Carl Arnold Kortum
Die Jobsiade
Carl Arnold Kortum

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Vierunddreißigstes Kapitel

Wie Hieronimus ein wirklicher Schauspieler ward, und wie ihm Jungfrau Amalia untreu ward und mit einem reichen Herrn davon ging, und wie er auch in Desperation von hinnen ging.
  1. Geneigter Leser! jetzt will ich dir sagen,
    Wie sich Hieronimus im Spielen betragen,
    Nachdem ihn der Director examinirt
    Und seine Fähigkeiten probirt.
  2. Tartüffische Schurken, verdorbene Priester,
    Trunkene Studenten, lächerliche Küster,
    Bange Poltrons, verliebte Schreiber
    Und dergleichen ähnliche Rollen mehr
  3. Spielte er alle sehr manierlich,
    Denn ihre Rollen waren ihm natürlich,
    Und er bekam darin jedes Mal
    Der Zuhörer lauten Beifall.
  4. Auch wenn er den Schulmeister hatte,
    Oder als Autor auf die Bühne trate,
    So sah man ihm auch dann und wann,
    Den Schulmeister und Autor leibhaftig an.
  5. Hingegen war im ernsthaften Philosophen
    Für ihn nicht der mindeste Beifall zu hoffen,
    Auch im zärtlichen Schäferspiel
    Leistete Hieronimus gar nicht viel.
  6. Imgleichen spielte er sehr ungeschicklich
    Den vornehmen Herrn und war unglücklich
    So oft er etwas Vernünft'ges bekam,
    Oder eine sehr lange Rolle nahm.
  7. Hieronimi jetzige Tage verflossen
    indessen in Vergnügen und unverdrossen
    Im Arm seiner schönen Schauspielerin,
    Im Arm seiner lieben Amalie hin.
  8. Er hätte, von der Liebe gleichsam berauschet,
    Mit keinem Könige nunmehro getauschet,
    Und alle seine Trübsal und Elend
    Schien nun gekommen zu sein zum End'.
  9. Aber leider ist, wie das Sprüchwort heißet,
    Nicht alles Gold und Silber, was gleißet,
    Und das unbeständige Glück
    Zeiget oft unvermuthete Tück'.
  10. So erfuhr auch Hieronimus in folgenden Zeiten
    Bald des Glückes Veränderlichkeiten,
    Denn, da er's am wenigsten geglaubt,
    Ward ihm sein größtes Vergnügen geraubt.
  11. Und es hat sich mit ihm begeben
    Der schmerzlichste Vorfall in seinem Leben,
    Denn es wurde ihm untreu
    Seine geliebte Amalei.
  12. Nämlich: es traf sich von ohngefähre,
    Daß ein junger, vornehmer, reicher Herre
    Einstmals in der Komödia
    Die schöne Amalia spielen sah.
  13. Gleichwie es nun überall Narren gibet,
    So hat auch er sich in sie verliebet,
    Und Amalia ware so klug,
    Daß sie seinen Antrag nicht ausschlug.
  14. In ihrer Geschichte können wir es lesen,
    daß sie ohnehin sehr geneigt gewesen
    (Sie war ja eine Frauensperson)
    Zur oftmaligen Variation.
  15. Der reiche Herr that sie oft besuchen,
    Hieronimus fing drob an zu fluchen,
    Und hat theils geweint, theils gedroht,
    Und wünschte sich in der Verzweiflung den Tod.
  16. Dadurch ward er aber nur täglich
    Bei Amalien mehr verhaßt und unerträglich,
    Und sie sagte ihm bald darauf
    Ihre Liebe formaliter auf.
  17. Da er nun ihren Entschluß vernahm, so hat er
    Abschied bald genommen vom Theater,
    Und er ging in äußerster Desperation
    Wenige Tage nachhero davon.
  18. Was indessen Amalia thut anlangen,
    So ist selbige mit dem Herren davon gegangen,
    Und soll bei demselbigen zwei Jahre hernach
    Gestorben sein, als sie im Wochenbette lag.

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