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XVIII

ENDGÜLTIGER UNTERGANG DES HEIDENTUMS · BEGINN DER RELIQUIEN- UND HEILIGENVEREHRUNG UNTER DEN CHRISTEN

 

UNTERGANG DES HEIDENTUMS · A.D. 378-395

Der Untergang des Heidentums in der Ära des Theodosius ist vermutlich das einzige Beispiel für das vollständige Verschwinden eines althergebrachten und weitverbreiteten Aberglaubens; man darf daher diesen Vorgang als einmalig für die Geschichte der Menschheit ansehen. Die Christenmenschen und insbesondere ihr Klerus hatten nur mit Ungeduld Constantins kluges Hinhalten und die Toleranz des älteren Valentinian mitgetragen; auch konnten sie sich ihres endgültigen Sieges keineswegs sicher sein, solange man ihren Gegnern noch erlaubte zu leben. Der Einfluss, den Ambrosius und seine Glaubensbrüder über den unmündigen Gratian und den frömmelnden Theodosius ausübten, wurde dazu benutzt, um in die Seelen ihrer königlichen Proselyten den Geist der Verfolgung zu träufeln.

Aus zwei verschiedenen Grundsätzen religiöser Rechtswissenschaft leiteten sie unmittelbar und unnachsichtig die Handhabe gegen alle diejenigen ab, die nach wie vor die Götter ihrer Väter anbeteten: dass nämlich die Magistrate in gewissem Umfange an den Verbrechen mitschuldig seien, die zu bestrafen oder wenigstens zu verfolgen sie verabsäumt hätten; und dass zum Zweiten die Verehrung irgendwelcher Fabel-Gottheiten oder tatsächlich existierender Dämonen das scheußlichste Verbrechen gegen die höchste Majestät des Weltschöpfers darstelle. Der Klerus übertrug die mosaischen Gesetze und Beispiele aus der jüdischen Geschichte Ambrosius (De Obitu Theodosii, Opera, Band 2, p. 1268) rühmt nachdrücklich Josuas Eifer bei der Auslöschung des Götzendienstes und empfiehlt dessen Nachahmung. Die Sprache des Julius Firmicius Maternus (De errore profanarum religionum, in Minucius Felix, Octavius p. 467) zu diesem Gegenstand ist von frömmelnder Unmenschlichkeit. »Nec filio iubet« (das mosaische Gesetz) »parci, nec fratri, et per amatam coniugem gladium vindicem ducit, &c.« [Es befiehlt, weder den Sohn zu schonen, noch den Bruder, und es führt das strafende Schwert sogar durch die geliebte Gattin]. eilig und wohl auch ohne richtiges Verständnis auf die milde Religion des Christentums. Bayle (Commentaire philosophique. Oevres diverses, Band 2, p. 406) rechtfertigt diese strengen Gesetze nur für Jehovas weltliche Herrschaft über die Juden. Eine löbliche Auslegung! Der Glaubenseifer der Kaiser wurde zu ihrer und der Gottheit Ehre mobilisiert, und sechzig Jahre nach der Bekehrung Constantins waren die Tempel der römischen Welt in den Staub gesunken.

 

LAGE DES HEIDENTUMS IN ROM

Angefangen bei Numa Pompilius bis zur Herrschaft des Gratian hat es in Rom ununterbrochen einen Priesterstand gegeben. Siehe die Übersicht über die römische Hierarchie bei Cicero (De legibus 2,7 und 8), Livius (1,20), Dionysius von Halikaenassos (2,64ff) Beaufort (Republique romaine, Bnad 1, p. 1-90) und Moyle (Works, Band 1, p. 10-55). Letzteres ist die Arbeit eines englischen Whigs und Kenners der römischen Antike. Fünfzehn pontifices übten die oberste Rechtsprechung in allen Fragen und über alle Personen, die mit dem Dienst an den Göttern befasst waren; und die unterschiedlichsten Fragen, welche bei so einem lockeren und auf Traditionen beruhenden Glaubenssystem auftreten mochten, wurden dem Urteil ihres heiligen Tribunales unterworfen. Fünfzehn würdige und gelehrte Auguren beobachteten den Himmel und leiteten aus dem Flug der Vögel ihre Vorschläge her. Fünfzehn Bewahrer der Sybillinischen Bücher (ihr Name quindecemviri leitete sich von ihrer Anzahl ab) kümmerten sich immer mal wieder um den Verlauf künftiger und scheinbar zufälliger Ereignisse. Sechs Vestalinnen weihten sich mit ihrer Jungfräulichkeit dem Schutz des Heiligen Feuers und dem unbekannten Unterpfand für Roms ewige Dauer; welches keinem Sterblichen ungestraft zu betrachten erlaubt war. Diese geheimnisvollen und vielleicht sogar nur ausgedachten Symbole haben zu allerlei Spekulationen und Konjekturen Anlass gegeben. Vermutlich war das Palladium eine kleine Minervastatue (drei und eine halbe Ellen hoch) mit Lanze und Rocken; gewöhnlich war sie in einem Gefäß ( seria) verborgen; ein ähnliches Gefäß stand daneben, um Neugierde oder Frevel zu erschweren. Siehe Méziriac, Commentaire sur le épitres d'Ovide, Band 1, p- 60-66 und Lipsius, De Vesta, c. 10, Band 3, p. 610). Sieben epulos bereiteten die Tafel für die Götter, führten festliche Prozessionen an und überwachten die Zeremonien der jährlichen Feste. Die drei flamen von Jupiter, Mars und Quirinus waren die speziellen Priester dieser drei obersten Gottheiten, welche über Roms Schicksal und das Universum wachten. Der Opferkönig stellte die Person des Numa und seiner Nachfolger dar, denn ihre Aufgaben konnten nur von Königen ausgeübt werden. Die Brüderschaften der Salianer, der Luperkalen und andere übten Rituale aus, die einem verständigen Manne nur ein Lächeln der Verachtung entlocken mochten, hatten aber für sich selbst die lebendige Zuversicht, in der Gunst der Unsterblichen zu stehen.

In dem Ausmaß, in dem sich das Prinzipat etablierte und Rom als Machtzentrum an Bedeutung verlor, ging auch der Einfluss zurück, den die Priester vordem auf die Politik der Römischen Republik ausgeübt hatten. Immerhin bestand noch eine Art Ansehen von Gesetzes wegen und aus alter Gewohnheit; und so fuhren sie denn fort, und hier insbesondere die Pontifices, in der Hauptstadt und zuweilen auch in den Provinzen ihr religiöse und weltliche Jurisdiktion zu praktizieren. Purpurroben, Staatskarossen und üppiger Lebensstil waren Gegenstand volkstümlicher Bewunderung; und aus verpachtetem geweihtem Land und staatlicher Alimentation erhielten sie großzügigste Unterstützung, so dass sie leicht den Aufwand für ihr Amt und die Kosten für die Gottesdienste tragen konnten.

Und da der Altardienst sich durchaus mit einem Armeekommando vertrug, strebten die Römer im Anschluss an Konsulat und Triumphzug nach dem Amt eines Pontifex oder Auguren; den Platz eines Pompeius oder Cicero Cicero bekennt indirekt und auch ganz offen (Epistulae ad Atticum 15,4), dass das Amt eines Auguren das eigentliche Ziel seiner Wünsche sei. Plinius ist stolz, in Ciceros Spuren zu wandeln (Epustulae, 4,8); und diese Kette kann jetzt noch mit Geschichte und Inschriften belegt werden. hatten im vierten Jahrhundert die ehrbarsten Senatsmitglieder inne; und der Adel ihrer Geburt erhöhte seinerseits die Würde ihres priesterlichen Amtes. Die fünfzehn Priester aus dem Pontifikalkollegium hatten ein höheres Ansehen als die unmittelbare Umgebung des Kaisers; und selbst noch die christlichen Kaiser fanden sich mit der Robe und den Insignien ab, die dem Amt des obersten Pontifex angemessen waren. Als jedoch Gratian den Thron bestieg, wies er, bedenklicher oder aufgeklärter, mit Nachdruck diese irdischen Markierungen von sich; Zosimos 4,36. Ich habe mir das alberne Wortspiel mit dem Pontifex und Maximus untersagt. ließ die Unterhaltskosten für Priester und Vestalinnen dem Staat oder der Kirche zukommen; hob ihre Ehrenstellung und Immunität auf; und wickelte die Firma für römischen Aberglauben ab, die Brauchtum und Denkungsart elfhundert Jahre lang unterstützt hatten.

Dennoch blieb das Heidentum die konstituierende Religion des Senates. Die Halle, oder den Tempel, in welchem sie sich versammelten, schmückten eine Statue und einen Altar der Göttin Victoria; Diese Statue wurde von Tarent nach Rom verbracht, von Caesar in der Curia Iulia aufgestellt und von Augustus mit ägyptischen Beutestücken ausgeschmückt. eine herrliches Frauenbildnis auf einer Erdkugel, mit fliegendem Gewand, ausgebreiteten Flügeln und einem Lorbeerkranz in der ausgestreckten Hand Prudentius (Contra Symmachum, zu Beginn des 2. Buches) hat ein sehr unbeholfenes Portrait der Victoria gezeichnet; der neugierige Leser wird bei Montfaucons Antiquité (Band 1, p. 341) besser bedient. Am Altar dieser Göttin schworen die Senatoren, die Gesetze des Kaisers und des Imperiums zu beobachten; und ein festliches Wein- und Brandopfer war für gewöhnlich die Ouvertüre zu ihren öffentlichen Beratungen. Siehe Sueton, Augustus 35 und das Exordium zum Panegyricus des Plinius.

Die Entfernung dieses alten Monumentes war der einzige Tort, den Constantin dem Aberglauben Roms angetan hatte. Julian ließ den Altar der Victoria wieder errichten, Valentinian duldete ihn zumindest, doch Gratians Fanatismus belegte ihn neuerlich mit einem Bannfluch. Diese Tatsachen werden von den beiden Verteidigern des Symmachus und Ambrosius zugegeben. Aber noch ließ er die Götterstatuen unbehelligt, welche Gegenstand der öffentlichen Anbetung waren; vierhundert und vierundzwanzig Tempel oder Kapellen blieben stehen und bedienten die religiösen Gefühle des Volkes; und so kränkte in jedem Stadtviertel Roms der Rauch götzendienerischer Opfer das christliche Feingefühl. Die Notitia Urbis, die aus der Zeit nach Constantin stammt, hält unter den Gebäuden der Stadt nicht eine einzige christliche Kirche auch nur für erwähnenswert. Ambrosius (Opera, Band 2, Epistulae 17) führt bittere Klage über die skandalösen Zustände in Rom, welche fortwährend die Augen, die Ohren und den Geruchssinn der Gläubigen beleidigten.

 

DER SENAT VERWENDET SICH FÜR DEN ALTAR DER VICTORIA

Aber die Christen waren im Senat zu Rom zahlenmäßig unterlegen; Ambrosius versichert allerdings, wiederholt und gegen alle Vernunft (Moyle, Works, Band 2, p.147), dass die Christen im Senat eine Mehrheit besaßen. und ihre Abwesenheit war das einzige Mittel, wie sie ihre von der gesetzlichen, aber heidnischen Majorität abweichende Meinung zum Ausdruck bringen. In dieser Versammlung waren die letzten ersterbenden Freiheitsfunken durch den Zugwind des Fanatismus unvermittelt neu belebt und entflammt worden. Vier ehrachtbare Deputationen wurden nacheinander bestimmt, beim kaiserlichen Hofe Die erste (A.D. 382) sollte bei Gratian vorstellig werden, aber die Audienz wurde ihnen verweigert. Die zweite (A.D.384) ging an Valentinian, als der Streit zwischen Symmachus und Ambrosius ausgetragen wurde. Die dritte (A.D. 388) an Theodosius; und die vierte (A.D. 391) an Valentinian. Lardner stellt den ganzen Vorgang unparteiisch dar. (Heathen testimonies, Band 4, p. 372-399). vorzusprechen und den Beschwerden der Priesterschaft und des Senates zu Gehör zu verschaffen sowie die Erlaubnis einzuholen, den Victoria-Altar wieder errichten zu dürfen. Wortführer in dieser wichtigen Angelegenheit war der eloquente Symmachus. Symmachus, der mit allen bürgerlichen und hieratischen Ehren angetan war, stellt den Kaiser in der Eigenschaft als Pontifex Maximus und Princeps Senatus vor. Vergleiche hierzu auch die stolze Überschrift, die seinen Schriften vorangeht. ein wohlhabender Senator von Adel, welcher in seiner Person die sakralen Ämter des Pontifex und Auguren mit dem bürgerlichen Würden eines Prokonsul von Afrika und eines Stadtpräfekten vereinte. Symmachus war belebt von den wärmsten Empfindungen für die Sache des untergehenden Heidentums; sogar seine religiösen Gegner beklagten die Verschwendung von so viel Geist für die falsche Sache und die Wirkungslosigkeit seiner moralischen Tugenden. Als ob jemand, so Prudentius (Symmachus, 1,639), mit einer goldenen oder elfenbeinernen Schaufel im Schlamm wühlte. Selbst Heilige, polemische gar, behandeln diesen ihren Gegner mit Respekt und Anstand.

Der Redner, dessen Bittschrift an den Kaiser überliefert ist, war sich durchaus bewusst, wie heikel und gefährlich die Mission war, die er da übernommen hatte. So vermeidet er mit vieler Umsicht jede Redensart, aus der sich ein Bezug zu der Religion seines Kaisers ableiten ließe; bekennt demütig, dass seine einzigen Waffen Bitten und Gesuche seien; und bezieht seine Argumente höchst feinsinnig aus der Schule der Redekunst und nicht der Philosophie. Dann unternimmt Symmachus den Versuch, die Phantasie des jugendlichen Herrschers zu verführen und ihm die Attribute der Siegesgöttin vorzustellen; er lässt durchblicken, dass die Beschlagnahme der Einkünfte, die für den Dienst an den Göttern bestimmt waren, eine Maßnahme gewesen sei, unwürdig seines liberalen und unparteiischen Charakters; und, so fährt er fort, es würden die Opfer Roms an die Götter ihrer Wirkung und Durchschlagskraft verlustig gehen, wenn sie nicht auch weiterhin auf Kosten und im Namen des Staates erfolgten. Selbst die Skepsis sei bisweilen genötigt, sich für den Aberglauben zu verwenden. Das große und unfassbare Geheimnis des Universums spotte der Vernunft. Wo der Menschenwitz abdanken müsse, könne bisweilen das Brauchtum die Führerschaft übernehmen; und jede Nation, die die Vorgaben der Vernunft gelten lasse, scheine dabei dennoch eine gläubige Anhänglichkeit an jene Rituale und Meinungen zu bewahren, welche durch ihr Alter geheiligt seien. Wenn jene Zeiten durch Ruhm und Wohlstand gekrönt waren; wenn das Volk oft genug an jenen Segnungen teil gehabt hatte, um die es an den Altären der Götter flehte; dann sei es nur umso mehr geboten, diese heilsamen Praxis auch weiterhin zu beobachten; und nicht etwa jene unbekannten Übel zu riskieren, die im Gefolge jedweder überstürzten Neuerung aufzutreten pflege. Die Religion des Numa habe sich in diesem Sinne unvergleichlich bewährt; und die Göttin Roma selbst, der himmlische Genius der Stadt, wird an dieser Stelle von dem Redner eingeführt, um ihre eigene Sache vor dem kaiserlichen Richterstuhl zu vertreten:

»Ihr erhabensten Herrscher« so die ehrbare Matrone, »Väter eures Landes! Mitleid und Respekt meinem Alter, welches bis dahin in einem ununterbrochenen Strom der Frömmigkeit dahingefahren war. Da ich keine Reue empfinde, gestattet mir, nach meiner gewohnten Übung fortzufahren. Da ich frei geboren bin, erlaubt mir, meiner hergebrachten Gerechtsame zu genießen. Diese Religion hat die Welt unter meine Gewalt gezwungen. Diese Riten haben Hannibal von der Stadt zurückgeworfen und die Gallier vom Capitol. Sollen meine ergrauten Haare nun solche unerträgliche Undankbarkeit erleiden? Ich kenne das neue System nicht, das ich anzunehmen genötigt werde; aber des bin ich gewiss, dass eine Veränderung des Althergebrachten immer ein herzloses und schandbares Unterfangen ist.« Vergleiche hierzu den 54. Brief im 10. Buch des Symmachus. In Form und Anlage ahmt es den jüngeren Plinius nach; dessen üppigen und blumenreichen Stil er imitierte und nach Auffassung seiner Freunde erreichte oder sogar übertraf (Macrobius, Saturnalis 5,1). Aber Symmachus ausufernde Sprache enthält viel leeres Stroh, ist ohne rechte Frucht und ohne Anmut. In seiner geschwätzigen Korrespondenz finden sich nur wenige Tatsachen und eigene Gedanken. Das Volk ergänzte in seiner Angst das, worüber der Redner in seiner Höflichkeit Stillschweigen beobachtet hatte; und die Kalamitäten, die dem niedersinkenden Reich zusetzten, wurden von den Heiden einhellig dieser neuen Christus-Religion Constantins zugeschrieben.

 

ROMS ÜBERTRITT ZUM CHRISTENTUM · A.D. 388

Aber die Hoffnungen des Symmachus gingen wiederholt am hartnäckigen und durchtriebenen Widerstand des Erzbischofs von Mailand zuschanden; welcher den Herrscher gegen die schlingenreiche Beredsamkeit des Advokaten Roms wappnete. In dieser Auseinandersetzung gebärdet Ambrosius sich als Philosoph und fragt nicht ohne Ironie, warum man denn unbedingt eine gedachte und unsichtbare Macht einführen solle, wenn als hinreichende Ursache für die zahlreichen Siege Roms die Schlagkraft und Disziplin der Legionen ausgemacht sei? Zu Recht verlacht er die Ehrfurcht vor der Vergangenheit, die jetzt doch allenfalls dem Fortschritt der Künste hinderlich sei und die Menschheit in den Zustand der Barbarei zurückwerfen müsse. Von hier aus schwingt er sich allgemach in die dünnere Luft der theologischen Argumentation empor und betont, dass allein das Christentum die Lehre des Heils und der Erlösung sei und dass jede Form des Polytheismus seine betrogenen Anhänger auf dem Pfade der Verblendung notwendig in den Abgrund ewiger Verdammnis führe. Siehe Ambrosius (Epistulae 17 und 18). Der erste dieser Briefe ist nur eine kurze Warnung, der zweite eine offizielle Antwort auf die Petition (oder libellus) des Symmachus. Dieselben Ideen werden bilderreicher ausgeführt in der Dichtung -wenn der Ausdruck in diesem Zusammenhang erlaubt ist- des Prudentius; welcher seine beiden Bücher gegen Symmachus noch zu Lebzeiten (A.D. 404) des Senators abfasste. Wunderlich genug ist es ja, dass Montesquieu (Considération 19. Oeuvres, Band 3, p. 487) die beiden bekennenden Gegner des Symmachus übersehen hat; und sich damit begnügt hat, sich weitschweifig über die abgelegenen und nur indirekten Angriffe des Orosius, Augustinus und Salvianus auszulassen.

Argumente dieser Art hätten, von einem einflussreichen Bischof vorgetragen, bereits Durchschlagskraft genug, um die Neuerrichtung des Victoria-Altars zu verhindern; aber aus dem Munde eines Siegers wohnte ihnen erheblich mehr Wirksamkeit inne; und im Triumph wurden die Götter der Alten fortgeführt, an die Wagenräder des Theodosius gekettet. Siehe Prudentius (Contra Symmachum 1,545ff). Der Christ stimmt mit dem Heiden Zosimos (4,59) darin überein, den Besuch des Theodosius nach dem zweiten Bürgerkrieg anzusetzen. Allerdings passen Zeit und Umstände besser zu seinem ersten Triumph. In einer Vollversammlung des Senates stellte der Kaiser, ganz in Übereinstimmung mit republikanischen Gepflogenheiten die Frage, ob die Römer zukünftig Jupiter oder Christus anbeten sollten? Die Freiheit der Abstimmung, die zuzugestehen er nicht verfehlte, wurde zur Farce infolge der Furcht und der Hoffnungen, die er durch seine schiere Gegenwart erregte; und das gesetzeswidrig verhängte Exil des Symmachus war ein deutlicher Wink, dass es gefährlich sein könnte, zu löcken wider den Herzenswunsch des Kaisers.

In namentlicher Abstimmung des Senates und durch großen Mehrheitsbeschluss ward Jupiter also abgesetzt; und eigentlich überrascht es, dass sich überhaupt noch ein paar furctlose Senatoren fanden, durch Wort und Stimme zu bekunden, dass sie für die Sache der untergegangenen Gottheit einständen. Nachdem Prudentius gezeigt hat, dass die Senatsmeinung durch die vorgeschriebene Mehrheit festgestellt wurde, fährt er fort (Contra Symmacum 1,608): »Adspice quam pleno subsellia nostra Senatu Decernant infame Jovis pulvinar, et omne Idolum longe purgata ex urbe fugandum. Qua vocat egregii sententia Principis, illuc Libera, tum pedibus, tum corde, frequentia transit.« [Siehe, wie im vollbesetzten Senat unsere Bänke beschließen, dass das ruchlose Podest des Jupiter und alle anderen Götzenbilder aus der gereinigten Stadt fliehen sollen. Wohin der Wille des erhabenen Kaisers ruft, dahin geht die Masse, zu Fuß, aber noch mehr mit dem Herzen]. Zosimos attestiert den versammelten Senatoren einen heidnischen Mut, den man in Wahrheit nur bei wenigen von ihnen fand. Das eilfertige Konvertieren der Senatoren müssen wir entweder übernatürlichen oder niederen Motiven zuschreiben; denn viele dieser widerstrebenden Proselyten bekannten bei jeder sich bietenden Gelegenheit ihre heimliche Neigung, die trübselige Maske der Verstellung abzulegen. Aber sie klammerten sich an die neue Religion, je hoffnungsloser es um die alte stand; sie ergaben sich der Autorität des Kaisers, der aktuellen Modeströmung und dem Drängen ihrer Weiber und Kinder, Hieronymis weist hier ausdrücklich auf den Oberpriester Albinus hin, der mit einer so großen Schar von gläubigen Kindern und Enkeln gesegnet war, dass es gereicht hätte, selbst Jupiter zu bekehren - ein prächtiger Proselyt!, auf die Roms allmächtiger Klerus und die Mönche des Ostens erfolgreich einwirkten.

Dem erbaulichen Vorbild der Familie der Anicier ward schon bald vom Rest der Nobilität nachgeeifert: so nahmen die Bassi, die Paullini, die Gracchi den christlichen Glauben an; und »die Lichter der Welt, die ehrwürdige Versammlung von Catonen (so die pompösen Wendungen des Prudentius) waren ungeduldig, sich ihrer pontifikalen Roben zu entledigen: die alte Schlangenhaut abzustreifen; die schneeweißen Kleider der durch die Taufe erwirkten Unschuld anzulegen; und vor den Gräbern der Märtyrer den Hochmut der konsularischen fasces zu demütigen.« »Exsultare Patres videas, pulcherrima mundi Lumina; Conciliumque senum gestire Catonum Candidiore toga niveum pietatis amictum Sumere; et exuvias deponere pontificales.« [Du siehst die Senatoren jauchzen, die hellsten Leuchten der Welt; und wie die Versammlung der alten Catonen wünscht, trotz ihrer strahlenderen Toga das schneeweiße Gewand der Frömmigkeit aufzuheben und die pontifikalen Gewänder abzulegen]. Der Sieg hat Prudentius' Phantasie erhitzt und beflügelt. Die Bürger, die sich aus eigener Kraft ernährten und das Volk, das von öffentlichen Schenkungen lebte, füllten die Kirchen des Lateran und des Vatikan als ein anschwellender Strom demütiger Proselyten. Die Senatsbeschlüsse, welche die Anbetung von Götzenbildern untersagte, fanden unter den Stadtrömern allgemeine Zustimmung; Da er die Bekehrung von Senat und Volk beschrieben hatte, fragt Prudentius, nicht ohne Zuversicht und Berechtigung: »Et dubitamus adhuc Romam, tibi, Christe, dicatam In leges transisse tuas?« [Und können wir noch zweifeln, dass Rom, nun es dir geweiht ist, Christus, zu deinen Gesetzen übergetreten ist?] der Glanz des Capitol ward getilgt, und die verwaisten Tempel überließ man dem allmählichen Zerfall. Hieronymus frohlockt nachgerade über die Ödnis des Capitols und anderer hauptstädtischer Tempel. Opera Band 1, p. 54 und Band 2, p. 95. Rom unterwarf sich dem Joch der Evangelien; doch die besiegten Provinzen hatten den Respekt vor Roms Namen und Autorität noch lange nicht abgelegt.

 

ZERSTÖRUNG DER TEMPEL IN DEN PROVINZEN A.D. 381

Kindliche Frömmigkeit bestimmte die Herrscher, vorsichtig und mit der gebotenen Herzensgüte die Umgestaltung der Ewigen Stadt fortzusetzen. Auf die Vorurteile der Provinzialen nahmen diese absoluten Monarchen weniger Rücksicht. Das fromme Vorhaben, seit Constantins Libanius (Oratio pro Templis, p. 10, Genf 1634, ed. Jacobus Gothofredus, jetzt äußerst selten!) beschuldigt Valentinian und Valens, dass sie das Opfern untersagt hätten. Sicherlich hat der Kaiser des Ostens ein paar spezielle Erlasse herausgegeben; aber die Vorstellung von einem allgemeingültigen Gesetz wird widerlegt durch das Stillschweigen der Gesetzessammlungen und die Kirchenhistorie. Tod für fast zwanzig Jahre ausgesetzt, nahm Theodosius mit erneuertem Eifer wieder auf und vollendete schließlich alles aufs Glücklichste. Noch während dieser kampfesfreudige Herrscher mit den Goten im Kriege lag -und zwar nicht um des Ruhmes, sondern um der Sicherheit des Reiches willen- riskierte er es, einen großen Teil seiner Untertanen vor den Kopf zu stoßen, indem er einiges in die Wege leitete, was ihm zwar himmlischen Beistand einzubringen geeignet war, nach den Maßstäben menschlicher Vernunft aber überhastet und töricht genannt werden musste.

Die Erfolge seiner ersten Versuche gegen die Heiden machten dem frommen Herrscher Mut zu ferneren Erlassen und Verboten; dieselben Gesetze, die ursprünglich nur für den Osten gegolten hatten, wurden nach der Niederlage des Maximus auch auf die Westhälfte des Reiches ausgedehnt; und so wurde jeder Sieg des rechtgläubigen Theodosius auch zu einem Sieg des christlichen Glaubens und des Katholizismus. Siehe seine Gesetze im Codex Theodosianus 16,10,7-11. Er bekämpfte den Aberglauben dort, wo er am empfindlichsten war: er verbot die Opfer und erklärte sie zu Verbrechen und Gottlosigkeit; und wenn er in seinen Erlassen hauptsächlich die gotteslästerliche Neugierde verdammt, die Eingeweide der Opfertiere zu untersuchen, Bei Homer wird noch ohne nachfolgende Eingeweideschau geopfert (Siehe Feith, Antiquitates Homericae, Buch 1, c. 10 und 16). Die Etrusker, welche die ersten haruspices hervorbrachten, setzten sich hiermit bei den Römern und Griechen durch (Cicero, de divinatione). so zielten alle nachfolgenden Bestimmungen deutlich darauf ab, die allgemeine Praxis des Opfers für ebenso strafwürdig zu erklären, welche nun einmal ein essentieller Bestandteil der heidnischen Religion ist.

Da die Tempel zum Zwecke der Opferriten errichtet worden waren, so gehörte es zu den Pflichten eines wohlmeinenden Herrschers, seine Untertanen nicht der gefährlichen Versuchung auszusetzen, gegen die ihnen auferlegten Gesetze zu verstoßen. Der Reichspräfekt des Ostens, Cynegius, und nach ihm die comes Jovinus und Gaudentius, zwei ranghohe Würdenträger des Westens, wurden mit besonderen Vollmachten ausgestattet; welche es ihnen ermöglichte, Tempel zu schließen, die Werkzeuge des Aberglaubens zu zerstören, die Vorrechte der Priesterschaft aufzukündigen und das heilige Eigentum zu beschlagnahmen zu Nutz und Frommen des Kaisers, der Kirche und des Heeres. Zosimos, 4,37; Theodoretos, 5,21; Hydatius, Chronik; Prosper Tiro von Aquitanien 3,38 bei Baronius, Annales Ecclesiastici A.D. 389, No. 52.- Libanios, Oratio pro Templis, p. 10 bemüht sich um den Nachweis, dass Theodosius hierzu keine unmittelbaren und ausdrücklichen Befehle erlassen habe. Hier nun hätte man mit dem Verheeren aufhören und die nackten Gebäude, die keinem götzendienerischen Zwecke mehr dienten, vor der Zerstörungswut des Fanatismus retten können. Viele dieser Gebäude gehörten zum Schönsten, was griechische Architektur jemals hervorgebracht hatte: und auch der Kaiser war nicht daran gelegen, seine Städte veröden zu lassen und den Wert seines eigenen Besitzes zu mindern.

So hätten diese stolzen Gebäude stehen bleiben können als ein immerwährendes Denkmal für den Sieg Christi. Und im Zeitalter der untergehenden Künste hätten sie sogar auf nutzbringende Weise in Magazine, Manufakturen oder öffentliche Versammlungsorte umgewandelt werden können; und vielleicht hätte man sogar in den Gebäuden nach gehöriger Säuberung durch heilwirkende Rituale den wahren Gott anbeten können, um die alte Schuld der Götzenanbetung endgültig zu tilgen. Indessen, solange es noch Heiden gab, hofften sie insgeheim und inbrünstig darauf, dass irgendeine glückverheißende Umwälzung, ein zweiter Julian die Altäre der alten Gottheiten wieder aufrichten möchte; und der Nachdruck, mit der sie unverdrossen ihre Sache vor dem Thron Codex Theodosianus 16,19,8 und 18. Man hat Grund zu der Annahme, dass der Tempel zu Edessa, den Theodosius für zivile Zwecke erhalten wollte, kurze Zeit später nur noch ein Trümmerhaufen war. Libanios, Oratio pro Templis, p. 26f und die Anmerkungen Grothofreds, p. 59. vertraten, stachelte wiederum die christlichen Eiferer auf, ohne Gnade die Wurzeln des Aberglaubens zu tilgen. Die kaiserlichen Gesetze lassen Ansätze zur Milde erkennen; Siehe hierzu die aufschlussreiche Rede ›Pro Templis‹ des Libanios, die er um 390 hielt oder vielmehr niederschrieb. Ich habe Dr. Lardners Übersetzung nebst Anmerkungen konsultiert. Heathen Testimonies, Band 4, p.135-162. aber dieses Bemühen war nur kalt und lässig und reichte nicht hin, den Strom von Fanatismus und Zorn einzudämmen, den die kirchlichen Führer beschworen hatten.

So marschierte in Gallien der Bischof von Tours, der Heilige Martin, Siehe die Vita Martins von Sulpicius Severus 9-14. Der Heilige hielt einmal irrtümlicherweise (das hätte auch Don Quichotte passieren können) eine harmlose Beerdigung für eine heidnische Prozession und bewirkte spontan ein Wunder. an der Spitze einer Schar von glaubensstarken Mönchen, um Götzenstandbilder, Tempel und geweihte Bäume in seiner großräumigen Diözese zu vernichten; und der nachdenkende Leser möge beurteilen, ob Martin bei der Ausführung seines heiklen Unternehmens von wunderwirkenden Mächten oder irdischen Waffen unterstützt wurde. In Syrien fasste der gottesselige, tadellose Marcellus Vergleiche Sozomenos (7,15) mit Theodoretos (5,21). Beide berichten vom Kreuzzug und Tod des Marcellus. (so nennt ihn jedenfalls Theodoretos), erfüllt mit apostolischem Eifer, den Beschluss, in seiner Diözese Apamea die Tempel der Heiden dem Erdboden gleich zu machen. Allerdings scheitere sein Angriff an der Handwerkskunst und der Solidität des Bauwerkes, die man einst für den Bau dieses Jupitertempels aufgewandt hatte. Das Gebäude lag auf einem Hügel; auf allen vier Seiten wurde das himmelanstrebende Dach durch fünfzehn massive Säulen unterstützt, die jeweils sechzehn Fuß Umfang hatten; und die gewaltigen Steine, aus denen sie gemacht waren, waren durch Blei und Eisenklammern fest miteinander verzahnt.

Vergeblich setzte man die schärfsten und stärksten Werkzeuge ein. Man befand es deshalb für nötig, die Fundamente des Tempels zu untergraben, die dann auch in dem Moment einstürzten, als die provisorischen Holzstützen vom Feuer verzehrt worden waren; die Schwierigkeiten dieses Unternehmens schrieb man der Einwirkung eines schwarzen Dämonen zu, welcher die Maßnahmen der christlichen Ingenieure zwar erschweren, aber eben doch nicht unmöglich machen konnte. Vom Siege trunken nahm Marcellus sich der verbleibenden Mächte der Finsternus nunmehr in eigener Person an; an der Spitze einer zahlreichen Truppe von Soldaten und Gladiatoren unter bischöflichem Banner nahm er sich nacheinander alle Dorf- und ländlichen Tempel der Diözese Apamea vor. War Widerstand oder sogar Gefahr zu gewärtigen, bezog der Glaubenskrieger, dem eine körperliche Behinderung weder Kampf noch Flucht gestattete, in sicherer Entfernung und außerhalb der Reichweite der Pfeile Stellung; dennoch überrumpelte und erschlug ihn ein Haufen aufgebrachter Bauern; und ohne Zögern erklärte die Diözesansynode Marcellus zum Heiligen, der sein Leben für die Sache Gottes dahingegeben habe.

Um diese Sache auch weiterhin zu fördern, zeichneten sich eifervolle und strebsame Mönche aus, welche in wilder Wut aus ihren Wüsten herbeigestürmt kamen. Viele hatten sich die Feindschaft der Heiden redlich verdient; und viele verdienten sich auch den Vorwurf der Habgier und der Völlerei: der Habgier, die sie durch heiliges Plündern befriedigten, und der Völlerei, welcher sie auf Kosten des Volkes oblagen, da es arglos genug war, die zerlumpten Gewänder, das laute Psalmodieren und ihre künstliche Blässe in aller Einfalt zu bewundern. Libanios (Oratio pro Templis, p. 10-13) schmäht und spottet über diese Schwarzröcke, die christlichen Mönche, welche mehr als Elephanten fraßen. Arme Elephanten! Sie sind maßvolle Tiere. Einige wenige Tempel konnten gerettet werden, weil die kirchlichen und zivilen Behörden ängstlich oder käuflich waren oder weil sie Kunstsinn und Verstand besaßen. Der Tempel der himmlischen Venus zu Karthago, deren geheiligter Bezirk zwei Meilen Umfang hatte, wurde in eine christliche Kirchen umgewidmet; Prosper Tiro von Aquitanien 3,38, bei Baronius, Annale Ecclesiastici, A.D. 389, Nr. 58ff. Eine Zeitlang war der Tempel geschlossen, und die Zuwege waren mit Brombeergebüsch überwuchert.; und eine ähnlich Konversion rettete das einmalig schöne Pantheon in Rom Donati, Roma vetus et recens, p. 468. Diese Weihe wurde von Papst Bonifacius IV vollzogen. Welche Glücksumstände das Pantheon noch zweihundert Jahre nach Theodosius überleben ließen, weiß ich allerdings nicht. vor Zerstörung. Aber in fast allen Provinzen der römischen Welt drang eine Armee von Fanatikern ohne Auftrag und völlig willkürlich auf die friedlichen Einwohner ein; und der Untergang der schönsten Werke des Altertums führt noch heute die sinnlose Gewalt jener Barbaren vor Augen, die allein die Zeit und die Bereitschaft aufbrachten, solch mühseliges Zerstörungswerk zu vollenden.

 

DER SERAPISTEMPEL VON ALEXANDRIA

In diesem gewaltigen und vielfältigen Schauergemälde der allgemeinen Zerstörung mögen dem Zuschauer die Trümmer des Serapistempels von Alexandria besonders auffallen. Sophronios verfasste eine neuere und eigenständige Geschichte (Siehe Hieronymus in Scriptores Ecclesiastici, Band 1, p. 303), für die Sokrates (5,16), Theodoretos (5,22) und Rufinus (2,22) Materialien lieferten. Da aber der letztgenannte sich vor und nach dem Ereignis in Alexandria aufhielt, hat er die Glaubwürdigkeit des Augenzeugen für sich. Serapis war offensichtlich keine der eingeborenen Gottheiten oder Gespenster, welche Ägyptens fruchtbarer Boden hervorgebracht hatte. Gerard Vossius (Opera, Band 5, p. 80 und De idolatria 1,29) ist bestrebt, eine seltsame Feststellung der Väter zu bestätigen: dass der Patriarch Joseph in Ägypten als Apis-Stier und Gott Serapis angebetet wurde. Die ersten Könige aus dem Hause der Ptolemäer hatten im Traume Weisung empfangen, den geheimnisvollen Fremden von der Küste des Pontos einzuführen, wo die Bewohner von Sinope ihn schon seit langer Zeit verehrten; aber seine göttlichen Attribute und die Art seiner Herrschaft waren so unbegreiflich, dass man lange darüber debattierte, ob er den hellen Tag darstellte oder ob er ein finsterer König unterirdischer Regionen war. »Origo dei nondum nostris auctoribus celebrata, Aegyptiorum antistites 'sic' memorant, etc.« [Die Herkunft des Gottes ist von unseren Autoren noch nicht bekannt gemacht, die ägyptischen Priester berichten folgendes...] Tacitus Historiae. 4,83. Den Griechen, die nach Ägypten einwanderten, war die neue Gottheit ebenfalls unbekannt]. Die Ägypter, die der Religion ihrer Väter mit verbissener Hartnäckigkeit anhingen, weigerten sich, dieser ausländischen Gottheit Bleiberecht in ihren Städten zu gewähren. Macrobius, Saturnalia 1,7. Dies beweist eigentlich deutlich seine ausländische Herkunft. Aber die folgsamen Priester, die wohl auch die Freigebigkeit der Ptolemäer überzeugt hatte, unterwarfen sich ohne Murren der Gottheit vom Pontus; rasch war eine ehrbare und heimische Stammtafel erstellt; und der glückverwöhnte Eroberer fand auch schon bald auf den Thron und in das Bett von Osiris, In Rom hatten Isis und Serapis einen gemeinsamen Tempel. Der Vorrang, den die Königin behauptete, mag als Hinweis dienen auf die Ungleichheit der Allianz mit dem Fremdling aus dem Pontos. Aber die Überlegenheit des weiblichen Geschlechtes war in Ägyptens bürgerlichem und religiösem Leben fest verankert (siehe Diodoros Siculus, Band 1, p.31), und die gleiche Ordnung findet sich auch in Plutarchs Abhandlung von Isis und Osiris; den er übrigens mit Serapis gleichsetzt. des Gemahls von Isis, Ägyptens Himmelskönigin. Alexandria, das seinen besonderen Schutz für sich beanspruchte, berühmte sich mit dem Namen der Serapisstadt. Sein Tempel, Ammianus 22,16. Die Expositio totius mundi (p. 8 in Hudson, Geographiae scriptores minores Band 3) und Rufinus 2,22 rühmen das Serapeum als ein Weltwunder. der es an Schönheit und Pracht mit dem Capitol aufnehmen konnte, war auf dem Gipfel einer künstlichen Anhöhe errichtet worden und erhob sich über hundert Schritt über das Niveau der benachbarten Stadtbezirke; und das Innere wurde von Bögen kräftig unterstützt und war in zahlreiche unterirdische Gewölbe und Kammern unterteilt. Ein Portico von quadratischer Anlage umgab das Heiligtum; die prachtvollen Hallen und die einzigartigen Statuen zeugten von höchster Handwerkskunst; und die Schätze der antiken Gelehrsamkeit wurden in der berühmten Bibliothek von Alexandria bewahrt, welche sich in neuem Glanze aus der Asche erhoben hatte. Siehe die Mémoires de l'Akademie des Inscriptions Band 9, p.397-416. Die alte Bibliothek der Ptolemäer war während Caesars Alexandrinischem Feldzug vollständig niedergebrannt. Marcus Antonius schenkte Kleopatra die komplette Sammlung von Pergamon (200.000 Bände) als Grundstock für die neue Bibliothek von Alexandria. Zwar hatten die Edikte des Theodosius den Heiden das Opfern mit Nachdruck untersagt, aber in der Stadt und dem Tempel des Serapis wurden sie noch toleriert; und diese einmalige Nachsicht schrieb man unklugerweise der abergläubischen Ängstlichkeit der Christen selbst zu: als ob sie sich gefürchtet hätten, diese althergebrachten Riten zu untersagen, da nur sie die jährliche Nilüberschwemmung sicherstellen konnten, und dadurch auch die Ernte Ägyptens und die Versorgung von Konstantinopel. Libanius (Ortatio pro Templis p. 21) verstimmt durch diese kränkende Bemerkung seine christlichen Gebieter.

 

ENDGÜLTIGE ZERSTÖRUNG DES SERAPISTEMPELS · A.D. 389

Zu dieser Zeit Wir können wählen zwischen der Datierung des Marcellus (A.D. 389) und des Prosper Tiro (A.D. 391). Tillemont (Histoire des empereurs, Band 5, p. 310 und 756) bevorzugt das erstgenannte, Pagi das letztere. hatte Theophilus Tillemont, Mémoires ecclésiastiques Band 11, p. 441-500. Die schwankende Stellung des Theophilos (er war Heiliger in seiner Eigenschaft eines Freundes von Hieronymos; als Feind des Chrysostomos war er ein Teufel) verleiht ihm eine Art von Überparteilichkeit; insgesamt aber neigt sich die Waage ganz zu Recht gegen ihn. den erzbischöflichen Sitz Alexandrias inne, ein Mann, der mit dem Frieden und den Tugenden in ständiger Fehde lag; ein kühner und bösartiger Mann, der seine Hände abwechselnd mit Blut und Gold besudelte. Die Ehrungen, die man Serapis zuteil werden ließ, hatten ihn fromm empört; und der Frevel, den er an einem alten Bacchustempel beging, überzeugte die Heiden davon, dass er mit einem größeren und gefahrvolleren Plane umging. In Ägyptens renitenter Hauptstadt konnte schon das geringste Ärgernis Anlass zu einem Bürgerkrieg geben. Die Jünger von Serapis, die ihren Gegnern an Zahl und Stärke deutlich unterlegen waren, erhoben sich in Waffen, angestachelt von dem Philosophen Olympius, Lardner (Heathen Testimonies, Band 4, p. 411) hat eine schöne Passage aus der Suidas oder vielmehr von Damaskios beigetragen, die Olympius nicht in der Gestalt eines Kriegers, sondern des tugendreichen und demütigen Propheten zeigt. der sie mahnte, bei der Verteidigung ihrer Götter und deren Altäre gegebenfalles ihr Leben zu lassen.

Diese Heiden verschanzten sich in dem Tempel -oder besser: der Festung- des Serapis; warfen die Belagerer durch kühne Ausfälle und tapfere Verteidigung zurück; und holten sich durch die grausame Misshandlung ihrer christlichen Gefangenen Trost in ihrer letzten Verzweiflung. Die Bemühungen eines einsichtsvollen Magistrates führten zu einer Waffenruhe, bis der Beschluss des Theophilus über das endgültige Schicksal der Serapisgottheit entschieden hätte. Die beiden Parteien versammelten sich unbewaffnet auf dem zentralen Platz; und das imperiale Reskript ward öffentlich verlesen. Als aber der Spruch verkündet war, dass die Götterbilder Alexandrias zerstört werden sollten, ließen die Christen Geräusche des Jauchzens und Jubilierens vernehmen, während die glücklosen Heiden, deren Zorn der Betroffenheit gewichen war, sich in schweigsamer Eile zurückzogen und durch ihre Flucht und ihr Wegducken dem Zorn ihrer Feinde auswichen.

Theophilus eilte, das Zerstörungswerk am Serapistempel zu vollenden und keine Hindernisse stellte sich ihm in den Weg als die, welche sich aus dem Gewicht und der Festigkeit der Baumaterialien ergaben; aber diese Hemmnisse erwiesen sich als so unüberwindlich, dass er die Fundamente in Ruhe lassen und sich damit zufrieden geben musste, aus dem Gebäude selbst eine Schutthalde zu machen; wovon ein Teil später abgeräumt wurde, um Platz für eine Kirche zu Ehren der christlichen Märtyrer zu gewinnen.

Die unschätzbare Bibliothek von Alexandria wurde verwüstet oder zerstört; und schon zwanzig Jahre später rief der Anblick der leeren Buchhüllen bei allen denen Trauer oder Zorn hervor, deren Gehirn nicht völlig von religiösen Fanatismus umdunkelt war »Nos vidimus armaria librorum, quibus direptis, exinanita ea a nostris hominibus, nostris temporibus memorent.« [Wir haben zerstörte Büchermagazine gesehen, geplündert von Menschen unserer Zeit]. Orosius 6,15. Obgleich Orosius bigott und streitsüchtig ist: hier scheint auch er zu erröten. Die Hervorbringungen des antiken Geistes, von denen nun so viele unwiederbringlich verloren sind, hätte man, der Nachwelt zur Unterhaltung und Belehrung, ohne weiteres von der Zerschlagung der Götzendienstes ausnehmen können; und der Fanatismus und die Habgier des Erzbishofs Eunapius verflucht in seiner Biographie des Antonius und Aedesius die gotteslästerlichen Räubereien des Theophilus. Tillemont, Mémoires ecclésiastiques Band 13, p.435, zitiert einen Brief des Isidor von Pelusium, in welchem er den Gold anbetenden Primas verurteilt und seine fluchwürdige Verehrung des Goldes, »auri sacra fama«. hätte sich mit seiner üppigen Siegesbeute zufrieden geben können. Während Bildnisse und Vasen von Gold sorgfältig eingeschmolzen wurden und die weniger wertvollen einfach zerbrochen und auf die Straßen geworfen wurden, zeigte sich Theophilus bemüht, die Trickereien und Betrügereien der Götzenpriester ruchbar zu machen; ihre Gewandtheit bei der Handhabung von Magneteisensteinen; ihre geheimen Wege, einen menschlichen Schauspieler in ein hohles Standbild einzuschleusen; und ihren empörenden Missbrauch der Naivität demütiger Ehemänner und argloser Frauen. Rufinus benennt eine Saturnpriester, welcher, verborgen hinter der Maske des Gottes, mit einigen frommen Damen von Rang vertrauten Umgangs pflegte; bis er sich endlich in einen Augenblick des Entzückens selbst verriet, da er seine Stimme nicht länger verstellen konnte. Der glaubwürdige und unparteiische Bericht des Aischines (siehe Bayle, Dictinnaire critique das Lemma ›Scamandre‹) und das Abenteuer des Mundus (Flavius Josephus, Antiquitates Iudaicae 18,3) mögen beweisen, dass solcher Betrug aus Liebe erfolgreich begangen wurde. Vorwürfe dieser Art bestehen im gewissen Umfang zu Recht, da sie mit dem listenreichen und egozentrischen Geist des Aberglaubens bestens zusammenpassen. Aber eben dieser Geist schreckt auch nicht davor zurück, auf den Gegner, der schon am Boden liegt, einzutreten und ihn zu verleumden; auch wir sind geneigt zu glauben, dass es viel einfacher ist, eine Geschichte auszudenken als einen handfesten Betrug zu verüben.

Die Kolossalstatue des Serapis Siehe die Bilder der Serapis bei Montfaucon (Band 2, p. 297): aber die Beschreibung des Macrobius (Saturnaliae 1,20) ist bedeutend malerischer und befriedigender. jedenfalls ging zusammen mit seinem Tempel und seiner Religion unter. Zahlreiche Platten aus unterschiedlichen Metallen waren kunstreich miteinander verbunden und bildeten in ihrer Gesamtheit die majestätische Gestalt der Gottheit, welcher die Wände des Heiligtums an beiden Seiten berührte. Der Habitus des Serapis, die Sitzposition und das Szepter in seiner linken Hand wiesen sprechende Ähnlichkeit mit den üblichen Jupiterstatuen auf; im Unterschied zu Jupiter trug er einen Korb oder eine Getreidegarbe auf dem Kopf und ein metaphernreiches Ungeheuer in seiner Rechten: Kopf und Rumpf einer Schlange, die dreifach geteilt war und wiederum in einen Löwen- Hunde- und Wolfskopf endeten.

Es war Glaubensgewissheit, dass, sollte eine frevelnde Hand es wagen, die Majestät der Gottheit zu beleidigen, die Erde unverzüglich in ihren archaischen chaotischen Zustand zurückstürzen werde. Ein furchtloser Krieger, vom Glauben beseelt und mit einer schweren Streitaxt bewaffnet, bestieg die Leiter; und selbst die christliche Menge bebte in ängstlicher Spannung dem Ausgang des Wettstreites entgegen. »Sed fortes tremuere manus, motique verenda/Majestate loci, si robora sacra ferirent/In sua credebant redituras membra secures.« [Aber es bebten die starken Hände, von Schauer erfasst/vor des Ortes Erhabenheit; wenn sie die heiligen Eichen schlügen/ glaubten sie, die Beile würden sich gegen sie zurückwenden]. Lukanos, 428-430. »Stimmt es,« fragte Augustus einen italienischen Veteranen, in dessen Haus er sein Abendessen einnahm, »dass der Mann, der den ersten Axthieb auf die goldene Statue der Anaitis führte, sofort erblindete oder sogar sein Leben verlor?«- »Der Mann war ich,« so der kurzsichtige Veteran, »und du isst gerade aus dem Bein der Göttin.« (Plinius Naturalis Historia 33,24). Er zielte mit mächtigem Hieb gegen die Wange des Serapis; sie fiel zu Boden; der Donner bleib aus, und beide, Himmel und Erde, behielten ihre althergebrachte Ruhe und Würde bei. Im Siegesrausch versetzte der Soldat dem Bildnis neuerliche Hiebe; das übermächtige Standbild stürzte und zerbrach; und in Schanden wurden des Serapis Glieder durch die Straßen von Alexandria gezerrt. Sein zertrümmerter Leichnam wurde im Amphitheater verbrannt, und das Volk lärmte dazu; und viele benutzten, nun ihres Gottes Ohnmacht offenkundig war, die Gelegenheit und vertauschten ihren Glauben.

Die populäre Form der Religionsausübung, welche nach irgendwelchen sichtbaren und handgreiflichen Gegenständen der Verehrung verlangt, hat den Vorteil, dass sie dem Verständnis und den Sinnen der Menschen entgegenkommt; aber diesem Vorteil stehen die verschiedensten unvermeidlichen Zufälligkeiten entgegen, denen der Glaube des Götzenanbeters ausgesetzt ist. Es steht schwerlich zu erwarten, dass er in allen Lebenslagen seine Verehrung für Idole oder Reliquien beibehalte kann, wenn das bloße Auge außerstande ist, sie von ganz gewöhnlichen Hervorbringungen der Kunst oder der Natur zu unterscheiden; und wenn in der Stunde der Gefahr ihre geheime und wundermächtige Kraft nicht einmal die eigene Sicherheit zu gewährleisten imstande ist, dann spottet er der leeren Ausreden ihrer Priester und lacht zu Recht über das Objekt und Torheit seiner abergläubischen Neigung. Die Geschichte der Reformation bietet zahlreiche Beispiele für den jähen Umschlag des Aberglaubens in Verachtung.

Nach dem Sturz des Serapis hegten die Heiden noch eine Zeitlang die schwache Hoffnung, der Nil würde den gottlosen Herren Ägyptens seinen jährlichen Tribut verweigern; und tatsächlich schien die ungewöhnliche Verspätung der Überschwemmung den Groll der Flussgottheit anzuzeigen. Aber diese Verspätung wurde durch die besonders üppige Fluthöhe ausgeglichen. Die Wasser stiegen unvermittelt zu so wunderbarer Höhe an, als wollten sie die unterlegene Partei mit der erfreulichen Aussicht auf eine Sintflut trösten; schließlich aber sank der friedfertige Fluss auf die angestammte und fruchtbringende Wasserhöhe von sechzehn Ellen oder dreißig englischen Fuß zurück. Sozomenos 7,20. Die Ergänzung stammt von mir. Der Umfang der Überschwemmung und folglich auch das Maß der Elle haben seit Herodots Zeiten Bestand. Siehe Fréret in den Mémoires de l'Académie des Inscriptions, Band 16, p. 344-153. Greaves, Miscellaneous Works, Band 1, p. 233. Die ägyptische Elle beträgt etwa 22 englische Zoll.

 

VERBOT DER HEIDNISCHN RELIGIONEN A.D. 390

Die Tempel des römischen Reiches standen verlassen oder zerstört, doch der erfindungsreiche heidnische Aberglaube trachtete immer noch danach, die Gesetze des Theodosius zu umgehen, welche alle Opfer streng untersagt hatten. Die Bewohner ländlicher Gebiete, die dem Auge der übelwollenden Neugierde weniger ausgesetzt waren, tarnten ihre religiösen Treffen als heitere Geselligkeiten. An hohen Festestagen versammelten sie sich in großer Zahl unter dem weitausgreifenden Schatten heiliger Bäume; Ochsen und Schafe wurden geschlachtet und geröstet; ihren religiösen Anstrich erhielten diese ländlichen Veranstaltungen durch Weihrauchduft und Hymnensang zu Ehren der Gottheiten. Da aber kein einziger tierischer Körperteil als Brandopfer dargebracht wurde, kein Altar bereitstand, ihr Blut aufzufangen und da man die vorangehenden Darbringungen von Salzkuchen und die abschließenden Trankopfer tunlichst unterließ, konnte, so wird versichert, die Teilnahme an diesen Lustbarkeiten nicht als strafwürdiges Vergehen der illegalen Opferhandlung gegen die Teilnehmer ausgelegt werden. Libanios (Oratio de Templis p. 15-17) nimmt sich ihrer Sache mit zartsinniger und verführerischer Wohlrede an. Seit frühester Zeit seien solche Feste eine Bereicherung des ländlichen Lebens gewesen; und dem des Bacchus (Vergil, Georgica 2,380) habe sogar das Theater von Athen seinen Ursprung zu danken. Siehe Gothofred zu Libanios ad locum und zum Codex Theodosianus Band 6, p.284. Welche Wahrheit auch immer in diesen Behauptungen gelegen haben mögen und wodurch sie sich vor anderen auszeichneten: Honorius duldete diese ländlichen Festivitäten (A.D. 399). »Absque ullo sacrificio, atque ulla superstitione damnabili.« [Ohne irgendein Opfer und ohne jedweden fluchwürdigen Götzendienst]. Neun Jahre später hielt er es für nötig, denselben Vorbehalt zu bekräftigen und zu verschärfen. Codex Theodosianus 16, 10, 17 und 19. der letzte Erlass des Theodosius wischte alle diese Ausflüchte hinweg und versetzte dem heidnischen Aberglauben den letzten, tödlichen Schlag. Codex Theodosianus 16,10, 12. Jortin (Remarks, Band 4, p. 134) verurteilt Stil und Geist dieses intoleranten Gesetzes mit angemessener Strenge. Diese Verbotsverfügung redet eine unmissverständliche Sprache:

»Es ist unser Wille und Begehr«, spricht der Kaiser, »dass keiner unserer Untertanen, wes Standes und Vermögens auch immer er sein möge, Privatmann oder beamtet, sich unterfange, in welcher Stadt oder an welchem Ort auch immer, ein lebloses Idol zu verehren durch Darbringung eines unschuldigen Schlachtopfers.« Der Vorgang der Opferung selbst und das Weissagen durch Lesen in den Eingeweiden werden ohne Rücksicht auf das Objekt dieser Befragung zu Hochverrat erklärt; der nur durch den Tod des Schuldigen gesühnt werden kann. Die heidnischen Rituale, welche weniger blutig und grausam waren, werden abgeschafft als unvereinbar mit der Wahrheit und Ehre der geoffenbarten Religion; Leuchtkörper, Blumenkronen, Weihrauch- und Trankopfer werden ausdrücklich erwähnt und verboten; und selbst die unschuldige Anrufung häuslicher Gottheiten wird in diese Verbotsliste aufgenommen. Die Durchführung einer dieser illegalen Zeremonien führt dazu, dass der Gesetzesbrecher das Haus oder das Grundstück, auf dem die Handlung vollzogen wurde, verwirkt hat; und für den Fall, dass er mit listiger Berechnung das Grundstück eines anderen für sein gottloses Tun erwählt haben sollte, ist ihm augenblicklich eine schwere Buße von fünfundzwanzig Pfund Gold (das ist mehr als eintausend Pfund Sterling) aufzuerlegen. Eine ebenso schwere Geldstrafe droht für die Nachsicht gegenüber diesen heimlichen Feinden der Religion, wenn es von Amts wegen versäumt wurde, die schuldhafte Götzenanbetung zu entdecken oder zu bestrafen. Dieses war der eifernde Geist der Gesetze des Theodosius, welche seine Söhne und Enkel immer mal wieder belebten und bekräftigten und denen die Christenheit in lärmender Eintracht ihren Beifall spendete. Einen solchen Vorwurf sollte man nicht unbedacht erheben; aber man könnte ihn sicherlich unter Berufung auf den heiligen Augustinus rechtfertigen, denn er redet zu den Donatisten wie folgt: »Quis nostrum, quis vestrum non laudat leges ab Imperatoribus datas adversus sacrificia Paganorum? Et certe longe ibi poena severior constituta est; illius quippe impietatis capitale supplicium est.« [Wer unter uns, wer unter euch wird nicht die Gesetze der Kaiser gegen die heidnischen Tieropfer loben? Und gewiss ist dort eine weitaus härtere Strafe festgesetzt; denn es steht auf jene Gottlosigkeit die Todesstrafe]. Epistulae 93., Nr 10, zitiert bei le Clerc (Bibliothèque choisie, Band 8, p. 277), der einige einsichtsvolle Überlegungen zur Intoleranz der siegreichen Christen anfügt.

 

DIE HEIDEN WERDEN NICHT ZU MÄRTYRERN

Während der grausamen Regierung des Decius und Diokletian war das Christentum verboten, stellte es doch eine Abkehr von der althergebrachten Religion des Imperiums dar; und die haltlosen Verdächtigungen einer argwöhnischen und feindlichen Faktion wurde in gewissem Umfang durch den unbedingten Zusammenhalt und den stupenden Erfolg der katholischen Kirche gerechtfertigt. Aber Furcht und Unkenntnis können die christlichen Herrscher nicht für sich in Anspruch nehmen, wenn sie die Menschlichkeit und die Evangelien beleidigten. Die Schwäche und die Torheiten des Heidentums hatten sich in Jahrhunderten erwiesen; im Lichte der Vernunft und des Glaubens war für den größten Teil der Menschheit die Vergeblichkeit des Götzenglaubens offenkundig geworden; und die aussterbende Sekte, die nach wie vor ihre Götter anbetete, hätte man in Frieden und im Verborgenen den Glauben ihrer Väter ausüben lassen können. Wären die Heiden von demselben Glaubenseifer beseelt gewesen wie die ersten Gläubigen, dann wäre der Triumph der Kirche mit Blut besudelt worden; und die Märtyrer von Jupiter und Apollo hätten die glorreiche Gelegenheit ergriffen, ihr Leben und ihr Vermögen am Fuße ihrer Altäre dahinzugeben.

Aber derlei Festigkeit im Glauben vertrug sich nicht mit dem oberflächlichen und unbesorgten Charakter des Polytheismus. Die heftigen und wiederholten Schläge der rechtgläubigen Herrscher verloren ihre Wirkung, als sie auf die nachgiebige und weiche Masse trafen, gegen die sie gerichtet waren; und der bereitwillige Gehorsam der Heiden rettete sie vor den harten Strafen des Codex Theodosianus. Orosius 7,28. Augustinus (Enarrationes in Psalmos 140, bei Lardner, Heathen testimonies Band 4, p. 458) macht ihnen ihre Feigheit sogar zum Vorwurf. »Quis eorum comprehensus est in sacrificio (cum his legibus ista prohiberentur) et non negavit?« [Wer von denen ist beim Opfern ertappt worden - obwohl diese Opfer gesetzlich verboten sind - und hat es nicht abgestritten?] Anstelle darauf zu beharren, dass die Geltung ihrer Götter höher stehe als die des Kaisers, nahmen sie mit kaum vernehmlicher Klage Abstand von den Ritualen, welche ihr Herrscher nun einmal verboten hatte. Und wenn sie sich denn wirkliche einmal hinreißen ließen, ihrem Lieblingsaberglauben zu frönen, sei es aus alter Anhänglichkeit oder in der Hoffnung auf Geheimhaltung, dann wirkte ihre demütige Reue auf die strenge christliche Obrigkeit durchaus entwaffnend; und nur selten standen sie an, für ihre Unbedachtsamkeit Reue zu zeigen und sich, wenn auch knirschend, zurück unter das Joch des Evangeliums zu begeben.

Die Kirchen waren voll mit diesen würdelosen Proselyten, welche sich aus rein weltlichen Motiven der herrschenden Religion anbequemt hatten; und während sie die äußerlichen Gesten der Gläubigen nachahmten und ihre Gebete nachsprachen, beruhigten sie ihr Gewissen durch die schweigende, aber dafür aufrichtige Anrufung der alten Götter. Libanios (Oratio pro Templis p. 17,18) erwähnt diese gelegentliche Fügsamkeit ohne Anflug von Tadel, als handele es sich um eine Theaterdarbietung. Wenn den Heiden die Geduld zum Leiden fehlte, so fehlte ihnen erst recht die Entschlossenheit zum Widerstand; und die vielen, welche die Zerstörung ihrer Tempel beklagten, ergaben sich ohne Widersetzlichkeit ihren glücklicheren Gegnern. Die gelegentliche Opposition Libanios beschließt seine Verteidigungsrede (p. 32) mit einer Erklärung an die Adresse des Kaisers: Wenn er nicht ausdrücklich die Zerstörung der Tempel gestatte, [Ü.a.d.Griech.: würden die Eigentümer sich selbst und die Gesetze verteidigen]. der syrischen Bauern und der Einwohner Alexandrias wurde durch die kaiserliche Autorität rasch zum Schweigen gebracht. Die Heiden des Westens hatten, obwohl sie Eugenius bei seiner Erhebung zum Kaiser nicht unterstützt hatten, durch ihre Anhänglichkeit der Sache und dem Ansehen des Usurpators Schaden zugefügt. So führte der Klerus heftige Klage darüber, dass der Thronräuber das Verbrechen der Empörung noch durch die Schuld der Apostasie vergrößert habe; dass auf seine Veranlassung der Altar der Victoria neuerlich aufgestellt worden sei; und dass die Götzenbilder von Jupiter und Hercules wiederum gegen das unbesiegbare Kreuzeszeichen angetreten seien. Aber mit der baldigen Niederlage des Eugenius gingen auch die leeren Hoffnungen der Heiden zugrunde; und sie waren den Nachstellungen des Siegers ausgesetzt, welcher um der Gunst des Himmels willen das Götzenunwesen mit Stumpf und Stil ausrottete. Siehe Paulinus (Vita Ambrosii 26), Augustinus (De Civitate Die 5,26) und Theodoretos (5,24).

 

IHR VERSCHWINDEN · A.D. 390-420

Ein Volk von Sklavenseelen findet sich allemal bereit, die Milde seines Herren zu rühmen, wenn er seinje absolute Macht zwar missbraucht, aber nicht bis an die äußersten Grenzen der Ungerechtigkeit und des staatlichen Terrors geht. Ganz gewiss hat Theodosius seine heidnischen Untertanen vor die Alternative Taufe oder Tod gestellt; und der redselige Libanios rühmte sogar noch die Nachsicht eines Herrschers, welcher niemals durch irgendein positives Gesetz angeordnet habe, alle seine Untertanen sollten unverzüglich die Religion ihres Kaisers annehmen und praktizieren, Libanius (Oratio pro Templis p.31) deutet allerdings die Art eines Verfolgungsdekretes an, das Theodosius hätte erlassen können; ein unbedachter Scherz und ein heikles Experiment. Einige Herrscher hätten auch diesen Rat angenommen. Das Bekenntnis zum Christentum war nicht die unverzichtbare Voraussetzung für die Teilhabe an den bürgerlichen Rechten, auch hatten jene Sektierer keine Nachteile zu gewärtigen, wenn sie lieber an die Fabeln des Ovid glaubten als an die Wunder der Evangelien. Palast, Schulen, Armee und Senat: in ihnen wimmelte es von bekennenden und überzeugten Heiden; und sie hatten unterschiedslos die zivilen und militärischen Stellungen des Reiches inne. Theodosius stattete Symmachus »Denique pro meritis terrestribus aequa rependens/Munera, sacricolis summos impertit honores.« [Endlich jedoch, da er für die irdischen Verdienste angemessene /Gaben zurückgezahlt hatte, widmete er auch den Bewohnern des Himmels höchste Ehren]. Prudentius, Contra Symmachum 1,617f. mit der konsularischen Würde aus, ehrte Libanius durch seine persönliche Freundschaft Libanius (Oratio pro Templis p. 32) ist stolz darauf, dass Theodosius auf diese Weise einen Mann auszeichnete, welcher sogar in seiner Anwesenheit bei Jupiter schwören würde. Aber bei dieser Anwesenheit scheint es sich wohl nur um einen rhetorischen Topos zu handeln. und legte so Zeugnis ab für die Wertschätzung, die er für Tugend und Gelehrsamkeit immer noch erübrigte; und diese beiden beredten Apologeten des Heidentums wurden niemals genötigt, ihre religiöse Auffassung zu wechseln oder doch wenigstens zu verhehlen. Die Heiden genossen der uneingeschränkten Freiheit des geschriebenen und gesprochenen Wortes. Die historischen und philosophischen Fragmente des Eunapius, des Zosimos Zosimos, der sich selbst comes und Ex-advocatus des Staatsschatzes nennt, verunglimpft mit gehässiger und parteiischer Bigotterie die christlichen Herrscher und sogar noch den Vater seines Regenten. Sein Werk zirkulierte wohl nur im privaten Kreis, denn es entging den Schmähschriften der christlichen Kirchenschriftsteller vor Evagrius (3,40-42), der gegen Ende des VI Jahrhunderts lebte. und der nachgerade fanatischen Lehrer der platonischen Akademie widmen ihren siegreichen Gegnern ihren bittersten Hass. Wenn diese kühnen Bücher öffentlich bekannt gewesen wären, dann können wir den gesunden Menschenverstand der christlichen Herrscher unseren Beifall nicht versagen, welche sich mit verächtlichem Lächeln diese letzten Rückzugsgefechte des Aberglaubens beschauten. Allerdings beklagten sich die Heiden Afrikas darüber, dass ihnen die Zeitläufte es nicht erlaubten, in völliger Freiheit auf den »Gottesstaat« zu antworten; auch Augustinus streitet diesen Vorwurf nicht ab (5,26).

Allerdings: die kaiserlichen Erlasse, welche Opfer- und anderen heidnischen Rituale untersagten, wurden unnachsichtig exekutiert; und sozusagen stündlich nahm der Einfluss einer Religion ab, welche eigentlich nur noch aus Gewohnheit, aber nicht aus Überzeugung geübt wurde. Ein Dichter oder Philosoph mag im Stillen anbeten, grübeln, meditieren; aber nur der öffentliche Gottesdienst gibt den religiösen Bedürfnissen der Menge handfeste Nahrung, da sie ihre Stärke aus der Nachahmung und der Gewohnheit bezieht. Die Unterbrechung dieser öffentlichen Verrichtung kann innerhalb von ein paar Jahren das Werk einer nationalen Umwälzung vollenden. Die Erinnerung an theologische Meinungen kann ohne die künstliche Hilfe von Priestern, Tempeln oder Büchern nicht lange aufrecht erhalten werden. Die spanischen Mauren, die über ein Jahrhundert lang unter dem Terror der Inquisition heimlich ihre mohammedanische Religion ausübten, besaßen den Koran und sprachen miteinander arabisch. Vergleiche hierzu die lesenswerte und wahre Geschichte ihrer Vertreibung bei Geddes, Miscellanies, Band 1, p. 1-198. Die unwissende Masse, die sich immer nur von den blinden Hoffnungen und Schrecknissen ihres Aberglaubens hin und her reißen lässt, kann durch ihre Obrigkeit leicht dazu bestimmt werden, sich den herrschenden Göttern ihrer Zeit zuzuwenden; und unmerklich wird sie sich der Unterstützung und Propagierung der neuen Doktrin widmen, die anzunehmen sie zunächst nur spiritueller Hunger veranlasst hatte. Die Generation, welche nach Verkündung der kaiserlichen Gesetze aufwuchs, stand bereits im Banne der katholischen Kirche: und so rasch, so geräuschlos war der Untergang des Heidentums, dass nur achtundzwanzig Jahre nach dem Tode des Theodosius seine schwachen und versandenden Spuren dem Auge des Gesetzgebers nicht mehr erkennbar waren. »Paganos qui supersunt, quanquam iam nullos esse credamus, etc.«. [Die Heiden, die noch übrig geblieben sind, obwohl wir glaubten, es gäbe keine mehr]. Codex Theodosianus 16,10,22, A.D. 423. Der jüngere Theodosius überzeugte sich dann später, dass er in seinem Urteil ein wenig vorschnell gewesen war.

 

VEREHRUNG DER CHRISTLICHEN MÄRTYRER

Im Untergang der heidnischen Religion erkennen die Sophisten ein grässliches Zeichen von übler Vorbedeutung, das die Erde in Dunkelheit zu hüllen und die frühe Herrschaft des Chaos zu restaurieren geeignet war. Umständlich und breit angelegt berichten sie davon, dass aus Tempeln Gräber wurden und dass Orte der Heiligkeit, die einst mit Götterstatuen geschmückt waren, nunmehr von Grund auf von den Reliquien christlicher Märtyrer entweiht seien.

»Die Mönche« (eine unreine Tierart, der Eunapius am liebsten die Teilhabe an der Menschheit absprechen möchte) »sind die Urheber dieser neuartigen Götzenanbetung, welche an die Stelle der früheren hellen und klaren Gottheiten die gemeinsten und verächtlichsten Sklaven gesetzt hat. Die gesalzenen und eingelegten Köpfe jener bösartigen Verbrecher, welche für ihre ungezählten Vergehen zu Recht eine schmachvolle Todesstrafe verdienten; ihre Körper, auf denen immer noch die Spuren der Folter erkennbar sind, zu der sie die Magistrate verurteilt hatten: dieses« (so Eunapius weiter) »sind also die Gottheiten, welche die Erde heutzutage gebärt; diese Märtyrer sind die letztinstanzlichen Mittler unserer Gebete an die oberste Gottheit, und ihre Gräber sind die Objekte der populären Anbetung und Verehrung.« Siehe Eunapius in der Vita des Sophisten Aedisius; in der Biographie des Eustathios kündigt er den Untergang des Heidentums an: [Ü.a.d.Griech.: Und etwas Mythisches und eine undurchdringliche Finsternis wird der Erde Schönstes beherrschen].

Ohne die kleinen Beimengungen von Bösartigkeit dieses Sophisten teilen zu wollen, scheint uns seine Überraschung durchaus natürlich, wenn er zum Zeugen einer Umwälzung wird, in deren Verlauf die verachteten Opfer der römischen Gesetze unvermittelt zu den himmlischen und unsichtbaren Schutzinstanzen des Reiches befördert wurden. Die dankbare Ehrfurcht der Christen für die Blutzeugen ihres Glaubens steigerte sich mit der Zeit zu religiöser Verklärung; und umgekehrt näherte sich die Verehrung der berühmtesten Heiligen und Propheten der der Märtyrer an. Einhundertundfünfzig Jahre nach dem Tode von St. Peter und St Paul zierten die Gräber oder besser die Reliquien dieser geistlichen Helden den Vatikan und die Straße nach Ostia. Gaius (Eusebios, Historia Ecclesiastica 2,25), ein römischer Presbyter, der in den Zeiten des (Papstes) Zephyrinus lebte (A.D. 202-219) ist ein früher Gewährsmann für diese abergläubische Praxis. In den Zeiten, die der Bekehrung des Constantin folgten, besuchten Kaiser, Konsuln und Armeegeneräle in aller Andacht die Gräber eines Zeltmachers und eines Fischers. Johannes Chrysostomos, Quod Christus sit Deus. Opera, Band 1, der Neuausgabe, Nr. 9. Ich bin einem Hirtenbriefe von Benedikt XIV aus dem Jubeljahr 1750 für dieses Zitat verpflichtet. Siehe die lehrreichen und unterhaltsamen Briefe von Herrn Chais, Band 3. Und ihre Gebeine wurden unter dem Altar Christi beigesetzt, an welchem die Bischöfe der Kaiserstadt ihre unblutigen Opfer darbrachten »Male facit ergo Romanus episcopus? qui, super mortuorum hominum, Petri and Pauli, secundum nos, ossa veneranda ...offert Domino sacrificia, et tumulos eorum, Christi arbitratur altaria.« [Es hat also der Bischof zu Rom übel gehandelt? Welcher über den Gebeinen der toten Peter und Paul, nach unserer Meinung Gegenstand der Verehrung, dem Herrn Opfer bringt und ihre Begräbnisstätte zu Altären Christi macht?] Hieronymus, Contra Vigilantium. Opera, Band 2, p. 153.

Die neue Hauptstadt des Orients, die alte oder eigene Trophäen dieser Art naturgemäß nicht vorweisen konnte, schmückte sich mit Stücken aus den von ihr abhängigen Provinzen. Die Körper der Heiligen Andreas, Lukas und Timotheus hatten fast dreihundert Jahren in ihren obskuren Gräbern gelegen, bis sie endlich mit ernstem Prachtaufwand in die Kirche der Apostel überführt wurden, die Constantins Großzügigkeit am Ufer des Thrakischen Bosporus hatte errichten lassen. Hieronymus, Contra Vigilantium, Opera, Band 2, p.122 bringt Beweise für diese Umbettung, von der die Kirchengeschichtsschreiber nichts wissen. Die Passion des Andreas in Patras wird in einem Brief des Klerus von Achaia beschrieben, was Baronius (Annales Ecclesiastici, A.D. 60, Nr. 34) gerne glauben möchte und Tillemont zurückweisen muss. Der hl. Andreas wurde als spiritueller Gründungsvater von Konstantinopel angesehen. Mémoires ecclésiastiques, Band 1, p. 317-323 und 588-594. Fünfzig Jahre später beehrte die Anwesenheit Samuels, des Richters und Propheten des Volkes Israel, dasselbe Ufer. Seine Asche, enthalten in einer goldenen Urne und mit einem seidenen Tuch verhüllt, wurde durch die Bischöfe von Hand zu Hand weitergereicht. Das Volk begrüßte die Reliquien Samuels mit derselben Freude und Verehrung, mit der es auch den lebenden Propheten empfangen hätte; die Straßen von Palästina nach Konstantinopel waren eine einzige ununterbrochene Prozession; und der Kaiser Arcadius eilte herzu, an der Spitze einer erlesenen Delegation von Senatoren und Kirchenfürsten seinen außergewöhnlichen Gast zu begrüßen, der ja schon immer die Ehrerbietung von Königen verdient und eingefordert hatte. Hieronymus (a.a.O.) beschreibt mit mächtigem Wortschwall diese Überführung des Samuel, die bei allen zeitgenössischen Chronisten erwähnt wird.

Das Vorbild Roms und Konstantinopels festigte den Glauben und die Glaubensdisziplin der katholischen Welt. Die Märtyrer- und Heiligenverehrung setzte sich nach schwachen und wirkungslosen weltlichen Widerworten Der Presbyter Vigilantius, der Protestant seiner Zeit, widersetzte sich standhaft, aber erfolglos dem Aberglauben der Mönche, den Reliquien, den Heiligen, den Fasten &c, wofür Hieronymus ihn denn auch mit der Hydra vergleicht, dem Höllenhund &c und in ihm das Werkzeug der Dämonie sieht. Wer die Kontroverse zwischen Hieronymus und Vigilantius im Detail studiert, wird rasch eine Vorstellung von der Geistesverfassung der Kirchenväter gewinnen. allgemein durch; noch ihm Zeitalter eines Ambrosius und Hieronymus glaubte man, es fehle einer Kirche an Heiligkeit, bis sie durch Beigabe heiliger Reliquien jene Weihe erhalten hatte, welcher erst die Verehrung der Gläubigen entflammte und unterhielt.

 

REFLEKTIONEN ÜBER HEILIGE UND RELIQUIEN

In dem langen Zeitraum von zwölfhundert Jahren zwischen der Herrschaft des Constantin und der Reformation Luthers hat die Heiligen- und Reliquienverehrung die reine und vollkommene Einfalt der christlichen Lehre ruiniert; und einige der Niedergangssymptome können sogar schon bei der ersten Generation festgestellt werden, welche diese verderbliche Neuerung übernommen hatte

I. ERFUNDENE MÄRTYRER

Die beruhigende Entdeckung, dass die Reliquien der Heiligen mehr galten als Gold oder Edelsteine, Herr de Beausobre (Histoire du Manichéisme, Band 2, p.648) hat der frommen Aufmerksamkeit des Klerus von Smyrna, der die Reliquien des Märtyrers Polykarp sorgsam aufbewahrte, weltliche Hintergründe angeheftet. veranlasste den Klerus, diesen Schatz der Kirche zu mehren. Ohne sich viel um Wahrheit oder Wahrscheinlichkeit zu bekümmern, dachten sie sich für Skelette Namen aus und für die Namen Taten. Der Ruhm der Apostel und der heiligen Männer, die ihnen nachlebten, wurde durch religiöse Dichtung verschüttet. Zu der unbestrittenen Schar der ersten Märtyrer fügten sie Myriaden von erfundenen Glaubenshelden hinzu, die allesamt niemals gelebt hatten außer in der Phantasie betrügerischer oder leichtgläubiger Legendendichter; und wir haben gute Gründe zu der Annahme, dass Tours nicht die einzige Diözese ist, in welcher die Gebeine eines Verbrechers verehrt werden anstelle der eines Heiligen. Martin von Tours entrang dieses Geständnis dem Munde eines Toten (Siehe seine vita bei Sulpicius Severus 8). Der Irrtum wird als natürlich eingestanden, die Entdeckung wird als Wunder angesehen. Was von beiden ereignete sich häufiger? Eine abergläubische Praxis mit der ihr innewohnenden Tendenz zu Betrug und Leichtgläubigkeit verdunkelte allmählich den historischen Hintergrund und das Licht der Vernunft in der Welt der Christenheit.

II. WUNDER

Aber der Siegeszug des Aberglaubens wäre wohl weniger rasch und erfolgreich gewesen, wenn nicht zum rechten Zeitpunkt eintreffende Wunder und Gesichte den Glauben des Volkes bestärkt und die Echtheit und Wahrheit noch der verdächtigsten Reliquien bekräftigt hätten. Unter der Herrschaft des jüngeren Theodosius erzählte Lukian, Lukian hat seine Erzählung ursprünglich in griechischer Sprache verfasst; Avitus hat sie übersetzt und Baronius herausgegeben (Annales ecclesiastici, A.D. 415, Nr 7-16). Die benediktinischen Herausgeber der Schriften von St.Augustinus haben am Schluss von De Civitate Dei zwei Abschriften angefügt, welche viele widersprüchliche Lesarten enthalten. Widersprüche gehören zu den Kennzeichen von Fälschungen. Die gröbsten Unglaubwürdigkeiten der Legende hat Tillemont geglättet und bereinigt (Memoires ecclésiastiques, Band 2, p. 9ff). ein Presbyter aus Jerusalem und Kirchendiener des Dorfes Caphargamala (etwa zwanzig Meilen von der Stadt entfernt) von einem äußerst ähnlichen Traum, welcher zur Beseitigung seiner Zweifel sich an drei aufeinander folgenden Sonnabenden wiederholte. Eine Achtung gebietende Gestalt stand vor ihm, in stiller Nacht, mit langem Bart, weißer Robe und goldenem Schäferstab; nannte sich selbst Gamaliel und entdeckte dem erstaunten Presbyter, dass sein Leichnam, zusammen mit dem seines Sohnes Abibas, seines Freundes Nicodemus und des berühmten Stephanus, des ersten christlichen Glaubenszeugen, in dem benachbarten Feld begraben lägen. Nicht ohne Ungeduld fügte er hinzu, dass es an der Zeit sei, ihn und seine Gefährten aus ihren vergessenen Gefängnissen zu befreien; dass ihr Erscheinen für die leidende Welt heilsam sein werde; und dass sie sich Lucian erwählt hätten, dem Bischof von Jerusalem von ihrer Lage und ihren Wünschen zu benachrichtigen.

Die Zweifel und Schwierigkeiten, die sich dieser wichtigen Entdeckung entgegenstellen mochten, wurden durch neuerliche Gesichte ausgeräumt; und so ließ der Bischof in Anwesenheit einer ungezählten Menge die Boden öffnen. Die Särge des Gamaliel, seines Sohnes und seines Freundes fand man in guter Ordnung; als aber der vierte Sarg mit den Gebeinen des Stephanus an das Licht kam, erbebte die Erde, ein paradiesischer Geruch wurde wahrgenommen, und auf der Stelle wurden die verschiedenen Gebrechen von dreiundsiebzig der Anwesenden geheilt. Die Gefährten des Stephanus ließ man in ihrer friedlichen Stätte in Caphargamala; aber die Reliquien des ersten Märtyrers verbrachte man in feierlicher Prozession in eine Kirche, die zu ihren Ehren auf dem Zionsberge errichtet worden war; und noch die kleinsten Partikel dieser Reliquien, ein Tropfen Blut Das Blut des heiligen Stephanus in einem Fläschchen verflüssigte sich in Neapel einmal im Jahr, bis der heilige Januarius ihn noch übertraf (Siehe Ruinart, Historia persecutionis Vandalicae, p. 529). oder ein Splitter von einem Knochen galten in fast jeder Provinz der römischen Welt als begabt mit göttlicher und wunderwirkender Kraft.

Der nachdenkliche und gelehrte Augustinus, Augustinus verfasste zweiundzwanzig Bücher De Civitate Dei innerhalb von dreizehn Jahren (A.D. 413-426). Seine Bildung hat er sich allzu oft entliehen, und seine Beweisführungen sind allzu oft seine eigenen. Aber das Gesamtwerk ist verdienstvoll durch den großartigen Entwurf, der eindrucksvoll und mit viel Geschick ausgeführt ist. dessen scharfem Verstand man nicht so ohne weiteres Leichtgläubigkeit zutrauen wird, hat die ungezählten Wunderwerke, die die Reliquien des heiligen Stephanus in Afrika bewirkt hatten, mit Nachdruck bekräftigt; und diese Wunderfabel findet sich in seinem großen Werk vom Gottesstaat, das der Bischof von Hippo entworfen hatte als immerwährenden, endgültigen Beweis für die Wahrheiten des Christentums. Augustinus erklärt sogar mit allem Ernste, dass nur solche Wunder aufgenommen habe, die öffentlich und von solchen Personen bekräftigt worden sind, die entweder als Objekte oder als Zeugen die Wirkmächtigkeit des Märtyrers erlebt hatten. Viele Wunder habe er vergessen oder ausgelassen; und Hippo sei gegenüber den anderen Städten der Provinz ziemlich vernachlässigt worden. Und doch weiß der Bischof von über siebzig Wundern, in seiner Diözese und innerhalb von drei Jahren, Siehe Augustinus, De civitate Dei 22,22 und den Anhang mit den zwei Büchern der Wunder des hl Stephanus, von Euodios, Bischofs von Uzalis. Freculphus (bei Basnage, Histoire des Juifs, Band 8, p. 249) überliefert uns eine gallische oder spanische Redensart: »Wer behauptet, er habe alle Wunder des hl. Stephanus gelesen, der lügt.« zu denen drei Auferstehungen vom Tode gehörten. Wenn wir nun unser Augenmerk auf alle Diözesen und alle Heiligen der Christenheit werfen, wird es sehr schwer halten, alle Irrtümer und müßigen Märchen zu berechnen, die aus dieser unerschöpflichen Quelle sprudeln. Aber mit Zuversicht dürfen wir festhalten, dass ein Wunder, welches sich im Zeitalter des Aberglaubens und der Leichtgläubigkeit ereignete, seinen Namen nicht verdient, da es jedenfalls keine Abkehr von den geltenden und anerkannten Naturgesetzen darstellt.

III. WIEDERBELEBUNG DES POLYTHEISMUS

Die ungezählten Wunder, zu denen die Gräber der Heiligen unentwegt den Schauplatz abgaben, enthüllten dem frommen Gläubigen den aktuellen Zustand der unsichtbaren Welt; und seine religiösen Anschauungen beruhten erkennbar auf Fakten und Erfahrung. In welchem Zustande auch immer sich die gewöhnliche Seele befinden mochte, es war klar, dass die höheren Geister der Heiligen und Märtyrer in dem langen Zeitraum zwischen dem Tode und der Wiederauferstehung ihres Körpers nicht ruhm- und tatenlos dahindämmerten. Burnet (de statu mortuorum p. 56-84) hat die Auffassungen der Kirchenväter zusammengetragen, sofern diese die Schlaf- oder Ruhephase der menschlichen Seele bis zum Tage des Gerichtes betreffen. Dem stellt er die Unbequemlichkeit gegenüber, falls denn diesen Seelen eine unternehmende oder heikle Befindlichkeit eignen sollte. Es war offenkundig, (wenngleich niemand sich unterfing, ihren genauen Aufenthaltsort oder die Natur ihrer Glückseligkeit zu bezeichnen), dass sie sich ihres Glückes, ihrer Tugend und ihrer Macht durchaus bewusst waren; und dass sie bereits im Besitze ihrer ewigen Belohnung waren. Die Steigerung ihrer Wahrnehmungsfähigkeit überstieg jede menschliche Vorstellungskraft; denn es war empirisch erwiesen, dass sie imstande waren, die verschiedenen Bitten ihrer zahlreichen Verehren zu verstehen; welche in ein und demselben Augenblick an der verschiedensten Orten dieser Welt den Namen oder den Beistand von Stephanus oder Martin anriefen. Vigilantius versetzt die Seelen der Propheten und Märtyrer entweder in Abrahams Schoß ( »In loco refrigerii«-an einen erfrischenden Ort) oder aber unter Gottes Altar. »Nec posse [de] suis tumulis et ubi voluerint adesse praesentes.« [Sie können nicht in ihren Gräbern und wo sie sonst wollen gegenwärtig sein]. Aber Hieronymus (Opera, Band 2, p.122) verwahrt sich gegen diese ›Blasphe‹ mit Nachdruck: »Tu Deo leges pones? Tu apostolis vincula injicies, ut usque ad diem judicii teneantur custodia, nec sint cum Domino suo; de quibus scriptum est, Sequuntur Agnum quocunque vadit. Si Agnus ubique, ergo, et hi, qui cum Agno sunt, ubique esse credendi sunt. Et cum diabolus et daemones toto vagentur in orbe, etc.« [Du also willst Gott Vorschriften machen? Du willst den Aposteln Fesseln anlegen, damit sie bis zum Tage des Gerichtes in Banden liegen und nicht bei ihrem Herren verbleiben können; wo doch die Schrift von ihnen sagt: Sie folgen dem Lamme, wohin es auch immer gehen mag. Wenn aber das Lamm überall ist, muss man glauben, dass auch, die mit dem Lamm sind, überall sind. Und wenn der Teufel und die Dämonen auf der ganzen Welt umherschweifen...].

Das Zutrauen dieser Bittenden nährte sich von der Überzeugung, dass die Heiligen, welche mit Christus herrschten, mit dem Auge des Mitleides auf die Erde blickten; dass sie am Reichtum der katholischen Kirche ein warmes Interesse hatten; und dass solche Menschen, die ihrer Glaubensstärke und Frömmigkeit nacheiferten, die besonderen und bevorzugten Objekte ihrer Aufmerksamkeit waren. Zuweilen wurde ihre Freundschaft auch durch nicht ganz so hochfliegende Erwägungen beeinflusst: so bevorzugten sie die Orte, die geheiligt waren durch ihre Geburt, ihr Erdenleben, ihren Tod, ihr Begräbnis oder den Besitz ihrer Reliquien.

Niedere Gemütsregungen wie etwa Stolz, Habsucht oder Rachegelüste waren eines himmlischen Gemütes nicht würdig; doch ließen sich die Heiligen durchaus herbei, die Freigebigkeit ihrer Anhänger dankbar zu billigen; und die schärfsten Blitzstrahlen der Strafe zerschmetterten jene gottlosen Frevler, die sich an den wundertätigen Schreinen vergriffen oder ihre übernatürlichen Kräfte anzuzweifeln wagten. Fleury, Discours sur l'histoire ecclésiastique, Band 3, p.80. Fürchterlich musste ja die Schuld und ganz und gar abwegig die Meinung jener Menschen gewesen sein, welche sich in hartnäckiger Verstocktheit geweigert hatten, die Beweise für jene göttliche Wirkkraft anzuerkennen, der die Elemente, die Stufenfolge des Tierreiches und selbst noch die feinen und unsichtbaren Regungen des menschlichen Gemütes gehorchen mussten. Auf Menorca bekehrten die Reliquien des hl. Stephanus binnen acht Tagen 540 Juden, freilich nicht ohne heilsame Gewalt; so brannte etwa die Synagoge nieder oder man trieb verstockte Ungläubige zum Verhungern in die Felsen. Siehe den Originalbrief von Severus, des Bischofs von Menorca (am Schluss von Augustinus, de Civitate Dei) und Basnages einfühlsame Erläuterungen (Histoire des Juifs, Band 8, p. 245-251).

Die Geschehnisse, die nach allgemeiner Auffassung die augenblicklichen Folgen der an sie gerichteten Gebete oder ihnen zugefügten Beleidigungen waren, überzeugten die Christen davon, dass die Heiligen in der Gegenwart des höchsten Gottes sich eines gerüttelten Maßes an Ansehen und Macht erfreuen durften; und es schien beinahe überflüssig, danach zu fragen, ob sie denn beständige Fürsprache vor dem Gnadenthrone einlegen mussten oder ob es ihnen nicht gestattet sei, nach eigenem Wohlwollen und Gutdünken die übertragene Machtfülle ihres nachgeordneten Amtes zu exekutieren. Die Vorstellungskraft, welche sich nur mit schmerzlicher Anstrengung zur Betrachtung und Anbetung einer einzigen universellen Ursache emporgerungen hatte, nahm sich bereitwillig solcher niederen Objekte der Verehrung an, da sie ihrer Schlichtheit und ihren begrenzten Möglichkeiten eher entgegenkamen. Die erhabene und einfache Theologie des frühen Christentums wurde so allgemach korrumpiert; und das HimmelsKÖNIGREICH, das bereits durch allerlei metaphysische Spitzfindigkeiten verdunkelt war, verkam durch die Einführung einer volkstümlichen Mythologie vollends, da hier die Tendenz zur Restauration des Polytheismus erkennbar wurde. Mr. Hume (Essays, Band 2, p. 434) konstatiert hier in der Art eines Philosophen für den Theismus und den Polytheismus die natürliche Abfolge von Ebbe und Flut.

IV. EINFÜHRUNG HEIDNISCHER GEBRÄUCHE

Da die Gegenstände der Religion im Laufe der Zeit immer mehr auf die Möglichkeiten der Einbildungskraft reduziert wurden, konnten auch solche Rituale und Zeremonien eingeführtwerden, die die Sinneswahrnehmungen am nachdrücklichsten bedienten. Wenn etwa zu Beginn des fünften Jahrhunderts D'Aubigne (Mémoires, p. 156-160) versuchte mit Einwilligung der hugenottischen Minister die ersten 400 Jahre als maßstabgebend für Glaubensfragen gelten zu lassen. Kardinal du Perron feilscht hier um vierzig weitere Jahre, die ihm bedenkenlos gewährt wurden. Aber keine Partei dürfte bei diesem törichten Handel auf ihre Kosten gekommen sein. Tertullian oder Lactantius Der Gottesdienst, wie ihn Tertullian, Lactantius, Arnobius &c. ausübten und lehrten, ist so rein und durchgeistigt, dass ihre Tiraden gegen die Heiden bisweilen sogar gegen die jüdischen Zeremonien gerichtet scheinen. plötzlich von den Toten auferstanden wären, um einem Fest zu Ehren eines volkstümlichen Heiligen oder Märtyrers Faustus der Manichaeer beschuldigt die Katholiken sogar der Idolatrie. »Vertitis idola in martyres...quos votis similibus colitis.« [Ihr habt die Götzenbilder eingetauscht gegen Märtyrer...die ihr mit ähnlichen Gebeten verehrt]. Herr de Beausobre Manichéisme (Band 2, p. 629-700), ein Protestant, aber dennoch ein Philosoph, hat mit Klarsicht und Gelehrsamkeit die Entstehung des ›christlichen Götzendienstes‹ im vierten und fünften Jahrhundert dargestellt. beizuwohnen, hätten sie nur mit Erstaunen und Abneigung auf dieses weltliche Schauspiel geschaut, das sich im Anschluss an die reinlichen und durchgeistigten christlichen Glaubensversammlungen entwickelt hatte. Nach der Öffnung der Kirchentüren hätte sie sogleich das Weihraucharoma beleidigt, der Duft der Blumen und das Leuchten von Ampeln und Fackeln, welche am hellen Tage ein fröhliches, überflüssiges und nach ihrer Auffassung wohl auch gotteslästerliches Leuchten verbreiteten. Bei der Annäherung an den Altar hätten sie sich ihren Weg durch eine hingestreckte Menge gebahnt, welche sich größtenteils aus Pilgern und Ortsfremden zusammensetzte und die sich am heiligen Vorabend des Festes in der Stadt versammelt hatte; und die mit Glaubensstärke und vermutlich auch mit Wein erfüllt war.

Heiße Küsse drückten sie an die Wände und auf den Fußboden des heiligen Gebäudes; und alle ihre innigen Gebete galten, mochte die Sprache der Kirche sein, welche sie wollte, den Gebeinen, dem Blut oder der Asche des Heiligen, die der profanen Neugier normalerweise durch ein Leinen- oder Seidentuch entzogen waren. Die Gräber der Märtyrer besuchten die Christenmenschen in der Hoffnung, durch deren wirkmächtige Fürsprache geistiger Segnungen im Allgemeinen und weltlicher im Besonderen teilhaftig zu werden. So baten sie um die Erhaltung ihrer Gesundheit oder um Heilung ihrer Leiden; sie baten bei Kinderlosigkeit um Fruchtbarkeit für ihre Weiber oder um Schutz und Glück für ihre Kinder. Stand ihnen eine lange oder gefährliche Reise bevor, baten sie die Märtyrer um Schutz und Geleit auf ihren Wegen; und waren sie wohlbehalten zurückgekehrt, eilten sie erneut zu den Gräbern der Märtyrer, um ihren himmlischen Beschützern Dank abzustatten. Die Wände hingen voll mit Gaben, die man ihnen gewidmet hatte; Augen, Hände oder Füße aus Gold und Silber; und Erbauungsbilder, die schon bald unbesonnener oder abgöttischer Verehrung ausgesetzt waren, stellten das Aussehen, die Attribute und die Werke der Heiligen dar.

Der gleiche Geist des Aberglaubens wird zu allen Zeiten und ihn allen Ländern die gleichen Methoden hervorbringen, die Leichtgläubigkeit der Menschen zu täuschen und ihre Befindlichkeiten zu beeinflussen; Die Ähnlichkeiten zwischen den einzelnen Formen des Aberglaubens, die ohne Nachahmung entstanden sind, kann man von Japan bis Mexiko verfolgen. Warburton ist dieser Idee nachgegangen, aber sie zu allgemein und zu absolut aufgefasst und dadurch entwertet. Divine legation, Band 4, p. 126ff. aber es muss offen eingestanden werden, dass die Diener der katholischen Kirche genau das weltliche Vorbild nachahmten, das zu zerstören sie entschlossen waren. Noch die honorigsten Bischöfe hielten sich überzeugt, dass die ungebildete Landbevölkerung das Heidentum umso bereitwilliger ablegen müsse, je mehr Bekanntes und Anheimelndes sie im Schoße des Christentums vorfinden würde. Die Religion des Constantin vollendete in weniger als hundert Jahren seinen Sieg im Römischen Reich: aber die Sieger gingen an den Schlichen ihrer besiegten Gegner unmerklich selbst zugrunde. Die Nachahmung des Heidentums ist der Gegenstand von Dr. Middletons gefälligem Brief aus Rom. Warburtons Bemerkungen haben ihn veranlasst (Divine legation, Band 3, p. 120-132), die Geschichte der beiden Religionen miteinander in Verbindung zu bringen und so das hohe Alter der christlichen Kopie zu beweisen.


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