Johann Christian Guenther
Gedichte
Johann Christian Guenther

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Lob des Knastertabaks

        Nahrung edler Geister,
Aller Sorgen Meister,
Du mein Element,
Was man jetzo Knaster nennt,
Komm und laß die müden Sinnen
Wieder Ruh' gewinnen!

Auf dem Erdenkreise
Kommet deinem Preise
Kein Getränke gleich;
Auch der Ärzte drittes Reich
Flicht dich, deiner Kraft zu Lohne,
Um Hygaeens Krone.

Nach den Lorbeerreisern,
Die vor allen Kaisern
Unsern Karl erhöhn,
Sollst du über alles gehn,
Was aus Erd' und Wurzel steiget
Und den Gipfel neiget.

Deine Kraft und Stärke
Macht durch Wunderwerke
Allen Kummer zahm;
Mißgunst, Furcht, Verdruß und Gram
Fliehn, sobald ich dich empfinde,
Schneller als die Winde.

Deine Tugend heilet,
Deine Macht erteilet
Und gebiert die Ruh';
Will der Schlaf nicht bald herzu,
Kann ich ihn mit deinen Waffen
Bald ins Zimmer schaffen.

Kommt der lichte Morgen,
Bringt der Tag die Sorgen,
Macht der Mittag warm,
Stütz ich ruhig Kopf und Arm
Und gebrauche deiner Kräfte
Edle Nektarsäfte.

Die dich nicht vertragen
Und zum Schimpfe sagen,
Du verderbst die Luft,
Mögen in des Schinders Gruft,
Ja zum Teufel selber kriechen
Und was Bessers riechen.

Kommt ein junges Häschen
Mit dem weißen Näschen,
Das nach Bisam stinkt,
Soll es, wenn es dich verdringt,
In den aufgerollten Haaren
Glut und Dampf erfahren.

Wer dich gar nicht brauchet
Und nicht stündlich schmauchet,
Ist des Mauls nicht wert,
Weil er die Natur verkehrt
Und die Gaben, die dich zieren,
Niemals will probieren.

Laß die Kanzeln schmälen,
Ihre Diener fehlen
Und betrügen sich,
Wenn sie, teurer Knaster, dich,
Da sie dich nicht brauchen können,
Teufels Abbiß nennen.

Andre mögen sitzen
Und die Lippen spitzen,
Bis ihr Mädchen will;
Gelt, du hältst mir immer still
Und vermehrest meine Plagen
Durch kein Hörnertragen.

Laß den ekeln Frauen
Vor dem Dampfe grauen!
Die, so klüger sind,
Sprechen: Allerliebstes Kind,
Mich ergötzet deine Pfeife,
Die ich selbst ergreife.

Rom verbrannte Leichen
Auf den Zimmetsträuchen;
Muß ich von der Welt,
Hab ich schon voraus bestellt,
Daß die Lauge deiner Asche
Meinen Körper wasche.

Held, vor dessen Schwerte
Stambul rückwärts kehrte,
Ewiger Eugen,
Will dein Blitz durch Ungarn gehn,
Ei, so laß doch nur der Bohnen
Und des Knasters schonen.

Burschen fangen Grillen;
Aber wenn sie füllen
Und die Pfeifen glühn,
Muß der Schmerz so weit entfliehn
Als die span'sche Degenklinge
Vor dem tapfern Binge.

Rosmarin und Nelken
Schwinden, wenn sie welken,
An Gefälligkeit;
Du gefällst zu jeder Zeit,
Denn dein Ruhm gedörrter Blätter
Grünt durch alle Wetter.

Sind uns unsre Waren
An den Fels gefahren
Und ins Meer versenkt,
Brüder, laßt euch ungekränkt!
Blätter, so die Mohren rösten,
Können wieder trösten.

Efeu krönt Poeten;
Doch um meine Flöten
Soll Tabakskraut blühn.
Brüder, macht euch zum Kamin
Und verjagt mit diesem Pfeile
Eure lange Weile!

Hört den Winter rasen,
Hört den Nordwind blasen,
Hört, er pfeift und fährt!
Kommt, wir wollen um den Herd
Seinem kalt' und stolzen Wüten
Ruhig Trotz gebieten.

Wollt ihr Ländern raten,
So verpflügt die Saaten,
Haut die Wälder aus,
macht uns ein Tabaksfeld draus,
Und verzäunt es mit den Reben,
Die uns Freude geben!

Topp, es leben alle,
Die bei diesem Falle
Der Tabak ergötzt!
Drum, ihr Brüder, raucht und netzt,
Bis der Blick vom andern Tage
Uns zu Bette jage!

Junge, schneide Knaster!
Dieses Lebenspflaster
Ist ein Polychrest.
Dem, der uns nicht rauchen läßt,
Soll anstatt der Nerv' und Flachsen,
Ein Tabaksstrunk wachsen.

 


 


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