Paul Hansmann
Altdeutsche Mären und Schwänke - Erster Band
Paul Hansmann

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Der Gürtel

von Dietrich von Glatz

Er war ein Ritter, edel, reich
An Höfischkeit und Tugend gleich,
Der war Herr Konrad denn genannt,
War seinerzeit auch wohlbekannt
Den Rittern und den Frauen;
Man konnte oft ihn schauen
Am Hofe mit den Besten;
Dem Ingesind', den Gästen
Tat immer er gar Liebes viel,
Darum ich von ihm schreiben will.
Von edlem Anstande er war,
Das Lob behielt er immerdar
Und bracht' in Not oft seinen Leib
Um Ruhm und um ein schönes Weib.
Man konnte stets ihn schauen
Beim Ringelstechen, Hauen;
Er zeigte sich im Feld,
War beim Turnier ein Held,
Er strebte stets nach Ehr' und Ruhm,
Drum war berühmt sein Rittertum.
Er hat ein Weib zur Eh' genommen,
Die war voll hoher Tugend, kommen
Aus edelem Geschlecht;
Und wer sie kannte recht,
Sah nie ein schöner Weib.
Wie stolz war doch ihr Leib,
Ihr Haupt, darauf ein gelbes Haar,
Wie Rosen ihre Wangen gar
Und lilienweiß darunter;
Mich deucht's ein großes Wunder,
Daß ihre Augen war'n so klar
Und denen gleich vom Edelaar;
Ihr wohlgestaltes Nasenbein
War nicht zu groß und nicht zu klein,
Ihr Mund darunter rosenrot,
Wie selig der, dem sie ihn bot.
Ihr Kinn war aber weiß und rund,
Die Kehle zart gar lieblich, und
Man sah den Wein darin entlang
Sacht gleiten, wenn die Fraue trank.
Die Zähne glichen Elfenbein,
Die Zunge einem Goldstab fein;
Wer ihr in ihre Augen sah,
Dem von der Minne Leid geschah.
Das Haus fürwahr, in dem sie lag,
War nachts so helle wie am Tag;
Voll Güte war die Süße,
Und wären ihre Füße
Gekommen in des Meeres Flut,
Das Meer, das wäre worden gut
Von ihrem Fuß, dem reinen,
Und ihren weißen Beinen.
Woll'n von den Füßen schweigen.
Vor ihrer Güte neigen
Muß Vogel sich, und Tier;
Berg, Wald neigt sich vor ihr.
Und wen sie nur begrüßt,
Dem für drei Tag' versüßt
Sie alle üble Traurigkeit,
Und ihre Güte scheucht sein Leid.
Gar selig wär' des Ritters Leib,
Der je gewönne solch ein Weib.
Sie war an Tugend auserkoren.
Nie ward ein keuscher Weib geboren.
Und nie sie einen Zwist gewann
Mit ihrem ehelichen Mann.
Nun in der schönen Maienzeit,
Da froh die Vögel weit und breit
Laut singen mit der Nachtigall,
Da lag die Frau in einem Saal
Bei diesem edlen Rittersmann,
Der sie als Fraue sich gewann,
Früh nach gar süßer Minne;
Er faßte sie am Kinne
Und küßte sie auf ihren Mund.
Er sprach: »Mir tut's mein Herze kund,
Daß stets mir treu ist deine Gunst;
Ich hab' mit ritterlicher Kunst
In fremden Landen Ruhm erjagt
Und bin auch heut' noch nicht verzagt.
Ich wollte um dein Lachen
Einen Turnier mitmachen
Und um die reine Tugend,
Die du besitzt seit Jugend.
Ich bin auf froher, stolzer Fahrt
Geeilt durch Reiche mancher Art,
Wo ich den Preis mir hab' erjagt.
In diesem Lande niemand sagt,
Daß ich sei gar vermessen,
Mein hat man hier vergessen,
Darum denn will ich hier,
Wo statt hat ein Turnier
Ganz nah', fern nur zwei Meilen
Hin jetzt sehr fröhlich eilen!«
Die Fraue sprach: »Ja, Herre mein,
In diesem will ich gerne sein
zu Diensten dir verbunden
Heut' und zu allen Stunden!«
Damit ließ man die Rede ruhn.
Stattfinden soll der Turnier nun
Darnach in vierzehn Tagen;
In Ruh' sie die verlagen.
Dann aber rüstet sich der Mann
Für den Turnier, so gut er kann.
Die Fraue gab ihm ihren Segen,
Fort ritt darauf der edle Degen.
Und als der Tag nun fast
In heißer Sonnenglast
Zur Hälfte war vergangen,
Schritt aber voll verlangen
Die Fraue in einen Garten da,
Wo sie durch eine Hecke sah
Vorbei bald einen Ritter reiten.
Der schaute stolz gar in die Weiten;
War schön; sein Roß das war nicht laß,
Auf seiner Hand ein Falke saß;
Auch führte er an seiner Hand,
Geschlossen an ein festes Band,
Zwei Windhunde, gar prächtig.
Hat einen Gürtel um sich,
Der gleißt von Steinen hell und klar.
Was ich euch sage, das ist wahr:
Als er die Fraue besser sah,
Wie schwand ihm alle Ruhe da.
So packte ihn die Minne,
Daß er beinahe die Sinne
Um ihre Liebe hätte verloren;
Und in sein Roß schlug er die Sporen
Und eilte nach dem Gartentor.
Als schnell er angelangt davor,
Sprang er zu Boden kurzerhand;
Das Roß er mit dem Zaume band
An einen Baum ganz feste,
Daneben an zwei Äste
Die Hunde an dem starken Stricke.
Trat dann im selben Augenblicke
Ein in den Garten wohlgemut
Und band dort an den Falken gut.
Die Fraue ihm entgegenging
Und voller Güte ihn empfing.
Sie sprach: »Das Wetter ist gar heiß,
Und da Ihr wahrlich nun, Gott weiß
Entronnen seid der Hitzen,
Sollt Ihr hier niedersitzen,
Bis daß der klare Sonnenschein
Läßt seine Glut gelinder sein!«
Darauf hieß sie ein Jungfräulein
In einem Becher bringen Wein.
Dem Ritter sie den Becher bot,
Der durch die Minne beinah' tot;
Er aber trank nun artig gar
Und bot sehr höfisch drauf fürwahr
Den Becher mit dem Weine
Dem wonniglichen Scheine:
Der stolzen Wirtin dar.
Aus Liebe zu ihr war
Er grausam worden wund
In seines Herzens Grund.
Und als sie dorten sitzen,
Da tat die arge Hitzen
Verringern ihren warmen Schein.
Es sprach die schöne Wirtin sein:
»Ich muß Euch, Herre, fragen,
Wie dürfet Ihr es wagen.
So lange hier zu weilen?
Tut her mein Herre eilen,
So reizt Ihr ihn in seinem Mut;
Er weiß nicht, was Ihr hinnen tut.
Doch seid Ihr seiner Sippe Blut,
So dünket es mich wahrlich gut,
Daß Ihr hier sitzet stille;
Ich weiß, es ist sein Wille,
Daß Ihr dann hinnen habt Gemach!«
Der Ritter zu der Frauen sprach:
»O Fraue gut, der Ehren Last,
Ich bin ja ein gar fremder Gast;
Der Wirt ist mir ganz unbekannt!«
Drauf sprach die Fraue unverwandt:
»So reitet schnell von hier
Und bleibt nicht mehr bei mir!«
Es sprach der Ritter wohlgemut:
»Du Minnefessel, Fraue gut,
Ich kann, ach, nicht von hinnen,
Mich hat ja Eure Minnen
Gebunden also sehr!«
Sie sprach: »Ach, ist das Ehr',
Daß Ihr nur daran denket,
Wie Ihr mich also kränket?
Es ist fürwahr mein Wille,
Daß Ihr jetzt schweiget stille!«
Der Ritter wollt' nicht weichen:
»O Fraue, ohne gleichen,
O Gäldereiche, laßt mich leben;
Ich will Euch einen Falken geben,
Fünfhundert Mark gilt er fürwahr
O seiet mir nicht böse gar.
Heilt, Fraue, mich dafür,
Tut, was ich bitte, mir;
Was flieget oder fliegen tut,
Das fängt der Falke alles gut!«
Die Fraue sprach: »Ein Federspiel
Ich nimmermehr gewinnen will
Für meinen Herrn also!«
»Des bin ich nicht sehr froh,«
Sprach da der Ritter gut,
»Nach meinem Willen tut.
Ich hab' zwei solche Winde da,
Wie besser sie noch keiner sah
Wohl auf dem ganzen Erdenkreis.
Und wer sie hetzte, Gott es weiß,
Fänd' nie ein Tier so stark und schnelle,
Das sie nicht stellten auf der Stelle.
Die gebe ich Euch unverwandt;
Erlöst mich aus dem Minneband!«
Die Fraue sprach zur Stunde:
»Ich will um keine Hunde
All' meine Ehr' dran geben
Und dann in Schanden leben.
Und nimmer soll es werden kund,
Daß meine Ehr' mir nahm ein Hund.
Und Eure Rede, die Ihr tut,
Bekümmert mich, deucht mich nicht gut!«
Der Ritter sprach: »O, Fraue mein,
Herzbrecherin und Sonnenschein;
Der reinen Sitten edle Frucht,
Erlöset mich aus Eurer Zucht.
Will auch mein edles Roß Euch geben,
Das kann gut mit dem Zaume streben
Nach Ritterschaft in froher Lust;
Es liegt ein Stein ihm in der Brust,
Deshalb ist es so stark und schnell;
Ist wohlgenährt und ohne Fehl,
Und wer nun reitet dieses Roß,
Dem ist der Sieg stets ein Genoß.
Das soll Euch ganz zu eigen sein,
Tut, Fraue, nach dem Willen mein!«
Die Fraue so beginnt: »Ihr wahrlich nicht gewinnt,
Wes Ihr von mir begehrt,
Der Preis ist mir nichts wert;
will für ein Roß und Rosselaufen
All meine Ehre nicht verkaufen!«
Drauf sprach der Ritter voller Pein:
»Du Maienblüte, Fraue mein,
Der hohen Freuden schöner Blick,
Du bist der süßen Minne Strick.
Bist eine Sommerpuppe gar,
Befrei' von Sorgen doch fürwahr
Mich Armen, der durch dich so wund,
O, reich' mir deinen Rosenmund.
Ich habe einen Gürtel hier,
Der ist an allen Stellen schier
Besetzt mit edlen Steinen,
Mit Spangen, goldnen, feinen
Beschlagen überall.
Der Steine sind an Zahl
Wohl fünfzig und noch mehr;
Sie kamen ferne her.
Ein Teil stammt aus Marokko, Frau, –
'S ist nicht gelogen, stimmt genau. –
Die Mohren da in Indien
Und Völker auch aus Syrien
Die brachten durch die Meeresflut
Zwölf Chrysopase gar sehr gut
Und auch vier Onyxsteine,
Drei Chrysolithen, reine;
Sie sitzen an dem Gürtel hier
An allen Stellen, glaub' es mir.
Ein Stein kam her aus Griechenland,
Der ward an seiner Farb' erkannt,
Und ist halb wolkenfarbig gar;
Und wer ihn trägt, wird bald gewahr,
Daß er in aller Ritterschaft
Wert wird durch dieses Steines Kraft.
Die andre Hälfte ist dunkelrot
Von diesem Stein, in mancher Not
Hilft dem er, der ihn tragen tut.
Ich will es Euch erklären gut:
Wer dieses Gürtels Träger ist,
In dem der Stein zu dieser Frist,
Wird nimmermehr der Ehren bloß,
Ihn trifft fürwahr der Sälde Los,
Er wird niemals erschlagen,
Braucht nimmer zu verzagen,
Er siegt' zu aller Zeit,
Ritt er in einen Streit.
Gen Feuer, Wasser ist er gut.
Wenn Ihr nach meinem Willen tut,
O, Fraue, so soll Euer sein
Der Gürtel und der Falke mein,
Das Roß mitsamt den Hunden;
So heilt denn meine Wunden!«
Als diese Rede war geschehn,
Da tat die Fraue niedersehn.
Um diese Gabe, die er bot,
Ward sie gar bleich und feuerrot;
Rief ihre Magd darauf,
Sprach: »Liebe, paß nun auf,
Daß jetzo niemand kommt herein,
Will dir dafür auch danken sein;
Den Falken und die Hunde
Verwahr' zu dieser Stunde,
Laß ihnen Pflege angedeih'n;
Das Roß führ' in den Stall hinein!«
Und drauf: »Herr Ritter wohlgemut,
Gebt her mir Euren Gürtel gut,
Das Roß, der Falke, samt den Hunden,
Die stehen jetzo schon gebunden
An meinem festen Ort!«
Den Ritter freut' das Wort;
Die Frau sprach leis und stille:
»Und nun soll Euer Wille
Recht ohne alle Falschheit denn
Geheim an meinem Leib geschehn!«
Ich sag' die Wahrheit, glaubt es mir,
Der Ritter gab den Gürtel ihr;
Die Bäume fangen an zu rauschen,
Die Rosen lachen gar und lauschen,
Die Vögel aber singen froh
Und loben laut die Minne so,
Als da die Fraue niedersinkt
Und sie der Ritter süß umschlingt;
Die süße Minne sorgt' dafür,
Daß er ließ allen Kummer hier,
Gar manche Rose auf nun ging,
Als Leib und Leib sich so umfing,
Und wie das Spiel zu Ende war,
Da lachten Gras und Blumen gar.
Darauf der Ritter Urlaub nahm,
Sah zu, wie er von hinnen kam.
Ein Knechtlein aber hat gesehn,
Was dort im Garten ist geschehn;
Der zu dem Herrn geritten kam
Und sagt ihm seinen Herzensgram.
Sprach: »Herr, ich will Euch sagen
Und es auch Gott stets klagen,
Daß meine Fraue treulos ist
Und minnet zu geheimer Frist;
Als ich daheim tat warten,
Da sah ich in dem Garten
Gar einen Ritter wohlgemut,
Der tat ihr, was ihn deuchte gut,
Sie tat ihm allen Willen sein!«
Der Ritter sprach: »O Herrgott mein,
Nun habe ich alle Freude verloren!
Ich hatte ein keusches Weib erkoren,
Die Keuschheit ist verflogen,
Sie hat mich arg betrogen.
Weil sie mich brachte so in Schande,
Drum mache ich mich aus dem Lande
Und kehre zurücke nimmermehr,
Ich habe verloren meine Ehr'!«
Das Roß er mit den Sporen zwang,
Daß es umwendend schnell entsprang;
Er eilte in das Land Brabant.
Die Nachricht hörte unverwandt
Sein Weib, die ward des Leides voll
Und sprach: »Mein Herre mag mir wohl
All seine Huld versagen,
Drum will und muß ich klagen;
Doch zürnt er jetzt auf mich,
Bedenkt er später sich!«
Der aber seine Frau verriet,
Mit Schmach bedeckt von dannen schied.
Die Fraue war nun gar zwei Jahr
Ohn' ihren Herren, das ist wahr,
Und hatte nie vernommen,
Wo er war hingekommen.
Und als der Mai hat mit Gewalt
Vertrieben den April, der kalt,
Die Frau all' ihre Not verbarg,
Sie nahm schnell funfmalhundert Mark,
Sprach: »Ich will suchen meinen Mann,
Weil keinen lieber ich gewann!«
Und als bald zu der Reise gar
Die Fraue ganz gerüstet war,
Nahm sie den Falken auf die Hand,
Die beiden Winde an ein Band,
Den Gürtel legte sie um sich,
Ihr Roß trug sie da fröhlich.
Mit zehn der Knechte reitet sie
Von Hause, sie war froh wie nie;
Als viel des Wegs sie nach sich hat,
Kam sie in eine schöne Stadt;
Zu einem Wirte wohlgemut
Lenkte da stracks die Fraue gut.
Der Wirt ihr gleich entgegenging
Und sie voll Höflichkeit empfing;
Sehr sittsam trat sie bei ihm ein,
Der Wirt hieß bringen guten Wein;
Zu trinken war man gern bereit.
Drauf sprach die Frau in Heimlichkeit
Zu ihren Knechten alsofort:
»Nun merket fein auf dies mein Wort
Ihr sollt bei meiner Ehre denn
Zurücke jetzt nach Hause gehn.
Und seht daheim wohl nach dem Rechten,
Ich traue euch, den guten Knechten!«
Die Knechte sprachen: »Fraue gut,
Gar alles, was Ihr mit uns tut,
Macht uns gewißlich froh!«
Sie kehrten heim also.
Hört, was ich euch nun sage:
Darnach am vierten Tage,
Die Fraue zu dem Wirte trat
Und bei der Hand ihn fassen tat;
Sie sprach: »Herr Wirt, Ihr sollt verschweigen,
was ich Euch jetzo an will zeigen.
Ich bin ein Ritter und kein Weib;
Obgleich mich dünket krank mein Leib,
Hab' ich doch Kräfte gut und viel,
Wenn ich sie nur gebrauchen will.
Ich habe starke Feindschaft,
Die überlegen mir an Kraft,
Darum kam ich im Weibsgewand
Weit her durch manches fremde Land.
Nehmt hin hier die vierhundert Mark,
Und seid mit meinem Gut nicht karg.
So gut Ihr könnt, schafft mir herbei
Zwölf Knechte, jeder tapfer sei,
Und auch ein Roß für jeden Mann
Und Harnisch, Kleider; ich hab' dann
Der Freude viel geschwinde
An solchem Ingesinde.
Und Ritterkleider kaufet mir
Und eines Harnischs schönste Zier!«
Der Wirt tat schnell nach dem Befehle,
Und auch ein Spielmann war zur Stelle.
Als dann, wie ich vernahm genau,
Bereit war die gar schöne Frau,
Sie sich ihr blondes Haar abschnitt
Und mit den Knechten darauf ritt
Vom Wirte weg in Mannsgewand.
Eia, wie prächtig ihr das stand!
Sie brachen auf schnell nach Brabant,
Und als sie kamen in dem Land
Vor eine Burg, die herrlich gar,
Da hieß sie spielen auf fürwahr
Den Spielmann froh mit lautem Schall,
Daß man es hörte allüberall.
Der Herzog hört es allerwege,
Sprach zu den Knechten: »Seid nicht träge;
Ich höre fremde Gäste,
Die wollen in die Feste;
Und das ist auch der Wille mein,
Seht zu, wer sie nur mögen sein!«
Zu seinem Herren sprach allda
Ein Ritter, der die Fraue sah:
»Ein edler Ritter wartet drauß
Mit prächtigem Gefolg' vorm Haus!«
Der Herzog sprach: »So laßt ihn ein,
Er soll mir hochwillkommen sein
Hier in der Herberg' mein
Mit allen Knappen sein!«
Das Tor ist aufgeflogen
Und sie sind eingezogen.
Die Frau hat wie ein Rittersmann
Ein Scharlachkleid gar herrlich an,
Das war mit goldnen Borten
Besetzt an allen Orten.
Das Pelzwerk war aus Hermelin,
Es überstrahlte aber ihn
Der Gürtel, den sie um sich hat;
Ein schönes Kränzlein zieren tat
Ihr blondes, seidenweiches Haar.
Sie konnte in der Ritterschar
Wohl zählen zu den Besten.
Und nahm man ab den Gästen
Die Rosse, führt' sie in den Stall.
Die Fraue trat nun in den Saal,
Allwo der Herzog saß;
Dort war ihr Mann und aß.
Man setzte sie zu ihrem Mann,
Den sie erkannte, sah ihn an;
Er sprach: »Mein Herre, saget mir,
Aus welchem Lande kommet Ihr?«
Sie: »Komme her aus Schwabenland!«
Herr Konrad sprach: »Tut mir bekannt,
Wie Euer Name ist genannt!«
Da sprach die Fraue unverwandt:
»Ich heiße, Herre, Heinrich!«
Da sprach Herr Konrad: »Ihr und ich
wir sind hier fremde Gäste gar
Und sollen stärken nun fürwahr
Hier unser beider Freundschaft,
Das hilft uns bei der Ritterschaft!«
Herr Heinrich drauf: »Das möge sein,
Viellieber Trautgeselle mein!«
Bekräftigen aufs neue
Nun ihre alte Treue.
Und als sie schön getafelt haben,
Da rief man nach den Jägerknaben,
Sie fuhren alle auf die Jagd.
Und wie uns dieses Büchlein sagt,
Tat man auf einen Bären jagen;
Die Hunde aber zu verzagen
Begannen vor dem wilden Tier.
Herr Heinrich seine Winde hier
Ließ ledig von den Banden;
Der Bär ward drauf bestanden
Durch seiner Hunde Bissigkeit
Nach gar nicht langem Widerstreit.
Und beide sie ihn bissen,
Die Haut sie von ihm rissen.
Als nun der Herzog hat gesehen,
Wie dieses Wunder ist geschehen,
Da deuchten ihn die Winde stark;
Er bot darauf fünfhundert Mark
Für diese beiden Winde.
Sie waren so geschwinde,
Daß nichts vor ihnen mochte leben,
Was da zu jagen freigegeben.
Herr Heinrich sprach so: »Herre mein,
Ein solcher Kauf, der mag nicht sein!«
Als nieder lag das wilde Tier,
Da ritten sie ins Feldrevier
Und beizten mit dem Federspiel,
Und Falken, Habicht' sind dort viel.
Herr Heinrich seinen Falken ließ
Und vierzig Vogel der zerriß.
Und was für Vögel dort auch sind,
Sein Falk' zerstieß sie gar geschwind.
Den Herzog wunderte das sehr,
Er kam zu ihm gegangen her,
Bot für den Falken Geldes viel.
Herr Heinrich sagte drauf: »Ich will
Den Falken nimmer von mir geben,
Solange ich noch bin am Leben!«
Sie ritten heim mit Hörnerschalle,
Und es begannen jetzo alle
Ihr Roß zu tummeln auf dem Plan,
Ich aber sage es euch an:
Herr Heinrich auf dem seinen dann
War immer allen weit voran.
Der Herzog für das Roß ihm bot
Des Landes viel und Gold, das rot.
Es sprach Herr Heinrich: »Herre mein,
Das Roß soll nicht verkäuflich sein!«
Der Herzog ein Turnier sagt an,
zu dem kam mancher Rittersmann.
Da kam ein Brite wohlgemut,
Des Waffenrock war rot von Glut,
Der bot sich alle an zu stechen.
Da wagte niemand gar zu brechen
Die Lanze mit dem Ritter gut.
Aufsprang Herr Konrad wohlgemut,
Er legte seine Rüstung an,
Und in den Stegreif trat er dann,
Nahm seinen Speer darauf zur Hand
Und barg sich hinterm Schildesrand,
Ritt wacker auf den Briten los;
Doch das ihn hinterdrein verdroß:
Der Brite ihn darnieder stach;
Herr Konrad trug groß Ungemach.
Die Kunde an den Hof stracks kam,
Und als Herr Heinrich sie vernahm,
Sprach er: »So will ich wahrlich denn
Den Briten heute hier bestehn!«
Es rüstet sich der wackre Degen;
Der Herzog reitet ihm entgegen
Und spricht: »Mein Herre Heinrich,
Ich bitte Euch gar flehentlich,
Laßt jenem Mann die Ritterschaft,
Er überragt Euch ja an Kraft;
Den Besten, der am Hofe hier,
Stach er ins Gras jetzt nieder mir.
Er ist gar stark, Ihr seid es nicht,
Seid gegen ihn ein kleiner Wicht!«
Herr Heinrich sprach: »O Herre mein,
Ach, wollet jetzt nicht zornig sein,
Wie es mir heute mag ergehn,
Ich will den Briten dort bestehn!«
Herr Heinrich kam gar ritterlich,
Der Herr ließ warten nicht auf sich;
Herr Heinrich seinen Speer zerbrach,
Der Brite seinen auch zerstach.
Da schrie nun dieser und auch der:
»Bringt schnelle einen andern Speer!«
Und als die Speere kamen,
Die Helden beide nahmen
Die Rosse mit dem Sporn,
Sie suchten sich im Zorn;
Da ward Herr Heinrich Siegsgenoß:
Er stach den Briten hinters Roß.
Darnach der Turnier ward
Gar bitter ernst und hart.
Doch wo Herr Heinrich hingeriet,
Vor ihm ein jeglicher noch flieht.
Der Haufe aber, der zusah,
Begann gar laut zu schreien da:
»Zu, Zu« und »Halt« und nochmals »Halt«.
Da kam Herr Heinrich mit Gewalt,
Und aller Feinde Schar
Die ward besieget ganz und gar.
Und dreißig Rosse sich gewann
Herr Heinrich mit viel Glücke dann.
Nun lobeten ihn alle
Mit lautem Lärm und Schalle.
Der Herzog macht nach kurzer Zeit
Zu einer Heerfahrt sich bereit,
Die zieht auf eine Feindesstadt.
Herr Heinrich und Herr Konrad
Auf einen Posten ritten.
Konrad begann zu bitten
Herrn Heinrich um die Winde sein;
Er sprach zu ihm: »Geselle mein,
Was ich jetzt meine, sag' ich dir,
Ach, wenn du gibst die Winde mir,
Das Roß oder den Falken gar,
So wär' der Liebe Fluß fürwahr
Geflossen lieblich her zu mir.
Gewähr' es mir, ich dank' es dir!«
Herr Heinrich sprach: »Geselle mein,
Verlierest gar die Bitte dein,
Denn niemandem ich geben will
Die Winde, Roß und Federspiel!«
Herr Konrad sprach: »Geselle mein,
Tu' kund mir all' die Treue dein.
Ich will dir stets zu eigen sein,
Und meines Herzens tiefer Schrein
Soll dich in hoher Liebe tragen,
Tu' meinen Wunsch mir nicht versagen!«
Da sprach Herr Heinrich kurzerhand:
»Ich geb' Euch meinen Wunsch bekannt,
Wollt Ihr mir tun jetzt, was ich will,
Dann geb' ich Euch mein Federspiel!«
Herr Konrad sprach: »Geselle mein,
Was du nur willst, soll alles sein!«
Herr Heinrich drauf: »Mein Wunsch fürwahr
Ist eine kleine Sache gar:
Ich liebe nur den Mann,
Nie ich ein Weib gewann.
Tut Ihr nun alles, was ich will,
Geb' Winde und mein Federspiel
Ich Euch mit frohem Willen denn;
Das aber muß geheim geschehn!«
Herr Konrad sprach: »Geselle mein,
Stets soll es meine Klage sein,
Daß Euer stolzer Leib
Den Mann liebt, nicht das Weib!«
Herr Heinrich sprach: »Viellieber Mann,
Hör zu, was ich dir künde an:
Willst du schön tuen, was ich will,
So geb' ich dir das Federspiel.«
Herr Konrad sprach: »Wie soll das sein?«
Herr Heinrich drauf: »Merk' auf mir fein:
Du mußt dich nieder zu mir legen,
Dann aber will ich mit dir pflegen
Gar aller süßen Minne,
Die ich in meinem Sinne
Erdenken und bestimmen kann,
Und dazu, was ein jeder Mann
Mit seiner Frau zu tuen pflegt,
Wenn er sich nächtens zu ihr legt!«
Herr Konrad sprach sofort
Da an demselben Ort:
»Ich will das alles leiden
Und wahrlich nichts vermeiden;
Was du verlangst von mir,
Das will und muß ich hier
Dulden um Hund und Federspiel!«
Der Rede war schon allzuviel;
Herr Heinrich sprach zu Konrad schnelle:
»Das sei hier gleich an Ort und Stelle!«
Herr Heinrich bat ihn unentwegt,
Bis er sich auf den Rücken legt'.
Da sprach Herr Heinrich denn: »Weiß Gott,
Nun seid Ihr worden mir ein Spott.
Ihr wollet gar ein Ketzer sein
Um Hunde und den Falken mein,
Ihr also tugendloser Leib,
Ich bin ja Euer eh'lich Weib!
Um Falken und um Winde
Und um das Roß geschwinde
Und auch um meinen Gürtel gut,
Der stets mir gibt gar hohen Mut
Beim Kampf und Streite sicherlich,
Küßte einst einen Ritter ich
Und ließ ihn bei mir schlafen,
Auf daß Ihr mit den Waffen
Wäret, dank dieses Gürtels Kraft,
Gewaltig in der Ritterschaft.
Nun wollet Ihr ein Ketzer sein
Gar gerne um den Falken mein.
Ihr räumtet einst vor mir das Land,
Jetzt brachtet Ihr Euch selbst in Schand';
Was ich tat, das war menschlich gar
Ihr wolltet heidnisch' Tun fürwahr
Jetzt aber han getan;
Seid ein unreiner Mann;
Daß um gar kleine Gaben
Ihr also wolltet haben
Nun Eure Ehre verlor'n,
Schafft mir sehr großen Zorn!«
Herr Konrad sprach: »O Fraue mein,
Ich will ganz Euer eigen sein,
vergebt mir meine Unzucht,
O Fraue, liebe, reine Frucht!«
Sie sprach: »Das will ich gerne tun,
Ich will auch, Herre, lernen nun
Allen deinen Willen;
Den Zorn sollen wir stillen;
Und, Herr, wie du selber weißt,
Die Schuld war dein zuallermeist.
Nun nimm den Falken und das Roß,
So wirft du stets des Siegs Genoß,
Den Gürtel und die Hunde!«
Und zu derselben Stunde
Fuhren sie fröhlich beide gleich
Heimwärts ins liebe Schwabenreich.
Sie pflogen Zucht und Ehr'
Gar lieblich immer mehr.
Und lebten bar der Sorgen
Am Abend und am Morgen
Und wohl an hundert Jahr,
Das ist gewißlich wahr. –
Und von Glatz der Dieterich,
Hat mit seinem Sinne mich
Für frohe Leut' gedichtet,
Erdacht und dann berichtet.


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