Leopold Friedrich Günther von Göckingk
Lieder zweier Liebenden
Leopold Friedrich Günther von Göckingk

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Bitte an den Frühling

        Komm, o Frühling, aber doch
Nicht just meinetwillen;
Denn zum Glücke fang ich noch
Keinen Schwarm von Grillen.
Aber sieh! wie bleich und stumm
Amarant dort sitzet,
Und den Mund zu einem Hum
So verdrießlich spitzet!

Seine blauen Augen sind,
Wie der Himmel, trübe;
Ja, ich glaube, daß er blind
Sich noch läs und schriebe,
Wenn du länger, holder Mai,
In dem Walde schliefest,
Und nicht bald mit der Schalmei
In das Feld ihn riefest.

Seine Tinte will ich dann
In das Wasser gießen,
Seine Bücher, unter Bann,
In den Kasten schließen.
Unbekümmert, was ein Schwarm
Siecher Weisen schreibet,
Lern er hier in meinem Arm,
Wer gesunder bleibet.

Goldne Sonne, Himmelskind
Wolltest du erwachen,
O wie würd er nicht geschwind
Schon im Märze lachen!
Ach! zum Opfer wollt ich dir
Zwei Kalender weihen,
Die, mit dunklem Wetter, schier
Noch acht Tage dräuen.

 


 


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