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Hochzeitslieder

I

Ranken des Lebens prangen voll und strotzend,
Schwer ist ihr Tanz;
Strahlendes Licht der Hoffnung schlingt sich trotzend
Zu einem Kranz.
Farben vom Leben spielen unterm Laube,
Ruhenden Tönen schwellend Klang entsprießt.
Greift nach jeder Traube!
Lebt und genießt!

Allmacht der Jugend siedet euch im Blute,
Gluttrunkener Saft
Sehnt sich zu schaffen, und an neuem Gute
Prüft er die Kraft.
Spannt eurer Welten dreist gebrochne Bogen,
Schleudert den schlanken Bau zum Himmelsfeld,
Füllt mit starken Wogen
Neu eure Welt.

II

(Gruß von den Dryaden des Tiergartens)

Lang genug hat uns diese Fahrt gedauert,
Wenn auch ein Extrazug uns der Stadt zutrug.
Zu eurem Preis
Singen wir mit Fleiß,
Schwingen euch in buntestem, rhythmischem Kreis.

Allesamt wir die stummen Zeugen waren
Von eurer Leidenschaft erstem Morgengraun,
Mieden nicht ein
Kleines Stelldichein,
Tranken des Liebestraumes wundervollen Wein.

Deshalb wir jetzt den Gruß euch überbringen.
Auf daß ihr sehet, daß ihr nicht vergessen seid,
Euch das wohl gefiel.
Eil dich, Kirsten Pil!
Stille, jetzt beginnt ...

Der Wald liegt jetzt öde,
Die Vöglein sind fort.
Versiegt sind die Quellen,
Die Blumen verdorrt.

An den Busen des Nebels
Das Tageslicht flieht,
Um des Winters Karosse
Ein Schneekranz sich zieht.

Nicht führet Gott Amor
Den Sommer herbei,
Er pocht an die Scheiben:
Jetzt eilt euch, ihr zwei!

Des Pfeils nicht bedarf er
Auf diesem Gang,
Ein Posthorn jetzt hängt,
Wo der Köcher einst hang.

Recht bald wird er führen
Das Horn an den Mund,
Da müsset ihr reisen
Zur selbigen Stund.

Mögt glücklich ihr fahren
In der Zukunft Land,
Denn weit kann euch führen
Solch Kutschdilettant.

Und landet ihr einstmals
Hier wieder, so denkt,
Als Hymen hat euch ja
Gott Amor gelenkt!

Januar 1873.


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