Anastasius Grün
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Anastasius Grün

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Dem neuen Burgherrn von Rabenstein.Rudolf Freiherr v. Mandell, welcher die höchst interessante und malerisch gelegene, aber durch Verwahrlosung fast zur Ruine gewordene Burg Rabenstein in Steiermark käuflich erworben hatte, vornehmlich zu dem Zwecke, dem weiteren Verfalle derselben Einhalt zu tun.

1846.

              Ihr Spinnenflöre, Efeuhecken,
Die ihr um Schutt Gewänder schürzt;
Von Gips du Engelschar der Decken,
Die bald aufs neu' vom Himmel stürzt;
Nun jubelt oder bangt mit Schweigen,
Euch bringt's Verderben, bringt's Gedeihn:
Heut nimmt Besitz von seinem Eigen
Der neue Herr auf Rabenstein.

Dem, der nach Gransons Schlacht gefunden
Karls Demant, schien's ein Glas gering;
Im Herzogshut einst der Burgunden,
Ziert jetzt er Habsburgs Kronenring.
Wenn schön und echt, bleibt auch das Alte,
Mag wechselnd gleich das Beiwerk sein;
Drum neuer Fassung Schmuck erhalte
Das alte Kleinod Rabenstein.

Es baut ein König sich am Rheine
Aus altem Stein ein neues Haus;
Das Lied, das moos'ge Runensteine
Gern kränzt mit heut erblühtem Strauß,
Es möcht' ihn mahnen, zu umwinden
Mit frischem Kranz den alten Stein;
Doch leichter wird Gehör es finden
Beim schlichten Herrn von Rabenstein.

Am Tor des alten Bauherrn Wappen,
O laß es stehn, wie sonst es stand:
Es adelt auch den Leinwandlappen
Das Monogramm der Künstlerhand.
Ringmauern morsch mit schart'gen Türmen,
Laß sie in Schutt zerfallen sein;
Nur Freundescharen werden stürmen,
Was soll ein Wall auf Rabenstein?

Schlingpflanzen lasse Ranken schlagen,
An morscher Wand aufklettern weit,
So blüht die Gegenwart, getragen
Auf Schultern der Vergangenheit.
Im Hofraum laß vielfarbig prangen
Der schönsten Dahlien bunte Reihn
Wie Pagen, die geschmückt empfangen
Den edeln Herrn auf Rabenstein.

Steil klimmt der Pfad zu Himmelshallen,
Dahin führt diese Treppe wohl;
Nicht gut ist's, nur in Stapfen wallen,
Die noch vom Tritt der Ahnherrn hohl;
In Saal und Himmel läßt sich kommen
Wohl auch mit ungebrochnem Bein,
Drum wird die neue Treppe frommen
Dem alten Haus auf Rabenstein.

Die Neuzeit lehrt den Lenz bestehlen,
Ihr Zimmer blüht als Gartenbeet;
Zu treu ist's, wenn in deinen Sälen
Der Regen tropft, der Sturmwind weht;
Ein altes Recht ist's span'scher Granden,
Vorm Thron bedeckten Haupts zu sein;
Barhäuptig ist er lang' gestanden,
Drum gönn' ein Dach dem Rabenstein.

Hinaus, was nistet nur im Dunkel,
Hinaus, was nur im Schmutz sich nährt!
Ihr Spinnen, weiter tragt die Kunkel,
Ihr grauen Flattrer, räumt den Herd!
Doch soll die Schwalb' ihr Nest nicht missen,
Verbannt darf Freiheit, Lenz nicht sein,
Die mögen, wie ein wach Gewissen,
Dich mahnen, Herr von Rabenstein.

Ein Burgpfaff fehlt; doch ist ein Streiter
Die Kirch' auf Erden, wie du weißt,
Drum mein' ich: schick den Pfaffen weiter,
Es walt' im Haus des Friedens Geist;
Der Sturm wird selbst die Glocke ziehen,
Meßkleider wirkt der Sonnenschein,
Und gläub'ge Stimmung wird nicht fliehen
Den frommen Herrn von Rabenstein.

Des Fensters Glas ist auch ein Priester;
Dir fehlt noch solch ein Priester klar,
Des Himmels Licht empfängt und gießt er
Ins Haus dir unverfälscht und wahr,
Er wehrt von dir der Stürme Treiben,
Doch kann's ein schlechter Pfaff auch sein;
Drum vor vergilbten blinden Scheiben
Dich hüte, Herr von Rabenstein.

Ein Burggeist doch ist unentbehrlich,
Und fehlt er, werd er angeschafft!
Den Mächten dünkt der Geist gefährlich,
Drum zieh auf Flaschen seine Kraft;
Halt ihn, wie sie, in kühlen Räumen,
Doch mach's auch besser: laß den Wein,
Ist's Zeit, die Fessel brechen, schäumen,
Und schlürf ihn, Herr von Rabenstein!

Dort seh' ich einen Dom auch trauern
Von ries'gem Maß, den Steinkamin,
Ein Dom, der längst aus seinen Mauern
Sah Flammenkult und Andacht fliehn.
Geselligkeit schuf hier Altäre;
Bleibt ewig kalt ihr Opferstein?
Die Opferflamm' entzünd und nähre
Sie treu im Haus von Rabenstein.

Die Flagge entroll am Turm den Winden,
Verkündend, daß der Herr im Haus;
Wüßt' ich den Trödler aufzufinden,
Faust's Mantel wählt' als Fahn' ich aus:
Den Freunden soll sie weit zu sehen,
Unsichtbar läst'gem Gaste sein;
Ich säh' sie, hoff' ich, manchmal wehen
Vom alten Turm auf Rabenstein.

Laß vom Balkon dein Auge schweifen,
Ergreif Besitz von Strom und Feld,
Dir ward nur Lands ein schmaler Streifen,
Das Aug' erobert dir die Welt;
Schwerfällig tappt die Hand nach Erzen,
Das Aug' spricht: Was du siehst, ist dein!
Du zahlst mit Gold, geprägt in Herzen,
Mein reicher Herr von Rabenstein.

Sei mild den Bauern und Vasallen!
Ein Vater! Doch da fällt mir bei:
Dir ist gar keiner zugefallen,
So bleibt wohl dein Gewissen frei.
Vom Ruhm der Burgherrn, Stechen, Rennen,
Mag Chronik voll und Sage sein,
Den glücklichsten doch soll sie nennen
Den neuen Herrn von Rabenstein!


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