Anastasius Grün
In der Veranda
Anastasius Grün

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Unheimliche Gäste.

                  Das war der Dechant von Haselbach,
Der gastfrei' und ehrenfeste,
Er segnet beim Opfer Brot und Wein,
Doch trinkt und ißt er nicht gern allein,
Und denkt schon der kommenden Gäste.

Da steht mit dem Kännlein der Ministrant
Und flüstert ins Ohr ihm leise:
»Sie kommen nicht! Denn der eine jagt,
Der andr' erwartet die neue Magd,
Der dritte rüstet zur Reise.«

Dem Alten entglitt der Meßkelch fast,
Des heiligen Orts vergessen:
»Der Dachs im Bau nur schmaust allein,
Da lad' ich mir lieber drei Teufel ein!«
Im Schmerze schwört er's vermessen.

Doch kaum gesprochen, bereut er's schon;
Im Pfarrhaus sitzt er jetzt betend,
Da klappert im Hofe Pferdegetrab,
Drei seltsame Junker springen ab,
Flink in die Hausflur tretend.

Er seufzt: »Aha, da sind sie schon!«
Doch artiglich grüßen die andern:
»Wir hörten vom gastlichen geistlichen Herrn
Und lüden auch uns zu Tische gern
Mit Hunger und Durst vom Wandern.«

Er nickt sein Ja, schlägt still sein Kreuz
Und weiß sich schnell zu fassen;
Doch reicht er den Gästen nicht die Hand,
In ihrem Handschuh glimmt ja ein Brand,
Drum wagt er nicht ihn zu fassen.

Er mustert die drei vom Scheitel zur Zeh',
Ein Büschlein am Hut trägt jeder,
Das Schuhwerk scheint nicht von zierlichstem Bau,
Den Pferdfuß drunter erkennt er genau,
Wie oben die Hahnenfeder.

Er denkt: Die Mahlzeit verleid' ich euch,
Ihr sollt's nicht zweimal wagen!
Dann winkt er den Mesnerjungen herbei:
»Zieh deinen Chorrock an als Livrei
Und roten Talar und Kragen.

Ins Salzfaß streu Sankt Stefanssalz,
Ein Kruzifix begleit' es,
Gieß Weihbrunn in die Kannen ein,
Die Krüge füll mit Kirchenwein,
Zum Imbiß bring nur Geweihtes.«

Meßglöcklein rufen die Junker zum Mahl,
Doch tafeln sie unerschrocken:
Weihwasser lassen sie Wasser sein,
Sie tauchen den Gaum in den Opferwein,
Ins heilige Salz die Brocken.

Und Abend wird's; vom Altare holt
Der Knabe geweihte Kerzen;
Sie zünden am Licht die Pfeifen an,
Verschwinden in Nebeln und Wolken dann,
Man hört nur ihr Singen und Scherzen.

Wie er so tapfer sie zechen sieht,
Dem Dechant beginnt zu bangen:
»Die Zeiten werden gar schlimm und schwer,
Selbst Teufel glauben an gar nichts mehr!
Mein Mittel will nicht verfangen.«

Da wünschen die Junker ihm: »Wohl bekomm's!«
Und danken für Trank und Speisen:
»Wenn wir dereinst im eigenen Haus,
Vergelten wir gern den heutigen Schmaus,
Dann wollt uns die Ehr' erweisen.«

»Verzeiht, ihr Herrn; mir tun nicht gut
Die überheizten Gemächer;
Auch schmeckt verbrannter Braten nicht fein,
Hab' lieber den eigenen sauern Wein,
Als Pech und Schwefel im Becher.« –

Längst ward zu Gast von größerem Herrn
Der gute Alte geladen;
Jetzt blickt er von seinem Stern ins Land,
Hat längst in den Gästen von damals erkannt
Studenten auf Wanderpfaden.

Und der euch gesungen diesen Reihn,
War selber bei der Geschichte,
War einer von den fahrenden drei'n;
Er hat getrunken des Dechants Wein,
Geküßt des Dechants Nichte.


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