Friedrich Christian Laukhard
Magister F. Ch. Laukhards Leben und Schicksale – Band II
Friedrich Christian Laukhard

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Siebtes Kapitel

Die Klubistenjagd. – Belagerung von Mainz. – Schanzarbeiten. – Die Verdienstmedaillen. – Die Mordgrube. – Schimpfunterhaltungen zwischen Deutschen und Franzosen. – Kartell. – Roher Witz des Obersten von Büchel. – Das Kaffeezelt. – Ein Pastor von schwachen Fleisch. – Die Übergabe von Mainz.

Zu dieser Zeit raste jenseits des Rheines die wildeste Klubistenjagd. Das Wort Klubist hat eine zwiefache Bedeutung. Einmal im engern Verstande bedeutet es ein Mitglied irgend eines Klubs, d.i. einer zur Verbreitung der französischen Grundsätze von Freiheit und Gleichheit errichteten Volksgesellschaft. Im weiteren Sinn bezeichnet es jeden, der dem neufränkischen System hold und ein Verteidiger irgend eines Menschenrechts ist. Im letzteren Sinn hat also das Wort Klubist mit den Wörtern Demokrat, Jakobiner und anderen ähnlichen beinahe gleiche Bedeutung.

Wir lernten dieses Wort erst am Rhein kennen, nachdem wir vom Mainzer Klub nähere Nachricht einzogen. Wie verhaßt die Klubisten bei den Preußen größtenteils gewesen sind, läßt sich leicht denken.

Ich bin überzeugt, es würde unserm guten König niemals eingefallen sein, Jagd auf die Klubisten zu machen, wenn nicht übelgesinnte, herrschsüchtige, rachekochende, hämische Menschen, deren es dort überm Rhein nur gar zu viele gibt, auf eine recht teuflische Art ihre Mitbürger und Landsleute denunziert hätten.

Man weiß, daß gleich nach Custines Ankunft in Mainz die ganze dortige Gegend – Kurpfalz ausgenommen – durch den Repräsentanten Merlin und seine Anhänger, besonders durch Georg Forster, zur Teilnahme an einer neuen Verfassung entweder beredet oder gezwungen wurde. Man mußte, mochte man wollen oder nicht, zur Freiheitsfahne schwören, Freiheitsbäume errichten und sich bis dahin, dem neuen System gemäß, organisieren. Ich verabscheue diese präzipitierte Organisation ebenso sehr als der ärgste Aristokrat, und weiß, daß eben diese viel Unglück über jene Länder gebracht hat, und daß besonders Georg Försters hitzige Afterpolitik vorzüglich schuld am Verderben so vieler gewesen ist.

Man hatte dem König den Wisch eines Mainzer Klubisten gezeigt mit der Überschrift: »An Friedrich Wilhelm Hohenzollern«. – Der gütige Monarch lachte darüber und legte das unsinnige kindische Geschwätz ruhig auf den Tisch. Aber nachher hat man dem König stärker zugesetzt und auf alle Weise gesucht, ihn wider die Klubisten aufzubringen. Von allen Seiten her kamen Libelle und Denunziationen, welche entweder an den König selbst oder an unsere Generale gerichtet waren. Die Herren Grafen, Fürsten, Edelleute, Dompfaffen u. dgl. in der dortigen weiten Gegend ermangelten nicht, Seiner Majestät vorzustellen, wie die infamen Kerls, die Klubisten, die Rechte der Fürsten zernichtet und allerhand demokratischen Unfug getrieben hätten. Sie forderten daher im Namen aller deutschen Fürsten den König auf, die beleidigte Hoheit zu rächen. Der König, umgeben von rechtschaffenen einsichtigen Männern, versicherte anfangs, daß er sich mit dergleichen Untersuchungen nicht befassen könnte. Aber die Herren verlangten ja auch keine gesetzliche Untersuchung, sondern faktische militärische Prozeduren.

Sie steckten sich daher nebst ihrem aristokratischen Anhang hinter die preußischen Offiziere, ja sogar hinter Unteroffiziere und Soldaten, und ließen die Klubisten, gegen alle Form Rechtens, wonach auch der ärgste Bösewicht erst gehört und dann nach dem Gesetze gerichtet werden muß, militärisch ängstigen und verfolgen. Die winzigen Monarchen in der Pfalz – den einzigen Fürsten von Nassau-Weilburg ausgenommen –, die Fürsten von Leiningen, von Usingen, der Bischof von Speier, die Beamten des Kurfürsten von Mainz, die Rheingrafen von Grehweiler und Grumbach und noch viele solcher Sultane jenseits des Rheins, machten nun, unter dem Schutz der Preußen, Jagd auf Klubisten, verfolgten und drängten sie bis aufs Blut. Besonders mußten viele Pfarrer leiden, welches auffallend erscheinen könnte, aber bei näherem Betrachten es doch nicht so sehr ist.

Wer den Hirten hat, der hat die Herde – dies ist die Maxime, deren Befolgung das Befremden darüber mildert, daß auf dem Lande am Rhein gerade die ansehnlichsten Klubisten Pfarrer waren, oder Amtsleute und Wirte. Daß aber protestantische Pfarrer und überhaupt Protestanten am ersten und meisten demokratisierten, lag teils an dem tiefen Gefühl, wie despotisch man sie immer und überall behandelte, und dann an der größeren Gewandtheit, sich in Zeit, Ort und Personen zu schicken, welche Gewandtheit man um so mehr lernt, je mehr man geneckt und je ärger einem das Auskommen erschwert wird. Alle grasfressenden Tiere, wie Gänse, Schafe und Kühe, sind dumm und träge; aber der Fuchs ist schlau, weil er wacker raffinieren muß, um sein Federvieh ergiebig zu haschen.

 

Die Belagerung der Festung Mainz habe ich selbst mitgemacht, trotzdem bin ich keineswegs gesonnen, eine vollständige Beschreibung davon zu liefern; ich erzähle hier, was mich betrifft, und über die Begebenheiten selbst mache ich nur hier und da Anmerkungen.

Wir rückten am 14. April ins Lager vor Mainz, welches aber nur von weitem, jenseits des Rheins über eine starke Stunde, beinahe gegen zwei Stunden, eingeschlossen wurde. Die Mainzer Besatzung war damals 18 000 Mann. Dieses war wirklich viel zu schwach für eine Ausdehnung, wie damals die Mainzer Werke sie hatten, wozu noch Kastel und die Petersaue, eine Rheininsel, und noch verschiedene andere Inseln zu der Zeit gehörten. Custine hatte hier einen argen Fehler begangen, daß er sich mit seinem Korps, welches nach Germersheim zog, nicht in Mainz warf. Den Deutschen war es übrigens zu verzeihen, daß sie im Anfange der Belagerung nur langsam zu Werke gingen: es fehlte ihnen an allem – an Geschütz und an Mannschaft. Damals, als wir anrückten, war unsere Belagerungsarmee am linken Rheinufer höchstens 16 000 Mann stark. Freilich kamen hernach, aber ziemlich spät erst, die königlichen Garden, mehrere Bataillone kaiserlicher Truppen, dann Darmstädter und Pfälzer, wodurch denn 37 000 Mann herauskamen.

Das Wetter war während der ganzen Belagerung gut und den Schanzarbeiten günstig, welche denn auch stark betrieben wurden. Zu diesen Arbeiten brauchte man Soldaten und die Bauern aus der ganzen dortigen Gegend. Aber sowohl die Soldaten als die Bauern schicken sich zu solchen Arbeiten gar schlecht.

Der Soldat arbeitet überhaupt nicht gern. Wenn ich hätte arbeiten wollen, spricht er, wäre ich nicht Soldat geworden. Und wahrlich, ein Graben, woran 150 Mann zwei volle Tage arbeiten, kann in einem gar füglich durch 30 oder 40 ordentliche Schaffer fertig werden.

Die Bauern sind bei militärischen Werken ebenfalls schlechte Arbeiter. Einmal sind die Leute immer gezwungen, und da schicken sie Kreti und Pleti, Kinder, Weiber, Mädchen, kurz alles, was nur gehen kann. Bei der Arbeit selbst wird entweder geflucht oder gekackelt und wenig oder nichts ausgeführt. Es scheint auch nicht sehr billig zu sein, den armen Bauern, welche ohnehin ihre liebe Not mit Lieferungen, Fuhren u.dgl. haben, auch noch die Last der Schanzarbeiten aufzulegen. Sollen sie aber desungeachtet doch arbeiten, so sollte man den armen Leuten wenigstens Tagelohn geben. Ich habe bei Mainz und bei Landau arme Menschen arbeiten sehen, welche in 24 Stunden nichts essen konnten, weil ihr Vorrat alle war und sie keinen Kreuzer Geld hatten.

Daß man die Bauern bei solchen Arbeiten auch noch mißhandelt, davon bin ich selbst Zeuge gewesen; dumme unverständige Korporale und unmündige Offiziere schlugen die armen Leute, daß es eine Schande war. Barbarisch ist es vollends, daß man Landleute da arbeiten läßt, wo Gefahr ist, verwundet oder erschossen zu werden. Gefährliche Arbeiten müssen bloß dem Soldaten überlassen werden, der einmal für dergleichen besoldet wird; aber auch dieser müßte nebenher dafür belohnt werden.

Daß wir während der ganzen Belagerung sehr stark geplagt wurden, läßt sich denken. Tag für Tag beinahe im Dienst, und Nacht für Nacht fast in den Schanzen, das war freilich hart, aber wegen der überall zu schwachen Belagerungsarmee notwendig.

Als Anspornung für die Soldaten fing man damals bei Mainz an, Medaillons auszuteilen. Es waren goldene und silberne Denkmünzen mit der Aufschrift: » Verdienst um den Staat«, und sollten jenen Unteroffizieren und Soldaten zuteil werden, welche sich besonders auszeichnen würden. Die Österreicher hatten schon seit dem Türkenkriege, wo Joseph II. das Ding aufbrachte, dergleichen Medaillen, aber mit vermehrtem Traktament. Allein bei den Preußen bleibt ein so bezierter Achtgroschenmann, wie einst ein Soldat sich darüber ausdrückte, immer ein Achtgroschenmann. Da soll bloß die Ehre gelten und das Verdienst belohnen.

Ueberhaupt haben diese Medaillons wenig genützt, aber durch erregte Eifersucht und Uneinigkeit desto mehr geschadet. Es war dies ganz natürlich. Mancher, oder vielmehr die meisten, erhielten die Medaillen aus Gunst, weil sie bei den Offizieren gut standen, ihnen kalfakterten usw. Die bemedaillierten Bursche wurden daher von den übrigen verachtet und verhaßt. Man gab dem Dinge sogar allerhand unedle Beinamen, und noch jetzt in Halle mokieren sich sogar die Soldatenweiber darüber. So hörte ich noch neulich eine zu ihrem Kinde auf dem Arme sagen, als gerade ein Bemedaillierter an ihr vorüber ging: »Sieh, Fritzchen, auch ein Kamerad mit einem Pfennig zur Semmel.«

 

Lange hatte unser Bataillon auf der linken Rheinseite gestanden, und rückte den 17. Juni auf die andere Seite ins Lager, unweit Bischofsheim, wo der damalige Oberst, von Rüchel, das Oberkommando hatte. Hier war unser Dienst weit schwerer und gefährlicher als auf der linken Seite.

Wir hatten unter anderen schlimmen Posten auch die sogenannte Leimgrube, dicht an einer Rheininsel, zu besetzen. Diese Grube wurde von unseren Leuten bald die Mordgrube genannt, weil alle Tage mehrere daselbst erschossen wurden; denn auf der Insel, welche nur durch einen schmalen Kanal davon getrennt war, standen die Franzosen, und sobald sich nur einer von uns über den aufgeworfenen Damm mit dem Kopf erhob, schossen sie so gewiß, daß sie ihm allemal das Hirn zerschmetterten. In diesem Mordloch liegen viele von den Unsrigen begraben; von unserem Bataillon allein büßten mehr als 30 Mann ihr Leben da ein. Die Franzosen waren, wie gesagt, nur durch einen schmalen Kanal von unserem Posten getrennt, und sonach konnte man gegenseitig alles hören, was auf dieser oder jener Seite gesprochen wurde, wenn man nur vernehmlich sprach. Merkten nun die Deutschen, daß auch Deutsche unter den Franzosen waren, so ging sofort das Geschimpfe an, welches zuweilen viele Stunden immer im nämlichen Tone fortging, endlich bloß zum Spaße. Ich will einen solchen Schimpfdialog hier anführen, nur um zu zeigen, daß auch die kühnsten Ideen ohne Wirkung bleiben, sobald sie familiär werden, zumal Ideen vom Feinde.

Preuße: Höre, du sakkermentscher Patriot, wirst du bald die Schwerenot kriegen?

Franzose: Elender Tyrannenknecht, sag, wird dich dein Korporal bald lahm oder tot prügeln müssen?

Preuße: Du verfluchter Königsmörder!

Franzose: Du niederträchtiger Sklav!

Preuße: Ihr Spitzbuben habt euren König ermordet, und dafür müßt ihr alle zum Teufel fahren.

Franzose: Wenn ihr keine Hundsfötter wäret, so würdet ihr es allen Tyrannen ebenso machen! Wenn ihr das tätet, so wäret ihr noch Menschen, so aber seid ihr Tyrannensklaven und verdient alle Prügel, die ihr bekommt.

Preuße: Ihr habt noch alle eure Strafen vor euch. Die ganze Christenheit wird euch angreifen und eure gottlosen Taten bestrafen.

Franzose: Laß sie doch kommen, die ganze Christenheit mit dem ganzen Heer des Teufels und mit der Armee des Erzengels Michael: wir fürchten uns nicht!

Preuße: Aber Mainz müßt ihr hergeben; das soll euch der Teufel nicht danken!

Franzose: Laß auch Mainz zum Teufel fahren; glaubt ihr denn, wir scheren uns um so ein Rackernest, wie Mainz ist? Da steckt noch alles voll Pfafferei und Adel. Aber so leicht sollt ihr's doch noch nicht kriegen!

Preuße: Wenn ihr nur euren König nicht umgebracht hättet.

Franzose: Kamerad, sei kein Narr! Es ist nun einmal so, und weil's einmal so ist, daß mir keinen König mehr haben, so wollen wir auch dafür sorgen, daß weder euer König, noch der Kaiser, noch der Teufel uns einen wieder geben soll.

Preuße: Aber wo kein König ist, da sind auch keine Soldaten.

Franzose: O, du armer Kerl du, wie räsonnierst du so dumm! Ja freilich, solche Soldaten gibt es dann nicht, wie du und deinesgleichen. Ihr seid Sklaven, leibeigene Knechte, die einen Tyrannen über sich haben müssen, der ihnen kaum halb satt zu essen gibt und sie prügeln, Spießruten laufen und krumm schließen läßt, wenn's ihm einfällt. Solche Soldaten sind wir nicht. Wir sind freie Leute, republikanische Krieger!

Preuße: Das ist aber bei uns anders; wir haben einen Herrn, dem wir gehorchen müssen.

Franzose: Weil ihr gehorchen wollt. usw. usw.

Solche Gespräche fielen oft vor, und man hatte seinen Spaß daran und lachte darüber. Der Mensch, im Durchschnitt, ist eine passive Gewohnheitsmaschine, die endlich – solange es ihm bei heiler Haut nur halbwegs erträglich geht – sich an Mordszenen und die Zeitungsberichte darüber gewöhnt, ohne davon nur noch menschlich gerührt zu werden; warum denn nicht auch an Schimpfen und Brandmarken! Man muß die Menschen gar wenig kennen, wenn man glaubt, daß Schriftsteller auf sie bis zum Aufstand wirken können; dies ist nur der Erfolg von dem Harpyiensystem der Fürsten oder ihrer Finanzminister. Wie richtig ist doch das Wort: »Fürsten, seid gerecht! und eure Throne stehen unerschütterlich!«

Wie gesagt, unsere Soldaten lachten über die Invektiven der Franzosen und reizten sie oft dazu, bloß nur zum Spaß. Als endlich die öftere Wiederholung das Interesse daran schwächte, wurden sie gegenseitig sanfter und nannten sich zuletzt gar Kamerad und Bruder. Sie machten oft sogar Kartell unter sich, versprachen sich, nicht zu schießen, und traten sodann auf die Verschanzung, wo sie sich ganz freundschaftlich miteinander unterhielten.

Einmal hatte ein Soldat von unserem Regiment mit den Franzosen auf der Insel auch auf die erwähnte Art Kartell gemacht. Während desselben stellten wir den Weg durch das Wasser wieder her, der ganz unbrauchbar geworden war, und die Franzosen brachen ihr Wort nicht, sondern ließen uns unter ihren Augen den Weg ohne Hindernis ausbessern.

Herr von Rüchel versprach einmal einem Burschen einen Taler, wenn er den Franzosen, nach Kostheim zu, den bloßen Hintern weisen wollte. Herr von Rüchel war damals von Wein etwas begeniert. Der Bursche sagte ganz kalt: »Gern verdiente ich den Taler, aber es schickt sich doch nicht, den Feind so zu behandeln.« Herr von Rüchel, statt das zu fühlen, suchte flugs einen andern, der für den Taler den Hintern entblößen, ihn den Franzosen hinweisen und dazu rufen mußte: »Hier leckt mich im A–, ihr hundsföttischen Patrioten! kommt her, leckt!«

Von diesem unanständigen Verfahren hat man sogar in Frankreich gesprochen. Auch ist es richtig, daß man durch dergleichen mehr sich, als den Feind beschimpft.

 

Ehe ich meine Erzählung von der Mainzer Belagerung schließe, muß ich noch etwas von der Hurenwirtschaft im Lager anführen. Daß dahin von allen Orten her feile Dirnen heranschlichen, versteht sich von selbst: das ist in den Standlagern nicht anders. Bei unserem Regiment gab es eine ordentliche Hurenwirtschaft, das heißt ein ordentliches Bordellzelt, worin sich vier Dirnen aufhielten, welche, um doch einen Vorwand zu haben, Kaffe schenkten und dann jedem zu Dienste waren. Sie hatten sich förmlich taxiert, und

Lieschen, die schönste, galt 45 Kreuzer,
Hannchen 24 "
Bärbelchen 12 "
die alte Katherine 8 "

Ein Pastor aus der dortigen Gegend besuchte mich eines Tages, und da ich von seiner Orthodoxie überzeugt war, so wollte ich doch auch eine Probe machen, ob er das donum continentiae hätte. Ich führte ihn also ins Bordellzelt, und wir fingen an, zu zechen. Nachdem sein Kopf nur etwas heroisch geworden war, ward schön Lieschen seine einzige Unterhaltung; er schäkerte mit ihr auf die unanständigste Art im Beisein der Soldaten, welche sich über den unverschämten Pfaffen teils ärgerten, teils freuten. Endlich ging er fort, und Lieschen folgte ihm – ins nahe Getreide.

Unser Oberst, Herr von Hunt, machte endlich dem Skandal des Bordellzeltes ein Ende und jagte die Menscher fort; sie zogen darauf zu den sächsischen Dragonern, wo sie ihr Wesen weiter trieben.

 

Mainz wurde den 23. Juli 1793 an die Deutschen übergeben, aber wahrlich, diese Uebergabe war nicht so sehr die Folge der deutschen Tapferkeit oder der Not der Franzosen, als vielmehr Folge gewisser geheimer Unterhandlungen, bei denen Merlin vorzüglich interessiert war. Das Gesetz seiner Republik erlaubt erst dann die Uebergabe einer Festung, wenn es ihr an den Lebensmitteln mangelt oder wenn der Feind eine brauchbare Bresche geschossen hat. Keins von beiden war in Mainz der Fall, und doch ließ Merlin es fahren. Er hatte also offenbar gegen das Gesetz gesündigt, und daher nachher seine Schwindelei und Lügen in den Berichten über die Uebergabe, daher das Entfernthalten der militärischen Geiseln, wie auch der bürgerlichen Geiseln oder Klubisten, welchen letzteren er den so feierlich versprochenen Nationalschutz nicht einmal in der Kapitulation förmlich bewirkt hatte, und dies, um sich gegen ihre Beschwerden über seine Unterschleife, geheimen Unterhandlungen u.dgl. vor Robespierre zu sichern.


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