Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

29.
Die Meuterer auf Pitcairn

Meine zweite Geschichte fängt schlimm an,« fuhr der Ingenieur fort: »Im Jahre 1788 hielt sich Kapitän Bligh mit der englischen Brigg ›Bounty‹ in Tahiti auf, um Setzlinge des Brotfruchtbaums zu holen, der in Amerika heimisch gemacht werden sollte.

»Seine Strenge und die Lust, auf der herrlichen Südseeinsel ein ungebundenes Leben zu führen, trieb seine Mannschaft zur Meuterei, nachdem die Rückfahrt angetreten worden war. Der Kapitän und achtzehn Mann, die ihm treu geblieben waren, wurden in einem Boote ausgesetzt, mit so geringen Vorräten an Wasser und Lebensmitteln, daß ihr Untergang unvermeidlich schien, auch wenn das überlastete Boot nicht bald sinken würde, was das wahrscheinlichste war.

»Die Rädelsführer der Meuterer, der Steuermann Fletcher Christian und der Matrose Alexander Smith befürchteten mit Recht, daß eine Rückkehr nach Tahiti ihnen verhängnisvoll werden könne. Viele leichtsinnigere Gefährten forderten sie jedoch so stürmisch, daß Christian, der sich zum Anführer aufgeworfen hatte, ihnen den Willen tun mußte.

»Er selber mit seinen klügeren Gefährten beschloß, die unbewohnte und fruchtbare Insel Pitcairn aufzusuchen, die von allem Schiffsverkehr fern lag und den vorzüglichsten Schlupfwinkel bot. Mehrere Männer von Tahiti schlossen sich ihnen an, aber auch junge Mädchen, die den Matrosen als Gattinnen folgen wollten, darunter die reizende Jucata, die Tochter des Königs der Insel, die Alexander Smith zur Braut gewonnen hatte.

»Fletcher Christian war vorsichtig genug, seinen zurückbleibenden Kameraden nicht zu verraten, wohin er sich wendete. Diese führten nun ein üppiges Leben auf Tahiti, verfeindeten sich jedoch die Eingeborenen durch ihren Übermut und ihre Roheit.

»Wie durch ein Wunder entging Kapitän Bligh mit seinen Unglücksgefährten dem Untergang und gelangte nach schrecklichen Mühsalen nach Timor und von dort nach England. Auf die Kunde der Meuterei wurde ein Kriegschiff nach Tahiti gesandt, dem die dortigen Meuterer durch die verbitterten Insulaner ausgeliefert wurden. Sie wurden in England verurteilt und gehängt.

»Inzwischen hatten sich die anderen Meuterer auf Pitcairn niedergelassen.

»Gleich einer uneinnehmbaren Festung ragen die Felsen dieses Eilands schroff aus dem Meere empor. Nur an einer Stelle springt ein schmales Riff in die See hinaus, gebogen wie ein Horn, und so einen sicheren Hafen bildend, der einem Schiffe die Landung ermöglicht. Hier lag die ›Bounty‹ geborgen.

»Von dieser Bucht führte ein steiler Felspfad durch mehrere Engpässe auf die Höhe. Im Notfall genügten wenige Mann, um diesen einzigen Zugang gegen ein ganzes Heer zu verteidigen, zumal die Schiffsgeschütze hinaufgeschafft wurden und es an Munition nicht mangelte.

»Oben lagen ausgedehnte Matten fruchtbarsten Landes, rings umschlossen von steilen Felswänden. Da wuchsen schattige Brotfruchtbäume, Bananen, Mangos, Kokospalmen und andere Bäume, deren Früchte allein schon genügten, eine zahlreiche Bevölkerung zu ernähren, und es blieb noch Land genug zum Anbau übrig.

»Mehrere Süßwasserquellen sprudelten aus den Felsen hervor und schlängelten sich in kristallklaren Bächen durch die grünenden Gefilde zwischen den jäh abfallenden, schwindelnden Felsenwällen. Hunderttausende brütender Seevögel nisteten im Gestein und lieferten Eier und Geflügelbraten in unerschöpflichen Mengen. Auch an jagdbarem Wilde fehlte es nicht. Unten am Strande gab es reiche Austernbänke und das Meer wimmelte von Fischen.

»Einen günstigeren Platz hätten die Meuterer nicht finden können: es war eine uneinnehmbare Festung und zugleich ein irdisches Paradies. Wären nur die Menschen, die es zum ersten Male bevölkerten, dieses Paradieses würdiger gewesen!«

»Die Welt ist vollkommen überall, wo der Mensch nicht hinkommt mit seiner Qual,« zitierte Helling.

»Ja, dies sollte sich hier erweisen,« fuhr Sieger fort: »Die Ansiedler bauten sich Hütten auf der Höhe im Grünen. Dann schafften sie alles aus der Brigg an Land, was ihnen dienlich sein konnte, das heißt alles, was die ›Bounty‹ überhaupt barg, denn was hätte es geben können, für das sie keine Verwendung gehabt hätten, abgeschlossen von der ganzen übrigen Welt, ohne Möglichkeit, etwas einzuhandeln?

»Da es schon zu Anfang nicht ohne Streitigkeiten abging, wollte Fletcher Christian seinen Leuten jede Möglichkeit rauben, die Insel zu verlassen, und hoffte auf diese Weise seine Herrschaft über sie zu befestigen. Auch fürchtete er, die in der Bountybucht schaukelnde Brigg könnte einmal einem zufällig vorübersegelnden Schiffe ihre Anwesenheit auf der Insel verraten. Deshalb schlich er sich am 30. Januar 1790 hinab und legte Feuer in das prächtige Fahrzeug, das nun ein Raub der Flammen wurde.«

.

»Wie schade!« rief Johannes aus: »Wenn das Schiff zerstört werden sollte, hätten sie es doch stranden lassen sollen und es ganz auseinandernehmen. Was hätten sie mit den vielen Planken, Balken und Brettern alles anfangen, besonders sich schöne Häuser daraus bauen können!«

»Vielleicht dachte der Steuermann daran,« meinte sein Vater: »Aber das ging deshalb nicht, weil die meisten andern von einer Vernichtung des Schiffes nichts wissen wollten, das ihnen die einzige Hoffnung gab, später einmal wieder bewohnte Gegenden aufzusuchen. Deshalb erregte die Tat auch allgemeine Empörung. Besonders die Tahitier gerieten in Wut: sie hatten keine Strafe zu fürchten und wollten nicht für immer verhindert sein, ihre schöne Heimatinsel und ihre dortigen Lieben wieder aufzusuchen. Nun ihnen diese Hoffnung geraubt war, gärte ein solcher Groll in ihnen, daß Christian sich in den unzugänglichsten Felsen verbergen mußte. Er hatte durch seine eigenmächtige Tat gerade das Gegenteil von dem erreicht, was er damit bezweckte.

»Nur in der Nacht, von Hunger und Durst getrieben, wagte er sich aus seinem Versteck hervor. Doch die Tahitier erkundeten seine nächtlichen Ausflüge und legten sich in den Hinterhalt. Eines Morgens wurde sein blutiger Leichnam bei der Quelle gefunden, in der er seinen Durst zu löschen pflegte.

»Von da an nahmen die Streitigkeiten und Kämpfe kein Ende. Es dauerte nicht lange, so waren nur noch drei Männer auf der Insel übrig, drei Weiße: Smith, Young und Baker. Außer ihren Frauen waren noch die Witwen und die kleinen Kinder der Erschlagenen und Ermordeten da.

»Baker hatte die unselige Kunst erfunden, aus einer Wurzel ein stark berauschendes Getränk zu bereiten, und gab sich mit zügelloser Gier dem Genuß des betäubenden Gebräus hin. Zuletzt verfiel er in Säuferwahnsinn und stürzte sich von einer Klippe ins Meer.

»All diese grausigen Erlebnisse machten einen erschütternden Eindruck aus die allein überlebenden Männer, Smith und Young. Die Reue, die aus dem Entsetzen und der Furcht vor einem ähnlichen Untergange mit Schrecken hervorwuchs, trieb sie zurück zu ihrem längst vergessenen Gott und zum Gebet. Die Heilige Schrift und manches fromme und gute Buch, das sie mit der Schiffsbibliothek gerettet hatten, gab ihnen Trost und wandelte ihre Herzen von Grund aus um. Dann begannen sie die heidnischen Weiber in der christlichen Lehre zu unterrichten und hatten die Freude, in ihnen verständige Schülerinnen und zugängliche Gemüter zu finden.

»Vor allem Jucata, die Königstochter von Tahiti, Smiths Gemahlin, zeigte einen ganz hervorragenden Verstand, eine ungewöhnliche Begabung und eine kindliche Seele, die für alles Gute und Edle empfänglich war. Sie wurde bald eine so lebendige, in aller Erkenntnis geförderte Christin, daß sie ihrem Gatten ein rechter Trost und eine segenspendende Gehilfin wurde.

»Für die nun heranwachsenden Kinder richtete Young eine Schule ein. Er hatte in seiner Jugend eine vorzügliche Erziehung genossen und verfügte über wirklich hervorragende Kenntnisse. Dazu stand ihm die reichhaltige Schiffsbibliothek zur Verfügung. So konnte er die Kleinen in allem Wissenswerten und Guten unterrichten.

»Smith und Jucata übernahmen den Religionsunterricht; außerdem ließ es sich Smith angelegen sein, die Kinder allerlei Handwerke zu lehren und sie durch leibliche Übungen zu kräftigen. Das Hauptaugenmerk aber richteten die drei darauf, alle sich regenden bösen Triebe im Keime zu ersticken, und ihre eigene Schuld mit den furchtbaren Erfahrungen, die sie gemacht hatten, befähigten sie, ihren eifrigen Schülern und Schülerinnen recht eindringlich klar zu machen, welch ein schlimmes Ding es um die Sünde sei und welchen Jammer sie über die Schuldigen bringe.

»Die Erfolge ihrer redlichen Bemühungen übertrafen ihre kühnsten Erwartungen: unter ihren Augen und ihrer liebevollen Fürsorge wuchs ein junges Geschlecht heran, das in fröhlicher Gottesfurcht nur dem Guten diente und von warmherziger Liebe zu den Eltern und Geschwistern beseelt war: denn sie alle bildeten nur noch eine große, einträchtige Familie.

»Um jede Erinnerung an sein früheres, verabscheutes Leben zu tilgen, nannte sich Smith fortan Adams. Wenn seine alte Schuld ihn drückte und wenn er verzagen wollte über der Größe seiner Aufgabe und seiner Unwürdigkeit, so war es, nächst dem Gebet, seine treue Jucata, die ihn aufrichtete. Vor allem drängte sie ihn immer, daß er sie durch die heilige Taufe in den Bund der Christenheit aufnähme. Er aber sträubte sich gegen den ungeheuerlichen Gedanken, ein so heiliges Amt wie das Priesteramt auszuüben, dessen er sich so unwert fühlte, als ein so großer Sünder, ja Verbrecher.

»Als aber Young an einem Lungenleiden starb, an dem er schon lange litt, stellte es Jucata ihrem Gatten als seine Pflicht dar, der Priester der hirtenlosen Gemeinde zu werden, und hielt ihm vor allem das Beispiel des Saulus vor, der als Paulus die hohen Aufgaben übernahm, zu denen ihn Gott berief, obgleich auch er sich ihrer nicht wert fühlte und das Bewußtsein hatte, der Vornehmste unter den Sündern zu sein.

»Da konnte sich Adams, wie er sich ja jetzt nannte, schließlich der Einsicht nicht verschließen, daß Gottes Fügung ihn tatsächlich dazu berufen habe, auch eine für ihn so schwere Pflicht zu übernehmen, und daß er sich an der großen Gnade, die er erfahren durfte, versündigen würde, wenn er sich länger sträube, den Seelen, die ihm anvertraut waren, als christlicher Priester zu dienen. Er mußte ja schon lange, als der einzige Mann auf der Insel, die sonntäglichen Gottesdienste halten, und es bestand keine Aussicht, daß in absehbarer Zeit ein Missionar oder Geistlicher in diese Einöde gelangen werde.

»So taufte er denn zuerst seine geliebte Jucata, dann die anderen Frauen, die ebenso sehnsüchtig danach verlangten, und die neunzehn Kinder, die bis jetzt den Nachwuchs der Gemeinde bildeten. Später kam die Zeit, da er auch glückliche Ehebündnisse einzusegnen hatte.«

»Das Bild, das du uns von Pitcairn entworfen hast,« sagte Onkel Siegmund, »ist allerdings dasjenige eines irdischen Paradieses. Allein wie gelangte Kunde von diesem weltfernen Eilande nach Europa?«

»Das geschah erst nach fünfunddreißig Jahren, obgleich es schon früher hätte der Fall sein können. Denn schon im Jahre 1803, also im vierten Jahre nach der Besiedelung Pitcairns durch die Meuterer, landete Kapitän Folger auf der Insel. 1814 weilte Kapitän Thomas Staines von der englischen Fregatte ›Breton‹ mehrere Tage als Gast bei Adams und 1821 lief ein amerikanisches Kauffahrteischiff das Eiland an. Aber diese Besucher, die keine Ahnung davon besaßen, daß es die Meuterer der ›Bounty‹ waren, die hier Zuflucht gesucht hatten, veröffentlichten keine Berichte über ihren Besuch, oder, wenn sie es taten, waren sie doch nicht derart, daß sie Aufsehen erregt hätten.

»Erst als im Jahre 1824 der englische Kapitän Beechy auf Pitcairn gelandet war und eine begeisterte Schilderung seiner dortigen Erlebnisse und Beobachtungen entwarf, lief die märchenhafte Kunde durch ganz England und erweckte die allgemeine lebhafteste Teilnahme.

»Beechy kannte die weitverbreitete Beschreibung Pitcairns durch ihren Entdecker Carteret; eine andere Kunde über die Insel hatte er nicht. Er hielt daher das Eiland für unbewohnt, wußte jedoch, daß es reich an herrlichem Trinkwasser war, und weil es seinem Schiff an solchem zu mangeln begann, beschloß er eine Landung, um sich damit zu versehen. Da ihm aber der einzige Zugang unbekannt war, fuhr sein Boot an den Klippen entlang, ohne daß sich eine Landungsmöglichkeit zeigte.

»Höchlichst erstaunt war er, als er sich in bestem Englisch zurufen hörte, er müsse das nördliche Ende des Riffes gewinnen, wo sich die einzige Bucht befinde, die eine Annäherung an die Küste ermögliche.

»Aufschauend, gewahrten der Kapitän und die acht Matrosen, die das Boot ruderten, einen ehrwürdigen Greis mit schönem edlen Antlitz und flatternden weißen Locken, der nach der angewiesenen Richtung zeigte.

»Bald landeten die Engländer im Hafen und sahen sich von einer Schar fröhlicher Kinder umringt, die Beechy zuriefen: ›Vater Adams hat gesagt, wir sollen dich zu ihm führen!‹

»Mit höchster Verwunderung und größtem Wohlgefallen betrachtete der Kapitän diese lieblichen Kinder. Wohl waren ihre Gesichter von der südlichen Sonne bräunlich gebrannt, doch war es unverkennbar, daß alle der weißen Rasse angehörten. Zugleich aber mischte sich in die europäischen Züge, mehr oder weniger hervortretend, der Zauber tahitischer Lieblichkeit. Überhaupt waren all diese Gesichter von einer Schönheit, wie sie in der Alten Welt nur selten das Auge entzückt. Das Gewinnendste an diesem herzerfreuenden Anblick aber war der Ausdruck unschuldiger Heiterkeit, milder Sanftmut und kindlicher Bescheidenheit, der als ein von innen hervorbrechender Glanz die ansprechenden Züge verklärte. Ebenso ausnahmslos zeichneten sich die Gestalten der leichtbekleideten Kinder durch die Zierlichkeit des schlanken und doch kräftigen, vollen Wuchses aus, durch das Ebenmaß der Formen und durch die Blüte der Gesundheit und Frische, die über diese bevorzugten Geschöpfe ausgegossen war. Alle Bewegungen waren ungezwungen und leicht, dabei aber von unbeschreiblicher, natürlicher Anmut.

»Dem Kapitän wie den Matrosen erschienen diese reizenden Knaben und Mädchen wie höhere Wesen; bald sollten sie erfahren, daß auch die erwachsenen Bewohner der Insel, deren keiner, abgesehen von Vater Adams und einigen Frauen, mehr als vierunddreißig Jahre zählte, sämtlich die gleichen Vorzüge leiblicher Schönheit aufwiesen, verbunden mit geistiger Lebendigkeit und herzgewinnendem Wesen.

»Im Triumphe führten die Kinder die Gäste auf die Höhe, wo Beechy aufs Neue erstaunte über die freundlichen Gebäude, die sich in die lachenden, sorgfältig angebauten Fluren schmiegten.

»Der alte Adams und seine nicht minder ehrwürdige und noch immer wunderschöne Gattin Christine, die frühere Königstochter Jucata, empfingen den Kapitän und seine Begleiter mit so aufrichtiger Freude und strahlender Liebenswürdigkeit, daß ihnen allen so wohl ums Herz wurde, als kämen sie zu alten, geliebten Freunden.

»Sie wurden mit einem Festmahl bewirtet, an dem alle Einwohner teilnahmen; selbst die jungen Mütter mit ihren Säuglingen schlossen sich nicht aus.

»Hier sah Beechy eine große glückliche Familie, deren meiste Glieder leibliche Söhne, Töchter, Enkel und Enkelinnen des Vaters Adams waren, der wie ein Patriarch erschien und der wahre König des Inselreiches war, an dem alle mit Ehrfurcht und Liebe emporschauten, und dessen kleinstem Winke sie unbedingten, aber fröhlichen Gehorsam leisteten.

»Im Laufe der nächsten Tage befestigte sich dieser Eindruck. In den herzerhebenden Andachten und Gottesdiensten lernten die Gäste diesen außerordentlichen Mann auch als würdigen und geistesmächtigen Priester kennen, besonders auch bei einer Hochzeitfeier, wo er den Bund seiner Tochter Johanna mit dem hinterlassenen Sohne von Fletcher Christian einsegnete. Dieser ergreifenden Trauungshandlung folgte ein fröhliches Fest, das wie alle nicht seltenen Feste dieser Naturkinder, durch den harmlos frommen Sinn der Feiernden seine köstlichste Weihe empfing.

»Unschuld, Liebe, Friede und Freude verbanden und beseligten dieses wahrhaft glückliche Volk. Und da war Keines, das sich hinaussehnte in die Welt. Die Alten, die sie kannten, waren froh, ihren Mühsalen und Leidenschaften, ihren Versuchungen und Sünden entronnen zu sein. Und die Jungen lauschten staunend auf die Berichte von ihr, wie auf ferne Märchen, hatten aber kein Begehr, ihr Elend näher kennen zu lernen, von dem sie hier nichts empfanden.

»Beechy gewann im Laufe der wenigen Tage, die er hier zubringen konnte, des alten Adams Vertrauen so sehr, daß dieser ihm seine ganze Geschichte erzählte, die zwar ein demütiges Schuldbekenntnis darstellte, zugleich aber auch einen Preis der Allmacht göttlicher Gnade, die ein solches Wunder der Umwandlung vollbracht hatte, daß auf dem durch Streit und Mord mit so viel Blut getränktem Boden ein Paradies des Friedens erblühen konnte.

»Durch des Kapitäns Berichte in der Heimat wurde in England ein lebhaftes Interesse für jene einzigartige Siedlung erweckt. Sie ist seither häufig ausgesucht worden, und als die Bevölkerung so zunahm, daß ihr Pitcairn zu eng werden mußte, verpflanzte ein englisches Schiff einen Teil derselben auf eine andere fruchtbare Insel der Südsee, wohin die neuen Ansiedler ihr Glück und ihren Frieden Mitnahmen.«

»O wenn wir auch dort hin könnten!« rief Fanny sehnsüchtig, als ihr Vater diese Schilderung schloß.

»Oder wenn wir in Afrika ein solches Paradies gründen könnten,« meinte Johannes.

»Ja,« fügte Helling hinzu: »Welche schönere, edlere und beglückendere Aufgabe ließe sich denken? Warum wird sie denn nie verwirklicht, da uns die Geschichte der Meuterer auf Pitcairn lehrt, daß es durchaus im Bereiche der Möglichkeit liegt, schon in der Gegenwart das seit Jahrtausenden vergeblich zurückersehnte Goldene Zeitalter wieder herbeizuführen?«

»Das ist ja wohl nur eine ganze Ausnahme,« meinte Josef. »Anderswo wird man es nicht so zuwege bringen, wie Adams aus Pitcairn.«

»Doch!« widersprach Sieger: »Ich kenne nämlich noch eine ganz ähnliche Geschichte, die ich überschreiben möchte: ›Die Insel Felsenburg‹.«


 << zurück weiter >>