Paul Hansmann
Altdeutsche Mären und Schwänke - Erster Band
Paul Hansmann

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Die drei Wünsche

Es sprach ein Mann zu seinem Weibe:
»Ach, unsrer beider armen Leibe
Erzeigt Gott kein Erbarmen,
Er läßt uns bloß, uns Armen!
Sollt' ich nun bis zu meinem Tod
Durch Armut leiden solche Not,
So möcht' ich selbst mich töten jäh';
Mir tut die Armut gar so weh!
Ich weiß nicht, was ich machen soll
Und bin des Zorns und Leides voll,
Auch kann ich nicht erinnern mich,
Daß ich mich einmal wider dich
Vergangen, oder wider Gott.
Hast du etwa Gottes Gebot
Gebrochen? Das sollst du mir sagen;
Ich helfe dir die Buße tragen,
Bis ich dich bringe nach deiner Schuld
Denn wiederum in Gottes Huld!«
Sie sprach: »Was ich begangen han,
Das hab' ich stets mit dir getan!«
Er sprach: »So weiß ich wahrlich nicht,
Warum es uns durch Gott gebricht
An Ehren und vielfältigem Gut.
Gott ist so reich an Edelmut,
Daß, wünschten wir nur, wie wir sollten,
Er uns gewährte, was wir wollten.
Laß wachen uns und bitten ihn
Bei Tag und Nacht mit heißen Mühn.
Er wird uns große Güter geben;
Sieht er nur unser stetes Streben,
Die große Mühsal auch dazu,
Die wir dann beide spät und fruh
Durch die Gebete müssen leiden,
Vergütet er sie leicht uns beiden!«
»Das tu' ich gerne,« sprach das Weib,
»Soll ich verlieren meinen Leib,
Dünkt besser mich ein kurzer Tod,
Denn daß ich eine lange Not
Vor Armut muß erleiden;
Die möcht' ich gerne meiden!«
Sie säumten nun nicht mehr
Und baten Gott gar sehr
Um Reichtum dieser Welt.
Erlitten Mühsal ungezählt
Durch Wachen und durch Fasten.
Sie ließen den Leib nicht rasten
Bei Kniefall und Gebet.
Und taten es so lang und stet
Bis Gott denn jammert ihr Beginnen;
Schickt seinen Engel schnell von hinnen
Zu ihnen aus; der kam und fand
Den Mann, sprach zu ihm kurzerhand:
»Ihr solltet flehen nicht um Güte,
Gott hat ein so gnädig' Gemüte,
Daß, wenn du stets dich brav geführt,
Du seine Gnade hättest verspürt,
Wie er den anderen recht getan,
Die er läßt große Güter han.
Ich bin der Engel, der dich schützt;
Daß über dich die Torheit itzt
Gesiegt, zerstört mein ganzes Werken,
Was voll Verdruß ich tat bemerken!«
Der sprach: »Daß ich des Gut's nicht han
Hat Gottes Macht mir angetan.
Ich wäre auch des Gutes wert
wie andre, denen Gut beschert.
Gewährt er's mir, so soll ich's haben.
Ihr müßt mit Gnade mich erlaben;
Ich flehe immer nur um Gut,
Bis Gott mir meinen willen tut!«
Da sprach der Himmelsbote:
»Weil du dem höchsten Gotte
Nicht glauben willst, noch mir,
Geb' ich des Gutes dir
Mehr gar als einen großen Teil;
Versuche dann damit dein Heil.
Wirst du ein armer Mann,
Bist selbst du schuld daran.
Wünsch' jetzt, was dir gefällt,
Wie auch der Wunsch gestellt.
Drei Wünsche werden wahr.
Lebst du auch tausend Jahr,
So hast du mehr denn viel,
Wenn's Gut dir bleiben will!«
Der sprach: »So bin ich wahrlich reich!«
Gar fröhlich eilt er spornstreichs gleich
Nach Hause hin zu seinem Weibe
Und jauchzet: »Unsrer beider Leibe
Hat Gott nun alle Not geendet;
Er hat uns mehr des Guts gesendet,
Als unsre Bitte tat umfassen,
Wir wollen ihn jetzt in Ruhe lassen
Und können wohl in Freuden leben!
Drei Wünsche hat er mir gegeben,
Die werden wahr gleich alle drei:
Jetzt rat', was uns das Beste sei.
Und deucht es dich gut angebracht,
So will ich wünschen mit Bedacht
Von Gold uns einen großen Berg,
Darum dann ein so festes Werk
von einer hohen Mauer gut,
Daß uns das Vieh nichts rauben tut.
Das wünschte ich mir wahrlich wohl.
Auch wünscht' ich einen Schrein mir voll
Sovieler Taler, wie ich will,
Der ihrer fasse stets soviel,
Wie ich daraus entnehmen kann;
Und nähme ich auch immer dann,
Er müßte wahrlich stets sein voll!«
Da sprach das Weib: »Ich höre wohl,
Wir haben mehr noch als zu viel.
Nun tu, was ich dich bitten will:
Sollst einen Wunsch mir geben
Und da nicht widerstreben!
Du hast genug an zwein;
Du weißt, daß ich mein Bein
Soviel darnach gebogen han,
Daß Gott uns also wohlgetan
Durch mein Gebet, wie durch das deine.
Ein Wunsch ist billig drum der meine!«
Er sprach: »Nun tue einen,
Ich geb' dir weiter keinen;
Sieh zu, daß du ihn stellst also,
Daß seiner alle Welt wird froh!«
»Gott wolle,« sprach sie kurzerhand,
»Ich hätt' das schönste Festgewand
Jetzo an meinem Leibe,
Wie keins an einem Weibe
Auf dieser Welt ward je gesehn!«
Kaum aber war der Wunsch geschehn,
Da hatte sie das Kleid schon an.
»Weh' mir, o wehe,« sprach der Mann
»Du ganz unselig, böses Weib,
Du müßtest aller Weiber Leib
So gut wie dich gekleidet han;
Du hättest besser dran getan
Wärst jedermann du hold gewesen.
Nie wird die Seele dir genesen,
Weil du so eigennützig bist.
Es gebe drum der heilige Christ,
Da du der Treue bist so bar,
Daß es in deinen Körper fahr'
Und du vom Kleide würdest satt!«
Sogleich dies stattgefunden hat.
Das Kleid war in dem Weibe,
Sie hat's in ihrem Leibe,
Es brannte dort wie Feuer.
Sie schrie gar ungeheuer,
Weil ihr ganz übel war und wund;
Und immer lauter schrie sie, und
Als man drauß' hörte diesen Schrei,
Da kamen Leute stracks herbei
Und fragten, was ihr fehlte;
Darauf sie denn erzählte,
Was ihr durch ihren Mann geschah.
Die Freunde standen zornig da
Und drohten ihm sehr wild
Und riefen wuterfüllt:
»Befreit Ihr jetzt nicht gleich das Weib,
Zerbrechen wir Euch Euren Leib!«
Sie drohen ihm mit Stock und Schwert
Und drängen ihn, der unbewehrt.
Als er nun beides hörte und sah,
Erst, was mit seinem Weibe geschah,
Und dann das Drohen von seinen Feinden,
Macht' er sich alle schnell zu Freunden.
Er sprach: »Gott wolle, unser Heil,
Daß ihr Erlösung werde zuteil
Und sie gesund sei wie vorher!«
Da tat ihr garnichts wehe mehr.
Sie ward von ihrem Unglück frei.
Die Wünsche hatten alle drei
Ein schändlich Ende denn genommen.
Sie waren so zum Ziel gekommen,
Daß sie fürwahr nichts sollten han,
Denn beide hatten schlecht getan.
Doch ward der Mann der Schuld geziehn,
Auch kam das Elend über ihn:
Es ward ihm wacker gar vergolten,
Er wurde soviel ausgescholten,
Ward so der ganzen Welt ein Spott,
Daß er von unserm Herre Gott
Sich nichts erbat wie nur den Tod.
Sein Schaden war die große Not.
Da ward ihm die Unwürdigkeit
Zu großem, bitterem Herzeleid.
Sein Laster und auch seine Schande,
Die füllten allen Leuten im Lande
Sowohl bei Tag wie Nacht die Ohren.
Er ward vor aller Städte Toren
verschonet nicht mit Worten. –
So sehr verhöhnt ward aller Orten
Der Mann, daß er vor Leid verdarb
Und durch das Leid vor Leide starb.


 << zurück weiter >>