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Theaterhistorie

»So helf mir Gott!« rang es sich in schwerer Stunde aus der Brust Martin Luthers. Ein stärkeres als alle Todesangst hatte ihn gezwungen, daß er sich den gräulichen Martyrien jener Zeit aussetzte. Aber das menschliche in ihm war viel zu kräftig, als daß die Todesnot nicht doch zuletzt laut aus ihm gerufen hätte.

Ebenso schlicht, wahr und menschlich klingt das »Ich bin durch«, als er dann seine Behausung erreicht hatte.

Das durfte natürlich nicht stehen bleiben; es machte sich nicht. Die mit Naturkraft aus dem Drange der Stunde geborenen Worte wurden verunstaltet in das bekannte »Hier stehe ich«, diese pomphaft gedrechselte Phrase, die ein echter Komödianten-Pfarrer als Schlußtrumpf in die Versammlung hineindonnert, Signal zum Ausbruche einer geräuschvollen Massenbegeisterung. –

Als Goethe im Sterben lag, und das Grau der beginnenden Bewußtlosigkeit sich über seine Augen senkte, bat er, man möge die Gardinen öffnen, daß mehr Licht hereinkäme.

Das war denn doch gar zu verführerisch. Und so mußte er, dieser fast Einzige unter den Unsterblichen, der niemals in seinem Leben durch eine Phrase dem großen Publikum eine Konzession gemacht hat, die Scene wie ein echter Bühnenheld mit zündendem Schlußworte verlassen, und wie gewöhnlich fällt es kaum Einem im Publikum auf, daß dieser »packende« Aktschluß eigentlich unwahr, geschraubt und abgeschmackt ist.


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