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Linden blühen im Augarten

(Geschrieben 1942)

Der Juniabend schwelgt im Blütenduft
der Linden. Laß uns ihnen weghin lauschen –
sie wiegen sich in seidig lauer Luft,
dem Lied der Mur verschwistert ist ihr Rauschen.
Hier webt die Ruh ihr grünes Zauberzelt –
zwei Pappeln stehen an des Parkes Schwelle
und wachen, daß die lüstern kalte Welt
mit Klatsch und Lüge sich nicht zugeselle.

Beglückt zu rasten, kam aus Alltagsfron
das Volk, aus Werkstatt, dumpfen Kellerstuben.
Längst klingt nicht mehr Musik vom Pavillon –
bloßfüßig turnen am Geländer Buben,
erlöst aus Wissens Wust und Schulgestank.
Die Wiese wird für sie zum Garten Eden …
Ein Alter schleicht skurril von Bank zu Bank
und hält vor armen Leuten wirre Reden.

Mir ist, es wich von meiner Brust der Alp,
der zentnerschwer auf vielen heute lastet,
und was mich sonst beklomm, schmerzt nur noch halb,
als habe mich ein Glücksstrahl angetastet,
und einem lächerlichen Schemen gleich
schwebt über uns die Zeit: die dunkle Wolke.
Du aber, Liebste, thronst im grünen Reich,
ganz aus dem Märchen und ganz aus dem Volke.


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