Hans Jacob Christoffel von Grimmelshausen
Prinz Proxymus und Lympida
Hans Jacob Christoffel von Grimmelshausen

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DER ERSTE THEIL.

WEilen der Tapffer / und deßwegen in allen Ländern berühmte Held Myrologus, weder das Kayserl. Kriegs-Heer in Asia verlassen / noch seine sieghaffte Waffen ehender wider hingelegt / als biß der Perser König Cosdroes gedemühtiget und glücklich überwunden worden; Siehe! so empfieng er auch seinen Theil an der erfochtenen Beuth / an der gewonnenen Ehr / und an den eroberten Palmzweigen und Lorbeerkräntzen / mit denen die triumphierenden Sieger / bey ihrem scheinbaren Einritt zu Constantinopel prangten. Der Kayser Heraclius selbsten / vermehrte ihm vor allen andern sein Ehr / mit Verleyhung eines sonderbahren Lobs / daß er seiner ritterlichen Faust gab. Seinesgleichen Felt-Obriste gestunden gern / daß er auß ihnen allen / mit ohnvergleichlichem Heldenmuth / zum besten gefochten / und das Volck bezeugete mit seinem Zuruffen und Glückwünschungen / wie vernügt es seye / denjenigen wider frisch und Gesund aus dem Krieg kommend zu sehen / von welchem es so viel ruhmwürdige Thaten erzehlen hören. Mit welchem Jubel und Frolocken / mit solchem Frewden Geschrey des Volcks und jedermanns Zufriedenheit / fügten sich die Häupter des sieghafften Kayserlichen Kriegsheers nach dem herrlichen Tempel S. Sophiæ, demjenigen / so allein die Victorien verleyhet / vor die erhaltene Uberwindung zu dancken, Bey welcher Begebenheit allein Myrologus übel zu frieden seyn schiene / weil er den unvergleichlichen Helden / der ihn in demselbigen Krieg / in einem scharpffen Treffen / auß den Händen etlicher Persianer errettet / ritterlich entsetzt / und beym Leben erhalten / nicht sahe / vielweniger ihn kannte / umb ihn gebührender Ehr / theilhafftig zu machen / und obliegender Schuldigkeit nach / danckbarlich zu belohnen. Dieses sein innerliches Anliegen und heimliche Betrübnuß / war auch so hefftig / daß ers allein / länger zu tragen / nicht vermochte / sondern als man einen jeden auß den Kriegshäuptern / seinen Verdiensten nach / offentlich lobte / und nunmehr die Reyhe auch an ihm war / sagte ohne Scheu / daß alle seine Thaten / die er bißhero mit fechtender Faust im Krieg verrichtet / denselben bey weitem nicht zu vergleichen wären / die er von einem jungen Helden gesehen; welcher gleichsam wie der Blitz / eine Schaar Perser / die ihn Myrologum, umringt gehabt / angefallen / und durch eine ohnglaubliche Tapfferkeit zertrennet: zum theil mit wunderbarlicher Geschwindigkeit niedergehawen: zum theil verjagt / und ihm also Platz und Raum gemacht hätte / sein Leben vor ihren Säbeln / mit denen er übermannet gewesen / zu erhalten. Er (sagte Myrologus weiter) begab sich gleich darauff in ein ander Geträng / wo die Säbel und Schwerter am dicksten untereinander blinckten / und verrichtete solche Streich / als wann er denselben gantzen Tag / noch keine Arbeit gethan gehabt. Jch sahe ihm mit erstaunen zu / und gönnete mir die Zeit / das Glück und die Ehre nicht / mit diesem tapffern Soldaten / umb mit ihm bekannt zu werden / ein Wort zu sprechen; Jch wiese ihn den meinigen / und vermahnete sie / seinem Exempel nachzufolgen; sie wurden auch dergestalten dardurch auffgemuntert / daß wir nach weniger Zeit / unsere Gegener in die Flucht brachten / die uns aber gedachter Held nicht verfolgen halffe / sondern sich an ein ander Ort wendete / allwo die Feinde noch am dicksten stunden und sich wehreten. Er schiene / daß er nicht im Krieg wäre / Beuthen zu machen / sondern die Feinde in die Flucht zu bringen / und andern zum Raub zu geben; nicht die fliehende ihrer Haab / sondern die stehende ihres Lebens zu berauben. Und gleich wie er solcher Gestalt an den gefährlichsten Oerthern der gantzen Bataille die standhafftigste Feinde suchte mit ihnen zu streitten; also kan ich nicht anders gedencken / als das erhitzte unverzagte Gemüth dieses kühnen Jünglings (er seye dann ein unsterblicher Engel / und kein Mensch gewesen) habe sich in unüberwindliche Gefahr begeben / und das Leben eingebüst / der doch werth gewesen wäre / ein grosser General über ein gar grosses Kriegsheer zu seyn. Nach offentlicher Bekandnuß dieser seltzamen Rede / und ohngewöhnlichen Sach / die Myrologus thät / daß nemblich der allertapfferste Kriegsheld seiner Zeit / seine eigene Verdienste vernichten und hingegen ihm selbsten einen andern frembden unbekannten Kerl vorziehen solte; gab vielen Ursach zu glauben / daß GOtt den Christlichen Waffen / in diesem ihrem gerechten Krieg / den sie wider Cosdroem geführt / einen Engel vom Himmel zu Hülffe gesendet / der ihnen streiten und den Sieg erobern helffen; andere dargegen wolten lieber glauben / daß der gerühmte Held gleichwohl ein Mensch gewesen / aber in der Gefahr / die er jeweils gesucht / und in dem schärffsten Gefecht / darein er sich allezeit begeben / endlich erlegen und umbkommen seyn müste / deßwegen er von vielen / die ihn doch nicht kannten / als ein Todter betrauret wurde. Myrologus selbsten war dieser Gedancken / und henckte daran / es wäre Schad / daß dieser edle Jüngling schon jetzt zur Zeit / in seinen jungen Jahren den Todten Gesellschafft leisten / und in blühender Jugend verfaulen müste; wann es müglich wäre / ihm sein Leben mit dem seinigen widerumb zu erkauffen / so wolte ers dem Kayser zu Gefallen / dem Reich und gemeinen Wesen zum besten: und umb des Helden eigner Verdienste und Tugenden willen / mit nichten hinderlassen. Daß er sich aber hierinn betrogen fand / und vielbemeldten Jüngling todt zu seyn / glaubte / war die Ursach / daß er bey letzter Heer-Schaw und Musterung den Schild nicht gesehen / den sein Erlöser im treffen geführt / welcher mit dreyen Pentalpis in einem güldenen Feld gezieret gewesen; den er damahl wohl in die Augen gefast / umb seinen Erretter darbey zu kennen / und dessen Tapfferkeit danckbarlich zu belohnen / jetztmals aber solches bey sich heimlich behielte / damit kein anderer Betrüger / durch einen dergleichen Schild / sich villeicht unterstünde / die Ehr und das Lob so einem andern gebührte / mit sampt dem Lohn hinweg zu nemmen.

Also wurde dieser Triumph mit etwas Leids untermischet / weil man jedermanns Meinung nach des allertapffersten manglete / der sich unter dem gantzen Christlichen Kriegsheer befunden: derowegen als man vor die Todten / so im Krieg blieben waren / opfferte / wurde auch dessen im Gebett gedacht / der sich so löblich gehalten. Nach Endigung dieser und anderer Festivitæten aber / kehrt ein jeder / der vor dißmahl seiner würcklichen Kriegsdienste entlassen wurde / wider nach Hauß zu den seinigen / unter welchen Myrologus auch war / der Hapsam seine liebste Ehe-Gemahlin / sambt ihrer Tochter der unvergleichlichen Lympida, in gutem Wohlstand fande.

Den Modestum aber / traff Proximus / sein Sohn / welcher unter dem Kayserlichen Leib-Regiment ein Pentecontarchus oder Hauptmann über 50. Mann gewesen war / und in diesem Persischen Krieg am Soldaten-handwerck sein Principium gemacht hatte) noch an / wie er ihn gelassen / nemlich bettlägerig und dem Leib nach / kranck und schwach; an seiner edlen Seeln aber / frisch / gesund / und in erwünschtem Wolstand. Nun will ich (sagte der Alte / als er seinen Sohn sahe) mit Frewden sterben / weil ich dich widerumb bey der Hand habe / mit deiner Einwilligung wegen meiner Haab und Güter / meinem vorlängst gehabten Vorsatz nach / eine Gott wohlgefällige: dir aber beydes / zu zeitlicher und ewiger Wohlfahrt ersprießliche Anstalt zu machen. Gleich wie diese deine Ankunfft mein schwaches Alter tröstet / mein kranckes Leben ergetzet / mein Gemüth auffmundert / und mich versichert / daß ich durch deinen consens, daß / was ich vorlängst verlangt / ohnzweiffentlich dermal eins ins Werck setzen werde; also sollen auch dardurch vermittelst deines kindlichen Gehorsams manche Arme erfrewet / manche dürfftige erquicket / und manche nohtleydende auß ihrer Bekümmernuß und Trübsal entledigt werden. Dieses und dergleichen war des alten Gespräch / ohne das er den Jungen gefragt hätte / als etwan Vätter zu thun pflegen / wie es ihme im Krieg ergangen? Was er vor Noht und Gefahr überwunden? Was er vor Ehr und Ruhm erjagt / vor Beuthen erlangt etc. Dann weilen er seinen Sohn wider sahe / auch wuste wie und worzu er ihn von Jugend aufferzogen hatte / so konte er vor selbst wohl erachten / daß er unter dem Schutz Gottes wohl gefochten; So war ihm ohne das / das Pralen und Auffschneiden / dessen etliche Kriegsleuthe sich angewöhnen / ein abschewlicher Eckel / und ob er auch etwas vom Raub zuwegen gebracht / war ihm die allergeringste Bekümmernuß / weil er sich und seinen Sohn / ohne das mit genugsamen überflüssigen Reichtumen versehen seyn wuste.

Als sich aber Proximus vor seines Vattern Angesicht unter wärendem dessen Gespräch entwaffnete / und Modestus wahr nam / daß sein Sohn nicht mehr seinen eigenen angebohrnen / sondern einen frembden Schild hatte / in dessen güldner Feldung der Meerfisch Pristis, wie der Caduceus oder Stab Mercurii mit zwo Schlangen umbwickelt / gar schön entworffen stunde / erschrack er / und sagte: mein Kind / weist du auch in was vor Straff ein Cavallier verfallen / der seinen Schild vor dem Feind verlieret? Wol mein Herr Vatter / antwortete Proximus, mir ists genugsam bewust; der meinige aber / wurde mir im letzteren Treffen dermassen zerhackt / daß er mir Stückerweise vom Arm herunter fiele; so / daß ich meinen Leib hinder ihm nicht mehr beschirmen konte / sondern mich gezwungen sahe / gegenwärtigen von einem Perser zu mir zu nemen / der mir auch von Rechtswegen gebührte / dieweil ich ihn / als meinen offentlichen Feind / und zwar ohne habenden Schild überwunden / und erschlagen; Mein Sohn / antwortet Modestus, dir will nöhtig seyn / wann du anderst diesen oder deinen verlohrnen angebohrnen Schild ins künfftig mit Ehren führen wilst / daß du solche Verwechslung vor deinem Obristen / oder gar vor dem Kayser selbsten erweisest und außfündig machest: Zwar ist dieser Schild wol schön und gut / und er würde einen jedwedern genugsam adlen / wann er ihn / vermittelst seiner ritterlichen Faust / in einer Schlacht / wie du vom Feind erobert; aber gleichwohl ist der deinige von einer viel durchleuchtigern Ankunfft und vortrefflichern antiquitæt auff dich ererbet worden: wessentwegen ich lieber wolte / daß du desselben Signatur noch fürterhin behalten köntest: dann das Zeichen ΠΕΝΤΑΛΦΑ, ist der alten hergebrachten Sag nach / unserm Stamm-Vatter / dem Syrischen König Antiocho zugenant Soter von Alexandro Magno selbsten in einem nächtlichen Gesicht / gezeigt: und solches im Krieg wider die Galater / als ein Feldzeichen zu führen befohlen worden / wie er dann damahlen auch einen trefflichen Sieg erhalten; dannenhero seine Nachkömling / biß auff mich und dich / die einzige noch übrige seines Stammens / solche Figur seithero ohnaußsetzlich geführet / man siehet sie auch noch auff den alten Müntzen des gedachten Antiochi, die er damals zum ewigen Gedächtnuß derselbigen Begebenheit / und erhaltenen Victori, schlagen lassen. Daß wir aber in den letzten etlich hundert Jahren nicht / wie Antiochus und seine nächste Stammens Erben / nur eine / sonder drey Pentalpas geführt / ist dahero kommen / daß unsere Vorfahren / zu der Apostel Zeiten / als sie zu Antiochia den Christlichen Glauben angenommen / ihr Wappen geändert / und auß einem Pentalpa, drey gemacht haben / darmit zu bezeugen / daß sie nunmehr in einen / in dreyen Personen bestehenden Gott glaubten / und in dessen Nahmen getaufft worden. Jch muß zwar bekennen / daß es nicht unter die geringste Eitelkeit der Welt zu rechnen sey / wann man sich viel mit den angebohrnen Wappen kützlen wolte; ja es wäre die gröste Thorheit / wann sich einer wegen des Ursprungs seiner Herkunfft über die maaß erheben wolte / sintemal auch die gröste und weiseste Könige wissen und bedencken / daß sie mit andern Menschen gleicher Materi / gleicher Asche / und gleiches Staubs seyen. Aber nichts desto weniger ist es nicht allein der Underscheidung; sondern auch sonst allerhand Ursachen halber / den Geschlechtern nohtwendig / daß sie ihre eigne Signatur auff ihren Schilden haben. Zu grosser Ehr aber wirds ihnen gerechnet / wann sie selbst / oder ihre Vorfahren das ein oder ander Zeichen / oder den einen oder andern Namen zu tragen / durch ihre Mannheit oder andere Tugenden erworben: gleich wie aber dein angebohrner Schild / dein hohes Herkommen beweiset / also bezeuget dieser eroberte deine eigne Tapfferkeit. Was nutzen aber Schild und Helm / wann sie nicht bequem seyn / uns selbsten / die Welt und den Teuffel darmit zu überwinden? und das himmlische Vatterland dardurch zu erstreiten? Sie thun zwar etwas hierzu / wann wir sie wider die Feinde Christlichen Nahmens in rechter Meinung tapffer gebrauchen / pflegen aber bisweilen an dem völligen Triumph zu hindern / welchen eine demühtige Nachfolgung Christi verleyhet. Was derowegen du ins künfftig unter der Ritterschafft vor ein Wappen führen mögest / stehet zu des Kaysers disposition, bey dem du dich durch deinen Obristen gebührend deßwegen anmelden kanst / und zwar ehe ich dich wider vor meinen Sohn erkenne und auffneme / sintemal du dein väterliches wohlhergebrachtes Wappen verlohren.

Also streng hielte nun der sonst heimlich gesinnte Modestus seinen Sohn (auch ausserhalb des Gottseligen Wegs / den sie beyde miteinander wandelten) die Politische Wolständigkeiten und Moralische Tugenden punctual zu beobachten; von welchem / seinem eigenen Fleisch und Blut / er doch ohne das wuste / daß er von selbsten / beydes auß angebohrner Art / und wegen fleissiger Aufferziehung / ein Spiegel aller Tugend war; dessentwegen man sich billich verwundern mögen / wie er seinethalben auff irrdische Sachen gedencken können. Proximus aber billigte seines Vattern gethane Red; Er lobte seine Meinung / und machte sich gefast / dessen Befelch mit ehistem gehorsambe Folg zu thun: welches er gleichwol denselben Abend anstehen lassen / und auffschieben muste / dieweil so wol der Kayser selbsten / als sein Obrister / beschäfftigt gewesen sich mit den wol- meritirten zu ergetzen / und ihnen neben dem eroberten Raub / auch andere verdiente Gaben außzutheilen.

Jndessen hielte ers sich bey nahe vor eine Schand / daß er seinen Schild verlohren / und vor einen Fehler / daß er einen frembden sich zugeeignet. Er begab sich zwar zur Ruhe / die sein abgemüheter Leib erfordert / und von seinem Herrn Vatter vergünstigt wurde; konte aber sich solche durch den Schlaff gleichwol nicht gedeyen lassen / weil ihn die Sorg seines vermeinten Ubersehens quälete / biß ihm gedachter sein Herr Vatter zu sich ruffen liese / weil er ebenmässig nicht schlaffen mochte / mit ihme eins und anders zu schwätzen / damit er selbige gegen andern überstandenen schwermütigen Nächten / noch wenig habende glückselige Morgenstunden / desto leichter und fruchtbarlicher hinbringen möchte.

Jn demselben Gespräch geriethen sie widerumb auff die Schilde / und von den Schilden auff das Herkommen ihres Geschlechts / da dann Proximus seinen Herrn Vatter fragte / wie und aus was Ursachen er seinen Sitz von Antiochia nach Constantinopel verruckt? dem erzehlte es Modestus folgender Gestalt.

Unsere Vor-Eltern / sagt er / welche / wie du bereits verstanden / auß des alten Syrischen Königs Antiochi Geblüt entsprossen / haben / seit Syria zu einer Römischen Provintz gerahten / biß auff mich ihren Sitz beständig zu Antiochia gehabt / allwo sie nicht allein die prächtigste Paläste und herrlichste Güter bewohnet / sondern auch die vornembste Obrigkeitliche Ehren-Æmpter besessen; als aber Mauritius auß Cappadocia seinem Vatterland / welcher damal in meinem Alter ein tapferer Jüngling von grosser Hoffnung war / studirens halber / und die Länder zu schawen / dorthin kam / und bey meinem Vatter sein Herberg nam / verbliebe es zwischen uns bey keiner gewöhnlichen Kund- und Freundschafft / die gleich und gleich miteinander zu machen pflegt / vielweniger bey denen / nunmehr bey allen Ständen gar zu gemein wordenen Complimenten; sondern unsere Hertzen verbanden sich dermassen zusammen / daß keiner ohne des andern Gegenwart zu leben getrawte. Mein Vatter sahe unsere Liebe / die wir zusammen hatten / überauß gern / er hägte solche / und consentirte gar leicht / daß ich in dieses edlen Jünglings Gesellschafft / mich auch in der Welt umbsehen solte; Ja er riethe mir vätterlich und getrewlich / daß ich meine dortige Haab und Güter und künfftig verhoffende Ehr / Hochheit / und Æempter / die ich in meinem Vatterland / ohn allen Zweiffel zu gewarten hätte / allerdings beyseits setzen: mich diesem Mauritio gantz ergeben: seine Freundschafft mit rechter ungefärbter Lieb und Trew unterhalten: und mich jeweils dessen Glücks- und Unglücksfällen theilhafftig machen solte / weil mir solches weit besser bekommen würde / als wann ich in meinem Vatterland verbliebe. Solches aber / thäte er zweyerley Ursachen wegen: erstlich / weil er / ich weiß nicht / durch was vor eine Weissagungs-art wuste / daß Mauritius zum Haupt des Römischen Reichs werden: und dann zweytens daß Antiochia in kurtzem durch allerhand Unglück sich hingegen zu seinem gäntzlichen ruin neigen / und umb alle seine hiebevorige Herrlichkeit kommen solte. Meinem Vatter glaubte ich ohn schwer so richtig und gewiß / als wann es eine von den Sibyllen gesagt hätte; weil er nicht allein in andern mehr dergleichen Vorsagungen eingetroffen / sondern weilen auch dem Mauritio von andern Anzeigungen hin und wider die Besitzung des Käyserthumbs angedeutet und propheceyet worden; Auch habe ich mit meinen Augen gesehen / daß einsmals zu Antiochia / als er in unserer lieben Frawen Kirch daselbst frühe vor Tags das Ampt der H. Meß verrichten ließe / und sein Opffer auff den Altar legte / daß das Altar-Tuch angieng durch eine helle Flamm / mit seinem grossen Schrecken und Verwunderung: aber der Bischoff Gregorius / der das Ampt versahe / sagte / es bedeute etwas hohes. Gleich wie aber ein wahrer Freund dem andern von seines Hertzens Heimlichkeiten nichts verbiergt / also hat mir Mauritius selbst erzehlet / daß ihm Christus augenscheinlich erschienen / und ihm befohlen / er solte die Schmach / die ihm täglich begegne / nicht ungestraft lassen / sondern solche rächen / welches dann eine gewisse Anzeig und Bedeutung seines künfftigen grossen Gewalts und Kayserthumbs gewesen; So hat auch sein Vatter im Traum / auß seiner Schlaffkammer eine Weinreeb auffgehen sehen / die daselbst gewurtzelt / und sich von dar ausgebreitet / alle benachbarte überschattet / und mancherhand Trauben getragen. Es hat auch der Erdboden / als ihn seine Mutter geboren / einen wunderlichen lieblichen Geruch von sich gegeben / der bald so / bald anders vnd besser geschmäckt: Nicht weiniger hat seine Mutter offt bedeucht / daß ihn etwas (welches Gespänst die Griechen Empusa nennen) auß der Wiege nehme / ihne hinweg zu tragen / es seye ihm aber niemahlen nichts leyds widerfahren; Und als wir mit einander in Palestinam nach Jerusalem / in Egypten vnd die Thebaische Wildnussen reiseten / beydes die heilige Orth allwo vnser Heyland auff Erden gewandelt vnd seine Diener die fromme Einsidel in ihren Wohnungen zubesuchen / vnd vnder andern auch den Verwunderungs würdigen Simonem auff der Saul antraffen / weissagte ihm derselbige heilige Mann nicht allein die besitzung deß Käiserthumbs / sonder erzehlte ihm auch sonderbare Particularitäten / vnd was ihme in solchem Stand widerfahren würde.

Diser Gestalt vnd Ursachen wegen / lieber Sohn / bin ich auß vnserm Vatterland Antiochia in die Gesellschafft Mauritij kommen / nicht zwar der Meynung wegen dessen verhoffenden Keyserthumbs mit ihm groß zu werden / sonder vornemblich darumb / weil wir einandern liebten / vnd dem Unglück so meiner Statt angetrohet war / desto leichter mit meiner Posterität zuentgehen / wie mir dann mein Herr Vatter solches außtrücklich gerathen; Also wurde ich bey ihm sein ander Jch; Jch zwar zugleich sein Freund / sein Diener vnd sein Mitgesell / vnd er hinwiderumb der meinig; Und kan ich nimmermehr glauben / daß die Hertzen David vnd Jonathæ in engere Freundschafft mit einander verbunden gewesen als die vnserige; Herkommens halber war ich zwar edler als er / aber weil er ein par Jahr älter als ich / zumahlen allen Tugenden ergeben vnd wie ich schon gemeldet / von GOtt zum Käyserthumb außerwöhlt vnd vorgesehen war / so liesse ich ihm überal den Vorzug / vnd erzeigte mich auch noch in seinem geringen Privat-Stand gegen ihm als wann er schon würcklich auff dem Käyserlichen Thron gesessen wäre; Jn Kriegen vnd andern Handlungen hielte ich mich gegen ihm / daß er keinen andern bessern Freund vnd getrewen Rahtgeber wünschen mögen / Wie ich dann auch wegen deß Heurahts der zwischen Jhm vnd der Käyserlichen Princessin werckstellig gemacht worden / nicht die geringste Ursach vnd Befürderung gewesen / derentwegen Er endlich durch seinen Schwer-Vatter den Käyser Tiberium zum Käyser erkläret: vnd also zu seinem Gewalt vnd Mayestät erhaben worden. Er hat auch solche meine Trew vnd andere ihme erwisene Dienste danckbarlich erkannt / vnd von allem deme was zu meinem auffnehmen gereichen mögen / an zuthuung seiner Auctorität nichts erwinden lassen / wie Er dann auch vermittelt / daß deine Fraw Mutter die beydes mit Reichthumb vnd Tugenden berühmbteste Fräulein auß dem gantzen Adel hiesiger Statt mir ehelich vertraut ward; Also daß vnder vns beyden je einer durch den andern glückseelig vnd groß gemacht worden.


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