gesicht zu schauen. Nachdem sie sich so große Mühe gegeben, verständig zu sein und keine Dummheiten zu den alten zu fügen, nachdem sie sich schon der Dunkelheit und des Nebels gefreut hatten, welche das Städtchen einzuhüllen begonnen, war das Gefürchtete doch geschehen, das Städtchen war aus der Tiefe emporgeschnellt zu einer im ganzen Land sichtbaren Höhe als hell glänzende Burg der Thorheit, auf welche das Volk mit Fingern zeigte und damit sein Gespötte hatte. Das Verhängniß war schnell und schrecklich über Schildhausen eingebrochen!

Es folgten viele Wochen des prächtigsten Wetters, ohne daß die sonst reiselustigen Schildhausener aus ihren Mauern zu gehen wagten aus Furcht, das Opfer der Sticheleien und Anspielungen zu werden. Sie verbrachten den herrlichen Frühling in ihren dumpfen, engen Mauern und trugen in ihrer Brust stumme Qual.

Noch größer als das Unglück der Uebrigen war dasjenige des Herrn Balthasar Klingele. Die Rathsherrn verfehlten nicht, die Schuld auf ihn abzuwälzen als den Urheber des Gebotes. Zu dem Spotte hatte er den Schaden. Denn er durfte nicht daran denken, im Herbste zum Gemeindeoberhaupte gewählt zu werden. Anspielungen auf eine gewisse Verordnung im Schooße des Stadtrathes veranlaßten ihn sogar, die Entlassung einzureichen, die bereitwillig angenommen wurde.

Zerronnen waren die schönen Träume von politischer Größe, da ihm deren erste Staffel genommen war.

Die Maikäfer hatten in ihm einen unversöhnlichen Gegner gefunden und einen nicht minder ingrimmigen in den Bürgern von Schildhausen. Und wer in den Ort kommt, hüte sich, von Maikäfern zu sprechen, sofern er nämlich nicht die Berührung mit unsanften Fäusten wünscht!


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