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X. Von übermütigen Bauern in Preußen

45. Der reiche Bauer von Nickelswalde

Unter dem Hochmeister Konrad von Jungingen hatte der Deutsche Orden den höchsten Grad von Macht und Reichtum erlangt, und auch das ganze Land war reich und zufrieden. Unter anderen lebte damals der reiche Bauer zu Nickelswalde, der hernachmals durch seinen Reichtum berühmt geworden. Es trug sich nämlich zu, daß etliche Gäste und Fremde aus Deutschland zu dem Hochmeister kamen, ihn zu besuchen. Diese sahen überall Überfluß und Reichtum und priesen deshalb den Hochmeister glücklich in seinem Regiment. Das hörte der Treßler (Schatzmeister zu Marienburg), Bruder Heinrich von Plauen, und er sprach zu den fremden Herren, der größte Reichtum des Hochmeisters sei der Reichtum seiner Untertanen, als welcher einen Bauern hätte, der elf Tonnen Goldes besitze. Das nahmen die Gäste in Scherz auf, da sie in Deutschland nicht gewohnt waren, den Bauern die Federn so lang wachsen zu lassen. Der von Plauen aber führte die Gäste seines Herrn darauf einige Tage später spazieren und brachte sie nach Nickelswalde, wo sie bei einem Bauern einkehren mußten. Bei diesem hatte er das Mittagsmahl bestellt. Der Tisch war für die Gäste gedeckt, und rund um denselben standen zwölf Tonnen, darauf waren die Bretter gelegt zum Sitzen für die Herren. Wie sie nun am Speisen waren, da sagte der von Plauen, dies sei der reiche Bauer, von dem er ihnen erzählt. Der Hochmeister ließ also den Bauern kommen und forderte ihn auf, seinen Reichtum zu zeigen, dessen er sich nicht zu schämen habe. Der Bauer antwortete: »Ich weiß wohl, daß verleugnetes Gut dem Herrn gehöret, darum habe ich nichts zurückbehalten, sondern euch alles hingesetzt, was mir gehört.« Er hieß sie nun besehen, auf was für Bänken sie gesessen. Und als nun die Bretter weggenommen waren, da sahen sie, daß sie auf Tonnen gesessen, von denen elf voll eitel Goldes waren, die zwölfte aber war noch leer. Die Gäste verwunderten sich des reichen Bauern, und dem Hochmeister gefiel es so wohl, daß er dem Bauern auch die zwölfte Tonne aus dem Schatze füllen ließ, damit es die Gäste in Wahrheit nachsagen konnten, der Hochmeister habe einen Bauern, der zwölf Tonnen Goldes vermöchte. – Allein der Bauer in Nickelswalde hatte von seinem Reichtum keinen Segen. Denn sein Herz wuchs ihm an sein Geld, und er wurde der größte Geizhals im Lande. Hernachmals aber, als Heinrich von Plauen Hochmeister geworden war, rupfte ihm dieser die Federn dermaßen, daß der reiche Bauer in seinem Alter betteln gehen mußte.

46. Die hochmütigen Bauern zu Lichtenau

Zu derselben Zeit waren aber auch die Bauern sehr hochmütig und gottlos geworden, wie denn der Reichtum so gar leicht Üppigkeit und allerlei Laster gebiert. Unter andern sind die Taten der Bauern zu Lichtenau im großen Werder berühmt geworden. Wir wollen hier einige davon erzählen:

Es kam auf eine Zeit in dieses Dorf ein Dominikanermönch von Danzig zum Betteln. Nachdem dieser das Dorf durchterminiert, kam er auch in den Krug. Weil es gerade Fronleichnamsabend war, so saßen allda viele Bauern am Zechen. Diese empfingen den Mönch mit großer Ehrerbietung, setzten ihn obenan und tranken ihm einer nach dem andern zu, welches alles ihm sehr wohl gefiel. Da nun aber der Trunk über ihn kam, glaubte er Affenspiele mit ihnen treiben zu können; das wollten die Bauern nicht leiden, worauf er ihnen gar unnütze Worte gab, sie verschmähte und verfluchte und zuletzt kraft seines heiligen Ordens in den Bann tat. Das verdroß die Bauern sehr auf den Mönch und sie beschlossen, ihm nichts zu schenken. Nun durften sie ihn nicht schlagen, weil er ein geweihtes Haupt hatte, sie ersannen daher etwas anderes. Nahmen derhalben einen weiten Hopfensack, spannten denselben außen um die Stubentüre, hoben dann unter sich einen falschen Streit an, ziehen vom Leder und löschen die Lichter in der Stube aus. Da gedachte der Mönch, der auch seiner Haut sich fürchtete, es sei nun Zeit zu gehen; er rannte daher mit gebücktem Haupte eilend der Tür zu, um sich davonzumachen, und läuft also recht den Bauern in den Sack hinein. Diesen banden die Bauern nun zu, hängten ihn über den Herd und machten von allerlei stinkenden Sachen ein Feuer, welches den Mönch von allen Seiten so beräuchert, daß er fast den Atem verliert. Als er nun um Gottes willen bat, sie sollten ihn aus dem Sacke lassen, da reichen sie ihm zwei Eier zu, die sie mit allerlei eklen Sachen gekocht, die mußte er in dem Sacke essen. Darauf ließen sie ihn los. Aber der Mönch hatte von der Mißhandlung einige Tage nachher seinen jämmerlichen Tod.

Ein andermal kam ein Pilgersmann in den Krug, da die Bauern dort am Zechen waren. Dieser ließ zuerst sich von den Bauern traktieren, und als er mehr als ihm nötig getrunken, fing er an, von sich selbst zu rühmen, was für weite Reisen er gemacht, wie er zu Compostella und beim finsteren Stern gewesen und großen Ablaß verdient habe; aber, sagte er zuletzt, ich habe noch an keinem Orte ärgere und gottlosere Leute gesehen, als euch heillose Bauern in diesem Dorfe, die ihr die fremden Pilger so wenig mit Almosen labet. Dieses sagte er, weil er seines Bedünkens beim Terminieren durch das Dorf nicht genug bekommen hatte. Die Bauern wollten es nicht gern mit ihm verderben, und setzten ihm daher zu dem Trunk nun auch Fleisch vor, welches teils getrocknet, teils gekocht war; das war aber dem Jakobsbruder nicht genug, und er sagte: »Mit solchem Fleisch könnt ihr keine Gnade erlangen bei St. Jakob, meinem Herrn, etwas Gebratenes müßt ihr mir vorsetzen.« Da dachten die Bauern seinen Hochmut zu bestrafen, sie berieten sich kurz miteinander, fielen über ihn her, banden ihm Hände und Füße, taten ihm einen Knebel in den Mund und sagten: »Jetzt sollst du Gebratenes haben.« Banden ihn darauf nackt an einen Bratspieß, legten ihn an das Feuer und beträufelten ihn mit Butter. Sie wollten ihm nur etwas heiß machen, aber mittlerweile lief plötzlich ein Hase durch den Krug, welches ohne Zweifel der Teufel selbst gewesen, dem an der Seele des Pilgers und an denen der Bauern gelegen war. Diesem Hasen folgten die Bauern alle mit großem Geschrei, ohne ihn doch fangen zu können, und als sie zurückkamen, war der Jakobsbruder an dem Spieße verschmachtet und gestorben.

Ein drittes Stück ist folgendes: Sie hatten einen Pfarrherrn, Wolfgang Lindau mit Namen, einen gelehrten und gottesfürchtigen Mann; der strafte sie öfters von der Kanzel wegen ihres üppigen und bösen Lebens und bedrohte sie mit Gottes Zorn und ernster Strafe. Das mißfiel den hochmütigen Bauern, und sie warteten auf eine Gelegenheit, wie sie an dem Pfarrherrn sich rächen möchten. Der Pfarrherr aber merkte ihre Absicht gar wohl und wich ihnen überall aus. Endlich aber trug es sich zu, daß sie die ganzen Pfingstfeiertage in dem Kruge gesoffen hatten, und zwar so viel Bier, daß von den Hefen, die der Krüger in einem Tröge sammelte, eine große Sau, die von ungefähr darüber gekommen, sich so vollgesoffen, daß sie sogleich tot geblieben. Diese tote Sau nahmen nun die andern vollen Säue, legten sie in einer ganz finstern Kammer zu Bette, deckten sie zu und schickten dann zum Pfarrer, ihm sagen lassend, daß einer von ihnen plötzlich krank geworden, in den letzten Zügen liege und berichtet sein wolle. Der Pfarrer meint, es wäre Ernst, und kam bald gelaufen. Als er aber mit dem Kranken begann zu reden, da merkte er von Stund an die Büberei; er ließ daher jedermann heraustreten, ging dann nach einer Weile heraus und sagte zu den Bauern: um den Kranken stehe es schlecht, derselbe habe schon die Sprache verloren, das heilige Sakrament könne ihm daher nichts mehr nützen, er wolle ihm aber das heilige Öl holen, welches ihm ebensowohl zur Seligkeit dienen werde. Die Bauern glaubten ihren Scherz noch weiter mit ihm treiben zu können und blieben. Er aber setzt sich eilend auf und reitet zum Neuenteich, wo der Pfleger des Schlosses Marienburg war; dem erzählt er, was geschehen, worauf sich derselbe sofort mit seinen Mannen rüstet, die gottlosen Bauern zu bestrafen. Diese hatten unterdessen, als der Pfarrer ihnen so lange ausblieb, die von ihm zurückgelassene Monstranz genommen, und als sie darin keine Hostie fanden, sich eine solche geschnitten. Diese administrierten sie dem Kranken. Einer von ihnen hielt des Pfarrers Amt, der andere diente ihm mit einer Kuhglocke, die übrigen saßen im Zirkel ringsumher, als wenn sie Seelenmesse sängen. Dabei soffen sie einander in Halben und Ganzen zu. Zu diesen Sachen kam eben der Pfleger mit seinen Leuten. Er ließ ernstlich auf die Bauern Zuschlägen, diese aber, nicht faul, nahmen den Pfleger gefangen und jagten sein Gesinde in die Flucht. Weil nun der Pfleger einen großen dicken Bart hatte, so steckten sie diesen in ein Loch über der Türe und schlugen einen Keil dicht hinein, daß er also halb an dem Barte hängend stehen mußte, und trieben nun allerlei Gespötte mit ihm. Sein Gesinde war aber nach Marienburg gelaufen, und es kam alsbald eine große Macht des Ordens, welche den Pfleger befreite und die Bauern gefangen nach Marienburg führte, wo sie in die tiefsten Gefängnisse eingesperrt wurden. Ihre Strafe war nachmals die, daß sie die ganze Landstraße von dem Kruge zu Lichtenau bis in das Schloß zu Marienburg mit Groschen belegen, sodann mit eigenem Gelde und mit eigenen Händen einen Turm des Schlosses an der Nogat bauen und dann in diesem ein ganzes Jahr lang bei Wasser und Brot gefangen liegen mußten. Der Mörtel, der zum Bau des Turmes verwendet wurde, ward nicht wie sonst mit Wasser, sondern mit Buttermilch bereitet, welche die Bauern herbeischaffen mußten. Davon heißt er noch bis auf den heutigen Tag der Buttermilchturm.


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