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I.

Mertens schlug mit der Faust auf den Tisch. »Und i sags noch amal: a wilds Tier is sie.«

»Eine Heilige,« hauchte der Schulmeister.

»A raffinirts Frauenzimmer,« brummte der Gemeindeschreiber.

»Landes verweisen sollt ma sie«.

»Oder – heiraten.«

»Ja die und einen von uns zum Mann nehmen!«

»Du hast überhaupt nit mitzureden, Schulmeister.«

»Wieso nit? Soviel wie a Schreiber bin i a.«

»Aber z' jung bist, und z' unerfahren. Für die wärst nit mehr als a Puppen.«

»So, meinst? das wollten ma doch sehen! Wenns drauf ankäm' –«

»Lirum larum Löffelstiel.«

»Laß ihn doch, er soll ihr ein' Heiratsantrag machen, vielleicht adoptiert sie ihn.«

In Severins hübsches Gesicht stieg dunkle Röte.

»Soll mich Gott strafen, wenn ich nit graden Wegs zu ihr geh' und um sie frei'.«

»Und glaubst, du kommst zum Ziel?«

»Eher schon als du, der dem Wirt Löcher in die Bänk sitzt.«

»Das thu i nur so lang i ledig bin. Wenn i Weib und Kind hätt', säh mi ka –«

»Hörst, Schreiber? Er macht schon sein Gelöbnis; wenn er sie kriegt, will er nur Kuhmilch trinken.«

»'s geht ihm wie den andern Manndern, in Handumdrehen, er weiß nit wie, is er auf einmal a Engel worden. Heut wissn ma ja auch, warum sich der Oberjäger aus Kirchthal derschossen hat.«

»Und der Müllertonerl is auch nit durch Zufall unter die Räder geraten.«

»Potz Blitz und Donner, von wem is denn da die Red?« sagte in diesem Augenblick ein Mann, der unbemerkt in die Wirtsstube getreten war, sich zu den dreien niederlassend.

Es war Alois Riegl, genannt der Lukasbauer, der sich erst kürzlich in dieser Gegend niedergelassen und ein Bauerngut erworben hatte. Anfänglich waren ihm die Einheimischen sehr mißtrauisch entgegengekommen, aber seine ernste, überlegene Freundlichkeit und Ruhe hatte ihm bald alle gewonnen.

»Lukas hüt' dich,« rief lachend der Schreiber, »die Red ist von der Katharina Kofler, gieb acht, daß d' nit auch a Engel wirst. Kunnt dir leicht passieren.« – –

»Daß i die noch nie g'sehn hab! Freilich mei Weg führt mi nie ihren Berg hinauf, wo sie hausen soll. I hab' bis jetzt immer so viel in der Wirtschaft zu thun g'habt. Aber am nächsten Sonntag such i sie auf, wenn nit früher.«

»Wir begleiten di,« riefen die drei.

»Dank schön, geh' lieber allein.«

»Montag schick i mei Mutter mit ein'm Körberl Knochen sammeln.«

»Meinst?«

Riegl zog ruhig seine Pfeife heraus und begann zu rauchen.

»Wie alt ist denn das Frauenzimmer?«

»Zwanzig,« antwortete der Schulmeister.

Mertens räusperte sich laut.

»Sie wird so anfangs der dreißig sein. Wie i mi dunkel erinnern kann, sind in ihrem Geburtsjahr die Unsern gegen die Italiener gezogen –«

»Oho,« warf der Schreiber ein, »das war im Jahr sechsundsechzig, und die Italiener, die du meinst, waren Preußen.«

In diesem Augenblick öffnete sich die Gaststubenthür, und die behäbige Gestalt des Pfarrers erschien unter ihr.

»Habe die Ehre.«

»Hab' die Ehre, Hochwürden.«

Das Gespräch nahm eine andere Wendung.


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