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Vorstadtkino

I.

Lettern glühen im roten Glast,
Bogenlampen gleißen wie Sonnen,
Kinoplakate verheißen Wonnen.
Viele, die bitteren Stunden entronnen,
finden seltsam-süße Rast.

Viele, die ohne Dach und Brot,
viele, die sich sehnen und härmen,
sieh, die matten Nachtfalter der Not
zu den elektrischen Sonnen schwärmen,
ihre frierenden Seelen zu wärmen …

Kommen aus dämmergrauen Kontoren,
Dachstube, muffigem Kellergelaß
in das Zauberzelt, traumerkoren,
prassen auf Silber – und wissen nicht was
morgen für Dolche des Leids sie durchbohren.

Gottes verwöhnte, verwegene Söhne,
reiten sie, reisen – und wissen nicht, wann
sie des Glückes Märchenglanz kröne,
zu erleben, was Traumes Schöne
wunderbarer als Leben ersann.

II.

Draußen weht Abend. Der Tröster Mond
macht kahle Plätze zu Asphodeloswiesen des Traumes.
Du aber fliehst in die Nacht des dumpfen Raumes
und bist plötzlich von einem grellen Glück besonnt:
Märchenreiche und Tropenzonen …
Eine Wolke von Reitern stiebt ins Land.
Bettler, die kauern, Fürsten, die prunkhaft thronen,
traumhafte Städte zeigt die unergründliche Wand.
Palmen vielleicht auf Küsten fernfremder Meere
rauschen ihr trautes, lichttrunkenes Lied,
eine Milliardärsjacht zieht
glitzernden Pfad – – – bis von draußen Geplärre
lauter Menschen tönt aus geöffnetem Tor:
Pause ist. Die schmutzige Tram davor
schrillt, daß sie recht an bebenden Nerven zerre …

Dunkel und neues Licht. Du betest zum Gotte
Unalltäglichkeit. Tagentrückt wird dein Sinn.
Vor dir die Wand klafft auf – eine Zaubergrotte:
Leben flimmert, flitzt und geheimnißt darin.
Geigenspiel flirrt, und regenbogenweit
tanzt Phantasie in das Nichts. Immer neuer
Zauber bannt dich, du atmest leidbefreit:
Abenteuer …


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