Paul Hansmann
Altdeutsche Mären und Schwänke - Erster Band
Paul Hansmann

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Das heiße Eisen

Es sprach ein Weib zu ihrem Mann:
»Daß je ich deinen Leib gewann,
Des will ich immerdar sein froh,
Es hat dich Gott gezieret so
Mit Schönheit und mit Tüchtigkeit
Und gab dir noch insonderheit,
Was einem Manne wohlansteht,
Daß mir vor Furcht der Leib vergeht,
Ein ander Weib könnt' dich mir nehmen.
Und möchtest du dich nun bequemen,
Daß du's mir außer Zweifel stellst,
Daß du's mit andern Weibern hältst,
Dann wollt' ich es immermehr
Vergelten dir alsosehr,
Daß du mir selber eingestehest,
Sobald du nur die Wahrheit sähest,
Daß nie ein Weiblein ihren Mann
So herzlich lieb wie ich dich gewann!«
Er sprach: »Vielliebe Minne mein,
Ich liebe ja nur dich allein;
Du bist mir lieber noch denn lieb,
Ich wäre ein widerwärtiger Dieb
Liebt' ich noch eine so wie dich!
Bei Gottes Leibe zeihe mich
Nicht, daß ich solches etwa tu',
Du bist mir doch zu lieb dazu!
Und ich bin gern bereit
Zu aller Sicherheit,
Die du nun haben willst von mir:
Versuche mich drum für und für,
Stets habe ich deinen lieben Leib
Gestellet über jedes Weib!«
Sie sprach drauf: »Stimmt es dann,
wird besser nie ein Mann
Geliebt von seinem Weibe,
Denn du von meinem Leibe
Es immerfort drauf werden mußt;
Will, daß du eine Probe tust,
Die ich dir tue weisen:
Trag' mir das heiße Eisen,
Wenn ich dir so befreundet bin;
Und ich will wahrlich sehn darin,
Ob du mich liebtest zu jeder Frist
Und ob du völlig schuldlos bist.
Ich mag die Prüfung nicht entbehren;
Und willst du sie mir nicht gewähren,
So wird dir stets mein Haß zuteil,
So tust du's darum nur nicht, weil
Du minnetest ein ander Weib
Und nicht geschätzt hast meinen Leib!«
Er sprach: »Die Rede tat nicht not,
Ich wäre dreimal lieber tot,
Als daß ich würbe um deinen Haß,
Ich tue gerne alles das,
Dieweil ich dir stets dienen mag;
Und ich will weder Nacht noch Tag
Dir deinen schönen Wunsch versagen.
Ich will das Eisen jetzo tragen,
Damit es Gott tut kund,
Daß dich alleine und
In Treuen minnt mein Leib
Und auf kein ander Weib
Ich richtete je mein Gemüt!«
Das Eisen ward sogleich geglüht.
Zwei Steine waren da zur Stelle,
Auf die legt man das Eisen schnelle,
Damit es ordentlich auch lag.
Sie: «Hebe es nun auf und trag',
Beweise mir deinen treuen Sinn!«
Es beugte der Mann sich drüber hin;
Doch hatte er einen passenden Span
Vorher in seinen Ärmel getan,
Den ließ er gleiten in seine Hand;
Sie sah es nicht, da sie seitab stand.
Darauf nahm er das Eisen.
Er sprach: »Gott soll es weisen,
Daß nie mein Leib mit einem Gedanken
In seiner Treue zu dir tat wanken,
Daß stets ich treu war!« Und damit
Trug er es weiter denn sechs Schritt.
Als er das schnell getan.
Verbarg er seinen Span
Und ließ die Hand sie sehen.
Sie sprach: »Ich muß gestehen,
Daß du dich gut bewährtest, ja,
Und ohne Falsch stehst vor mir da.
Die Hand ist schön wie Gold,
Ich bin dir immer hold!«
Er sprach: »Das lohne stets dir Gott.
Nun aber ist es mein Gebot,
Daß du mir auch das Eisen tragest.
Ich gebe nicht zu, daß du's versagest;
Es muß hier alsogleich geschehn,
Ich will auch deine Treue sehn!«
Sie sprach: »O Trautgeselle mein,
Dazu muß ich zu lieb dir sein.
Daß je es kommt dir in den Sinn,
Daß ich dir vielleicht untreu bin.
Du weißt doch, wie mir ist,
Und daß du tausendmal bist
Mir lieber denn die Seele mein!«
Er sprach: »Laß solche Rede sein.
Du wolltest es mir nicht erlassen.
Darum mußt auch du es jetzo fassen;
Du kannst dich dessen nicht entschlagen
Und mußt das heiße Eisen tragen!«
Er es sogleich ins Feuer trug
Und glühte wahrlich es genug
Und legt' es hin, wo ihm es lag.
Er sprach: »Nun hebe es auf und trag',
Derweilen es die Hitze hat!«
Sie sprach: »Gibt es denn keinen Rat?«
»Nein, meiner Treu,« sprach er darauf,
»Du hebst es wahrlich mir nun auf
Und mußt es tragen so wie ich!«
Sie sprach: »Geselle, ich bitte dich.
Du mögest ein Geschenk mir geben.
Ich dank' es dir fürs ganze Leben!
Du weißt es wohl, daß sich ein Mann
Gar vieler Dinge enthalten kann,
Denn er hat starken Mut und Leib;
Doch schwach, gebrechlich ist das Weib,
Kann sich enthalten nicht so gut.
Die Männer kräftig sind, voll Mut,
Sie können tun und lassen denn
Und mögen allem widerstehn.
Daß wir der Kräfte ganz entbehren.
Das tat uns wahrlich Gott bescheren.
Drum nehm' es keiner ganz genau,
Wenn manchmal wankt die arme Frau.
Darum gewähre mir einen Mann,
Dieweil ich außer dir gewann
Noch einen; will's, bei Gott, gestehn.
Du sollst's an meiner Probe sehn!«
»Gewiß, das will ich tun,« sprach er;
»Heb' nun dich zu dem Eisen her!«
Sie sprach: »Mein lieber Mann, nun tu',
was ich dich bitte, noch dazu;
Und ich vergelt' es dir also,
Daß immerdar du sein mußt froh.
wenn du es tutst, mein süßer Mann,
Ist immerdar auch stätig dann
Die herzenssüße Freundschaft
Mit inniglicher, treuer Kraft
Und meine Liebe auch zu dir:
Gewähr' mir abermalen zwier!«
Er sprach darauf: »Es mag geschehn;
Du mußt nun schnell ans Eisen gehn!«
»Mein Trautgeselle,« sprach sie frei,
»Ich habe noch guter Pfunde drei,
Davon du keinen Pfennig weißt;
Nun nimm sie alle hin denn dreist,
Daß wohlgesinnt dein Herz mir sei
Und lasse mir außerdem noch drei!«
Er sprach: »Ich will sie dir verzeihn;
Nun aber lasse das Reden sein.
Und sprichst du mir jetzt noch ein Wort
Und trägst nicht gleich das Eisen fort,
Dann gebe ich dir den Tod!«
Da mußte sie schweigen aus Not.
Das Eisen nahm sie in die Hand
Und ward dann alsosehr verbrannt,
Daß sie vor Schmerzen aufschrie laut:
»O weh, die Hand ist ab und Haut!«
Er aber hatte Wachs gebreitet
Und auch ein Tuch schon vorbereitet
Und wollte sie verbinden nun;
Doch sie verwies ihm solches Tun.
Sie sprach: »was hilft mir jetzt das Band?
So sehr ist meine Hand verbrannt,
Daß sie mir nie und nimmermehr
Mag wieder werden wie vorher!«
Als er das hörte denn und sah,
In großem Zorne sprach er da:
»Also ward deine Treue kund!
Ich schwöre dir zu dieser Stund',
Daß mir von heute ab kein Weib
Verhaßter sein soll als dein Leib;
Und alles, was dir peinvoll ist,
Das will ich tun nach dieser Frist!
Nun hast du auf dich geladen
Beides: Laster und Schaden;
Die helfe ich dir mehren.
So wie du deine Ehren
Bis heute hast geschont,
So wird dir nun gelohnt!«


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