Hans Leifhelm
Hahnenschrei
Hans Leifhelm

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Assisi

        Vom Berge leuchten Assisis Mauern,
Oliven silbern im weiten Tal,
Auf reifen Äckern umbrischer Bauern
Finden die Vögel ein gastlich Mahl.
Sie haben Freistatt an diesem Tage,
Es schirmt sie heute des Heiligen Hand,
Blitzende Banner im grünen Hage,
So schwingen Taubenschwärme durchs Land.

Unsichtbar wandelt durch Feld und Auen
Der Poverello, der Erde Gast,
Irdische Stätten wieder zu schauen,
In alter Heimat zu halten Rast.
Er spricht zum Steine, er spricht zum Laube,
Er setzt ins Grüne den nackten Fuß,
Den starren Felsen beseelt sein Glaube,
Die stumme Natter beglückt sein Gruß.

Im Mittagschweigen, beim Baumesschatten,
Befällt den Wandrer geheimer Bann,
Sieh an: hereilend von Bergesmatten
Stöbernd und wehend der Wind kommt an.
Es neigen flüsternd die Blumenstengel
Ihr Haupt, es neigen sich Halm und Blatt,
Mit solchen Zeichen kam einst der Engel,
Das Kind zu künden aus ewiger Stadt.

Und vor Franziskus beginnt ein Reigen,
Einfältiger Winde heimlicher Tanz,
Unsichtbar neigen sie sich und steigen
Und schlingen lieblich den kühlen Kranz.
So wie die Jungen einsamer Tiere
An der Oase verlorenem Strand
Sich spielend haschen, wenn im Reviere
Rings alles ruht in der Wüste Brand.

Ein Lächeln geht um des Heiligen Brauen,
Er läßt sich gerne dem Tanz als Ziel,
Irdisches Auge kann nicht erschauen
Der Winde kindlich geheimes Spiel.
Nur wie im Abglanz erzittert leise
Gesträuch und Gras und des Wandrers Haar –
Dann ziehn sie weiter auf ewiger Reise,
Zypressen winken schon fern der Schar.

 


 


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