Georg Christoph Lichtenberg
Ausführliche Erklärung der Hogarthischen Kupferstiche
Georg Christoph Lichtenberg

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Zwölftes Blatt. L. und M.

Fleiß und Faulheit. Zwölftes Blatt.

Hier sind die Verzierungen der Einfassung sich ergießende Füllhörner. Goodchild ist Lord-Mayor geworden. Man sieht ihn hier im Staatswagen, bei (1) sieht man etwas davon und einen nicht sehr majestätischen Schwertträger am Schlage stehen. Goodchild hat nun durch seine Tugend ein solches Glück gemacht, daß Hogarth es für unschädlich hält, wenn er ein wenig über den Pomp dieser City-Majestät herfällt. Wenn man von diesem ganzen Blatt nur einen Charakter angeben soll, so ist es: Spott über die Stadtsoldaten der guten Stadt London, und man kann nicht leugnen, daß ihm dieses in einem hohen Grade gelungen ist. Freilich hat hier die Natur sehr stark vorgearbeitet. Wenn der Soldatenstand in der Welt derjenige ist, der vorzüglich vor andern auf Schönheit des Leibes, Mut, Reinlichkeit im Anzuge, und Gewandtheit in allen Bewegungen mit Recht Anspruch macht, so kann man sich freilich des Lächelns nicht enthalten, wenn man diese Hospital-Präparate aufmarschieren sieht. Es sind Invaliden, nicht in der militärischen Bedeutung des Worts, sondern im strengsten Hospitalsinn genommen. Einige tragen nicht die Flinte, sondern werden, wie Nro 1. M, von ihr getragen. Wie der arme Tropf da steht, man glaubt, er wolle den Tod fürs Vaterland hier auf der Stelle sterben. Auch Nro 3. M. wird die Flinte bald zur Krücke machen. Dafür ist (4) desto wichtiger. Er hat vermutlich ehedem als Marketender dienen sehen. Die Grenadiermütze scheint seine eigene Erfindung zu sein, denn es ist sonst kein Grenadier auf dem ganzen Blatt. Nro 8 feuert in einem Anfall von Mut sein Gewehr in die Luft und wendet dabei sein Gesicht sorgfältig weg. Es bemerkt aber diese Heldentat niemand als er selbst und ein kleines Kind (5), auch sind das gerade die beiden Personen, denen sie Schrecken einjagt. Einige, zum Beispiel (5) und (6) L. haben bloß Mut zu trinken gesucht und haben Übermut getrunken. Nro 2. M. hält eine gedruckte Nachricht in der Hand, die eine vollständige Erzählung enthält, wie der Geist Th. Idles dem Lord-Mayor wirklich erschienen sei usw. Was nicht gleich gelogen wird, wenn ein großer Mann stirbt! Außer dem Jubel eines braven Volks das hier um die Kutsche hängt, wie Bienen um ihre Königin, und der hier sogar auch von allen Dächern erschallt, beehrt Hogarth den Lord-Mayor oder sein Fest mit einem Zug, von dem er nicht würde Gebrauch gemacht haben, wenn so etwas ganz ungewöhnlich gewesen wäre, nämlich auf einem mit reichen Tapeten behangenen Balkon befindet sich der Prinz von Wallis mit seiner Gemahlin, die Eltern unsers jetzigen Königs, und darneben, etwas abgesondert, der Hofstaat, die das frohe Volksfest mit ansehen. Einige Köpfe die hier auf unsern Blättern vorgestellt sind, erklären wir nicht, weil sie sich selbst erklären. – Auf diesem und dem vorhergehenden Blatt hat Hogarth hier und da seinem Mutwillen den Zügel etwas gelassen. Es finden sich auf demselben fünf bis sechs Szenen, die ein künftiger Editor derselben in usum Delphini, wohl wird besonders stechen lassen müssen. So etwas war freilich nicht zu vermeiden, wenn das Gemälde der Natur treu sein sollte. Unterschrift: Sprüchw. Sal. Cap. 3. V. 16. Langes Leben ist zu ihrer rechten Hand und Reichtum und Ehre zu ihrer linken.

Fleiß und Faulheit. L.

Fleiß und Faulheit. L.

Fleiß und Faulheit. M.

Fleiß und Faulheit. M.


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