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Eine Reiseerinnerung

Draußen in dem weißen, blendenden Licht über dem See kam ein Boot daher: eine kleine, schwarze Planke, ein graues Segel gewiegt, und geworfen, schwindend getaucht, kommend gehoben, weggeblitzt, hervorgeblitzt von dem blendenden Glanz.

Dann wurde es von der Landzunge verborgen.

Es war nicht ein Segel da draußen zu sehen, nicht einmal ein weißbusiger Vogel unterbrach die weite Fläche des Sees, und breit und blau, wie der Himmel niemals blau ist, strahlte das Wasser unter dem vollen, mächtigen Lichtfall des Tages; weiß und lila getönt in nebeliger Ferne, silbergestreift kornblau oben unter dem Bergschatten, goldkörnig glitzernd, goldkörnig wimmelnd über der Tiefe dahin und auf der breiten, weiten Nehrung in reichem und farbengesättigtem Azurblauen, gewiegt in runden, kammlosen Wogen, glatt wie gleitendes Glas, wie Kristall, das in tadelloser Klarheit schwillt, erhellt von eisblankem Licht, beschattet von seegrünem Schein – so sah man die Wasser des Gardasees.

Und dann wieder schoß das Boot da draußen vor der Landzunge sicher und unverdrossen dahin in dem sterbenden Wind, näher und näher, vorbei an den niedrigen grauen Olivenfeldern, hinein unter des Monte Baldos lehmbraune Hügel, und noch näher, wo die grasgebundene Sandzunge sich vorstreckt, so ganz nahe mit schlaffen Segeln und fast keiner Fahrt langsam an die Bretterbrücke des Hotels herangleitend.

Da waren nur die Zweie im Boot, ein rotbemützter Fischer und ein blondhaariger Fremder, der gleich an Land stieg und träge oder träumend in den Garten ging. – – –

Sommer 1877.


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