Johann Christian Guenther
Gedichte
Johann Christian Guenther

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An seine Schöne

                  Nur eine bleibet meine Taube,
Und diese, wertes Kind, bist du;
Die Welt hat nichts von süßrem Schmerze,
Als wenn ich dir, vertrautes Herze,
Die Arme um den Nacken tu
Und dort zwei Handvoll Blumen raube.

So wie uns oft nach warmem Regen
Ein grünlicher Geruch erquickt,
So geil, so kräftig und so süße
Erfahr ich den Geruch der Küsse,
Die, wenn sich deine Zunge rückt,
Herz, Nieren, Mark und Bein bewegen.

So herrlich dämpft Dianens Tempel
Mit seinem teuren Räuchwerk nicht,
So liebreich wissen keine Rosen
Den schwachen Sinnen liebzukosen
Als dies, was hier die Regung spricht:
Die Wollust leidet kein Exempel.

Mich deucht, es geht auf deinem Munde
Der nächste Weg in Amors Reich.
Der Vorschmack von den reinen Lüsten
Führt mich durch Berge, Tal und Wüsten;
So denk ich oft, und irr ich gleich,
So irr ich doch mit gutem Grunde.

Reißt, sanfte Lippen, reißt mein Leben
Durch so ein warmes Gift dahin;
So komm ich besser und auch eher
Ins Paradies der Elysäer,
Allwo ich schon im Traume bin,
Weil Fried' und Schönheit um mich schweben.

Ja, ja, du magst es auch belachen,
Ich will mit deinen Küssen fliehn,
Und wird mich dort Petrarch umfassen,
Ihn gleichfalls einen kosten lassen.
Was gilt's? Er soll vor Sehnsucht glühn
Und viele Geister lüsternd machen.

 


 


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