Hans Leifhelm
Hahnenschrei
Hans Leifhelm

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Nähe des Herbstes

            Schwarzes Gewölke der dämmernden Frühe
Wandelt sich kupfrig im Morgenstrahl,
Gleich als wenn er schon herbstlich verblühe,
Bleicht des verfallenen Mondes Fanal,
Dumpf aus dem Dorfe brüllen die Kühe.

Vogelbeeren locken der Näscher
Schwirrende Schwärme, im Wasser streift
Heimwärts der Otter, der scheue Häscher,
Und wo der Bach das Gehöft umschweift,
Schallt von der Tenne der Dreiklang der Drescher.

Sommerlich will noch der Morgen entbrennen,
Aber der Tau liegt wie Reif so schwer,
Weiter Umkreis ist klar zu erkennen,
Und aus der Ferne schreitet schon her
Der, den die Lippen nur flüsternd nennen.

Doch durch den Mittag wie flutende Wogen
Gehen die Düfte von Erde und Frucht,
Und am schimmernden Himmelsbogen
Kommen in Scharen aus ferner Bucht
Weiß und leuchtend die Wolken gezogen.

Fahl an dem Fensterkreuz hängen die Zöpfe
Blätternder Zwiebel und rascheln gelind,
Über die Ställe neigen die Schöpfe
Tuschelnd Holunder, und ragend im Wind
Bleichen am Giebel die Pferdeköpfe.

Und durch die Klappe schlüpft ein in die Tenne
Heimlich die Katze, und lockend die Schaar,
Wandelt mit ihren Küchlein die Henne,
Sichernd und äugend nach Sperbergefahr,
Daß nicht der Räuber die Beute gewänne.

Stahlblaue Tauben suchen nach Krumen
Hinter dem Hause, der Sperling pickt
Ölige Kerne der Sonnenblumen,
Drüben am Teiche, mit Silber bestickt,
Hocken die Weiden, gebleichte Muhmen.

Weintrauben reifen mit gärendem Blute
Spät an der Südwand, im Obstbaum hängt
Vogelscheuche mit nickendem Hute,
Und in der Koppel das Fohlen drängt
Furchtsam sich nah an die weidende Stute.

Sieh, in dem Garten die Georginen
Glänzen metallisch, das Bohnenblatt dorrt,
Wehend in glitzernden Serpentinen
Segeln die flüchtigen Herbstfäden fort,
Letzten Gewinst tragen heimwärts die Bienen.

Nah ist die Zeit, da wie jähes Erschrecken
Fremd und verwirrend der Weststurm geht,
Geisterhaft wirbelt es auf an den Ecken,
Flatternd im kreisenden Taumel verweht
Falbes Laub und es knistern die Hecken.

 


 


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