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Einleitung.

Die Geschichte einer sogenannten »Nordwestlichen Durchfahrt«, d. h. einer Verbindungsstraße zu See zwischen dem Atlantischen und Stillen Ocean um die nördliche Küste des amerikanischen Continentes ist ein Glied in der großen Weltgeschichte, beinahe so wirkungsvoll, wie die Geschichte der Civilisation, und findet ihre erste Begründung in dem Streite der Völker um den Besitz des Handelsweges nach Indien. Columbus starb in dem Glauben, durch seine Entdeckung au den großen Gewässern der untergehenden Sonne den neuen Weg nach dem reichen Indien gefunden zu haben. Doch entpuppten sich seine Länder als die Inseln eines großen Continentes, der seine Fittiche beinahe über die fünf Zonen der Erde breitet, und traten hemmend für den Weg nach dem noch fernen Osten auf. Der Reichthümer, die Columbus in seine Hände übergab, unbewußt, sandte Spanien Magellan südlich, welcher durch die nach ihm benannte Wasserstraße Amerika südlich umschiffte, Indien erreichte und durch die erste Weltumseglung den Beweis lieferte, daß die Erde rund sei.

Was Spanien durch Magellan erreichte, versuchte England durch Umschiffung des Nordens von Amerika zu bewerkstelligen, und mit der Reise des John Cabot 1498 begannen die Versuche zur Auffindung der nordwestlichen Durchfahrt, ein großer Gedanke, den England mit aller wohl bekannten Energie der Anglo-Saxonen durchzuführen suchte, um mit ihren Iberischen Rivalen zu concurriren, die trotz ihrer Niederlagen durch Drake, Cavendish und Bourrough über diese sich die Herrschaft auf dem Wege um das Cap Horn auch noch dann zu erhalten wußten, als England schon lange der Dictator der Meere geworden war. Während des Feldzuges Napoleon's in Egypten wurde die Auffindung der besagten Durchfahrt zur Ausbeutung des Handels mit China für England endlich eine Lebensfrage.

Dies waren die gewaltigen Motive, die, gepaart mit der Liebe, der geheimnißvollen Lust für Abenteuer und dem Verlangen nach der Bereicherung der Wissenschaft, Großbritannien im Stand erhielten, seine arktischen Forschungen so kräftig zu unterstützen. An die Bemühungen Cabot's reihen sich die Forschungen eines Hudson, der beiden Sir John und James Clark Roß, Parry, und erst in dem schrecklichen und noch immer unaufgeklärten Schicksale der Expedition des Sir John Franklin fanden seine Leute sterbend das letzte Verbindungsglied zwischen den beiden Oceanen, das mit seinen kolossalen Krystallbergen und unbegrenzten Barrieren ewiger Eisfelder schon für das einzelne Schiff, mehr aber noch für den Welthandel ewig unpassirbar bleiben wird.

Im Mai 1845 lichtete Sir John Franklin die Anker seiner beiden Expeditionsschiffe »Erebus« und »Terror« und trat mit 23 Officieren und 115 Mann der englischen Kriegsmarine seine dritte Reise in den Polarkreis an. Bei den Wallfischinseln an der westlichen Küste von Grönland übergab er nebst drei seeunfähig gewordenen Leuten die letzten Briefe seiner Mannschaft zur Absendung nach der Heimat ab und seine damaligen, an die britische Admiralität schriftlich übergebenen Worte: »Ich habe jetzt für volle drei Jahre Proviant, bin zwar schwer geladen, glaube aber wegen der Nähe des Eises kaum hohen Seegang zu erwarten« sind der letzte Bericht, den er zu überliefern bestimmt war. Am 25. Juli desselben Jahres sah der Wallfischfänger »Prince of Wales« (Capitän Dannet) die beiden Schiffe sich in das Eis des Lancaster Sound hineinarbeiten, um nie mehr wieder offenes Meer zu befahren. Schon im Herbste 1846, als den Sommer über keine Kunde über die Expedition eingetroffen war, setzte Sir John Roß der Admiralität seine Befürchtungen auseinander, denen zufolge die beiden Schiffe an der Westküste der Melville-Insel vom Eise eingeschlossen seien und weder vorwärts, noch rückwärts könnten. Wie wohlbegründet diese Ansicht war, hat die Zeit gelehrt, doch damals fand sie kein Gehör und man dachte die Befürchtungen nicht maßgebend genug, um schon so zeitlich nach deren Ausfahrt eine Unterstützung für Franklin aussenden zu müssen. Als aber auch im Sommer 1847 keine Nachrichten eintrafen, fand man sich in banger Vorahnung doch bewogen, mit dem Schiffe der Hudson-Bai-Pelz-Compagnie vier Boote mit completen Bemannungen nach ihrem Handelsposten im nördlichen Theile von Amerika zu senden, um, auf verschiedenen Wegen die nördliche Küste erreichend, nach den Bedrängten zu fahnden. Mit den Herren Dr. Richardson, Dr. Rae, Anderson und Steward beginnt die Reihe jener Aufsuchungs-Expeditionen, die durch 33 Jahre mit Muth, Geschicklichkeit und Energie betrieben wurden und deren humane Bemühungen und wissenschaftliche Erfolge eine Perle in der Geschichte unseres Jahrhunderts sind. Aus den drei großen, vom äußersten Norden Amerikas dem Polarmeere zufließenden Wasseradern, dem Mackenzie-, Backs- und Coppermine-Fluß, erreichten 1847-50 die besagten Boot-Expeditionen die Nordküste Amerikas und kehrten mit der Gewißheit zurück, daß Franklin's Schiffe sie nie berührt haben.

Auch segelten schon im Herbste 1847 zwei Schiffe mit Proviant um das Cap Horn, um durch die Behringsstraße vorzudringen, und der Expedition, falls sie in der Ausführung ihrer Pläne glücklich durch diese zurückkehren würde, Unterstützungen zu bringen, während Sir James Clark Roß in den beiden Schiffe» »Enterprize« und »Investigator« in den Jahren 1848 und 49 die Vorschriftsrichtung der Franklin'schen Expedition verfolgend, im Wellington-Canal und an der Küste von North Somerset nach ihr forschen sollte. Nachdem die zweitgenannte Expedition ihre Schiffe in ein passendes Winterquartier gebracht hatte, wurden nach den verschiedensten Richtungen Schlittenreisen unternommen, Proviantdepots errichtet und alles nur Mögliche gethan, um eine Verbindung mit den Verschollenen zu Stande zu bringen. Ja, so weit ging der geniale Commandant, daß er Füchse fangen ließ, ihnen auf eine passende, nicht leicht abstreifbare Weise Zettel mit Nachrichten an die Schwänze und um die Hälse binden und sie dann wieder frei laufen ließ. Doch vergebens – nicht der geringste Erfolg krönte die mühevolle Arbeit dieser menschenfreundlichen Hände. Auch Privatparteien durchkreuzten zu demselben Zwecke die nordischen Gewässer. So war ein Capitän Thomas Moore in dem Schiffe »Plover«, ein Capitän Robert Sheddon in seiner Privat-Yacht »Nancy Dowson«, Capitän Kellet im Schiffe »Herald« durch die Behringsstraße vom Stillen Ocean eingedrungen, während Dr. Goodsir (ein Bruder des A. D. Goodsir, Assistenzarztes des Schiffes »Erebus« der Franklin'schen Expedition) mit dem Capitän Penny in der »Advice« und Capitän Kennedy im »Albert« von der atlantischen Seite nach den Vermißten suchten. Welcher Freude ergaben sich die kühnen, unermüdlichen Forscher, wenn irgend ein kleines Zeichen die Nähe der Gesuchten zu verrathen schien – und welche furchtbaren Enttäuschungen hatte das böse Spiel der nordischen Natur nicht oft genug zur Folge. So war es Dr. Goodsir, der eines sonnigen Tages mit dem Fernrohr in der Hand mit der größten Aufmerksamkeit die Küsten des nahen Landes beobachtete und auf einem Punkte eine aufrechtstehende Stange zu bemerken glaubte. Es mußte so sein, sein Auge konnte ihn nicht trügen, auch das eines Matrosen sah dieselbe Stange durch das Fernrohr, – der Curs des Schiffes wurde geändert. Aller Augen richteten sich dem Punkte zu, die Freude und der Jubel, endlich den Vermißten auf der Spur zu sein, war groß – aber auch die Sonne hatte aufgehört, ihr böses Spiel zu treiben, und wo die vermeintliche Stange stand – war in Wirklichkeit nur ein spitz geformtes Eisstück zu finden. Mit solchen Erfahrungen kehrte Dr. Goodsir – mit solchen erfolglosen Resultaten kehrten sie Alle zurück – doch nicht um das Verlangen des Volkes nach den verlorenen Seeleuten zu schwächen – im Gegentheile, nur um die Regierung zu zwingen, mit reichen Mitteln an die Ausrüstung neuer Forschungs-Expeditionen zu gehen.

Die beiden Kriegsschiffe »Enterprize« und »Investigator« unter den Capitänen Collinson und Mac Clure wurden zum zweitenmale mit ihrer früheren Mission betraut und um das Cap Horn durch die Behringsstraße nach dem Norden entsendet, während der »Resolute« und die »Assistence« mit noch zwei kleineren Schiffen unter den Capitänen Horatio Austin, Ommoney und den Lieutenants Sherard Osborne und Bertie Cator durch die Baffins-Bai versuchten, den geheimnißvollen Schleier zu lüften, der Franklin's Schicksal verhüllte. Dieser Escadre schlossen sich an: die »Lady Franklin« unter Capitän Penny, die »Sophia« unter Capitän Stewart, die »Felix« unter Sir John Roß, sowie die »Advance« und »Discovery« unter den Lieutenants De Haven und Griffin, welche letztere, von den Vereinigten Staaten Amerikas entsendet, unter dem Namen der »Ersten Grinnell-Expedition« bekannt ist.

Capitän Ommoney fand Zeichen der Schiffe, und dem Capitän Penny, der sich vor Allen durch Energie und Thatkraft auszeichnete, gelang es am 27. August 1850 wirklich, das erste Winterquartier der Expedition in einem kleinen Hafen der Beechy-Insel zu finden. Unter anderen Zeichen waren es besonders drei Gräber, die auf einem als Grabstein dienenden Kopfbrette Namen und Datum der Leute enthielten, die hier im Winter 1845-46 gestorben waren. Mit dieser Kunde war aber auch der Erfolg der Escadre abgeschlossen.

Im Jahre 1852 segelte eine weitere Flottille unter Commando des Sir Edward Belcher ab. Sie bestand aus den Schiffen »Assistence«. »North Star«, »Pioneer« und »Intrepid« und sollte womöglich bis zu den Parry-Inseln vordringen, da die Möglichkeit nahe lag, Franklin habe dort einen Durchgang nach dem Westen gesucht. Von allen diesen Forschungs-Expeditionen war diese die unglücklichste, sie hat nicht nur ihren Zweck und ihr Ziel nicht erreicht, sondern verlor auch bis auf den »North Star« sämmtliche obgenannte Expeditionsschiffe eisgebannt und nahm auch noch die Mannschaft des ebenfalls im Eise zurückgelassenen ›Investigator‹ mit nach England. Nur der ›Resolute‹ fand, unglaublich genug, durch das Eis seinen eigenen Weg nach dem Süden und wurde von einem Wallfischcapitän in der Davisstraße in's Schlepptau genommen, restaurirt und als ›Anglo American‹ von den Vereinigten Staaten der Königin von England zurückgestellt. Aus den Theilen des historisch merkwürdigen Schiffes wurde bekanntlich erst in jüngster Zeit eine Art Tisch verfertigt und dieser von England aus dem Präsidenten der Vereinigten Staaten zugeschickt.

Nach dem Verluste so vieler Schiffe und so großer Geldmittel sah sich die englische Regierung bewogen, weitere Forschungen aufzugeben und erklärte Sir John Franklin und seine Begleiter für hoffnungslos verloren. Anders dachte das Volk, seine Ueberzeugung war, daß noch weitere Versuche gemacht werden müssen, und wenn auch die Leute selbst, die man noch immer gerne auf Hilfe wartend, am Leben dachte, nicht zu retten wären, so könnte man doch wenigstens nach ihrem Geschick und dem Orte forschen, wo die Heroen ihre letzte Ruhestätte fanden. In diese Periode gehört auch noch die zweite Grinnell-Expedition in der »Advance« unter Dr. Elisha Kane 1850 – 53, der als Arzt die erste Grinnell-Expedition mitgemacht hatte und der Ansicht war, daß Franklin womöglich nördlich vom Lancaster-Sund einen Weg nach dem Westen gesucht habe. Er war der Erste, der die Theorie eines offenen Polarmeeres aufstellte. Der Verlust seines Schiffes, sein Aufenthalt im Norden und sein abenteuerlicher Rückzug leben noch in der Erinnerung vieler meiner Leser. Wie gering die Hoffnung auf die Existenz der Leute Franklin's sein konnte, bewies durch traditionelle Mittheilungen und Gegenstände, die er von Eskimostämmen erhielt, der von der Hudsons-Bai-Compagny ausgesendete Dr. Rae auf seiner zweiten Franklin'schen Reise in den Jahren 1851 – 54. »Weiße Leute,« so wurde ihm erzählt, »wurden lebend von Eskimos gesehen, wie sie im Begriffe waren, einen großen Fluß zu erreichen, um darauf dem Süden zu unter ihre eigenen Leute zu kommen.« Jahre später fanden die Eingeborenen auf einer Insel nahe oder in der Mündung des Backs-Flusses viele Leichen und auch viele Gegenstände, welch' letztere den unabstreitbaren Beweis lieferten, daß es sich hier nur um die Ueberreste der verlorenen Expedition handeln könne.

Aber auch mit dieser Kunde ließ man sich in England nicht beschwichtigen, und namentlich war es die hochherzige Witwe des Commandanten der Expedition – Lady Jane Franklin – die sich mehrere Male um die Ausrüstung neuer Forschungsreisen an die britische Admiralität wandte, und als man ihren Bittgesuchen kein Gehör gab, aus ihren durch reiche Beiträge zu der Erreichung desselben Zweckes bedeutend erschöpften letzten Privatmitteln die Ausrüstung einer eigenen Expeditions-Yacht »Fox« beschloß. Capitän (jetzt Admiral) Sir Leopold Mac Clintock übernahm das Commando und Leute arktischer Erfahrung, wie Capitän Young, Lieutenant Hobson und Dr. Walker traten freiwillig ohne Anspruch auf Besoldung dem Unternehmen bei. Die Erfolge dieser Reise sind zu groß und mußten in den nachfolgenden Seiten nur zu oft genannt werden, als daß solche flüchtig übergangen werden könnten. Capitän Mac Clintock verließ am 1. Juli Aberdeen in Schottland und gelangte nach unzähligen Kämpfen mit den furchtbaren Eismassen Das Schiff wurde vom Eise eingeschlossen und machte während einer 242tägigen Gefangenschaft vom 75º 24' n. B. bis zum 63º 30' einen Zickzackdrift von 1194 Meilen. endlich am 20. August 1857 in der Bellotstraße an, wo das Schiff ein Winterquartier bezog. Schon zeitlich im Frühjahr 1859 wurden Schlittenpartien unternommen und während einer derselben kam der genannte Capitän mit einer Zahl Eskimos in Berührung, durch deren Erzählung er sich bestimmen ließ, die Insel König Wilhelms- Land zum Schauplatz seines Frühjahrs-Unternehmens zu machen.

Er rüstete unter eigener Leitung eine Abtheilung aus, die mit zwei Schlitten, wovon einer von Leuten, der andere von Hunden gezogen wurde, sich au die nordöstliche Küste von König Wilhelms-Land begab und längs dieser südöstlich ging, während sein erster Officier W. Hobson sich direkt nach dem nördlichsten Punkte der genannten Insel, nach Cap Felix, wendete und mit einer gleich starken Partie die nordwestliche Küste verfolgen sollte, um nach dem Wrack eines Schiffes, das dort von den Eingebornen gefunden worden sein sollte und seit Jahren zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse an Holz, Eisen und Kupfer gedient hatte, zu fahnden. Das Wrack war zwar nicht zu finden, wohl aber stieß Hobson schon am Cap Felix auf untrügbare Beweise, daß Franklin's Leute hier gewesen waren. Mit einer englischen Schiffsflagge und vielen kleineren Reliquien ging die durch den Fund ermunterte Abtheilung trotz des stürmischen Frühjahrswetters südlich, fand in einem Steinhaufen eine kleine Blechbüchse und in dieser das weltbekannte Document, das, wenn auch nur kurz, nach 13 Jahren die erste schriftliche Kunde von den Vermißten brachte, zugleich aber auch die Befürchtungen Englands und der theilnehmenden Welt um das Leben der sämmtlichen Leute zu bestätigen schien. Wir werden Gelegenheit haben, eine Copie des Documentes wörtlich reproduciren zu müssen, und wollen uns hier nur darauf beschränken, die hervorragendsten Daten derselben zu geben.

Bis zum Beginne des Monates September 1846 war Alles recht gegangen, die Schiffe haben sich langsam den Weg nach dem Westen gebahnt, doch am 11. des genannten Monates hemmten die Eismassen nördlich vom Cap Felix den Fortgang der Schiffe, diese für immer einschließend und so den hoffnungslosen Bestrebungen der kühnen Seefahrer unbezwingbare Schranken setzend. Der erste Winter verfloß gut und glücklich, doch als der kommende Sommer keine Befreiung brachte, der Commandant am 7. Juni 1847 starb, der Tod weitere 9 Officiere und 15 Mann forderte, und die gefürchtete Scorbutkrankheit, der Schrecken manches nordischen Reisenden, epidemisch aufzutreten schien, da sah sich der nunmehrige Commandant Capitän Crozier genöthigt, die Schiffe Ende April zu verlassen und mit dem Reste von zusammen 105 Mann Ende des genannten Monates seinen Rückzug nach dem damals schon bekannten und durch den englischen Marine-Lieutenant Georg Back 1833–35 erforschten, nach ihm genannten Flusse (auch Großen Fischflusse) und auf diesem eines der Handelsforts der Hudsons-Bai-Compagny zu erreichen. So muthig auch der Entschluß zu einem solchen Rückzuge war, Lieutenant Hobson sollte schon wenige Meilen südlich an einem stehen gelassenen Boote und den darin liegenden Skeleten sehen, wie bald die physische Kraft einer so zahlreichen Abtheilung zu brechen begann, und Mac Clintock, der auf der Montreal-Insel vergeblich nach dem Schauplatze der von Dr. Rae oben angeführten Andeutung bezüglich der in der Mündung des Backs-Flusses verhungerten Weißen suchte und von Süden und Osten her die südliche Küste von König Wilhelms-Land beging, fand trotz des noch tiefen Schnees nahe der Seeküste an Washington-Bai ein Skelett im Sande liegen, das seiner Lage nach die Ansicht bestätigte, daß Krankheit, Ermattung und Hunger die Disciplin gelockert und die Einzelnen des Crozier'schen Commandos im Begriffe willkürlicher Selbsterettungsversuche eines der traurigsten Ende fanden, das Menschen in ihrer Geschichte aufweisen können.

Auch in dem Gesundheitszustande der Forscher machte sich Scorbut als hindernd bemerkbar, und dieses mag wohl die Hauptursache gewesen sein, warum Mac Clintock den jahrelang gesuchten Schauplatz des tragischen Endes der Franklin'schen Expedition verließ und ungeachtet der schönen Erfolge, die ihm ein Sommer-Aufenthalt auf der Insel bieten mußte, zu seinem Schiffe und mit diesem nach England zurückkehrte.

Mit dieser Reise schien für eine lange Reihe von Jahren die Sache erledigt, bis im Jahre 1869 Capitän K. F. Hall, ein amerikanischer Privatmann, aus eigenem Antrieb sich unter den Eskimos aufhielt und in ihrer Begleitung die Adelaide-Halbinsel und auch den nächst gelegenen Theil von König Wilhelms-Land besuchte. Seine Funde und die Aufklärungen, die er sich von den daselbst wohnenden Eskimos zu verschaffen suchte, sind zwar von weniger Bedeutung, doch lieferte seine nur 90-tägige Reise den Beweis, daß, falls man wirklich daran glaube, daß Franklin's Leute im Angesicht des nahen Todes und der Unmöglichkeit einer Rettung ihre geworbenen Schätze für die Wissenschaft passend für die Nachwelt vergruben, ein Aufenthalt während des Sommers daselbst das einzige Mittel sei, einen solchen Fund zu suchen.

Diese Nothwendigkeit hatte auch Capitän Young eingesehen, als er 1874 die Yacht »Pandora« (ausgerüstet durch die gemeinschaftlichen Mittel der Lady Franklin und James Gordon Bennet) nach König Wilhelms-Land führen wollte, um nach solchen Documenten zu fahnden.

Einhundertundzwanzig Meilen von seinem Ziele entfernt, mußte er sein Beginnen aufgeben, und nur mit knapper Noth entrann er, mit nur einjähriger Verproviantirung versehen, den Eisfeldern, die ihn einzuschließen drohten. Diesmal war es das Schiff, das die Ausführung eines gut angelegten Planes verhinderte, und sollte man trotz einer mehr als dreißigjährigen Anstrengung es noch einmal wagen wollen, die Gerüchte zu berücksichtigen, die jährlich die aus Hudsons-Bai rückkehrenden Wallfischfänger in die civilisirte Welt brachten und als Beschluß der langen Reihe von Expeditionen noch eine zu entsenden, dann mußte diese, von einem Schiffe gänzlich unabhängig, von einem passenden Punkte der Hudsons-Bai aus mittelst eines Landmarsches ihr Ziel zu erreichen suchen.

Zu Lande und mittelst eines Sommer-Aufenthaltes am Schauplatz der Katastrophe, das waren denn auch die zwei Grundprincipien, nach denen die letzte Franklin-Aufsuchungspartie 1878–80, deren Wirken wir nun besprechen wollen, ihre Pläne zu entwerfen hatte.


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