Johann Christian Guenther
Gedichte
Johann Christian Guenther

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Hab ich mich einmal vergangen

      Hab ich mich einmal vergangen,
Mach ich es doch wieder gut,
Da mein stumm und still Verlangen
Deiner Schönheit Opfer tut,
Deiner Schönheit am Verstande,
Die sich auch durch Mienen zeigt,
Und die ungewohnten Bande
Machen, daß mein Herze schweigt.

Schweigen will ich mit dem Munde,
Da das Herz nicht reden darf;
Das Verhängnis dieser Stunde
Handelt etwas gar zu scharf;
Ich soll reimen und nicht wissen,
Was sich diesmal reimen soll.
Fülle nur mit deinen Küssen
Die gesuchte Strophe voll.

Küsse sind der Weg zum Lieben
Und der Geist der Poesie;
Blindlings wird man oft getrieben,
Daß uns eine Schönheit zieh.
Schönheit, Bäume, Gras und Nelken,
Welche Lenz und Jugend zieht,
Müssen nach und nach verwelken,
Bis der Baum voll Mandeln blüht.

Blühn schon einmal diese Früchte,
Ach, so ist es wahrlich aus,
Und des Alters Schaugerichte
Sind ein erlnerVon Erle. Mandel-, Erlen- und Granatblüten sollen das hohe Alter versinnbildlichen: sie gleichen dem prächtigen Haar des Greisenalters, deuten aber durch ihre Unfruchtbarkeit (in unseren Breiten) das nahe Ende an Blumenstrauß,
Welcher Mund und Augen locket,
Aber, wenn er tragen soll,
So wie die Granaten stocket,
Die nur sind zum Ansehn voll.

Mag's doch sein! Ich will verehren,
Was ich nicht genießen kann;
Willst du meine Lieder hören,
O so hör auch dieses an,
Daß der Strahl von deinem Glanze,
Welcher dich vor andern ziert,
Auch den Ruhm von meinem Kranze
Mit sich auf die Nachwelt führt.

 


 


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