Johann Christian Guenther
Gedichte
Johann Christian Guenther

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Auf das Geburtsfest der Jungfer Regina Dammin, welches Anno 1722, den 8. August, einfiel

Aria

        Schönen Kindern Lieder singen,
Ist das Amt der Poesie,
Und für sie die Laute zwingen
Nichts als angenehme Müh';
Denn der Strahl von ihren Kerzen
Zündet Blut und Geister an,
Daß man bei galantem Scherzen
Desto netter spielen kann.

Jetzt erweckst du meine Flöten,
Du, o hoffnungsvolles Kind.
Spötter sprechen, daß Poeten
Nur galante Lügner sind;
Diesen Satz zu widerlegen,
Braucht es nichts als dies mein Blatt,
Welches bloß der Wahrheit wegen
Seine Schönheit von dir hat.

Wie an schlanken Zederstämmen
Zweig' und Gipfel munter stehn
Und, die Kiefern zu verdämmen,
Täglich stärk' und höher gehn,
So erhebt dich in der Menge
Vieler Schönen unsrer Zeit
Die so wohlgestalte Länge
Und der Glieder Artigkeit.

Wie der Sonne frühes Blitzen,
Wenn der Tau das Erdreich kühlt,
Auf den halbgebrochnen Spitzen
Junger Rosenknöpfe spielt,
Also spielt auf Stirn' und Wangen
Eine blumenreiche Pracht,
Die schon manchem ein Verlangen
Wie den Eltern Freude macht.

In der Augen Farb' und Flammen
Spiegelt sich des Himmels Bild,
Milch und Blut fließt da zusammen,
Wo der Küsse Nektar quillt.
Fessel an das Herz zu legen,
Brauchst du nur ein einzig Glied,
Das durch artiges Bewegen
Aller Neigung an sich zieht.

Bäume ziert so Laub als Blüte,
Doch dies ist nur halber Schein,
Von der innerlichen Güte
Müssen Früchte Zeugen sein :
Deines Leibes holde Gaben
Lehren in des Alters Mai,
Daß ein Geist, den wenig haben,
Seiner Schönheit Schönheit sei.

Sitten, Mienen, Wort und Blicke
Zeigen Sanftmut, Witz und Kunst,
Drum verspricht dir auch das Glücke
Den Bestand von seiner Gunst.
Laß viel stolze Mädchen höhnen
Und aus blinder Mißgunst schmähn,
Dir verbleibt der Ruhm der Schönen,
Die auf guten Wandel sehn.

O welch zärtliches Entzücken,
O welch sanfter Keuschheitszoll
Wird einmal den Mund erquicken,
Dem dein Erstling werden soll;
O was wird der Mutter Liebe
Für vergnügte Stunden sehn,
Wenn so manches Freiers Triebe
Nach der liebsten Tochter flehn.

Dieser Tag, der dich der Erden
Als ein Kleinod erst geschenkt,
Soll so lang ein Festtag werden,
Als er auf dein Wohlsein denkt;
Kummer, Unruh', Wolken, Regen,
Schrecken, Bahre, Blitz und Nacht
Schonen seiner deinetwegen,
Bis der letzte Morgen lacht.

Wachse nun an Glück und Jahren
So wie an Gefälligkeit!
Gott und Himmel wird nicht sparen,
Was dir Lob und Lust verleiht.
Der Genuß von diesem Lichte
Sei dir noch so oft bestimmt,
Als die Anmut im Gesichte
Und im Herzen Tugend glimmt.

 


 


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