Hans Leifhelm
Hahnenschrei
Hans Leifhelm

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In der Nacht

      Ein Käuzchen schreit das Nachtsignal,
Es rinnt und tropft der kühle Tau,
In Abendnebel silbergrau
Versinkt das schattenvolle Tal.

In tiefe Dunkelheit gestuft,
Vergehn die Hügel zart wie Rauch,
Die Äcker atmen reifen Hauch,
Der Wachtelschlag betörend ruft.

Verlockend kreist um mich der Ton
Bald nah, bald fern, wie Zauberhall,
Wie Ampellicht im Roggenwall
Verloht, verglimmt der rote Mohn.

Und unter seinem Schattenschild
Seh ich den Dunkelfalter gehn –
Ich fühl im Schattenringe stehn
Gebannt des eignen Lebens Bild.

Des Lebens, karg von Licht erhellt,
Das eine kurze Zeit verweilt,
Das rastlos bald von dannen eilt
Und aus der Zeit hinüberschnellt.

Der ferne Horizont verglüht
Wie fahler Schein am Schwellenband,
Das ist der letzte schmale Rand
Des Sommertags, so lichtumsprüht.

Der Erdball aber kreist schon tief
In Finsternis, und was da lebt,
Ist Ton und Duft, der jäh verschwebt,
Als ob des Todes Horn schon rief.

Das Purpurlicht am Ackersaum,
Der Wachtelruf, der Falterflug,
Der Hügel schattenhafter Zug,
Verwehn gleich einem wirren Traum.

Das ist wie Echo so verwaist –
Indes schon ohne Raum und Zeit
Die Mitternacht hinüberkreist
Und nahe streift die Ewigkeit –

Es mahnt des leisen Windes Wehn,
In dir zu wandeln, dunkle Nacht,
In dein Geheimnis einzugehn,
Zu wachen mit der Sternenwacht.

 


 


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