Leopold Friedrich Günther von Göckingk
Lieder zweier Liebenden
Leopold Friedrich Günther von Göckingk

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Unmöglicher Besuch

        Könnt ich mich zum Raben machen,
Über Flüsse, Berg und Tal
Flög ich täglich zwanzigmal,
Rief' an deinem Fenster leise:
Ich bin da, mein Amarant!
Und von meiner schnellen Reise
Ruht ich aus in deiner Hand.

Könnt ich mich zum Rehe machen,
Durch die Saaten, durch den Wald
Lief' ich täglich, ach! wie bald!
Über deine Gartenhecken
Spräng ich, hops! mit einem Sprung,
Und wie wollt ich dann dich necken
Unter der Verwandelung!

Könnt ich mich zum Karpfen machen,
Mit der Elbe flöß ich dann
Täglich bin zu dir, o Mann!
Aus dem Wasser spräng am Ende
Meiner Fahrt ich hoch herauf,
Und mich fischten deine Hände
An dem Ufer glücklich auf.

Aber, wünsch ich armes Mädchen
Noch so viel mich hin zu dir:
Dennoch bleib ich immer hier.
Nicht drei Schritte kann ich gehen,
Daß nicht jeder frägt: Wohin?
Wollt nur, daß man nicht kann sehen,
Wo ich mit dem Geiste bin.

 


 


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