Carl Arnold Kortum
Die Jobsiade
Carl Arnold Kortum

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Einunddreißigstes Kapitel

Wie Hieronimus auf seiner Flucht nach Bayerlande ein neues Abenteuer hatte, indem er seine geliebte Amalia in der Komödie antraf. Sehr freundlich zu lesen.
  1. Wie der Fuchs, wenn er den jagenden Hunden
    Endlich aus dem Gesicht ist verschwunden,
    Froh ist, daß nur ein Maul voll Haar,
    Und weiter nichts, diesmal verloren war.
  2. So wußte sich auch in seinem größten
    Ungelücke Hieronimus damit zu trösten,
    Und war froh, daß er eben mit hei-
    ler Haut den Bauern entgangen sei.
  3. Zwar hat, seitdem er von Ohnewitz entfernet,
    Er mit seinem eigenen Schaden gelernet,
    Wie gar sauer, elend und schwer
    Es im Schulamte gehet her.
  4. Er nahm sich auch vor, nie in seinem Leben
    Wieder Bücher im Druck herauszugeben,
    Denn blos und allein von Autorsucht
    Rührte sein Unglück und jetzige Flucht.
  5. Indeß, da der Patron nach dem Bayerlande
    Sich jetzt mit der Gemahlin auf Reisen befande,
    So wollte auch Hieronimus dort bei ihm
    Schutz suchen vor der Bauern Grimm.
  6. Er hat sich also nicht lange besonnen,
    Sondern auch seine Reise dahin begonnen,
    Jedoch hielte bald seinen Lauf
    Ein neues Abenteuer auf.
  7. Denn er hat, wider alles Verhoffen,
    Auf der Reise ein Hinderniß angetroffen,
    Als er just in einer großen Stadt
    Einige Tage ausgeruhet hat.
  8. Hier, um seine melancholischen Grillen
    Einigermaßen zu dämpfen und zu stillen,
    Fiel es ihm einmal des Abends ein,
    Zu gehen in die Komödie ein.
  9. Er ward bald unter den Schauspielerinnen
    Einer wohlgeputzten Schönen innen,
    Welche an Gesicht, Stimme, Wuchs und Haar,
    Seine ehmals geliebte Amalia war.
  10. Himmel! wie ward er da entzücket,
    Als er selbige so unvermuthet erblicket!
    Fast wäre das ganze Parterre davon
    Gerathen in schreckliche Confusion.
  11. Sie hatte kaum ihre Rolle geendet,
    Als er sich sofort zu ihr gewendet,
    Und nun gab's manchen Freudenkuß
    Zwischen ihr und dem Hieronimus.
  12. Beide waren begierig zu vernehmen,
    Durch welchen Zufall sie zusammen kämen,
    Hieronimus eilte drum bald mit ihr
    Höchst vergnügt ins sichre Quartier.
  13. Da hat erst Amalia alles vernommen,
    Was ihm Wunderbares vorgekommen,
    Seitdem ihn damals, in der Nacht,
    Der alte Herr hatte fortgejagt.
  14. Und wie's ihm mit der frommen Dame gegangen,
    Und was sie gedachte mit ihm anzufangen,
    Und wie man ihm nachhero einmal
    Des Nachts sein Geld im Wirthshause stahl.
  15. Und wie er im Wald einen Räuber getödtet
    Und einem Gnädigen das Leben gerettet,
    Und er darauf zu Ohnewitz gar
    Ein Schulmeister geworden war.
  16. Und das Unglück, welches ihn betroffen,
    Und wie er jetzt, wider alles Verhoffen,
    Sie in der Komödie gefunden allhier,
    Dies alles erzählte er weitläufig ihr.
  17. Nunmehr war auch des Hieronimi Begehren,
    Von ihr alle Begebenheiten zu hören,
    Und die Schöne erzählte darauf
    Ihm folgendermaßen ihren Lebenslauf.

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