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Dreiundzwanzigstes Kapitel.

Die Zusammenkunft, welche kurze Zeit darauf zwischen Kameron und Gryce im Hauptquartier der Polizei stattfand, war seltsamer Art. Beide hatten einander wichtige Mitteilungen zu machen, aber jeder wartete, daß der andere beginnen solle und suchte seine Ungeduld sorgfältig zu verbergen. Endlich nahm Gryce das Wort:

Ich habe eine überraschende Tatsache in Erfahrung gebracht und halte es für meine Pflicht, Sie davon zu unterrichten, auf die Gefahr hin, Ihren Stolz zu verletzen und Ihnen Kummer zu bereiten.

Mein Stolz, versetzte Kameron mit bitterem Lachen, hat durch die Erlebnisse der letzten Tage einen so harten Stoß erlitten, daß ich nicht mehr allzu empfindlich bin; reden Sie ohne Furcht!

Erlauben Sie mir zuerst eine Frage, begann der Detektiv. Als Sie um die Hand des Fräuleins Genofeva Gretorex anhielten, waren Sie da bestimmt der Meinung, daß Sie sich um die leibliche Tochter von Herrn und Frau Gretorex bewarben?

Was wollen Sie damit sagen? – Natürlich – ohne Zweifel –

Man hat Sie bei dem Glauben gelassen und Ihnen nicht mitgeteilt, daß sie nur ein angenommenes Kind ist? Zwar geliebt wie ein eigenes und zur einstigen Erbin bestimmt, aber doch nicht mit der Familie verwandt, nicht von ihrem Blute?

Doktor Kameron war sprachlos vor Ueberraschung.

Nun denn, fuhr Gryce fort, so hat man Sie betrogen. Ihre Frau ist als kleines armes Kind von dem Ehepaar Gretorex adoptiert worden und zwar unter Umständen, die eine so strenge Geheimhaltung der Sachlage ermöglichten, daß selbst die nächsten Familienglieder keine Kenntnis davon besitzen.

Kameron stand auf, schritt zum Fenster und starrte einige Minuten in die Winterlandschaft hinaus. Als er zurückkam, erschien er zwar bleich und verstört, aber äußerlich gefaßt. Geben Sie mir nur eine Beruhigung, sagte er. Weiß meine Frau –

Es ging über seine Kräfte. Er sah den Detektiv mit stummer Bitte an.

Ich verstehe, entgegnete dieser, Sie wünschen zu erfahren, ob Ihre Frau um den Betrug wußte. Darauf kann ich Ihnen nicht sogleich Antwort geben. Hören Sie erst die näheren Umstände.

Reden Sie! entgegnete Kameron mit tonloser Stimme. Die unaufhörlichen Schicksalsschläge wirkten zu erschütternd, seine Widerstandskraft war gebrochen.

Gryce schwieg noch einen Augenblick und betrachtete ihn mitleidig, dann begann er in ruhig sachlichem Ton seine Erzählung:

Es sind jetzt zwanzig Jahre her; Philo Gretorex besaß zwar damals schon ein ansehnliches Vermögen, war aber noch nicht eine so allgemein bekannte Persönlichkeit wie heute. So erregte es auch in der großen Welt keine besondere Aufmerksamkeit, als er beschloß, wegen der leidenden Gesundheit seiner Frau eine längere Reise durch Ohio und die Mississippistaaten zu unternehmen. Die Ehegatten hielten sich nach Gefallen wochen-, ja monatelang an den Orten auf, wo es ihnen behagte. So waren sie auch eines Tages nach dem Städtchen M. gekommen; als sie es nach längerer Zeit verließen, nahmen sie ein kleines Mädchen mit, welches sie von da ab unter dem Namen Genofeva für ihr eigenes Kind ausgaben. Das Nähere hierüber erfuhr ich aus dem Munde der Frau, welche bei der Geburt der Kleinen zugegen und auch Zeugin war, wie dieselbe durch die eigentliche Mutter an die reiche kinderlose Dame aus Neuyork abgetreten wurde.

Frau Farley – der Name wird Sie nicht überraschen – befand sich in der äußersten Not. Sie hatte plötzlich ihren Mann verloren und zu gleicher Zeit alle Mittel zum Lebensunterhalt. Aus Mildherzigkeit gestattete man ihr, in dem einzigen Gasthof des Städtchens ihre Niederkunft abzuwarten. Ebendaselbst waren auch Herr und Frau Gretorex abgestiegen. Obgleich die vornehme Dame der armen jungen Witwe nur hier und da auf der Treppe oder im Vorsaal begegnet war, nahm sie doch menschlichen Anteil an ihrem Geschick. Als der bang erwartete Tag kam, erkundigte sie sich mehrmals nach ihrem Ergehen; in der Nacht hörte sie endlich das Kind schreien und ließ sich nicht abhalten, aufzustehen und in Frau Farleys Zimmer zu eilen, das dicht neben dem ihrigen war. Dort bot sich ihr ein unerwarteter Anblick. Die Wöchnerin lag mit wahrhaft schreckensbleicher Miene da, ihre Verwandte aber, welche die Pflege übernommen hatte, hielt ein neugeborenes Kind in den Armen und der Doktor ein zweites. Beide Kleinen ließen hilflos die Köpfchen hängen, ganz auf gleiche Weise und sahen sich schon in dieser ihrer ersten Lebensstunde so ähnlich, als sei eines das Spiegelbild des andern. – Zwei Kinder! und das junge Weib wußte kaum, wie sie eines aufziehen sollte.

Irre ich mich nicht, stieß Kameron mit heiserem Ton hervor, so sprechen Sie von meiner Frau und –

Dem armen Mädchen, welches ihr so sehr glich, daß wir beide es für Genofeva Gretorex hielten.

Ein seltsames Lächeln flog über des Doktors bleiche Züge; seine Augen schienen in die Ferne zu schweifen. Weilte er vielleicht im Geiste an dem Lager, wo sein Weib noch immer blaß und regungslos verharrte, wie ein schönes Marmorbild? Wenn nun die Stunde kam und ihr Bewußtsein zurückkehrte, welch ein schreckliches Erwachen! – Kameron bezwang sich und sagte nicht ohne Bitterkeit:

Demnach waren es Schwestern.

Jawohl, Zwillingsschwestern.

Es entstand eine Pause, bis Kameron murmelte:

Erzählen Sie nur weiter, ich kann mir denken, was nun folgte.

Das liegt freilich auf der Hand. Beim Anblick des übergroßen Segens, der für die arme Mutter eine so schwere Last war, fühlte sich die kinderlose Frau Gretorex plötzlich von heftiger Sehnsucht ergriffen. Bald die beiden gesunden, hübschen und vielversprechenden Kleinen anschauend, bald die bleiche Mutter, rief sie unwillkürlich aus: Was würde ich nicht darum geben, wenn eins von euch mir gehörte! Da erhellte ein Hoffnungsstrahl das Antlitz der schwachen, fast verzweifelnden Frau. Sie hob den Blick zu ihrer Verwandten empor, die ihr beistimmend zunickte, dann sah sie wieder fragend den Doktor an. Frau Gretorex ist eine vermögliche Dame, erklärte dieser; wenn sie sich einer dieser kleinen vaterlosen Waisen annehmen will, so ist Ihr Kind wohl versorgt. Das arme Weib faltete die Hände: Ist es Ihr Ernst? rief sie. Wollen Sie – wünschen Sie – Ich will mich mit meinem Mann besprechen, war die Antwort der Dame, kleiden Sie die Kinder an, in einer Stunde komme ich wieder. – Sie kam und fand die Neugeborenen nebeneinander auf dem Bett der Mutter liegen. Die Dame betrachtete das reizende Bild mit Wohlgefallen; ihr Entschluß schien gefaßt. Ich will eine der Kleinen mitnehmen und als mein eigenes Kind erziehen, ihr meinen Namen geben, sie dereinst vielleicht zur Erbin meines Vermögens machen, aber nur unter der Bedingung, daß Sie alle Ihre Rechte aufgeben und an mich abtreten. Sie dürfen sich nicht weiter um ihr Schicksal kümmern, noch sich in ihre Angelegenheiten mischen. Mir, und mir allein muß sie angehören. Wollen Sie mir geloben, weder durch Wort noch Tat dem Kind oder sonst jemand gegenüber zu verraten, daß ich nicht seine Mutter bin? Sie müssen es mir feierlich schwören auf das Bibelbuch. Das arme von Schmerzen erschöpfte Weib stöhnte laut auf und drehte das Gesicht nach der Wand; ihre Finger tasteten jedoch krampfhaft nach der Bibel auf einem Bücherbrett neben dem Lager. Die Verwandte, Anna mit Namen, welche zugleich ihre Ratgeberin zu sein schien, legte ihr das heilige Buch in die zitternde Hand, die Frau küßte es und auch Anna leistete auf Verlangen der Dame den geforderten Eid. Nur der Arzt, der aus Neugier im Zimmer zurückgeblieben war, verweigerte den feierlichen Schwur, doch versprach auch er den Vorgang geheim zu halten. Nun ward zur Wahl des Kindes geschritten. Wie die Kleinen so nebeneinander lagen, konnte kein menschliches Auge den geringsten Unterschied zwischen ihnen entdecken; aber die Dame griff ohne Besinnen über das ihr zunächst liegende Kind hinweg nach dem zweiten, wahrscheinlich weil sie glaubte, man habe das andere für sie bestimmt. Die kleine, ungewohnte Last an sich drückend verließ sie eilig das Zimmer; nur die leichte Einbuchtung im Kissen blieb als einzige Spur von dem verschwundenen Mägdlein zurück.

Ein tiefer Seufzer Kamerons unterbrach den Erzähler. Alle Zärtlichkeit für sein Weib, dessen Kinderköpfchen dort auf dem Kissen geruht hatte, schien ihm zum Herzen zu strömen; fast vergaß er darüber die traurige Wirklichkeit.

So wurden die Schwestern voneinander getrennt, fuhr Gryce fort. Schon am nächsten Morgen verließ das Ehepaar Gretorex mit der Dienerin, die sie bei sich hatten, und dem Kinde die kleine Stadt. Frau Farley, durch ihre Armut im Westen zurückgehalten, erfuhr zehn Jahre lang nichts von der Tochter, welche sie weggegeben hatte. Dann aber ward durch ein unbedachtes Wort jener Verwandten die schlummernde Mutterliebe aufs neue in ihr erweckt. Ohne die Folgen zu bedenken, nur dem Verlangen ihres Herzens nachgebend, siedelte sie mit ihrer kleinen Mildred nach Neuyork über. Sie mietete sich in der Bleeckerstraße ein, den alten Kampf ums Dasein fortsetzend, aber unter weit ungünstigeren Bedingungen. In der früheren Heimat hatte man sie geschätzt und wegen ihres Unglücks bedauert; hier war sie allen Menschen fremd. Allein das Bewußtsein, sich in der Nähe des Kindes zu befinden, von welchem sie sich einst getrennt hatte, half ihr über alle Entbehrungen hinweg. Es ward ihr auch leichter, für die Erziehung der kleinen Mildred zu sorgen, die schon früh gute Geistesgaben zeigte und mit der Zeit ihr Trost und ihre Stütze zu werden versprach. Wann Frau Farley ihr verlorenes Kind zum erstenmal wiedersah, habe ich nicht in Erfahrung bringen können. Ueberhaupt sind meine Nachrichten in dieser Beziehung nur dürftig. Aus ihren Briefen an die Verwandte geht hervor, daß sie unbefriedigt war und sich in Sehnsucht nach der Tochter verzehrte. Sie muß ihr zu wiederholten Malen begegnet sein, zuweilen auch, wenn sie allein war; die Versuchung, sie anzureden, ist wohl groß gewesen, doch liegt kein Beweis vor, daß sie ihren Schwur damals gebrochen hat. Oft unternahm sie den meilenweiten Gang nach dem Hause Gretorex, bloß um zu den Fenstern emporzuschauen, hinter welchen sie ihr Kind vermutete; einmal sah sie es gerade vor der Tür in den Wagen steigen. Der Anblick überwältigte sie dergestalt, daß sie stöhnend und händeringend dastand, bis die Vorübergehenden auf sie aufmerksam wurden und sich neugierig nach ihr umschauten. Da überkam sie die Angst, und sie floh eilends nach Hause.

Inzwischen hatte sich Mildred körperlich und geistig immer erfreulicher entfaltet, aber dies genügte der Mutter nicht. Sie liebte sie zwar, sie brauchte ihre Hilfe und verdankte ihr später sogar gänzlich ihren Unterhalt; ihr innigstes Denken und Fühlen aber galt der vornehmen Genofeva, die sie gleichgültig und mit stolzer Miene an sich vorüberschreiten sehen mußte. Sie in ihrer Nähe zu haben, von ihren Lippen das Wort »Mutter« zu vernehmen, dafür hatte sie willig ihr Lebensblut geopfert. – Als beide Mädchen herangewachsen waren, und die eine liebevoll und ohne zu murren Tag für Tag in mühseliger Arbeit jedes Bedürfnis der Mutter zu befriedigen stiebte, setzte diese trotz ihrer schwachen Kräfte und ihrer leidenden Gesundheit noch immer die langen Gänge durch die Stadt fort, bloß um die andere im Glanz der Pracht und des Reichtums zu sehen, der das arme Weib schier geblendet haben muß. Die außerordentliche Aehnlichkeit der Schwestern scheint der Grund gewesen zu sein, warum sie sich auf diesen Wegen niemals von Mildred begleiten ließ, selbst als ihre Schritte schon zu wanken begannen und sie sich häufig auf den Treppenstufen ausruhen mußte, um neue Kräfte zu sammeln. Ob Mildred das Geheimnis ihrer Mutter gekannt hat? werden Sie fragen. – Höchst wahrscheinlich. Es kommen in den Briefen Andeutungen vor, daß das weniger begünstigte Kind sich zuweilen dagegen aufgelehnt habe, daß ihrer Schwester nicht nur alle Glücksgüter, sondern auch alle Schätze der Liebe zufielen; doch scheint sie in ihrem Fleiß und der treuesten Pflege der Mutter nie nachgelassen zu haben. So kam denn endlich der Tag heran, der die vollständige Wandlung in ihrem Leben bewirken sollte, um schließlich auf noch unerklärte Weise zu dem Trauerspiel zu führen, das wir erlebt haben. Frau Farley brach ihren jahrelang gehaltenen Eid und gab sich Genofeva als ihre eigentliche Mutter zu erkennen. Mildred übernahm dabei die Rolle der Vermittlerin; sie suchte ihre Schwester unter dem Vorwand auf, sie um ihre Kundschaft zu bitten. Ueber die weiteren Ereignisse weiß ich wenig Verbürgtes. Nur ein Brief von Frau Farley ist noch vorhanden, der kurz vor ihrem Ende geschrieben, in abgerissenen Sätzen einer überschwenglichen Freude Ausdruck gibt, daß es ihr endlich vergönnt gewesen fei, ihre geliebte Genofeva ans Herz zu drücken. Bei der Zusammenkunft mit der jungen Näherin, von welcher uns Frau Kameron berichtet hat, wird jene ihr die erstaunliche Mitteilung gemacht haben, welche das vornehme Fräulein bald darauf an das Bett der armen Kranken führte. Im Hause der Frau Olney erinnert man sich noch daran, wie eines Tages eine feingekleidete, dichtverschleierte Dame im Wagen vorfuhr und sich geradeswegs in Frau Farleys Zimmer hinaufbegab unter dem Vorwand, sich ein Kleid anmessen zu lassen. Sie verweilte dort mehrere Stunden, so daß ihr Besuch große Verwunderung erregte. Noch mehrmals während Frau Farleys Krankheit und einmal nach ihrem Tode fuhr der Wagen am Hause vor, aber immer nur auf kurze Zeit. Das müßige Gerede darüber verstummte jedoch allmählich, da die Neugier keine Befriedigung fand.

Der Detektiv schwieg; sein Bericht war offenbar zu Ende. Kameron raffte sich zusammen, sah den Erzähler an und fragte mit seltsamer Betonung:

Wissen Sie, ob sie bei den Besuchen, die sie ihrer Mutter machte, je mit Doktor Molesworth zusammengetroffen ist?

Das war ein ganz neuer Gesichtspunkt. Gryce blickte überrascht auf.

Wir sind noch nicht am Ende unserer Forschungen, sagte er nachdenklich.

Also selbst die Entdeckung, daß meine Frau die Schwester des Mädchens war, das in ihrem Zimmer starb, genügt Ihnen nicht als Beweis, daß sie an ihrem Tode unschuldig ist? fragte Kameron leidenschaftlich.

Ihr Selbstmord erscheint dadurch etwas weniger unwahrscheinlich, entgegnete Gryce; die Schwester konnte eher mit dem Inhalt von Fräulein Gretorex' Schmuckkasten bekannt sein, als die arme Näherin. Aber –

Vollkommen befriedigt find Sie doch nicht, fiel der Doktor ein, wie leicht sich auch der Selbstmord erklären läßt und wie schwer es ist, einen Beweggrund für den Mord zu finden.

Ich wäre nur zu froh, wenn mir jeder Zweifel genommen würde, schon damit ich Sie aus dieser peinlichen Lage befreien könnte. Um Ihnen dies zu beweisen, bin ich bereit, den Fall im einzelnen mit Ihnen durchzusprechen. Halten Sie zum Beispiel die Angst, welche das Haar Ihrer Gattin in einer Nacht gebleicht hat und sie bei dem Verhör bewußtlos zu Boden sinken ließ, dadurch genügend erklärt, daß sie fürchtete, Sie könnten die wahren Familienverhältnisse erfahren?

Der Doktor schwieg, Gryce aber fuhr mit beinahe väterlichem Tone fort: Ich habe bei Erfüllung der Pflichten meines Berufs die Frauen in den verschiedensten Lebenslagen kennen gelernt, habe sie in jeder Gemütsbewegung, in Liebe, in Haß, in Jubel und Verzweiflung gesehen. Sie können bei ihrer leicht beweglichen Natur sich lange verstellen, viel verheimlichen, viel ertragen – unterliegen tun sie erst, wenn sie kein Mittel mehr sehen, ein furchtbares Geheimnis ihres Innern auch ferner in ihrer Brust zu verschließen. Daß Ihre Frau ein solches Geheimnis bewahrt, ist meine Ueberzeugung. Bis ich nicht weiß, ob es damit eine andere Bewandtnis hat, kann ich nur annehmen, daß sie – ob mit oder ohne Absicht – Mildred Farley das Leben genommen hat.

Es ist möglich, daß der Detektiv mit diesen Worten nur den Zweck verband, Kamerons innerste Gedanken zu erfahren. Wenn dem so war, gelang ihm seine Absicht jedenfalls vollkommen.

Der Doktor fuhr unwillkürlich zusammen und rief mit Heftigkeit: So mögen Sie's denn erfahren, und wenn ich darüber auch den letzten Rest von Stolz opfern muß, der mir noch übrig geblieben war. Ich würde sie retten, gälte es auch mein Leben. Um sie zu retten will ich ihr Geheimnis offenbaren.

Sprechen Sie! entgegnete der Detektiv, und seien Sie überzeugt, daß außer mir niemand als der Inspektor darum wissen soll, wenn wir nicht durch die Geheimhaltung unsere Pflicht verletzen.

Kameron warf ihm einen langen Blick zu und sagte mit Nachdruck: Wissen Sie, warum das Mädchen, welches wir durch den Vorhang im C-Hotel beobachteten, meiner Frau so wunderbar ähnlich sah, daß wir eine Täuschung für ganz ausgeschlossen hielten?

Gryce lächelte. Ich habe es Ihnen ja eben mitgeteilt.

Es war Mildred Farley, die Zwillingsschwester Ihrer Frau, die ihr so sehr glich, daß –

Sie irren sich, unterbrach ihn Kameron. Es war nicht Mildred Farley, die wir sahen, es war Genofeva Gretorex selbst, meine Braut, jetzt meine Frau.


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