Leopold Friedrich Günther von Göckingk
Lieder zweier Liebenden
Leopold Friedrich Günther von Göckingk

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Lied eines Invaliden

        Ihr guten Leute, hört mich an!
Ich bin ein alter Kriegesmann,
Zerhauen und zerschossen!
Wär was Gesundes, außer Bauch
Und Maul, an mir: Wohl wär ich auch
Zur Arbeit unverdrossen.

Doch schaut! Mir armem Grenadier
Sind, leider! die drei Dinger hier
Bei Torgau weggehauen,
Und kann nun drüber, daß ich muß
So müßig gehn, mich aus Verdruß
Nicht mal im Kopfe krauen.

Und als ich drauf mich bückte, um
Die Finger von der Erde zum
Wahrzeichen aufzuheben,
Da fuhr mir eine Kugel, just
Hier oben, durch die linke Brust,
Kaum fingerbreit vom Leben.

Nun hat der Feldscher zwar geschickt
Mich wieder so zurechtgeflickt,
Doch ohne mein Verlangen.
Was nun zu tun? Was fang ich an?
Gebettelt, alter Kriegesmann!
Wo nicht? dich aufgehangen!

So fragt denn euren Herrn Pastor,
Ihr Leut, ob der will stehn davor,
Daß ich mich, ohne Schaden
An meiner Seele, hangen kann:
Gleich hängt der alte Kriegesmann
Am nächsten Bäckerladen.

Doch steht mir der dafür nicht ein,
Und muß es denn gebettelt sein,
So gebt mir ohne Murren,
Was ihr mir geben wollt; denn ich,
Wenngleich ein Krüppel, lasse mich
Von niemand lange purren.

 


 


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