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Neunzehnter Abend.

Ben Hafi erschien auf den Glockenschlag, rollte seine Handschrift auseinander und begann:

Mahal hatte nun Stoff genug zum Nachsinnen. Ram war für ihn ein quälendes Räthsel, und fragte er ihn um die Auflösung desselben, so war ein spöttisches Lächeln seine ganze Antwort. Die Mullaher setzten ihn noch mehr in Erstaunen, ob er sie gleich gerade so fand, wie sie Ram und Einfalt geschildert hatten. Das ganze Land glich einem wohlgebauten Garten; Genügsamkeit und Zufriedenheit herrschte in den Feldern, in der Stadt. Der rohe Mullaher, der nichts sagte, was er nicht that, und nichts that, was er nicht sagte, schien ihm der beste Mensch, den er auf seinen traurigen Wanderungen angetroffen hatte. Sie lebten, um zu leben, ohne zu wissen, woher sie kamen, wohin sie einst gingen. Sonne und Mond waren ihnen nichts als Lichter, die Erde ihre Ernährerin und der Himmel das Behältniß des Wassers, ihre Felder anzufeuchten. »Schade,« sagte Mahal, »daß dieses sonst gute Volk an keinen Gott glaubt, von Gott gar nichts weiß! Und wunderbar, daß Die, die an keinen Gott glauben, gerade die Besten sind, welche ich gesehen habe!« Er faßte im Stillen den Entschluß, die Mullaher mit Gott bekannt zu machen. Die Mullah« hörten ihn an und sprachen: »Fremdling, die Erde ist unser Gott, sie ernährt den Arbeiter und läßt den Faulen verhungern.« Mahal ließ sich von dieser thierischen Antwort nicht abschrecken und fuhr in seinem Eifer fort. Ram, der nun Einfalls Großvizir geworden war, vernahm Mahals Bekehrungsgeschäft, ließ ihn vor sich fordern und sagte:

»Mahal, ich höre, du sprichst den Mullahern von Gott vor; laß dieses immer unterbleiben, damit wir nicht gezwungen werden, dich zum Lohne mit einer Geißelung wegzusenden. Die Mullaher sind Thiere und gute Thiere; was aus den Menschen werden kann, wenn sie aufhören, Thiere zu sein, davon hast du Beweise genug gesehen und erfahren. Wie ich merke, suchst du noch immer die Ursache, warum die Menschen so sind, wie sie sind! ich zweifle nur daran, daß du sie je finden wirst. Darum, mein Lieber, ist es Zeit, daß du nach deinen Gebirgen zurückwanderst und Gott Alles erzählst, was du gesehen, gehört und erfahren hast. Er wird daraus vernehmen, daß wir ganz artige Leute sind, und daß Ram nicht der Dümmste unter ihnen ist. Das, was du mich thun und ausführen sahst, war ein Spiel, das ich mit diesen Sultanen trieb, und du siehst daraus, daß ich die Geißelung nicht vergessen habe, die mir dein grämlicher Schwiegersohn aufladen ließ. Nun will ich Einfalt zu einem ganz sonderbaren Ding machen, wenn uns Gott Zeit dazu läßt; thut er es nicht, so wär' es wahrlich Jammerschade. Gott wird sich wohl nicht wundern, wenn du ihm sagst, du habest die Ursache nicht entdecken können, warum wir sind, wie wir sind; wir wissen es selber nicht, und sollte er dir sein Geheimniß vertrauen, so komm zu uns und theile es uns mit; aber ich zweifle daran, denn mir scheint es eigentlich das Haupt- und Staatsgeheimniß des Himmels zu sein. Ich, Großvizir des erhabenen, mächtigen Sultans Einfalt, gebe dir nun Leute mit, die dich bis an das Gebirge begleiten sollen, und wenn du unterweges keine dummen Streiche machst, so wirst du wohlbehalten dort ankommen. Leid wäre es mir, wenn es nicht geschähe, und Gott würde gar viel dabei verlieren. Lebe wohl! Das Reisen hat dich wohl erfahrner gemacht; aber Das, was du suchtest, hast du nicht gefunden. So geht's uns allen auf unsrer Reise durch diese sonderbare Welt.«

Mahal ergrimmte heftig über diese kühne Rede Rams; aber Ram lachte seines Grimms. Er stieß seine Verdammungsformel über die Menschen und Ram aus, der ihn daran hinderte, dies gute Volk Gott zuzuführen, und Ram sagte: »Grüße Puh und Noah, deinen Schwäher!«

So trat nun Mahal seine Rückreise nach dem Gebirge an, beschämt, Das, was er gefunden hatte, für Weisheit gehalten zu haben, empört gegen das ganze Menschengeschlecht, murrend gegen Gott, vor dem er nun in seiner nackten Thorheit und als Zeuge der Bosheit und Verderbniß der Menschen erscheinen sollte, nach deren Umgang er so lüstern war. Auch hatte unvermerkt das ungeheure Geschwätz der Denklinge einigen Eindruck auf ihn gemacht, ihn wenigstens in seinem starren Steifsinn bestärkt. Auf seinem Rückzug fand er den Sultan Zwerg noch immer glücklich unter dem Schutze der Schriftsteller. Der Sultan Lom war noch immer geistreich und verständig, hielt es auch noch immer für klug, seinen Verstand den Göttern, die um seinen glänzenden Thron herstanden, zu unterwerfen. Mahal hielt es für weise, ganz stille durch die Staaten dieser beiden Sultane zu ziehen. In Irad fand er, daß Zobar plötzlich vor Zorn gestorben war, weil ihm der Vizir mit dem Schatzmeister viel von seinem Hausgott veruntreuet hatte; daß seine Tochter, die erleuchtete Milka, an seiner Stelle herrschte, daß der Enocher Höfling ihr Großvizir war und, was Mahal noch mehr Wunder nahm, daß der kleine Sohn, bei dessen Pflanzung er den Höfling überraschte, bestimmt war, den Thron nach ihr zu besteigen. Er suchte Puh auf, der noch immer mit aller majestätischen Erhabenheit und Würde seine Last trug und allen seinen Kummer bei dem freudigen Gedanken vergaß, sein Sohn würde Gedims Götterstamm fortpflanzen und über die zwei Reiche herrschen. Die kluge Milka, die nun eine Göttin geworden war, durfte es nicht wagen, den armen Puh von seinem Elende zu befreien, weil er auf keine Weise, zum Vortheil der Sultane in Irad, seiner Götterheit entsagen wollte. Milka ließ ihn also staatsklug, menschlich hinschmachten. Mahals Herz pochte über die Verderbniß seiner Tochter, von welcher er sich nun als den Urheber ansah. Er begab sich zu ihr, um ihr ihren Wahnsinn zu verweisen, sie fiel ihm aber kalt und stolz in die Rede: »Vater, du hast mich zu Narren geführt, und nun, da ich unter Narren bin und bleiben muß, bin ich ihnen, was ich ihnen sein muß: eine kluge Närrin. Das Beste für mich und dich ist, du hältst dich in Irad nicht lange auf; denn wie ich vernahm, so sind die Irader deine Freunde nicht.«

Sie verließ ihn und, selbst die Thränen der Reue, des tiefsten Schmerzes, die nun zum ersten Mal aus den Augen des verstockten, eigensinnigen Mahals drangen, rührten sie nicht. Er sprach nichts mehr; der Schmerz, der Unwille, der Groll zogen sich in sein finsteres, empörtes Herz zurück. Seine Begleiter verließen ihn unsern des Gebirges. Er erblickte den Grabhügel Adams, eilte hinzu, warf sich auf das Grab und ließ, nach langen, qualvollen, stummen Betrachtungen, seinen Verdruß und Gram folgender Gestalt in der Luft verhallen:

»Hier, in diesem kleinen Bezirke, liegt also der Staub des ersten Mannes, von dem Alle ausgehen, die ich gesehen habe, Alle ausgehen werden, die noch geboren werden sollen, Alle ausgegangen sind, die, wie er, Staub geworden. O, daß ich nicht unter Denen bezeichnet gewesen wäre, die aus dir entspringen sollten! Wäre ich nur Asche, wie du nun bist, oder besser nie gewesen! In dir, dem Einzigen, einem Einzigen! lag also Keim zu Allem, was wir sind, was wir werden mußten; und wie unsre Väter sagten, mußtest du sogar durch einen Fehltritt diesen Keim entwickeln; mußtest durch diesen Fehltritt erfahren, was Gut und Böse sei, und diese unglückliche Kenntniß, dein erstes Wissen, mußte von dir zu deinen Söhnen auf uns forterben, steigen und wachsen, sich ins Unaussprechliche und Unzählige vervielfältigen; wir deine Nachkommen und jedes neue aufblühende Geschlecht mußte des Bösen mehr zu dem Bösen fügen, bis die Menschen so reif dem Verderben würden, wie ich sie gesehen habe. Ach, Vater des Menschengeschlechts! wenn du nun sähest, was aus deinen Enkeln geworden ist! Wenn du nun den Erdboden durchziehen könntest, wie ich gethan habe, und ihre Bosheit, ihre Laster, ihren Abfall von Gott, ihr Blutvergießen, ihre Herrschsucht, ihre Goldsucht, ihren Wahn sähest und sie dir alle zuriefen: »Vater, wir haben es von dir! Warum strecktest du deine Hand nach der verbotenen Frucht aus, die dir die reizende Verführerin darreichte? warum wolltest du einer der Götter werden? warum dürstete dich nach der unglücklichen Erkenntniß, der Quelle alles Bösen, das wir thun und leiden? Hättest du dich nicht reizen lassen von der verbotenen Frucht, so würden wir nun, wie du vor deinem Fall, in den blühenden Gärten leben, die schönsten, glücklichsten, durch Einfalt und Unschuld seligsten Geschöpfe der Welt sein, ohne Arbeit, Sorge, Furcht und Hoffnung, unter kühlenden Schatten, an rauschenden, erfrischenden Quellen sitzen, die süßesten Früchte essen, den ruhigsten Schlaf schlafen und uns an den uns umgebenden, erhabenen Gegenständen ergötzen, ohne zu wissen, warum und wodurch sie es sind. Du sprachst mit dem Herrn, den wir nun vergessen, verkennen oder vor dem wir zittern, und wußtest weiter nichts, als daß er dein Schöpfer, der Herr der blühenden Gärten sei. Er war dir ein Hirt, der die Schafe auf die Weide führt, dem die Schafe gehorchen, ohne von seinem Recht über sie etwas zu wissen. Du strecktest deine Hand nach der lieblich scheinenden Frucht aus, in der die Kenntniß und ihre Töchter, die Sünde, die Thorheit, der Wahn und die Begierde schliefen, und hinterließest sie uns zur Erbschaft. Bald vermählten sich diese mit dem Stolze, dem Durst nach Gewalt, und aus ihnen entsprangen die zahllosen Verderbnisse, Laster und Qualen der menschlichen Gesellschaft; ein nie hinwelkendes, immer grünendes, sich mehrendes Geschlecht. Ach, was nutzt es uns, daß unser Geist und unsre Hände durch Wissen Künste, Zeichen und Geräthe erschaffen und bilden können; Alles, was wir schaffen und zeugen, beweiset unsern Mangel und unser Bedürfniß, beweiset, was wir verloren haben, und legt die rastlose Begierde an den Tag, durch Erkünstelung das Glück wiederum herzustellen, das wir verloren haben. Aber umsonst! Das Glück ist die Gefährtin der Unwissenheit; wer da weiß, daß er glücklich ist, weiß auch, auf wessen Verlust er es ist, er weiß, daß sein Gluck zerstörbar ist, und weiß, daß ihm ein Ziel gesetzt ist!«« Sieh, so würden die Menschen dir zurufen. Und ich rufe hinunter in dein dunkles Grab, und sollte auch mein schmerzvoller Ruf deine Asche bewegen – der Trieb des Wissens, den ich von dir geerbt habe, machte mich unglücklich; er stieß mich gewaltsam unter die Menschen, die mich geißelten, verhöhnten, die meiner Warnung, meiner Sendung spotteten, bei denen ich Weisheit erlernen wollte und nichts erfuhr, als daß sie wahnsinnig sind, daß Laster und Thorheit sie allein ergötzen, und daß der Herr wohlthut, sie zu verderben. Aber Das, was nun mein Herz zerreißet – Zweifel und Unwillen gegen Den, der sie gemacht hat, der dich so gemacht hat, daß dich gelüsten konnte und durfte nach Wissen und Kenntniß, sind mein schrecklicher Gewinn! Der gleich schreckliche ist, eine Sünderin gezeugt, den Menschen zugeführt zu haben, die an Vermessenheit und Kühnheit alle Töchter Kains, des Brudermörders, übertrifft. Doch, du vernimmst mich nicht, du bist Staub, das, was wir alle werden, die aus deinen Lenden entsprungen sind. Der Herr will sie nun alle zerschlagen, und nichts soll von ihnen und Dem, was sie hervorgebracht haben, übrig bleiben, als das Gedächtnis; ihrer Laster und Thorheit. Adam! Vater der Menschen, warum strecktest du deine Hand nach der Frucht der Erkenntniß aus? Warum mußten wir erfahren, was Gut und Böse ist, und warum mußten wir so gebildet sein, daß wir des Bösen viel und des Guten so wenig thun?«

Nach dieser Rede stieg Mahal auf das Gebirge, eilte nach dem Ort, wo er den Herrn gesehen hatte, und brachte nichts mit, als die Handschrift über seine Brust gebunden, unter welcher jetzt sein Herz schlug und bebte.

Er setzte sich auf einen Stein unter eine Ceder und überlas, nach dem Befehl des Herrn, unter Seufzern, Beklemmung, Murren und Unwillen seine Handschrift bis zum Ende, schlug sie zusammen und rief mit starker Stimme: »Herr! hier bin ich, ein unglücklicher Thor, des Lebens müde, verwirrt und zermalt von Dem, was ich gesehen habe!«

Da sausten die Winde, der Berg bewegte sich leise, und die Ceder rauschte in dem Wipfel. Die Stimme des Herrn erscholl:

»Mensch, dem nach der Weisheit seiner Brüder gelüstete, was hast du gewonnen?«

Mahal. Vergib mir, Herr, wenn ich rede, wie mein trauriges Herz mich antreibt zu reden. Mein Gewinn ist, daß ich müde bin zu leben, mich selbst hasse und verachte und das ganze Menschengeschlecht in mir. Vernichte sie alle, sie sind reif dem Verderben, wie du gesagt hast, und vernichte mich, den Thoren, mit ihnen. Doch, Herr, schaffe nicht mehr ihres Gleichen, denn ich fürchte, es möchte dich abermals gereuen.

Gott. Und du hast kein Volk, kein Geschlecht gefunden, dessen meine Gnade schonen könnte?

Mahal. Vergib mir, Herr, wenn ich rede, wie mein bekümmertes Herz mich zu reden antreibt. Ein einziges Volk habe ich besser als die andern gefunden: aber dieses Volk hat dich ganz vergessen, kennt deinen Namen nicht mehr, weiß nichts von dir, lebt wie die Thiere des Waldes und die Pflanzen der Erde. Ihre Unwissenheit ist so groß, daß, wenn du sie auch mit den andern verdirbst, sie nicht einmal glauben werden, daß sie es verdienen! sie nicht einmal ahnen werden, woher ihr Verderben kommt. Ach, Herr, vergib mir Thoren; aber warum gereuet es dich doch, daß du die Menschen gemacht hast, und warum hast du sie so gemacht, wie ich sie gefunden habe?

Gott. Was ich geschaffen habe, habe ich geschaffen: wie ich es geschaffen habe, habe ich es geschaffen. Ich sprach, da ich Alles geschaffen hatte, es ist gut! und es war gut! der Mensch war das Beste, was nach den Geistern des Himmels aus meiner Hand hervorging, denn ich belebte ihn mit meinem Geiste vor allen Geschöpfen der Erde. Nur dadurch war er das Beste, weil er das Böseste des Geschaffenen werden und alles Geschaffene, das ihm erreichbar ist, zum Guten oder Bösen anwenden konnte.

Mahal. Ach Herr, ich verstehe dich nicht!

Gott. Weil du verstockten Sinnes und thörichten Herzens bist! – Du hast nun die Menschen gesehen – hast du auch entdeckt, warum sie so böse sind, und warum du ein Thor bist?

Mahal. Ich weiß, daß ich ein Thor war, dieses Gebirge zu verlassen: aber ich mußte dieses Gebirge verlassen, weil die rastlose Begierde zu wissen und zu erkennen stärker war, als die Vernunft oder der Geist, den du meinem aus Thon und Leimen geschaffenen Leibe zugetheilt hast. Kann ich doch nicht dafür, daß Adam, unser aller Vater, von der Frucht der Erkenntnis; genossen und den heißen Trieb des Wissens in uns, nebst der Erkenntniß des Guten und Bösen, fortgepflanzt hat. Herr, ich habe Alles aufgezeichnet, was ich gehört, gesehen und empfunden habe. Ich habe gesehen und an mir selbst erfahren, daß die Menschen wahnsinnig und böse sind. Keiner kennt dich und denen ich dich nannte, die spotteten meiner. Ich habe die Quelle des Bösen gesucht in ihrem Fleische und in ihrem Geiste und frage noch immer: Herr, warum beherrscht das Fleisch den Geist, warum geht das Böse des Fleisches zu dem Geiste hinüber? Warum mußte doch der Geist, der von dir kommt, der ein Theil von dir ist, weil du ihn dem Menschen eingeblasen, hast, von dem Fleische abhängen, das du aus Thon gebildet hast und das der Mensch der Erde wiedergibt? Wie kann der Mensch zwei sich so widerstrebende Dinge ausführen, zu leben dem Geiste und dem Fleische? Gewiß weißt du Dieses alles, o Herr! und du hast Alles gut gemacht; aber ich weiß es nicht, und Alles, was ich darüber erfahren habe, was ich gelernt habe, sind Worte, womit ich die Triebe zum Guten und Bösen benennen kann; doch es sind nur Worte, und ich benenne diese Triebe, wie ich die Sonne, den Mond, die Gestirne, die Kräuter benenne, ohne ihr Inneres zu kennen. Alles, was ich davon weiß, ist, daß du sie geschaffen hast, daß Alles von dir kommt. Mir fehlt der Sinn, den Zweck zu fassen, den Schlüssel zu dem dunkeln Geheimnisse, vor dem ich bebend, schaudernd und schwindelnd stehe. Du hast ihn, und ich darf ihn von dir nicht fordern, denn Keinem vertraust du dein Geheimniß. Mir bleibt nichts übrig, als vor dir in den Staub, aus dem du mich hervorgerufen hast, niederzufallen, über mich und das ganze Menschengeschlecht, das du erschaffen hast, dessen Erschaffung dich gereut, das du verderben willst und das deinen Zorn verdient, zu weinen und dann zu sterben. Gott. Sieh, so erziehe ich mir das Menschengeschlecht zu dem hohen Zweck, den ich festgesetzt habe. Dieses ist der erste Schritt seiner Kindheit. Ich verderbe dieses Geschlecht, das nun die Erde mit Greuel erfüllt, meinen Namen vergessen hat oder ihn lästert und mißbraucht. Ich vertilge sie alle, und den Geschlechtern, die einst nach ihnen aufblühen sollen, sende ich Weise, Propheten und Apostel, offenbare mich ihnen durch sie und erziehe mir das Kind zum Manne.

Khalife ( für sich). Abraham, Moses, Christus und unser erhabener Prophet.

Mahal. Vergib mir, Herr, daß ich rede, wie mein dunkler Geist mich zu reden antreibt. Was haben Diese gethan, daß sie früher geboren wurden und früher sündigen mußten? Was können doch sie dafür, daß sie in der Kindheit des Menschengeschlechts entsprossen sind und keine Weisen, Propheten und Apostel unter ihnen auftraten, dich ihnen zu offenbaren? Was ist doch dem Einzelnen, den der Tod wegrafft, die Erziehung des Ganzen, da er verwelket, bevor sie beendiget ist?

Gott. Ich war euch Prophet und Apostel und ließ mich selbst zum Lehrer unter euch nieder. Ich sprach dir und allen Lebenden die deutliche und starke Sprache meines väterlichen Daseins und meiner väterlichen Sorge. Meine Offenbarung steht lebendig um euch her in großen, erhabenen, unverhüllten Zeichen. Ihr wollt sie nicht sehen, wollt meine Stimme nicht hören, ob ich gleich im Donner zu euch rede und mit Blitzen zu Euch spreche. Nun muß ich die Menschen ihrer Verstockung überlassen, denn ich bin ein väterlicher Erzieher und kein zwingender Zuchtmeister. Darum sprach ich zu diesen Geschlechtern, wie der Vater zu dem geliebten Kinde. Die künftigen Geschlechter sollen mich und meinen Willen nur durch die Stimme des Menschen vernehmen und kennen lernen, und sie sollen glauben und ahnen, was ihr mit euern Augen gesehen habt.

Mahal. Ach, Herr! vergib doch der Blindheit meines Geistes und den Zweifeln meines Herzens; sieh, ich kann die bösen Gedanken nicht unterdrücken, und mit Recht nennest du mich verstockt. Sind diese Menschen, die ich gesehen habe, noch in den Jahren der Kindheit, so möchte ich jene wohl sehen im Alter des Mannes oder des Greises. Zürne mir nicht! aber, Herr, was läßt sich doch von einem solchen Kinde erwarten? Ich habe nichts als Böses gesehen. Gräuel und Abscheulichkeiten im Denken und Thun ist das Geschäft des Menschen: deiner spottet er, arbeitet nur für sich selbst und seine Lüste und halt dafür, die ganze Welt, seine Brüder, du selbst, Herr, Alles sei bloß um seinetwillen da. Die Menschen gefallen sich im Blutvergießen und Zerstören, sie finden Ruhm in schrecklichen Thaten und grausender Vernichtung ihrer Brüder, der Erde, der Wohnungen und der nährenden Felder. Böse, thörichte Menschen herrschen über die Thoren, nennen sich Götter, und die noch elendern Thoren halten sie dafür, lassen sich für sie tödten, kriechen vor ihnen im Staube und sagen: du bist einer der Götter, bist besser als wir und darfst mit uns nach deinem Gefallen thun! Warum mußte der Mensch, dessen Herr du bist, den du geschaffen hast, sich so tief vor seines Gleichen erniedrigen?

Gott. Dies ist das höchste Maaß ihres Wahnsinns und mußte in dem Augenblick erfolgen, da sie mich verlassen haben. Ich wollte, ihre Führer sollten Hirten sein, sie machten sie selbst zu ihren Tyrannen! Darum soll dieser Wahnsinn mit ihnen allen von der Erde vertilgt werden, um nie wieder aufzukeimen. Das junge künftige Menschengeschlecht soll nur Väter in seinen Herrschern sehen; denn dazu, und daß sie Recht und Gerechtigkeit ausüben, setz' ich sie ein.

Mahal. Ach Herr! warum ließest du es jetzt geschehen? Warum durfte dieser Wahnsinn herrschen? Und höre, Herr, das Schrecklichste, das Scheußlichste, das ich gesehen habe! Sie beten das Gold an und halten es für ihren Gott. Warum hast du das Gold erschaffen, Herr, warum hast du die Dinge überhaupt geschaffen?

Gott. Thor, so könntest du nun auch fragen, warum ich dich geschaffen habe?

Mahal. Vergib doch, Herr, meinem finstern Geiste, ich bin ein Thor; aber ich frage dich darum.

Gott. Und sollst keine Antwort erhalten!

Mahal. Ach, dies ist unser Schicksal! So will ich nun das Menschengeschlecht in dem Alter des Säuglings, des Mannes und des Greises beweinen und mit der Frage sterben: warum hast du sie so gemacht, so werden lassen? Ich bin verstockten, unmuthigen Herzens und kann selbst vor dir, meinem Schöpfer und Richter, nicht schweigen. Was hülfe es mir auch, da du das Innere des Geistes siehst, den du mir gegeben hast, und durch den ich denke und bin.

Gott. Dem Verstockten verschließe ich mein Ohr! Mit offenen Augen siehst du nicht, mit deinen Händen greifst du nicht und horchest nicht auf den Geist, den ich dir zum Wächter in das Herz gesetzt habe.

Mahal. Ach, Herr, ich vernehme ihn und schelte mich über meine Thorheit; aber die Finsternis; wird mir darum nicht Heller. Herr, warum tödtete dein Blitz den armen Schiffer, der mich von dem nahen Tode errettete, den Einzigen, der mir unter den Menschen wohlgethan hat?

Gott. Dies sollst du wissen! Mein Blitz tödtete ihn, weil er während deines Schlafes nachsann, wie er dich und deinen vermessenen Gefährten um des Wenigen, das ihr befaßet, tödten möchte. Hätte mein Donner euch nicht so schnell von den Banden des Schlafes entfesselt, er würde an euch das Verbrechen vollzogen haben. Oft strafe ich, wo ich zu belohnen scheine; oft belohne ich, wo ich zu strafen scheine.

Khalife. Gott ist gerecht!

Ben Hafi. Dies fühlte Mahal in diesem Augenblick, und Gott fuhr fort: »Du fühlst meine Gerechtigkeit, und doch sagt dein Geist: warum blieb mein Gefährte, der des Bösen so viel noch that, verschont? Du bist verstockten Herzens und unheilbar, und ob ich dir gleich sagte, ich übersehe das unzählige Menschengeschlecht, das da ist, gewesen ist und sein wird, wie du diese Ceder mit ihren Aesten übersiehst, und sehe das Gute für das ganze Menschengeschlecht da hervorkeimen, wo du das Böse wahrzunehmen glaubst, so würdest du doch verstockt bleiben, weil du unwilligen Herzens, finstern Geistes bist und die Zweifel dir gefallen. Ich zwinge mein Licht dem Sterblichen nicht auf, daß sich der Sterbliche des Lichts erfreuen und seiner würdig werden möge. Diese Geschlechter sollen ferner nicht mehr leben. Ich will Wasserfluthen über die ganze Erde senden, und alles Lebende, alles von den Händen der Lebenden Erschaffene soll untergehen mit Thieren und Gewürmen. Nur mein Knecht Noah mit seinen Söhnen, den Weibern seiner Söhne (und den Thieren paarweise gesammelt) sollen leben und Väter der Völker werden, die ich mir erziehen will zu großen Zwecken der Vollendung, Er soll ein Schiff bauen, das über den Wasserfluthen einherschwebe, bis sie die Winde, auf mein Geheiß, verwehen und die von den Sündern gereinigte Erde trocknen.«

Mahal. Zürne mir nicht, Herr, und vergib meinem bekümmerten Herzen. Ich will keine Kammer in diesem Schiffe; Obgleich dieser verstockte Mahal, nach unserer Art zu denken, Vielen unwahrscheinlich vorkommen könnte, so wird ihn doch der Leser des ältesten der Bücher nicht dafür erkennen; denn er gleicht sehr viel den starrköpfigen, eigensinnigen, mürrischen und empörischen Israeliten, wie sie uns diese älteste der Bücher ohne alle Verschönerung, Veredlung und Schmuck zu Dutzenden aufstellt, und wodurch diese Bücher zu den wahresten und aufrichtigsten Büchern auf Erden geworden sind und, wie es scheint, wohl auch bleiben werden. Sie allein malen den Menschen ohne alles Idealisiren und bleiben der Wahrheit und der Menschheit so getreu, daß sie den Mann, den sie auf der einen Seite den Mann nach dem Herzen Gottes nennen, auf der andern Handlungen begehen lassen, wofür wir ihn oft einen Mann des Teufels nennen möchten, Schriftsteller gemeiner Art würden gewiß das Bise ihrer Helden zu mildern und das Gute zu verschönern gesucht, haben; aber sie wollten nur Menschen historisch schildern, Menschen, die es vor Gott in aller ihrer Menschheit sind und die einmal wissen, seinen Augen sei doch keine ihrer Blößen verbergen. Alles, was man dawider sagen könnte, wäre etwa: die Schriftsteller dieses Buches schrieben in dem Charakter des sonderbaren Volks, den sie selbst an sich trugen. Auch dies! und diese Bücher bleiben dadurch um so mehr der wichtigste, wahreste und sonderbarste Beitrag zur Geschichte der Menschheit.] denn mit den Guten, den Unschuldigen kann ich nicht mehr leben, mit den Bösen und Verdorbenen will ich nicht leben.

Gott. Dies und die traurigen Zweifel, die dich Plagen, sind der Lohn der Thoren, welche die Weisheit unter den Menschen und nicht bei mir suchen. Du sollst dieses Geschlecht nicht überleben. Vergrabe die Schrift, in welcher du mit künstlichen Zeichen den Wahnsinn der Menschen aufgezeichnet hast, tief unter diesem Felsenstein, der dir nun zum Lager dient; die Fluth soll ihn verschonen und deine Schrift nicht verderben. Dieser Stein verbleibe dein Sitz, diese Ceder deine Decke, bis ich deinen unruhigen Geist von dir nehme. Die Vögel des Himmels sollen dich speisen; denn auch gegen die Thoren bin ich barmherzig und ernähre sie. Weine über deine und der Menschen Thorheit, nach welcher dich gelüstete, vor welcher mein Knecht Noah dich gewarnt hat. Keiner der Kinder Seths soll dir nahen, selbst Noah, mein Sohn, nicht, damit du ihre Einfalt nicht vergiftest und sie von meinen Wegen leitest, bevor ich sie sende in die Ebene, um das Schiff der Erhaltung zu bauen. Thörichter bist du wiedergekehrt, als du ausgewandert bist; dies ist die Frucht des menschlichen Wissens; Dem nur wird es zu Gift, der erforschen will, was ich ihm verbergen muß, damit ich ihm gnädig sein und ihn belohnen kann. – Gott schwieg. –

Mahal betete an, aber sein Herz blieb verstockt; er wollte forschen und wissen, und wollte nicht anerkennen das nothwendige Gesetz der Entsagung in den Willen Gottes, wodurch wir tragen und erdulden, was er uns zugetheilt hat. Ohne diese Entsagung gibt es, wie du, Herr der Gläubigen, am besten weißt, keinen wahren Glauben an Gott, und dieses hat uns der Prophet gelehrt.

Mahal saß auf dem Felsenstein, beweinte seine Thorheit, der Menschen Thorheit, ihre Laster und ihren Wahnsinn. Sein Geist verließ ihn, und sein Leib ward zum bleibenden Denkmal auf dem Steine, worauf er gesessen und über sich und das Menschengeschlecht geweint hat. Noch steht dieses Denkmal auf dem Gebirge, und scheint im Steine noch über die Nachkommen Noas zu weinen, die unter ihm leben und sündigen.

Ich, Ben Hafi, habe ihn auf dem Gebirge gesehen, ihn der Verstockung angeklagt und dann mit ihm geweint, wenn ich von dem Gebirge auf die Erde sah, welche die Menschen bewohnen und worauf sie so viel Böses thun. Dann warf ich mich nieder vor dem Herrn und bat ihn, mich vor Zweifel über die Wege zu bewahren, die er die Menschen führt. –

So endigen, Herr der Gläubigen, die Reifen oder Märchen Mahals. Haben sie dir gefallen, so ist der arme Ben Hafi belohnt. Viele der einzelnen Greuel, Verbrechen und Gewaltthätigkeiten habe ich verschwiegen, um deines menschlichen Herzens zu schonen. Auch erwirbt man damit keinen Dank und verschafft dem Zuhörer wenig Vergnügen.

Khalife. Daran thatst du wohl, und besser wäre es, wir könnten alles Böse vergessen, das die Menschen gethan haben, und unseren Nachkommen nichts als das Andenken guter Thaten hinterlassen. Auch habe ich beinahe Alles vergessen, was du mir erzählt hast, und erinnere mir nichts so lebhaft, als Das, was du von dem Koran erzähltest, der vor der Sündfluth in der ehernen Kugel auf Erden war. Und darum befehle ich dir, diese Märchen schriftlich aufzusetzen, damit Gläubige und Ungläubige sehen mögen, wir seien das auserwählte, von Gott erzogene Volk, das vor Allen er gewürdigt hat, durch seinen Apostel sein heiliges Wort zu senden. Dafür und weil du ein guter Mensch bist, sollst du in meinem Palaste wohnen, von meiner Güte leben, und ich will dein Schutz sein. Leid ist mir übrigens, daß dieser Mahal in seiner Verstockung verharrte; doch möchte ich gar zu gerne sein weinendes Denkmal sehen, wenn die Reise nur nicht zu weit und mein Geschäft nicht in Bagdad wäre.

Ben Hafi. Ich danke dir, Herr, für deine große Güte und will aus allen Kräften sie ferner zu verdienen suchen; doch bevor ich nach deinem Befehl diese Schrift abfasse, muß ich dir, aus gewissen Ursachen, erst meine Wanderungen durch Asien und Afrika erzählen.

Khalife. Das sollst du, Ben Hafi, und ich wünschte um deinetwillen, daß sie mir besser als deine Märchen gefallen möchten.

Ben Hafi. Ich hoffe es, und haben dem Nachfolger des Propheten auch meine Märchen nicht gefallen, so kenne ich doch zwei, denen sie gefallen haben.

Khalife. Und wer sind diese?

Ben Hafi. Dein Diener Ben Hafi und dein treuer Masul.

Khalife. An dir zweifle ich nicht; aber er, der so taub ist, daß er, ohne die Gnade Gottes, den Stoß in die Trompete nicht hören würde, wenn jetzt der Tag des Gerichtes einbräche –

Ben Hafi. Gleichwohl hörte er meine Märchen mit vieler Aufmerksamkeit, Zufriedenheit und Erbauung an, nahm mit seinen Augen mir jedes Wort von den Lippen und begleitete meinen Blick, als horchte er mit dem Herzen und dem Geiste und verstände den Sinn des meinen.

Khalife. Ja, mein treuer Masul hat das Gehör und alle seine Sinne in seinem guten Herzen, dieses weiß ich; doch daß er deine Märchen verstanden haben sollte, glaube ich nicht, denn er war viel zu ernsthaft.

Ben Hafi. Eben darum! beliebe ihn nur zu fragen. Der Khalife machte Masul einige Zeichen, Masul verstand sie, trat vor den Khalifen, und sagte sehr ehrerbietig mit einer starken, hellen, klingenden Stimme:

»Ja, Herr der Gläubigen, ich habe Alles sehr gut verstanden, was dieser ernsthafte Mann da erzählt hat, denn ich habe ihn erzählen sehen. Oft kam mir vor, wenn ich auf ihn und die wunderbaren Zeichen seiner Handschrift sah, wir säßen alle hier vor Gerichte, und er sei der von Gott beorderte Engel, uns Allen unser Schuldbuch vorzulesen. Du, Herr der Gläubigen, da du nichts Böses thust noch denkest, hörtest es mit der Ruhe des unschuldigen Säuglings an und schienst nur gerührt bei den bösen Thaten Anderer. Ich armer Verdienstloser, der ich weder Böses noch Gutes gethan habe, glaubte, es ginge mich nichts an, und erschrak nur ein einziges Mal, da alle nach mir blickten. – Ach Herr, was hat Masul verbrochen? Was hat Masul gethan, daß er Gnade vor dir einst finden sollte! – Doch hoffe ich, Herr der Gläubigen, Gott wird mir nicht zurechnen, was ich unterlassen habe, und mir, um der Liebe zu dir willen, erlauben, in den Gärten des Paradieses zu deinen Füßen zu sitzen, wie ich hierin diesem Leben zu deinen Füßen immer sitze. Nur Einer war unter uns, der sehr unruhig, sehr ängstlich, sehr verdrießlich zuhörte, während der ernsthafte Mann da unser Schuldbuch ablas. Oft glaubte ich, der Engel des Todes stände hinter ihm, und mir war bange um seinetwillen.«

Masul verstummte nach diesen Worten. Die Augen des Khalifen, selbst die Augen der anwesenden Hofleute wandten sich plötzlich gegen den Großvizir. Nur Ben Hafi sah starr in seine Handschrift.

Der Großvizir blieb unerschüttert, und da er sich nicht vertheidigte, glaubte er die Anklage abgewiesen zu haben.

Khalife. So muß doch mehr in diesen Märchen verborgen sein, als ich darin gefunden habe. – Herr! gib mir Stärke und Weisheit und meinen Dienern Milde und Gerechtigkeit!

Ben Hafi. Erlaube deinem Diener, nur einmal laut sein Gebet an das deine anschließen zu dürfen.

Khalife. Du begehst schon eine Sünde durch die Bitte! Der Khalife ist nicht größer vor Dem, zu dem wir beten, als du, und leicht ist das Gebet des Armen ihm willkommner.

Ben Haft schlug seine Hände über der Brust zusammen, neigte sich auf seine Kniee und betete mit lauter Stimme:

Herr! laß meinen Namen ein Schrecken sein den Thoren, den bösen und den harten ungerechten Viziren, die dem Schrei der Menschheit ihr Ohr verstopfen! Er erschalle wie ein gutes Gerücht und dufte gleich dem Weihrauch vor den guten, starken, menschenfreundlichen Sultanen der Erde. Ueberzeuge diese (sie sind die besten Geschenke, die du den Menschen machst), daß sie keine bessern Freunde, keine wärmern Verehrer haben, als Die, welche den Geist und den Muth besitzen, die Wahrheit zu sagen. Sie singen der edlen Sultane und ihrer treuen menschlichen Vizire Verherrlichung und Lob, indem sie die Schande, Schwäche und Thorheit derjenigen aufdecken, die ihnen nicht gleichen.

Khalife. Dein und mein Gebet werde erhört! Der Kalife erhob sich, Masul und Ben Hafi, folgten ihm.

Großvizir. Dich und deines Gleichen übergebe ich dem Teufel, und hinge es von mir ab, dein Gebet sollten deine letzten Worte sein; doch wir wollen darüber nachsinnen, bevor du deine Wanderungen zu erzählen beginnst. ( zu den Anwesenden.) Sie mögen sagen, was sie wollen, Alles kommt von dem in den Menschen eingewurzelten Bösen her, und darum muß man sie mit einem eisernen Scepter regieren und zum Guten, das heißt: zum Gehorsam, peitschen. Dieses will ich dem Khalifen gegen diesen gefährlichsten der Bösewichter klar und deutlich beweisen. Alles wollt' ich ihm verziehen haben; denn was gehn uns der Unsinn und die Laster der ersäuften Welt an, von denen heute keine Spur auf der Erde zu sehen ist? Aber, daß er es wagte, dem Khalifen von Muth und Stärke zu reden, daß er ihm meine kluge, auf Menschenkenntniß gegründete Regierungsweise verdächtig zu machen sucht – dies ihm zu verzeihen, fordert selbst der Prophet von dem Manne nicht, der als Großvizir den Staat zum Besten seines Herrn zusammen halten muß. Beruhigt euch; auch an diesem Thoren bekräftige ich meinen Spruch. Menschliche Vizire – ich kenne diese Lockung und ihren Zweck! –


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